Geschichten:Bis dass dein Tod uns scheidet Teil 9

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Baronie Bärenau


Simiona saß in ihrem zerschundenen Bäuerinnenkleid auf einem schädigen Stuhl an einem einfachen Holztisch und machte einen verängstigten und weinerlichen Eindruck.

Die Anführerin dieses Söldnerbanners, deren Namen Calina Firnbaum war, wie Simiona vorhin aufgeschnappt hatte, saß ihr gegenüber, die schweren Reiterstiefel auf den Tisch gelegt. Sie hatte sich eine der seltenen Mohacca-Zigarren angezündet – die Erzdämonen wissen wo sie sie her hatte - und blies den Qualm genüsslich in den Raum. Vor der Türe befanden sich zwei Wachen, die meisten anderen der Söldner, die nicht zum Wachdienst eingeteilt waren, hatten sich bereits zur Ruhe begeben. Erhellt wurde der Raum lediglich durch ein paar Kerzen, ansonsten war es dunkel.

Simiona schluchzte vor sich hin, ihre blonden Strähnen klebten an ihrem Gesicht. Ihre Situation war nicht die beste, aber zumindest hatte man sie nicht gründlich durchsucht, was ihr durchaus noch zum Vorteil gereichen könnte.

„Hör auf zu flennen, du kleine Schlampe!“ fuhr die Söldnerin sie barsch an.

Simiona beruhigte sich ein wenig. „Du wirst mir jetzt erstmal Rede und Antwort stehen. Wir wollen doch mal sehen, ob ich da ein paar brauchbare Informationen rausbekommen kann.“

„Ja… ja gut, was wollt Ihr wissen?“

„Wo kommst du her?“ Dabei blies sie ihr etwas von dem Qualm ins Gesicht, so dass Simiona sich angewidert wegdrehte und ein wenig hüstelte.

„Isch… ich komme aus einem Dorf namens Perainheim in der Baronie Leihenbutt, ein paar Meilen westlisch von `ier.“

Die Söldnerhauptfrau stutzte ein wenig. Irgendetwas schien ihr an diesem Bauernmädchen merkwürdig vorzukommen. Simiona nahm sich vor, noch vorsichtiger zu sein.

„Wie kommst Du hierher?“

„Ich musste fliehen. Unser Dorf wurde angegriffen.“

„WAS? Du lügst!“

Simiona blickte sie entsetzt an. „Non.. nein, es stimmt wirklisch! Bitte glaubt mir!“

Calina stand auf, ging um den Tisch herum und packte sie grob am Hals. „Ich werde dir die Zunge rausreißen, wenn du weiter so einen Stuss verzapfst. Ich habe meine Späher überall. Wenn irgendwo in 20 Meilen Umkreis hier ein Trupp unterwegs wäre, der Dörfer angreifen könnte, dann wüsste ich davon!“ Sie drehte Simionas Gesicht zur Seite und betrachtete sie genau.

„Bist ziemlich hübsch für ne Bauernmagd!“ befand sie. „Und dein Akzent ist auch nicht hier aus der Gegend.“ Sie ergriff Simionas Handgelenke und betrachtete die zu Fäusten geballten Hände. Sie zwang ihr die Rechte auf. „Das sind doch niemals die Finger einer Magd!“ Dann fiel ihr auf, dass an der linken Hand der kleine Finger fehlte. Langsam keimte ein Verdacht in ihr auf.

„Wer bist Du?“ fragte sie und blickte ihr dabei in die Augen. Dort sah sie zum ersten mal eine Eiseskälte, die selbst ihr als hartgesottene Söldnerin einen Moment lang Angst einflößte.

„Dein schlimmster Albtraum!“ antwortete die plötzlich sehr selbstbewusste Frau mit einer finsteren Stimme.

Plötzlich durchfuhr die Frau ein innerer Schmerz, der sie aufschreien ließ und ihr die Sinne raubte. Sie warf sich ruckartig nach hinten, und stürzte über den Tisch. Mit lautem Gepolter fiel sie zu Boden. Simiona reagierte blitzschnell. „Zu Hilfe!!!“ rief sie. „Der Hauptfrau geht es nischt gut!“ Simiona kniete sich an ihre Seite um vorzugeben sich um sie kümmern zu wollen.

Im nächsten Moment flog die Türe auf, und die beiden Wachen, zwei abgerissene Söldner, allerdings beide mit Schwertern bewaffnet, kamen herein gerannt.

