Geschichten:Bis dass dein Tod uns scheidet Teil 7

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Burg Leihenbutt


Am Nachmittag des 19. Praios hatte Simiona von ihren Spähern erfahren, dass sich ein größerer Söldnertrupp in einem Wehrgehöft nur wenige Meilen östlich von Leihenbutt in der Baronie Bärenau verschanzt hatte. Ein konventionelles „Beseitigen“ dieses Problems wäre zwar möglich, aber nach Einschätzung der Lage durch Hauptmann Wolfgram von Eslamsbrück nur unter hohen eigenen Verlusten zu bewerkstelligen. Die feindlichen Söldlinge standen vermutlich unter dem Befehl von einer Obristin aus dem Transysilischen namens Varena von Mersingen.

Simiona wusste nicht so genau, wie stark sie die Gegner einschätzen sollte, daher entwickelte sie einen perfiden Plan. Nachdem sie alles für ihre Abreise vorbereitet hatte und ihrem Wachhabenden Unteroffizier auf Burg Leihenbutt Weibel Korninger eingeschärft hatte, ein besonderes Augenmerk auf ihren ‚Gast’ Hilbert von Hartsteen zu legen, ritt sie noch am selben Abend mit einem guten Dutzend ihrer Soldaten los, um dann am darauf folgenden Vormittag das Wehrgehöft im Bärenau’schen zu erreichen. Sie hatten sich etwa eine Meile von ihrem Ziel entfernt in ein lichtes Wäldchen begeben, um erst einmal die Lage zu sondieren. Ein paar Späher, die sich im Schatten der Bäume so weit es ging dem Gehöft nähern sollten, kehrten schon am Nachmittag zurück um Bericht zu erstatten. Simiona hörte sich ihre Bewertung der Lage an und sortierte sorgfältig die Informationen. Nach dem provisorisch zubereiteten Abendessen begann es schon langsam zu dämmern, als sie ihren Männern letzte Anweisungen gab. Ihre Späher hatten ihr berichtet, dass es sich bei den Gegnern etwa um ein halbes Banner Söldlingsvolk handelte. Für Simiona ein durchaus lösbares Problem.

„Bien. Wir machen es folgendermaßen: Isch werde misch als einfache Bauernmagd ausgeben, und dann so schnell isch kann auf die Burg zulaufen. I’r vier dort folgt mir in einigem Abstand. Isch werde laut um `ilfe rufen, und wenn es sisch nischt gerade um verkleidete Praiosmönsche `andelt werden sie mir sischerlisch aufmachen, und mir i`re Gastfreundschaft zuteil kommen lassen. Sobald sie irgendwelsche Aktionen gegen eusch unterne`men, zie`t i`r eusch zurück, verstanden?“

Hauptmann von Eslamsbrück runzelte die Stirn. „Das ist äußerst gefährlich, Herrin. Innerhalb der Mauern seid Ihr der Willkür dieses Söldnerpacks völlig ausgeliefert. Das ist ein unkalkulierbares Risiko. Was wollt Ihr machen, wenn sie Euch, Ihr wisst schon… Schließlich seid Ihr dann in deren Augen nur eine Magd?“

Simiona lächelte eiskalt. „Das, mein lieber `auptmann, lasst ru`ig mal meine Sorge sein. Glaubt mir, isch weiß schon, wie isch misch gegenüber solsch freundlischen Annä`erungsversuchen zu ver`alten `abe. Vertraut mir einfach“, grinste sie vielsagend. „In der Nacht öffne isch die Tore, dann kommt i’r möglischst unauffällig `inzu, und erledigt den Rest. Noch Fragen?“

„Ja, Comtessa, wie wollt Ihr die Wachen erledigen? Gerade der Turm des Gehöfts scheint recht gut befestigt zu sein.“

„Auch dafür `abe isch mir einen totsischeren Plan überlegt. Glaubt mir, isch `abe an alles gedacht.“ Dabei grinste sie sehr subtil.

„Wenn es nun nischts mehr zu bespreschen gibt…“ Sie machte mit der Rechten eine kreisende Bewegung und deutete ihren Mannen an, sich umzudrehen. Dann holte sie ein ärmliches Kleid einer Magd aus einer Tasche an ihrem Pferd und begann, sich umzuziehen.

Bernfied und Walgrim standen an der Westmauer des kleinen Gehöftes im Westen Bärenaus und hielten mehr oder weniger gelangweilt in den letzten Abendstunden Wache. Die letzten Tage waren ruhig verlaufen und man wartete auf einen neuen Einsatz. Es war nicht leicht, seine Pfründe in der Wildermark zu behaupten, aber ihre Obristin Varena hatte von Puleth aus die Lage gut im Griff. Es machten Gerüchte die Runde, dass sich im östlichen Waldstein ein paar Ex-Schergen Rhazzazors herumtreiben sollten, doch genaueres wusste man da nicht. Nachdem die Allianz zwischen Galotta und Rhazzazor zerbrochen war, betrachtete man dieses Pack wieder als Feinde. Nur ein Haufen weitere seelenlose Schurken, die auch ihren Teil vom Kuchen haben wollten. Sollten sie doch kommen, man würde sie gebührend empfangen. Aber in letzter Zeit machte es nicht den Anschein, dass sich in den Ostgebieten was regen würde, dazu war Waldstein einfach zu verschlafen und zu friedlich.

Gerade hatten sie eine weitere Würfelpartie gelangweilt beendet, als sie aus der Ferne verzagte Hilfeschreie hörten. Neugierig blickten sie über die Wehrmauer und erblickten dort schon nach kurzer Zeit eine junge blonde Frau, die so schnell es ihr halb zerrissenes Kleid gestattete auf ihre Befestigung zugelaufen kam. In einiger Entfernung, etwa 100 Schritt entfernt, folgten ihr vier schwarz gewandete Gestalten, die es offenbar auf die Frau abgesehen hatten. Als die Frau kurz hinstürzte und sich so schnell sie konnte wieder aufrappelte, kamen die Schergen ein gutes Stück näher. Bernfried reagierte schnell.

„Los, Mann, mach die Armbrust schussbereit.“ Dabei ergriff er selber seinen Kurzbogen und spannte eine Sehne ein.

„Was hast du vor?“ fragte ihn sein Kamerad.

„Was schon, Idiot? Wir helfen der Kleinen und bereiten den Typen nen ordentlichen Empfang und schnappen ihnen die Beute vor der Nase weg. Ich wette, sie wird uns dafür sehr, sehr dankbar sein, hähähä!“ Er lachte hämisch, und als Walgrim endlich begriff was er meinte, stimmte er kurz mit ein, dann legte er die Armbrust auf die Verfolger an. Der Abend könnte noch recht unterhaltsam werden.