Geschichten:Begegnung in Eslamsgrund

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Reichsstadt Eslamsgrund:

Erschöpft von der langen Reise erreichte Simiona das kleine Städtchen südlich von Gareth. Bis hierhin hatte sie nun die Spur des edel gekleideten Fremden verfolgt, doch so langsam schien es schwierig zu werden, noch jemanden zu finden, der sich an diesen Herren zurückerinnerte. Ein wenig enttäuscht lenkte sie ihre weiße Stute Derotia auf ein Gasthaus zu. Die Schenke „Zur fröhlichen Einkehr“ versprach eine angenehme Atmosphäre, eine gute Mahlzeit und nicht zuletzt ein weiches Bett.

Comtessa Simiona

Die Comtessa stieg ab, und drückte einem herbeieilenden Knecht die Zügel in die Hand. „Kümmere disch gut um sie, mein Junge. Es soll nischt zu deinem Schaden sein. Hier nimm.“ Sie drückte ihm drei Heller in die Hand.

„Sehr wohl, meine hohe Dame, mit äußerstem Vergnügen. Eurem edlen Ross wird es an nichts fehlen, versprochen.“

Simiona lächelte, als sie die Schenke betrat. „Man muss nur wissen, wie man mit diesen Leuten umzuge`en hat, dann bekommt man alles, was man sisch nur wünscht“, dachte sie bei sich.

Der Schankraum war recht gut gefüllt. Bürger aller Klassen, Handwerker, Bauern, Händler und Glücksritter aller Art waren hier versammelt um zu reden, zu essen zu trinken, zu feiern oder zu spielen. Gerade Boltan schien hier recht beliebt zu sein, gleich an drei Tischen wurde dieses Glücksspiel gespielt. Die Luft war ein wenig abgestanden und es roch nach Alkohol und Rauch.

Die meisten Anwesenden nahmen kaum Notiz von ihrem Eintreten, nur wenige blickten sich zu ihr um, und noch wenigere ließen ihren Blick länger als einen Moment auf ihr ruhen. Simiona ging auf einen Tisch zu, der ein wenig abseits stand, und nahm dort Platz. Ihr prunkvolles Rapier ließ sie lässig an der Seite baumeln, die Balestrina steckte in der Innentasche ihres Umhangs. Es dauerte nicht lange bis ein Schankmagd zu ihr an den Tisch kam.

„Was darf es denn sein, die Dame?“

„Bringt mir einen Bescher roten Wein, aber nischt von dem Billigen, es darf ru’isch der Gute sein.“

„Sehr wohl, kommt sofort.“

Schon nach kurzer Zeit bekam die Comtessa das Bestellte an ihren Tisch gebracht. Sie sah sich um.

„’Er ritt nach Südwesten.’ Nischt gerade eine se’r päzise Information, die isch in Gareth bekommen `abe. Vielleischt stieg er `ier ab, vielleischt aber auch ganz woanders. Wenn mir einer weiter`elfen kann, dann wo`l der Wirt. Isch werde i`n fragen, wenn `ier weniger los ist, so in zwei oder drei Stunden. Letztens in Gareth war isch ein wenisch zu unvorsischtisch. Kurz nachdem isch meine Frage gestellt hatte, machte sisch so ein Typ ein paar Tische weiter auf, ging dann raschen Schrittes raus und ritt davon. Isch `ätte i`n verfolgen sollen, wer weiß, vielleischt `ätte es was gebracht. Wenn nur nischt mein Pferd schon so erschöpft gewesen wäre.“

Simiona überlegte weiter und sah sich dabei die Gäste an. Die meisten waren wohl Ortsansässige, denn der almadanische Einschlag war deutlich zu erkennen. Ihr Blick blieb an ein paar recht verwegen aussehenden Gestalten hängen. Drei Männer und zwei Frauen alle so im Alter zwischen 25 und 35 Sommern, lediglich eine der Frauen schien etwas jünger zu sein. Sie saßen gemeinsam an einem Tisch und waren in eine Unterhaltung vertieft. Sie trugen alle Leder- oder leichte Plattenrüstungen und waren mit Schwertern und Säbeln bewaffnet. Auch schienen sie keinen Wert auf ihre Umgebung zu legen und dennoch bemerkte Simiona, dass hin und wieder einer von ihnen zu ihr hinblickte. Ein braunhaariger großer Mann mit gepflegtem Vollbart schien der Anführer zu sein. Er redete jedenfalls die meiste Zeit und die anderen wagten kaum, ihn zu unterbrechen. Um zu verstehen, was sie zu sagen hatten, war es allerdings in der Schänke zu laut.

