Geschichten:Besuch auf Burg Leihenbutt

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Leihenbutt:

Nimmgalf von Hirschfurten, der Baron zu Leihenbutt saß in seinem Kaminzimmer und las die neue Ausgabe des Garether und Märker Herolds. „Ich seh` wohl nicht richtig! Was erlaubt sich diese Person überhaupt? `In Nachbars Garten wildern’ , ich kann mir schon denken, auf wen das gemünzt ist. Vielleicht sollte ich dieser Brunchildis Schnepfengrund mal gehörig die Meinung sagen. Aber besser ich warte noch ein Weilchen, bis Simiona wieder da ist. Mein Herzblatt findet sicher treffendere Formulierungen, um diesen Schmierfink in die Schranken zu weisen.“

Noch ganz in Gedanken versunken bemerkte er nicht, dass sein Page Ugdan in der Tür stand. „Um Vergebung Herr Baron.“

Nimmgalf blickte auf: „Ja, was gibt es denn?“

„Euer Freund, der Vogt Hilbert von Hartsteen, ist soeben eingetroffen. Er wartet draußen im Hof.“

„Was? Hilbert ist hier? In Ordnung, ich komme.“

Nimmgalf legte seine Zeitung beiseite und zog seine Stiefel an. Mit raschen Schritten lief er raus in den Burghof. Sofort erblickte er seinen Freund, der gerade noch dabei war ein paar Sachen von seinem Pferd abzuschnallen.

„Hilbert, na, wer hätte denn das gedacht? Mein Freund und Bundesbruder, wie geht es dir?“ Er lief auf ihn zu und umarmte ihn lachend.

„Rondra zum Gruße, Nimmgalf. Wir müssen dringend mal miteinander reden.“ erwiderte Hilbert ernst.

„Was ist denn bloß los mit dir? Du machst ja ein richtiges Firunsgesicht? Komm erst mal mit rein, meine Köchin Marlies macht dir erst mal eine gute Hühnerbrühe und dann erzählst du mir was du auf dem Herzen hast, ja?“

Gemeinsam betraten sie dann den Wohntrakt der Burg.

"Eine gute Idee" antwortete der Reichsvogt knapp. Es entstand ein unbehagliches Schweigen. Offensichtlich war der junge Hartsteener noch nicht wirklich in Stimmung. Mürrisch blickte er sich um, wurde einer bereits geöffneten Flasche Wein gewahr und nahm mit einem kurzen, rhetorischen "Du hast doch nichts dagegen?" einen Kelch und goss ihn randvoll. Mit einem Zug leerte er den Trunk, wischte sich mit seinem Ärmel den Mund ab und schaute seinen leicht verdutzten Gastgeber etwas milder als vorher an: "Das war gut. Nach der Reise hab ich das einfach gebraucht." Wenige Momente später betrat der Page den Raum, in den Händen eine dampfende Schale feinster Hühnerbrühe und einen Kanten frisches Brot. Die Gesichtszüge des Reichsvogtes erhellten sich sichtlich, und mit großem Hunger tat er sich an der Speise gütlich.

Nimmgalf saß neben seinem Bundesgenossen, sah ihm schweigend beim Essen zu und wartete. Nicht umsonst würde jemand im Winter eben so seinen Nachbarn besuchen.

Die letzten Brotreste noch im Mund, dankte der Gast seinem Gastgeber mit den allerwärmsten Worten für diese traviagefällige Bewirtung. Und bei einem weiteren Wein, welchen er allerdings nicht so schnell herunterstürzte, begann er zu erzählen: "Weißt Du, Nimmgalf, es ist schon sehr anstrengend, wenn man auf seiner eigenen Burg nicht mehr der eigene Herr ist. Seitdem der Staatsrat sich mit seinen Leuten bei mir eingenistet hat, habe ich kaum mehr Zeit, mich um die Pflege meiner Freundschaften und Bundespflichten zu kümmern."

