Geschichten:Über Mythen und Legenden - Blasius’ Pfad zur Ehre

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Ort: Magierakademie des Seminars der elfischen Verständigung und natürlichen Heilung zu Donnerbach, Travia 1048 BF

Ein leiser Wind spielte mit den Blättern der alten Eichen, während das metallische Klirren von Übungsschwertern über die Lichtung hallte. Zwei Knappen aus dem Kosch, Helmbrecht und Blasius, standen sich gegenüber. Ihre Stirnen waren schweißbedeckt, ihre Blicke voller Konzentration. Ihr Lehrmeister, Kunhardt von Krolock, ein erfahrener Hausritter mit wettergegerbtem Gesicht, beobachtete sie aufmerksam.

„Nicht mit Kraft, Helmbrecht. Mit Haltung und Maß“, rief Kunhardt streng, als Blasius den Hieb seines Gegners mit einer sauberen Parade abfing.

In diesem Moment trat eine Gestalt aus dem Schatten der Bäume. Es war Iralda von Ochs. Man kannte sie gewöhnlich mit Tintenflecken an den Fingern und einem Buch unter dem Arm. Doch heute trug sie ein Schwert an der Seite. Die Knappen hielten inne. Helmbrecht und Kunhardt traten respektvoll zur Seite, während Blasius überrascht dreinblickte.

„Blasius“, sagte Iralda mit fester Stimme und bedeutete ihm, näher zu kommen. Mit einer feierlichen Geste forderte sie ihn auf, niederzuknien.

Zögernd, das Herz pochend, trat Blasius vor. „Herrin?“, fragte er verwundert und sank auf ein Knie. Iralda zog das Schwert von ihrer Seite. Es glänzte silbern in der Mittagssonne, schlicht, aber würdevoll. Sanft legte sie die Klinge auf seine rechte Schulter und sprach mit fester Stimme.

„Blasius Eberwulf aus dem Hause Stippwitz, Sohn von Roban Albertin und Turike, Knappe in meiner Obhut. Zwölf Winter lang hast du mir gedient. Du warst treu, tapfer und gelehrig. Du hast gelernt, mit dem Schwert zu kämpfen, aber auch mit dem Geist. Du bist ein garetischer Ritter, erzogen in Tugend, Maß und Klugheit.“

Langsam führte sie die Klinge auf die linke Schulter. „Willst du künftig stets tapfer und edelmütig handeln? Versprichst du, für das Recht einzustehen und dich dem Unrecht entgegenzustellen?“

Blasius schluckte. Seine Stimme war rau, doch klar und entschlossen. „So will ich schwören. Bei meiner Ehre.“ „Dann erhebe dich als Ritter Blasius Eberwulf zu Stippwitz.“

Langsam kam er auf die Beine. Er wirkte ungläubig, als könne er kaum fassen, was geschehen war. „Ich… ich bin noch keine einundzwanzig…“

Iralda lächelte sanft. „Ein Ritter wird nicht nach Jahren gezählt, sondern nach dem, was er zu tragen bereit ist. Und du bist bereit.“

Helmbrecht jubelte laut auf, während Kunhardt mit ernster Miene nickte.

Dann wandte sich Iralda an alle Anwesenden. „Wir werden unsere Sachen packen. Unsere Zeit in Donnerbach geht zu Ende. Wir reisen zum Gut Stippwitz am Angbarer See. Mein Großvater Gobrom erwartet uns.“

Helmbrecht, dessen Augen leuchteten, fragte eifrig: „Dürfen wir danach nach Sindelsaum? Ich wollte Euch doch Reto den Dachs vorstellen.“

Iralda schmunzelte. „Ja, das dürfen wir. Ich habe bereits genug von ihm gehört, dass ich ihn selbst kennenlernen möchte. Wir werden deine Familie besuchen, und ich will es mir nicht nehmen lassen, meinen Sohn Idamil zu sehen. Doch wir können nicht zu lange verweilen. Balrik, Nahéniel und ich, gemeinsam wollen wir in der Kaiserstadt Gareth nach dem Spatzenkönig suchen.“

In diesem Moment trat Dschafar aus dem Schatten der Akademiemauer. Er war Iraldas magischer Begleiter, in feinem tulamidischen Gewand gekleidet. Seine von Kajal umrahmten Augen wirkten geheimnisvoll. In seinen Händen trug er zwei duftende Blaubeerkuchen, die er behutsam auf einem Baumstumpf abstellte.

Die Gruppe setzte sich in einem Kreis. Der süße Duft des Kuchens erfüllte die Luft, während über ihnen die Vögel sangen. Aus einem Stapel Brennholz traten schließlich die Waldmäuse hervor. Eine ganze Schar kleiner, neugieriger Augen und zuckender Schnurrhaare wagte sich ins Licht.

Die größte unter ihnen, mit glänzendem Fell und klarem Blick, trat direkt vor Iralda. „Zim“, flüsterte sie zärtlich.

Die Anwesenden kannten dieses Schauspiel gut, denn der König der Waldmäuse war der Grund für ihren Aufenthalt in Donnerbach. Zwischen Iralda und dem Mäuserich war eine Freundschaft entstanden. „Ich danke dir, mein Freund. Unsere Gespräche und deine Weisheit waren mir kostbar“, sagte sie leise.

Zim schien sie zu verstehen. Er richtete sich auf, berührte sanft ihre Hand mit seiner kleinen Pfote und piepste leise: „Komm wieder, wenn dir danach ist. Ich werde hier sein.“