Söldner, Leute die ihr Waffenhandwerk für Gold verkauften. Simiona kannte diesen Menschenschlag nur allzu gut. Sie selbst bevorzugte vor allem diese, die keine Fragen stellten und sich buchstabengetreu an ihren Auftrag hielten. Aber solche, die dazu auch noch über brauchbare Kampffertigkeiten verfügten, waren schwer zu bekommen. Man musste schon wirklich Glück mit den Leuten haben, oder genau wissen, mit wem man es zu tun hat, ansonsten konnte man leicht eine böse Überraschung erleben. Die Comtessa wandte ihre Blicke wieder auf den eigenen Tisch und trank noch einen Schluck.

Plötzlich stand einer der Söldner auf, und kam auf Simionas Tisch zu. Anhand seines Ganges merkte sie, dass er wohl schon einiges getrunken haben musste. Sie musterte ihn aus dem Augenwinkel, ließ sich aber davon nicht irritieren.

Der dunkelblonde Mann mit einer Narbe auf der Stirn blieb bei Simionas Tisch stehen. „He Du, Blondchen, Du gefällst mir“, begann er leicht lallend. Simiona zog eine Augenbraue hoch und blickte ihn an. „Ich brauch nachher ne Frau. Was willste dafür haben? Sind fünf Taler in Ordnung?“ Da er etwas laut sprach, drehten sich bereits mehrere Gäste um, um dem weiteren Gesprächsverlauf zu folgen.

Ein kurzer Blick verriet Simiona, dass auch die anderen Söldner sie nicht aus den Augen ließen. „Euer Angebot ist wirklisch verlockend, Monsieur, doch zu meinem größten Bedauern bin isch `eute ein wenig unpässlisch. Es würde Eusch kein reschtes Vergnügen bereiten, denke isch. Also sucht I`r Eusch besser eine andere dafür.“ Simiona sprach diese Worte in ruhigem und angenehmen Tonfall, so dass der Mann einen Moment lang zögerte.

„Ach was, wird schon gehen. Du bist doch `n Prachtweib. Wir werden schon unseren Spaß haben, Kleine.“ Dabei fasste er ihr an die linke Hüfte und lies die Hand langsam höher wandern. Simiona deutete ihm lächelnd an, ein wenig näher zu kommen.

Als der Mann in Erwartung eines Kusses sich etwas nach vorne beugte, flüsterte sie ihm ins Ohr: „Du erbärmlisches Stück Abschaum bist gerade dabei, den letzten Fe`ler deines Lebens zu bege`en. Aber da isch `eute gut gelaunt bin, gebe isch dir die Chance, jetzt zurück zu deinem Platz zu ge`en, disch wieder `inzusetzten und das Ganze zu vergessen. Und danke den Göttern, dass isch nischt nachtragend bin.“

Der Söldner brauchte eine Weile, um das Gehörte zu verarbeiten. Dann wurde er zornig. „Was erlaubst du dir, du Schlampe! Bin dir wohl nicht gut genug, was? Ich wird dich lehren, was es heißt, sich mit Bernward Gummert anzulegen, bei Kor.“

Er holte zum Schlag aus doch ein schneller Tritt der Comtessa zwischen seine Beine presste ihm die Luft aus den Lungen. Er keuchte, taumelte zwei Schritte rückwärts, griff aber dann zu seinem Schwert. Simiona sprang auf, und hatte einen Viertel Herzschlag später ihr Rapier in der Hand. Die sie umgebenen Gäste sprangen ebenfalls hoch und brachten sich in Sicherheit. Auch die anderen Söldner waren aufgesprungen.

„Das wirst du mir büßen, du Hure.“

Mit abfälligem Blick musterte sie den Söldner. Er war keine Gefahr, die anderen vier hingegen schon. Jetzt musste es schnell gehen. „Greif an, wenn du es wagst, eine schwache Frau zu schlagen, du Held.“ Mit einem Kampfschrei stürmte der Mann vorwärts. Sein schlag ging ins Leere, Simionas Stich saß. Ein Aufschrei ging durch die umstehende Menge. Dann wurde es für einen Moment still. Simiona griff in ihren Umhang und lud ihre Balestrina mit einem schnellen Handgriff durch. Die anderen Söldner blickten auf die blutverschmierte Rapierklinge, die aus dem Rücken ihres Kameraden herausragte. Sie musste sein Herz durchbohrt haben. Das Schwert glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden.