"Deswegen bist Du doch aber wohl jetzt nicht hier?" schaute ihn der Baron von Leihenbutt erstaunt an.

"Ja... nein, jedenfalls auch. Man wird doch mal seinen Nachbarn besuchen dürfen?" versuchte der Hartsteener einen Witz, der ihm aber sichtlich nicht gelang. "Nun gut, mein eigentliches Anliegen hat mit diesem Brief zu tun."

Und er warf mehr als das er es legte ein Stück Pergament auf den Tisch. Das Siegel zeigte die nach oben geöffnete Madasichel, das Familienwappen derer von Hartsteen.

"Lies selbst!" forderte Hilbert seinen immer unruhiger werdenden Freund auf. Dieser griff schließlich, mit sichtlichem Argwohn nach dem privaten Brief seines Bundesgenossen und las:


An Seine Hochgeboren Hilbert von Hartsteen, Reichsvogt zu Sertis.


Es ist fürwahr eine lange Zeit vergangen, dass ein Besuch Unseres Neffen, dem Sohn Unseres trefflichen Bruders Odilbert von Hartsteen, den man wie einen räudigen Hund in einer schmucklosen Nische in der Kammer seiner Ahnen verscharrt hat und dessen Namen, den Namen der Familie, man mit Schimpf und Schande überzogen hat, als man den heldenhaften Krieger, Unseren Bruder und Euren Vater, einem Ritual zur Daimonenaustreibung unterzogen hat, ein Besuch im sonnigen Hartsteenschen Hutt nach mehreren Bitten und Einladungen stattfand. Und so haben Wir, Sighart von Hartsteen auf Hutt, beschlossen, dass der Bruder seiner Schwester nicht nachstehen dürfe, welche einen trefflichen und pflichtbewußten Ehegatten zum Manne bekommen habe, den eine stolze Familie mit Sicherheit seiner edlen Abstammung wegen erwählt hätte, darin und fürderhin ebenfalls unter den gütigen Augen der Mutter TRAvia ein angetrautes Eheweib nehmen möge, welches von Uns erwählet wurde ob ihrer edlen Abstammung und Ruf. Es sey Euch hiermit mit groszer Freude mitgeteilet, dass Ihr in weniger als einem Götterlaufe zum Weibe nehmen möget, damit sie Euch eine gute Frau, Ratgeberin und Mutter werde, Alena von Gallstein, erlauchte Tochter Seiner Hochgeboren Yendor Falkwin von Limpurg, Baron von Gallstein. Möge in Freude, Erfurcht und Harmonie die Feier unter den Augen des gesamten Adels des schönen und strahlenden Königreiche stattfinden, und ein jeder Manne von Stande in der Lage sein, dem glücklichen Paare persönlich die herzlichsten und besten Glückwünsche zu erbringen.


Gezeichnet zu Hutt im Firun 33 SAM Hal

Sighart von Hartsteen"


Nimmgalf faltete den Brief langsam wieder zusammen. Er wusste im ersten Moment nicht so recht, was er von der ganzen Sache halten sollte.

Hilbert blickte ihn traurig an. "Und? Was sagst Du dazu?"

Nimmgalf überlegte noch einen Moment. "Das sind ja erschütternde Neuigkeiten, mein Freund. Die Tochter meines Erzfeindes soll deine Gemahlin werden? Da kannst du dir ja gleich einen Strick nehmen. So eine Viper im Haus zu haben bedeutet ständige nie nachlassende Wachsamkeit aufzubringen. Wer weiß schon, wann sie dir Gift in den Wein füllt oder dir die Kehle aufschlitzen wird."

Hilbert blickte ihn ein wenig irritiert an: "Meinst du nicht, du übertreibst ein wenig? Es ist doch gar nicht gesagt, dass sie auch so verschlagen und heimtückisch wie ihr Vater ist."

"Ha! Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm! Eine Gallsteinerin ist und bleibt in erster Linie eine Gallsteinerin, Hilbert, vergiss das nie."

