Geschichten:Brandspuren - Drei Schellen zum Glück

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Eichenwalde, 19. Boron 1043 BF

‚Nichts als Ärger hat man mit den Gören!’, dachte der Waffenknecht Sebald verdrießlich den Kopf schüttelnd. Die Tiere waren versorgt, der Mundvorrat aufgefüllt und dem Aufbruch der kleinen Truppe stand nichts mehr im Wege. Allein, die Knappin des Wegevogtes fehlte. Sie hatte sich kurz nach ihrer Ankunft in Eichenwalde verdrückt und war seitdem nicht wieder aufgetaucht. Schließlich hatte der Steinfelder in seiner Ungeduld sogar den erfahrenen Kämpen losgeschickt, nach dem Mädchen zu suchen, was dem Veteranen nur schwerlich schmeckte. Er war doch keine Gouvernante! Schließlich war Sebald auf den Dorfanger zurückgekehrt, wo sein Herr mit seinen anderen Gefolgsleuten noch immer wartete.

„Was denkt sich dieses Mädel eigentlich, einfach in der Gegend herumzustreunen?“, knurrte Praiodan und fasste einen Entschluss, „Wir haben jetzt lange genug hier herumgetrödelt, wir brechen auf. Soll sie sehen, wie sie zu uns aufschließt!“

„Nicht nötig, Herr. Hier kommt sie“, verkündete da die Wildhüterin Korwinne, und tatsächlich: außer Atem kam Nadriane von Wetterwend auf den Anger gekeucht.

„Was fällt dir ein, dich einfach so davon zu machen?“, schnauzte Praiodan von Steinfelde erbost seine Knappin an. „Nennst du das etwa Gehorsam gegenüber deinem Rittervater?“

„Verzeiht. Ich...“, hub Nadriane zu ihrer Verteidigung an, doch da setzte es vor aller Augen eine schallende Ohrfeige.

„Kein Wort will ich hören! Ab aufs Pferd und los!“

„Aber...“ Erneut klatschte es, diesmal auf die andere Wange.

Mit feuerrotem Kopf stand die Knappin da und öffnete tatsächlich erneut den Mund.

„Hast du noch immer nicht genug?“, drohte der Ritter.

„Bitte, hört mich an!“, flehte die solchermaßen Gemaßregelte beinahe flüsternd und mit Tränen in den Augen.

Praiodan schnaubte: „Ich hoffe für dich, dass es wichtig ist.“

„Ihr erinnert Euch an das Hufeisen, das wir gefunden hatten?“

Der Steinfelder nickte streng: „Natürlich. Und?“

„Ich war vorhin bei der Schmiede. Und stellt Euch vor: Der Meister hatte gerade ein Pferd beschlagen, dem ein Hufeisen verloren gegangen war. Es gehörte der Frau von Katterquell.“

Ärgerlich winkte Praiodan ab: „So? Wenn das alles ist, was du mitzuteilen hast, dann lass dir gesagt sein: Das beweist gar nichts!“

Er holte ein drittes Mal aus, da zog Nadriane schnell ein längliches Stück Stoff unter ihrem gefütterten Wams hervor: „Aber vielleicht das hier?“

Der Wegevogt erstarrte mitten in der Bewegung, als er die schwarzgelbe Schärpe gewahrte: „Wo hast du die her? Sprich!“

„Aus der Satteltasche eben jener Frau Rapidora“, erklärte die Knappin mit neu erwachtem Mut, „In die ich in einem unbeobachteten Moment einen Blick zu werfen wagte. Ich bin ihr dann noch unbemerkt ein Stück gefolgt. Sie ist auf der Straße nach Westen...“

„Warum hast du das nicht gleich gesagt? Da hätten wir uns das hier sparen können“, tadelte der Ritter und schwang sich in den Sattel – ohne die Maid weiter zu beachten, der ob dieser Worte der Mund offen stehen blieb.

„Die Hatz ist eröffnet“, verkündete er seinem Gefolge und gab seinem Ross die Sporen, „Die schnappen wir uns!“