„Schnappt sie euch!“ brüllte der Anführer, und im nächsten Moment stürmten die beiden verbliebenen Söldnerinnen und ihr Kumpan auf Simiona zu. In einer fließenden Bewegung zog sie mit der Linken die Klinge aus dem Körper des Getöteten, stieß ihn dann in Richtung der Ankommenden, riss die Balestrina aus der Tasche und schoss auf die erste Frau. Durch den stürzenden Körper abgelenkt, kam dies alles für sie sehr überraschend. Die Kugel traf sie in die Stirn und durchschlug ihre Schädelplatte. Sie stürzte nach hinten. Die beiden anderen stiegen über die leblosen Körper hinweg und kamen nach vorne während der Anführer irgendwas vorhatte, was Simiona noch nicht genau erkennen konnte.

„Zwei erledigt, bleiben noch drei. Das Überraschungsmoment ist da`in, ab jetzt sollte isch aufpassen.“ Sie legte die Balestrina beiseite und griff nach ihrem Linkhanddolch, der in einer Gürtelscheide steckte.

„Versuch, um sie rum zu laufen. Wir kesseln sie ein“, sagte der Söldener zu seiner jüngeren Kollegin. Diese tat wie ihr geheißen, schon bald war die Comtessa umzingelt.

„Zwei gegen eine, seid i`r immer so mutig?“

„Da du gleich tot sein wirst, kann dir das auch egal sein.“ knurrte der Mann. Ein kurzes Nicken zu der Frau, dann holte er mit seinem Schwert aus und schlug zu. Gleichzeitig stach die Söldnerin mit ihrem Säbel in Richtung Simionas Rücken.

Diese sah den Schlag kommen, nahm das Schwert mit Rapier und Linkhand in den Kreuzblock schwang dann zur Seite und parierte damit den von hinten kommenden Säbel. Mit einem raschen Rückwärtsschritt begab sie sich in den Rücken des ersten Angreifers und brachte ihn zwischen sich und die Frau. Für einen kurzen Moment war er zu überrascht, um zu reagieren. Die Söldnerin versuchte, an ihm vorbei zu schlagen, doch Simiona brachte ihn mit einer Finte ins Taumeln. Der Schlag traf den Mann von hinten in die rechte Schulter. Noch im selben Herzschlag rammte ihm Simiona den Linkhand in den Hals, und trat ihm in den Magen, worauf er röchelnd zusammenbrach. Als die Frau das sah, ging sie einen Schritt zurück, und blickte die Comtessa furchtsam an.

„Ich will keinen Ärger, ver… verzeiht, dass wir Euch belästigt haben“, stammelte sie und ließ ihren Säbel sinken. Simiona funkelte sie zornig an. „I`r `abt Eusch das falsche Opfer ausgesucht. Scheint nischt Euer Tag zu sein.“ Mit einem blitzschnellen Schnitt durchtrennte sie mit der scharfen Spitze des Rapiers die Kehle der jungen Frau. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie sie an und fasste sich an den Hals. Blut lief ihr zwischen den Fingern hindurch. Dann verdrehte sie die Augen und brach in sich zusammen.

„Waffe weg und ganz langsam die Hände nach oben! Sofort!“

Simiona sah nach links und erkannte den Söldneranführer, der eine schwere Windenarmbrust auf sie gerichtet hatte, und langsam auf sie zukam. Seine Gesichtszüge waren eiskalt und angespannt, offensichtlich war er den Umgang mit solchen Waffen gewöhnt. Simiona drehte sich zu ihm hin, legte dann langsam ihr Rapier auf einen Tisch und hob die Arme.