„Was ist denn hier los? Weg da!“ herrschte der eine sie an. „Sie.. sie ist einfach zusammengebrochen, vielleischt ist ihr dursch den Qualm schlescht geworden?“

Der eine Söldner kniete sich neben die Hauptfrau und schlug ihr auf die Wangen, um sie wieder zu beleben, der andere hielt Simiona in Schach. Diese zog sich langsam an die Wand zurück und kniete sich hin. Sie wusste, dass sie nun schnell handeln musste. Mit geschickten Fingern fuhr sie sich unter ihr Kleid, dort wo sich immer noch ihre Balestrina befand…

„Verdammt, die ist völlig weggetreten!“ polterte der erste Söldner. Der andere drehte sich zu ihm um. Vielleicht sollten wir Swantja wecken, die kennt sich doch mit so was aus.“ „Könnten wir machen. Aber lass sie uns zuerst in die Stube bringen, da können wir sie ins Bett legen. Ich will se nicht hier auf dem Boden liegen lassen.“

„Verzei’ung, wenn isch da etwas vorschlagen dürfte?“ meldete sich Simiona und stand dabei langsam auf.

„Hä? Was weißt du schon? Halt die Klappe, du dumme Gans, und hock dich wieder hin“, herrschte der zweite Söldner sie an, dann wandte er sich wieder seinem Kameraden und der Hauptfrau zu.

Simiona ergriff erneut das Wort: „Sie leidet am selben Syndrom, wie i`r auch: künftige Bleivergiftung!“

„WAS?“ brüllte der Söldner und drehte sich ruckartig zu ihr um. Er starrte direkt in die Mündung ihrer Balestrina.

„Au revoir!“ Im nächsten Moment erklang ein metallisches Plong und schon durchschlug die kleine Bleikugel mit einem hässlichen Knacken die Stirn des Mannes und drang tief in seinen Schädel ein. Die Wucht riss ihn von den Füßen und ließ ihn nach hinten stürzen, wo er reglos mit einem Einschussloch in der Stirne liegen blieb.

Der andere schrie: „Du Hexe! Was hast du getan?“ Er sprang auf und griff nach seinem Schwert. Doch noch bevor er es herausziehen konnte traf ihn ein schneller Tritt der blonden Frau in die Weichteile. Schmerzgepeinigt ging er in die Knie: „Das…wirst du…mir büßen!“ presste er hervor.

Simiona lud in aller Seelenruhe nach und zog erneut den Spannhebel durch. „In diesem Leben nischt me`r.“ antwortete sie, hielt ihm die Schusswaffe an die Schläfe und drückte ab.

Die Kugel durchschlug den Schädel und trat auf der anderen Seite wieder aus, einen Schwall Blut und Stückchen vom Hirn hinter sich herziehend, um dann in der Wand stecken zu bleiben. Der Körper des Söldners brach zusammen und fiel über den des anderen, wo er ebenfalls reglos liegen blieb.

Simiona horchte. Falls noch weitere Wachen kämen müsste sie vorbereitet sein. Doch es blieb alles ruhig. Still dankte sie dem All-Einen, der ihr geholfen hatte, der Söldnerhauptfrau nicht nur das Bewusstsein, sondern auch noch die Erinnerung zu nehmen. Sie schloss die Türe leise und trat an die Frau heran. Sie nahm den immer noch glimmenden Zigarrenstummel, zog daran und blies der liegenden Söldnerin den Qualm ins Gesicht. „Nun, weißt Du wer isch bin, oui? Leider wirst du disch gleisch an gar nischts erinnern können, ma amie.“ Die Comtessa grinste dämonisch. Eine Weile betrachtete sie den kleinen Zigarrenstummel zwischen ihren Fingern, und beschloss, sich demnächst auch welche davon zuzulegen - schließlich stand der künftigen Herrscherin über Waldstein ein wenig Luxus gut zu Gesicht.

Sie überlegte noch, ob sie die Hauptfrau einfach erschießen sollte, doch schnell fasste sie neue Pläne. Sie legte ihr verdrecktes Kleid ab und dann zog sie die dunkle Hose und das Wams des zuerst erschossenen Söldners an. Ihre langen Haare lies sie unter einem provisorischen Kopftuch verschwinden. Sie wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis man die Leichen entdecken würde, also musste sie sich beeilen. Sie trat wieder an die immer noch bewusstlose Söldnerhauptfrau heran. Es wäre nun an der Zeit, ihre ‚Freundin’ wieder aufzuwecken.