Geschichten:Krallenkönigin
Im Namen Praios’ – Bericht des Inquisitors Aidan Doire über die Niederschlagung des Kultes der Krallenkönigin
Mit der gebotenen Demut und dem festen Glauben an die Allmacht unseres Herrn Praios lege ich hiermit Zeugnis ab von den Ereignissen, die sich vor fast 25 Götterläufen im Märkischen Reichsforstes zutrugen – Ereignisse, die in ihrer Abgründigkeit und Bosheit selbst den gestählten Glauben der Inquisition prüften.
Als uns Kunde erreichte, dass sich ein frevelhafter Kult unter den Bauern und Bürgern jener Lande ausbreitete – ein Kult, der Vögel, insbesondere die Saatkrähe und den Falken, zu Götzen erhob –, war rasches Handeln geboten. Die Berichte über die sogenannte Krallenkönigin, eine Frau von niederträchtigem Geist und abscheulicher Hässlichkeit, die es wagte, in blasphemischer Selbstvergötzung von den ehrbaren Frauen der Lande Schmuck als Tribut einzufordern, erreichten uns in wachsender Zahl. Weigerungen wurden grausam gesühnt: Ich selbst habe Zeugen vernommen, deren Berichte von Krähen erzählten, die mit unnatürlicher Bosheit ihre Schnäbel den Augen unschuldiger Frauen entgegenstreckten und diese auspickten. Die Tempel blieben leer, die Zwölfgötter gemieden – ein erschütterndes Bild für jeden, der den wahren Glauben im Herzen trägt. Diese götterlästerliche Entwicklung durfte nicht ungesühnt bleiben. Mit einem kleinen, aber entschlossenen Trupp gläubiger Recken und dem Segen Praios’ brachen wir auf. In Eslamslaub kam es zum ersten blutigen Gefecht. Die Kultisten, besessen von Wahn und Verblendung, leisteten erbitterten Widerstand. Doch Praios’ Licht ist stärker als jede Finsternis: Wir zerschlugen die Schar, das Ketzerblut tränkte den Boden, und wir dankten dem Herrn für seinen Beistand.
Unser Weg führte uns weiter in den düsteren Troller Forst, wo die niederhöllische Brut ihren Tempel errichtet hatte – ein abscheulicher Bau aus düsteren Steinen und Federn, umgeben von krächzenden Scharen. Wir belagerten den Ort mehrere Tage, unter stetigem Angriff schwarzer Schwingen. Schließlich befahl ich den Sturm. Unter Lobpreisung Praios’ brachen wir durch die Tore, entweihten die Altäre des Götzen und legten Feuer an den Frevelbau. In den Flammen verging die Krallenkönigin. Ich selbst sah ihre Silhouette, von Rauch und Feuer umhüllt, ehe das Dach einstürzte und sie verschlang.
Die gefangenen Kultisten wurden nach rechtschaffener Vernehmung dem Urteil der Götter übergeben und gerichtet. So ward der Bann gebrochen, und die Zwölfgötter fanden zurück in die Herzen der Menschen.
Doch eines, so muss ich gestehen, lässt auch mein Herz nicht ganz zur Ruhe kommen: Weder die sterblichen Überreste der Priesterin noch jene eines Kindes, von dem die Bauern sprechen, konnten wir finden. Und so bleibt ein Schatten, eine Mahnung, dass Wachsamkeit die höchste Tugend des Gläubigen ist. Möge Praios wachen über uns alle – und jeden finsteren Vogel aus dem Himmel stürzen.
Hochachtungsvoll im Lichte Praios’,
Aidan Doire, Inquisitor des Heiligen Ordens
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