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, ich sehe tatenlos zu, wie du meine Jungs und Mädels niedermachst. Das bezahlst du mit deinem Leben, du Liebfelder Schlampe.“

Simiona blieb ruhig, obschon sie die große Anspannung spürte. „Isch muss i`n ablenken und Zeit gewinnen. Vielleischt kann isch i`n überrumpeln.“ dachte sie. Inzwischen hatte sich die Schenke komplett geleert. „Wer `at Eusch beauftragt misch zu töten?“

Der große Mann blickte sie einem Moment lang überrascht an. Dann lachte er: „Das wüsstest Du wohl gerne, was? In deiner Situation solltest Du keine solch unverschämten Fragen stellen. Aber ich werde dir trotzdem antworten. Derjenige, dem dein Ableben etwas wert ist, ist einer deiner eigenen Landsleute. Welche Ironie, nicht wahr, und sein Name ist: Clau…“

In dem Moment war das metallische Klacken einer Schusswaffe zu hören. Simiona erschrak, doch stellte sie direkt im nächsten Moment fest, das nicht sie es war, die getroffen wurde. Sie blickte ihr Gegenüber an. Ein Schwall Blut lief ihm aus dem Mund. Dann kippte er stumpf nach vorne um.

„Einen wunderschönen guten Abend, die Dame.“ Ein Mann in typisch horasischer Gewandung, der sich gerade eine braune Balestrina, die der ihren recht ähnlich sah, in seine Tasche steckte, kam lächelnd die Treppe herunter. Simiona betrachtete ihn aufmerksam. „Offensischtlisch ist meine Suche beendet.“

Was sie sah, gefiel ihr recht gut: elegante liebfelder Kleidung, leichte Stiefel, ein Rapier mit verziertem Korb, aufrechter Gang, ein glatt rasiertes Gesicht, gepflegte Frisur, kräftig gebaut aber nicht zu breit und ein knackiger Arsch… Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Hastig wischte sie sich ein paar Blutspritzer aus dem Gesicht, und strich sich durch die Haare.

„`abt Dank, Monsieur, i`r `abt mir da aus einer etwas peinlischen Lage heraus ge`olfen. Gestattet, dass isch misch vorstelle: Isch bin die Comtessa Simiona di Silastide-Marvinko. Dürfte isch auch Euren Namen erfa`ren?“ Der Mann kam auf sie zu und blickte sie freundlich an. Dann griff er nach ihrer Hand und hauchte einen Handkuss darauf.

Claudio di Conserrano, meines Zeichens Vogt zu Gallstein. Ich bin entzückt, eure Bekanntschaft zu machen.“ „Die Freude ist ganz meinerseits“, erwiderte Simiona lächelnd jedoch ohne dabei ihr Gegenüber aus den Augen zu lassen. Sie war unbewaffnet und rechnete jederzeit mit etwas Unvorhergesehenem. „Vogt zu Gallstein also. Die Sache wird interessant. Jetzt bloß keine Fe`ler machen.“

„Werte Comtessa, was haltet Ihr davon, wenn wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen, und uns unterhalten? Ich bin äußerst begierig darauf, Euch ein wenig näher kennen zu lernen. Wirt? Bringt uns doch bitte zwei Gläser von Eurem besten Wein an den Tisch, und lasst die Unordnung hier beseitigen. Ist doch ein wenig ungemütlich hier geworden.“

Daraufhin nahmen sie an einem Tisch Platz und begannen ein aufschlussreiches Gespräch, welches nur kurz unterbrochen wurde als ein Trupp herbeigerufener Stadtbüttel auftauchte, welche jedoch von Claudio und Simiona rasch überzeugt werden konnten, dass hier ein paar üble Schurken, die sich nicht davor scheuten, selbst Hand an Adlige zu legen, ihre gerechte Strafe bekommen haben.

„Nun, verehrte Comtessa. Gestattet mir die aufdringliche Frage, was Euch in diese Gegend verschlägt.“ Claudio lächelte einladend und musterte seine Gesprächspartnerin genau.

„Isch denke, I`r wisst schon, warum isch `ergekommen bin, oder etwa nischt?“

Der Wirt setzte den Wein auf dem Tisch ab und verneigte sich knapp vor den edlen Herrschaften, während die letzten Blutflecken von seinen Bediensteten beseitigt wurden und das Gasthaus sich langsam wieder füllte.

Claudio und Simiona stießen an und probierten das Getränk. „Natürlich weiß ich, warum Ihr hier seid. Ich wollte lediglich, dass der Höflichkeit genüge getan wird. In diesem Land scheinen gute Manieren mehr und mehr an Bedeutung zu verlieren, was meiner bescheidenen Ansicht nach, eine echte Schande ist.“

Simiona lächelte verständnisvoll und antwortete in leicht ironischem Tonfall: „Da mögt I`r Rescht ’aben. Es sind wa`rlisch schlimme Zeiten. Selbst als Adliger ist man nischt me`r sischer.“

„Sagt, wie geht es Eurem Gemahl, dem Baron von Leihenbutt? Ist er wohlauf?“ Claudio nippte erneut an seinem Wein. Obwohl er darauf brannte mehr über die wahren Intentionen seiner Landsfrau zu erfahren, wusste er doch die Regeln der gepflegten Konversation zu beachten.

