Geschichten:Alte Post - Erschreckende Kunde

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Im Nachhinein war Bardo froh, dass sie ihr Gespräch bereits außerhalb der Mauern geführt hatten. Man hatte ihn hier willkommen geheißen und dennoch wusste er nie wann nicht eventuell die Wände mithörten, so hatten sich Neffe und Onkel andere Dinge zu erzählen immerhin war Leubrecht zum Brachenwächter bestellt worden. In dieser Sache gab es vieles zu Disputieren, sodass ihre Unterhaltung länger andauerte als er anfänglich für möglich gehalten hatte. Welche Unterstützer hatten die Wächter? Welche Feinde und Neider wollten sie stürzen sehen? Hatten sich unter den Wächtern bereits Lager und Strömungen gebildet? Vereinten sie Ziele und Maßstäbe? Stand jeder für sich allein oder konnten sie auf den Beistand ihrer Nachbarn zählen? Erst am Ende hatten sie sich über die neusten Entwicklungen in Neu-Auenwacht unterhalten. Hatte ihm der Markvogt bereits die notwendigen Mittel zugesagt und machte der Bau der Burg womöglich bereits Fortschritte? Es war noch nicht allzu lang her, das Leubrecht das Schreiben vom Hof des Markvogtes erhalten hatte. Ein enttäuschendes Schreiben immerhin hatte man ihm nur die Hälfte der benötigten Mittel zugesagt. Seither hatte Leubrecht versucht neue Geldquellen aufzutun, seine Anfrage ob ihm zumindest zusätzliche Fronarbeiten zugestanden würden war bisher noch unbeantwortet geblieben.

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Allein auf seiner Kammer konnte sich Bardo erstmals die Zeit nehmen sich den Brief aus der Brache selbst zu lesen. Tatsächlich hatte sein Neffe nichts ausgelassen und alles, wie es im Brief niedergeschrieben worden war, wiedergegeben. Doch machte es die verzwickte Situation nicht besser, im Gegenteil sie steigerte seine Sorge um seine Heimat. Nur zu gut verstand er nun die Ängste Leubrechts und wieso er in solcher Eile zu ihm gekommen war, aber dennoch durfte er nichts überstürzen. Er durfte nicht einfach losstürmen, zu groß war die Gefahr dass ein unbedachtes Handeln den Untergang Reichsforsts besiegelte. Wollte er dieses Komplott aufdecken, so musste er mit Bedacht und vorsichtig vorgehen. Sicher war, dass er Verbündete brachte, allerdings war ebenso sicher das jeder neue Verbündete zugleich ein potentieller Verräter war. Die von Praiodan von Luring vor Götterläufen niedergeschriebenen Zeilen berichteten von Machenschaften des Rattenkindes, wenn dessen Schergen bereits damals agiert haben, konnte dies nur bedeuten das sie seither erschreckend viel Zeit hatten ihr Netz zu spinnen und ihre Fäden zu ziehen. So viele Fäden in denen er sich nun verfangen könnte.

Fast sein gesamtes Leben hatte er am Grafenhof von Reichsforst verbracht. Als Sohn eines Dienstritters bereits die frühste Kindheit, dann als Page Graf Rondger aufgewartet, später in dessen Knappenschar die Rittertugenden und sein Handwerk gelernt und anschließend bis vor kurzem als Hausritter gedient. Die Grafschaft war seine Heimat, war es immer gewesen. Viel zu früh war Graf Rondger gegangen, doch fand er in Graf Danos einen würdigen Nachfolger. Sie beide waren aufrechte Ritter, Männer erfüllt von Tugend und Pflichtbewusstsein. Kaum verwunderlich dass er deshalb für beide Männer größten Respekt verspürte, ja sogar sich ihnen gegenüber noch immer verpflichtet fühlte. Für sie war er in Schlachten gezogen, hatte gekämpft, geblutet, gesiegt und auch Niederlagen einstecken müssen. Nie war dies Einfach gewesen, wobei besonders die Monde in der Wildermark ihm einiges abverlangt hatten. Der neue Graf hingegen war anders, Drego konnte sich nicht mit seinen Ahnen messen. Schon allein der Versuch wäre eine Farce und würde das Ehrenschild der zwei geachteter Ritter postum besudeln. Drego verprasste das Gold, war windelweich und umgab sich mit Speichelleckern. Jetzt aber wo Bardo um die bereits lange im Verborgenen agierenden Jünger des Rattenkindes wusste, konnte er das bereits Geschehene in einem gänzlich neuen Licht betrachten. Seine erste Aufgabe würde es daher sein, alte Berichte zu lesen und sich ein Bild vom möglichen Ausmaß der Intrige zu machen. Das würde ihn sicherlich einige Zeit kosten, doch da er im bereits vor dem Portal stehenden Winter sowieso schlecht reisen konnte, machte ihm das wenig aus.

Bereits jetzt hatte er erste Vermutungen und Ideen. Zum einen würde er nach Luring reisen, womöglich konnte er am Hof seiner Ausbildung noch einige Informationen aufschnappen die nicht in Gazetten oder anderweitig niedergeschrieben wurden. Vor allem aber konnte er dort den Sankt-Quelban-Tempel besuchen und um ein Gespräch mit seiner Hochwürden von Halmenwerth zu erbitten. Bardo war sich recht sicher, das Seine Hochwürden der eigentlich adressierte Empfänger des Schreibens war. Schon damals hatte Praiodan von Luring ihm dieses Wissen anvertrauen wollen, jetzt wo der Brief wiedergefunden wurde, war es folglich nur richtig ihn auch zuzustellen.

Auch über den erwähnten Hoffnungsträger hatte Bardo bereits nachgedacht. Damals als sein Vater nach Reichsforst gekommen war, hatte er eine Anstellung bei Graf Adhemar von Luring erhalten. Eine großzügige Geste, die - wenn er sich nicht täuschte - wie viele andere zum Beinamen des Grafen geführt hatten: Graf Adhemar der Großherzige. Wenn er damit richtig lag, musste der Graf, der die Grafschaft vor dem namenlosen Übel bewahren konnte, eben jenen Namen tragen – jenen Namen den das Mündel des verstorbenen Danos' getragen hatte. Es hatte viele Gerüchte am Hof gegeben, woher Adhemar stammte, aber keine hatte sich je bestätigt. Wenn Bardo nun dem Brief Glauben schenken konnte, wusste er endlich, wer der Vater des Jungen war. Praiodan schrieb in seinem Brief, dass sein Sohn seinen Namen tragen würde. Das mochte für die meisten bedeuten das der Junge Praiodan heißen müsste, aber Bardo wusste es besser. Er hatte so lang am Hof gelebt, dass er durchaus wusste, dass Praiodan der Weihename und Adhemar der Geburtsnamen des verstorbenen Ersten Königlichen Rates war. Doch der junge Adhemar war noch ein Bursche, kaum im Knappenalter hatte er noch einen weiten Weg, bis er zum Ritter geschlagen werden konnte. Als Nachkomme der Reichforster Grafen aber hatte er zumindest einen gewissen Anspruch auf die Grafenwürde, sofern die Hauptlinie erloschen, vom Erbe ausgeschlossen oder wegen Unfähigkeit entmachtet wäre.


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Hes 1042 BF
Erschreckende Kunde


Prolog 11

Erschreckende Kunde
Autor: Vairningen