Geschichten:Aufnahme im Orden

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Weihenhorst

Mühsam bahnte Rondrigo von Ahrenstedt sich seinen Weg über den vor Leuten überquellenden Markt von Weihenhorst.

Zwei Wochen waren bereits seit dem Duell zwischen der Kanzlerin der Mark und dem tobrischen Sturkopf Baradar von Plaue vergangen. Seitdem ein Teil der Truppen in Weihenhorst stationiert war, platzte die Stadt aus allen Nähten.

Vergeblich hielt der Junker nach seinem Knappen Ausschau; der junge Bursche war wieder einmal zu spät.

Wie sollte dieser Bengel jemals das Ansehen eines Ritters erwerben? Er war nach Jahren der Ausbildung immer noch unpünktlich, unzuverlässig und nicht gerade einer der Mutigsten. Obwohl Rondrigo ihn schon einiges gelehrt hatte, so sträubte Dorian sich doch nach besten Kräften, ein Ritter nach gutem tobrischem Vorbild zu werden.

Immer wieder einige der einfachen Leute beiseite schiebend, drängte sich der Ritter durch die Menge, bis er schließlich das am Markt gelegene Gasthaus "Eherne Orkenwehr" erreicht hatte.

Die Schenke war zur Praiosstunde gut besucht, der Geruch von starkem Bier und frischem Schweinebraten stieg dem Junker in die Nase, als er den Schankraum betrat.

Es gab nur einen einzigen Tisch, an dem nur ein einzelner Mann saß, obwohl noch reichlich Platz gewesen wäre. Zielstrebig steuerte Rondrigo auf just diesen Tisch zu.

Das von Falten gezeichnete Gesicht des alten Mannes am Tisch verriet keine Regung, als der Neuankömmling sich näherte. Reserviert blickte der ältere Herr in den mit Fell besetzten Gewändern auf.

"Ihr seid spät, Junker von Breitenhof."

"Praios, den Gerechten zum Gruße! Verzeiht bitte vielmals Euer Hochgeboren. Ich suchte noch nach meinem Knappen. Er wird sich auf einiges gefasst machen können, wenn ich ihn später erwische."

Ein unwilliger Zug schlich sich auf die Züge des Barons von Dunkelsfarn. "Habt Ihr Euren Schützling etwa nicht im Griff?"

Rondrigo straffte sich. "Keine Sorge. Er wird die nötigen Lektionen noch lernen; dafür werde ich Sorge tragen."

Der Greifenfurter Baron musterte den jüngeren Adeligen und bot ihm dann einen Platz an. "Nun, Herr von Ahrenstedt. Eure mutigen Taten in Greifenhorst und Eure praiosgefällige Einstellung gereichen Euch zur Ehre. Eure Tapferkeit und Euer ritterlicher Kampfesgeist sind lobenswert. So oder so ähnlich haben es Seine Hochgeboren Baron Eslam von Brendiltal und Seine Hochgeboren Baron Yendor von Gallstein ausgedrückt."

Beinahe ehrfürchtig nickte der Junker und bedankte sich höflich: "Habt Dank für Eure Worte. Ich weiß Euer Lob zu schätzen, Hochgeboren."

"Auch sind meine Gesinnungsgenossen vom Orden zur Bewahrung der praiosgefälligen Ordnung zu Puleth der Ansicht, dass Ihr nicht nur ein Freund, und ein Edelmann, sondern auch ein nützlicher Verbündeter seid."

Geschmeichelt neigte Rondrigo sein Haupt als Zeichen der Ehrerbietung. "Ihr seid zu großzügig."

"Nein, das bin ich nicht. Ich habe diesbezüglich meine Bedenken angemeldet.“

Der Kopf des Junkers ruckte hoch und die Irritation war ihm anzusehen. Fredo Adersin von Dunkelsfarn nahm einen tiefen Schluck aus dem vor ihm stehenden Glas, dann fasste er sein Gegenüber erneut in die Augen. „Der Bund zur Bewahrung der Praiosgefälligen Ordnung zu Puleth ist keine Kavaliersvereinigung, wie dies vielleicht anderen Orden zukommt.“ Die Stimme des Barons war ernst und zeigte keine Spur des salbungsvollen Tonfalls, den Rondrigo erwartet hätte. „Ich respektiere Euer Ansinnen, dieser Vereinigung beizutreten und ich nehme die Verdienste, mit denen Ihr Euch um dieses Land verdient gemacht habt wahr. Aber vergesst nie, dass dies auch Eure Aufgabe war, eine Aufgabe, die Euch vom Götterfürsten übertragen wurde.

Der Dienst als Pulethaner bedeutet nicht, eitel auf jeder Tempelweihe herumzustolzieren, die Schärpe über der Brust. Wenn es um das kokettieren geht, dann windet Euch ein blaues Band um den Arm und belasst es dabei. Pulethaner zu sein bedeutet mehr.

Es bedeutet eine Entscheidung für jeden Tag im Götterlauf zu treffen und nicht in der Vergangenheit, wie ruhmreich auch immer, zu verharren. Es bedeutet nicht die Lanze zu kreuzen, sondern Schwert und Schild zu sein im immerwährenden Kampf gegen die Feinde des Landes, des Reiches, der Götter. Es bedeutet einen fortwährenden Kampf für die zwölfgöttliche Kirche zu kämpfen, Praios vor, und die göttergegebene Ordnung aufrechtzuerhalten, und wenn das eigene Leben dabei zu Schaden kommt. Das Streben der Pulethaner nach Wahrung der praiosgefälligen Ordnung hat ist Ausdruck einer Geisteshaltung, dass die Ordnung, welche der Götterfürst aufgerichtet hat, fortwährend gefährdet ist, sei es durch das Orkengezücht, sei es durch Intrige oder Tändelei. Die Pulethaner verstehen sich als Schwert und Schild.

Ihr mögt einige Erfolge erzielt haben und durchaus mit ritterlichem Kampfesgeist wie großer Tapferkeit gesegnet sein. Gleichwohl spricht dies nach meiner Erfahrung weder für noch gegen Euch. Ich habe schon andere Männer mit Euren Talenten straucheln sehen und meistens fielen sie tief. Lasst Euch Euren Ruhm nicht zu Kopfe steigen, junger Mann."

Der Herr von Dunkelsfarn trank sein Glas mit einem letzten Zug aus, dann fasste er sein Gegenüber ein letztes Mal ins Auge: "Auf dem Kriegsrat zu Weihenhorst wird man Euch die Schärpe überreichen."

Im Aufstehen wandte sich Fredo Adersin noch einmal um und neigte fast, in einer sehr förmlichen Geste, den Kopf: "Seid willkommen in unserer Mitte und seid fortan mit allen Pflichten, aber auch mit all unserer Freundschaft, unser Bruder."


"Ich schwöre bei Praios Angesicht und bei meiner Ehre, dass ich Euch nicht enttäuschen werde."

Mit stolz geschwellter Brust verabschiedete sich der Junker und machte sich wieder auf die Suche nach seinem missratenen Knappen.