Geschichten:Ausgeschwärmt – Ingerimm

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Dämonenbrache, 1. Hesinde, früh am Morgen

Früh am Morgen brachen die drei Schwestern und die kleine Pagin auf. Lorine saß hinter der Geweihten auf Mors und hielt sich noch immer schläfrig an deren Robe fest, schließlich war ihr Pony in der Brache geblieben. Die letzten Praiosläufe hatten sie alle sehr in Mitleidenschaft gezogen.

Scanlail spielte leise auf der Beinflöte, während Ailsa von ihrer Vision erzählte. Als die Ritterin geendet hatte, wollte sie von ihrer jüngsten Schwester wissen: „Was... was glaubst Du, bedeutet das?“

Nurinai zuckte mit den Schultern: „Das... das ist schwierig zu sagen. Entweder der Schweigsame zeigte Dir die Vergangenheit oder...“

„... die Zukunft“, endete Ailsa, „Letzteres wäre...“

„... entsetzlich. Einfach nur entsetzlich“, wisperte Nurinai schwer, „Hoffen wir, dass es nur die Vergangenheit war.“

„Und was, wenn nicht?“

„Dann... dann fürchte ich, ist Deine Vision das kleinste unserer Probleme...“

„Hm“, machte die Ritterin da nachdenklich und herrschte ihre andere Schwester an: „Jetzt hör endlich auf solch einen Lärm zu veranstalten!“

Doch die Skaldin schüttelte nur zaghaft ihren Kopf und spielte weiter. Ein Lächeln zierte ihre Lippen.

„Das geht nicht“, erklärte Nurinai entschieden.

„Wie, das geht nicht?“, fragte Ailsa verständnislos, „Ist die Flöte etwa an ihren Lippen festgewachsen?“

Nun lachte die Geweihte.

„Glaub mir, wenn Du die Flöte nicht von ihren Lippen bekommst, ich kriege sie ganz sicher da weg!“

„Ach, weiße Lilie“, seufzte Nurinai, „Sie hält uns die Biester aus der Brache vom Leib...“

„Die thorwalsche Rose oder...“, die Ritterin stockte, „... die Flöte?“

„Die Flöte. Also...“, schmunzelte die Geweihte sogleich, „... das Flötenspiel. Das scheinen die Bewohner der Brache irgendwie nicht zu mögen.“

Die Ritterin schaute ihre Schwester noch verständnisloser an. Da zuckte diese mit den Schultern: „Ich kann Dir nicht sagen, warum, weiße Lilie, nur das es so ist. Wie glaubst Du wohl, haben wir in der Brache überlebt?“

Ailsa zog ihre Augenbrauen nach oben und betrachtete ihre Schwester einen Moment aufmerksam, dann merkte sie an: „Ist das die Flöte, die Nella ihr geschenkt hat?“

Nurinai nickte.

„Ich dachte, die funktioniert nicht...“

„Nicht außerhalb der Brache. Hier jedoch, in der Brache, scheint sie bestens zu funktionieren. Vielleicht sogar etwas zu gut.“

Die Ritterin überlegte einen Augenblick: „Und Nella? Glaubst Du, sie hat es gewusst?“

„Ich gehe stark davon aus. Warum sonst hätte sie die Flöte der thorwalschen Rose ausgerechnet so kurz vor unserem Aufbruch in die Brache schenken sollen?“

„Dann... dann hat sie etwas zu Euch gesagt?“

Nun schüttelte Nurinai den Kopf: „Sie hat nichts gesagt, auch wenn sie es gewusst haben muss. Und was hätte sie uns auch sagen sollen? Wir hätten sie doch ganz sicher gefragt, woher sie das weiß...“

„Und sie hätte uns darauf keine Antwort geben können...“

„So ist es.“

„Was glaubst Du, woher sie es weiß?“

„Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß nur eines, auch Nella hängt da drin. Auch sie. Sogar sie.“

Schweigend ritten sie eine geraume Zeit vor sich hin.

„Ich bin sehr froh, dass wir alle wieder beisammen sind“, hob Nurinai an.

Scanlail nickte energisch, während Ailsa erwiderte: „Ja, in der Tat. Ohne Euch bin ich einfach nicht ganz und es ist schön, dass wir uns nicht nur immer auf einander verlassen können, sondern auch immer füreinander da sind.“

„Dafür sollten wir den Göttern danken“, meinte Scanlail und spielte sogleich auf ihrer Flöte weiter.

„Ja, das sollten wir“, schloss Ailsa.

Himmlischer Schmied, wir danken Dir dafür, dass Du uns unsere Gemeinschaft zum Geschenk gemacht hast, auf dass wir nie alleine und nie schutzlos sind und immer jemand haben, der uns zur Seite steht.“

Sie ritten einige Zeit schweigend weiter.

„Ich habe jemanden kennengelernt“, wisperte Nurinai da plötzlich.

Scanlail hörte abrupt auf zu spielen. Ailsa wandte ihren Blick zu ihr: „Und?“

„Wir haben uns sehr gern. Wirklich gern. Überaus gern.“

„Und?“, bohrte nun die Skaldin weiter nach.

„Ich glaube, ich bin verliebt...“, ein bezauberndes Lächeln legte sich über ihre Lippen und ein merkwürdiger Glanz trat in ihre blauen Augen, „Ich glaube zum ersten Mal in meinem ganzen Leben bin ich verliebt. Zum allerersten Mal. Es ist... ist so ein unbeschreibliches Gefühl. So... so überwältigend. Doch... doch es ist mir erst jetzt klar geworden. Erst hier. Erst mit dem Tod von Angesicht zu Angesicht. Wir lieben uns.“

„Liebe ist so ein unbeschreibliches Gefühl“, hob Scanlail da nun seufzend an, „Sie erfüllt einen. Füllt einen aus. Eröffnet einem neue Perspektiven. Sie schenkt einem Hoffnung und Mut und macht vor allem die Dinge möglich, bei denen man dachte, sie seien es nicht. Ja, das ist sie. Die Liebe.“

„Wann stellst Du ihn uns vor?“, wollte Ailsa ohne Umschweife wissen.

„Nicht ihn“, korrigierte die Geweihte mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen, „sondern SIE!“


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Texte der Hauptreihe:
K1. Praios
K2. Firun
K3. Rondra
K4. Boron
K5. Efferd
K9. Travia
K10. Hesinde
K11. Tsa
K12. Phex
K14. Etilia
1. Hes 1042 BF früh am Morgen
Ingerimm
Phex


Kapitel 13

Etilia
Tag 7


Kapitel 62

Heimwärts
Autor: Orknase