"Was also schlägst du vor?" fragte ihn der Reichsvogt.

"Hast du denn gar keine Möglichkeit, dich dem Willen des Familienoberhauptes zu widersetzen? Vielleicht könntest du noch mal mit deinem Onkel reden und ..."

"Ach Nimmgalf, hör auf. Das ist doch lächerlich. Was der Alte sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das macht er auch war."

"Hmm, wirklich eine verzwickte Situation. Kennst du die werte Dame denn schon persönlich?"

"Nein, ich habe sie noch nie gesehen."

"Tja, dann kann ich nur für dich hoffen, dass sie ihr Äußeres nicht vom Vater vererbt bekommen hat."

"Na toll, das hilft mir auch nicht weiter."

"Ich weiß, mein Freund, ich weiß. Doch nun erzähl mir erst mal, was der von Luring immer noch bei dir zu suchen hat. Der ist doch schon im letzten Sommer vorbeigekommen?" Nimmgalf goss sich auch noch vom Wein ein und lehnte sich zurück, als Hilbert zu erzählen begann.

"Jaja, der ist immer noch da, frisst mir die Haare vom Kopf und ich muss der untertänigste Gastgeber sein. Aber das ist im Vergleich zu dem, was mir da droht, überhaupt kein Problem." Hilberts Stimme wurde immer eindringlicher, "Nimmgalf, ist Dir überhaupt klar, was das bedeutet, wenn ich die Tochter vom Gallstein heiraten muss? Ich bin dann Schwiegersohn eines Pulethaners. Das wäre ja schon schlimm genug. Abgesehen davon, dass das Hartsteener Blut sich mit tobrischem Blut vermischte, was an sich schon ein Skandal ist, mit dem GALLSTEINER!"

Erregt stand Hilbert von Hartsteen auf, und ging im Zimmer auf und ab. Abrupt blieb er mitten im Raum stehen, und sah Nimmgalf an: "Allein die Zeremonie, was eine Blamage! Die gesamten Pulethaner und die gesamten Pfortenritter! Dieser grässliche Eslam von Brendiltal, dieser... ach, jedes Schimpfwort wäre für diesen Ferkinasohn noch zu gut. Der Schlächter von Mühlingen, der Dunkelsfarner ... und alle muss ich bei mir aushalten."

Wieder setzte er sich zu seinem Gastgeber, der ihm aufmerksam und mitleidig zugehört hatte. "Nimmgalf, meinst Du nicht, dass das mehr ist als eine private Niederlage?"

"Mehr als eine private Niederlage, in der Tat. Es ist eine Schmach für den gesamten Bund der Pfortenritter. Zusammen mit diesen Proletanern eine Hochzeit feiern zu müssen wäre mir ein Gräuel. Was sagt denn überhaupt der alte Giftmischer von Mor'Tres dazu, dass sein Töchterchen nach Waldstein wechseln soll? Würd mich ja wirklich mal interessieren. Jedenfalls solltest Du dir was einfallen lassen, dass es bei der Hochzeit nicht zu einem Eklat kommen kann. Am besten absolutes Waffenverbot für die Pulethaner. Und Gepäckkontrollen. Auf keinen Fall dürfen wir zulassen, dass sie diesen Anlass für ihre niederträchtigen Zwecke missbrauchen. Ach ja, wann soll denn eigentlich die Hochzeit stattfinden? Weißt du da schon Näheres?"

„Am liebsten erst, wenn es im Praios schneit. Keine Ahnung, ist mir auch egal.“ Hilbert ließ sich in den Sessel zurücksinken und leerte rasch den restlichen Becher Wein.



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Grafschaft Waldstein.svg   Wappen Baronie Leihenbutt.svg  
 Burg.svg
 
15. Fir 1026 BF zur abendlichen Firunstunde
Besuch auf Burg Leihenbutt


Kapitel 1

Der Staatsrat auf Sertis