„Nimmgalf ge`t es gut. Jedoch macht er sisch ernste Sorgen, weil er und seine Bundesbrüder von den Pfortenrittern zur Zeit ein, nun ja, ein wenig unangene`mes Problem ’aben.“

„Ach wirklich?“ Der süffisante Unterton in Claudios Stimme war nicht zu überhören.

Simiona ließ sich nicht aus der Fassung bringen und konterte geschickt: „Ihr kennt nischt zufällig jemanden, der me`r über dieses Problem wissen könnte? Oder bei der Lösung be`ilflisch könnte?“

Wohlwollend nickend stellte der Vogt sein Glas ab und faltete die Hände. Mit gedämpfter Stimme fuhr er fort. „Seht, edle Comtessa, ich weiß Eure Hartnäckigkeit in dieser Sache durchaus zu schätzen. Weiterhin muss ich eingestehen, dass ich etwas schlampig vorgegangen bin, was durchaus nicht meiner Art entspricht. Die Gründe für diese unangenehme Geschichte in den Wäldern von Greifenhorst sind nicht so wichtig, wie ich meine. Jetzt kommt es mehr darauf an, was man daraus macht. Verzeiht, wenn ich so direkt bin, aber die Pfortenritter sind nichts weiter als ein Haufen verweichlichter Angeber, mühsam bestrebt das Ideal eines wahren Chevalier zu erreichen. Damit möchte ich Euren Gatten keineswegs beleidigen.“

Sie funkelte ihn herausfordernd an. „Nun, in manscherlei ’insischt gebe isch Eusch Rescht, Monsieur. Aber zügelt Eure Zunge, wenn I`r so allgemein von den Pfortenrittern sprescht. Welschen Grund sollte isch ’aben, nischt sofort meinem Mann von Euren Umtrieben zu berischten?“

„Es widerstrebt mir, Eurem Gemahl oder meinem Herrn einen zu großen Schaden zu zufügen. Bedenkt, was geschehen wird, wenn Ihr Euer Wissen zu Eurem Gemahl, oder seinen Freunden tragt. Mein Herr kann den Baron von Leihenbutt ohnehin nicht leiden. Eine blutige Fehde wäre die Folge, denn Nimmgalf von Hirschfurten würde niemals glauben, dass der Baron von Gallstein von dem Attentat nichts wusste. Folglich würde er denken, die Pulethaner hätten dies selbst angezettelt. Da die Pulethaner eine etwas forschere Vorgehensweise bevorzugen, würden solche Anschuldigungen schnell zu einem handfesten Konflikt führen, der möglicherweise in einer Menge Blutvergießen resultieren könnte, was sicherlich nicht notwendig sein dürfte.“

Die Comtessa überlegte einige Herzschläge und nahm dann einen Schluck aus ihrem Weinglas. Wenn ihr auch diese These ein wenig gewagt erschien, so lag ihr die Sicherheit ihres Mannes doch sehr am Herzen. „Sprescht weiter.“

„Da Ihr und ich nun mal hier in diesen Landen fest sitzen, kann es auch nicht schaden, sich um die hiesigen Interessen zu kümmern. Ich finde es furchtbar genug, dass der Adel sich uneins ist und sich in Form von Ritterbünden gegenseitig bekriegt. Da sollten doch wenigstens wir als über alle Maßen zivilisierte Edle und Angehörige des Horasreiches, dessen kulturelle Hegemonie unbestritten ist, doch wenigstens die Contenance bewahren. Findet Ihr nicht, liebreizende Comtessa?“

Verführerisch lächelnd, beendete Claudio seinen selbstgefälligen Vortrag und nahm vorsichtig die Hand der Dame, um einen weiteren Kuss darauf zu hauchen.

„Lasst uns zusammen arbeiten. Somit wird jeder seine Ziele sicherlich schneller erreichen, als wenn wir uns unnötigerweise gegenseitig behindern.“

In Simionas Augen war ein Funkeln zu sehen. Offensichtlich könnte sich aus dem heutigen Abend mehr entwickeln, als sie zunächst vermutet hatte.