Geschichten:In der Wildnis
Irnfrede war ihrem Ritter Ernhelm in einigem Abstand in die Wildnis der Rakulahöhen gefolgt. Die Landschaft hatte etwas wild-romantisches an sich: schroffe Bergkanten wechselten sich ab mit Wiesentälern voller Blumen und dichtgewachsenen Hügelwäldern. Obwohl Irnfrede eine Weile auf Burg Trollhammer gelebt hatte, hatte sie bislang nur wenig Gelegenheiten gehabt, das Land außerhalb der Burgmauern zu erkunden. Das wollte sie nun aber nachholen. So lief sie etwas verträumt durch die Gegend, beobachtete die Vögel und Schmetterlinge und erfreute sich an der Vielfalt der Natur. In einiger Entfernung sah sie sogar einen Schwarm Harpyen in den Felsen nisten. Falls es wahr wäre, dass diese junge Männer fingen, um sich dann mit ihnen zu paaren, würde Ernhelm gut auf sich acht geben müssen, dachte sie grinsend. Doch wo war er überhaupt? Sie musste sich eingestehen, dass sie seine Spur verloren hatte. Sie irrte noch etwas ziellos durch die Gegend, und erklomm dann eine Hügelkuppe, um weiter schauen zu können.
Nachdem sie sich kurz orientiert hatte, erspähte sie in einiger Entfernung einen kleinen Bergsee, in den sich ein Wasserfall ergoss. Und dort meinte sie jemanden zu sehen. Kurzentschlossen machte sie sich auf den Weg.
Als sie an dem See ankam, versteckte sie sich zunächst in den Büschen und Farnen, die etwas abseits vom Seeufer standen. Und wirklich, es war Ernhelm, der dort in dem See badete. Er hatte seine Kleider am Ufer liegen lassen. Ganz schön leichtsinnig, dachte sie und grinste erneut. Eine Weile beobachtete sie ihn wie er in dem See schwomm und bisweilen sogar unter dem Wasserfall hindurch tauchte. Er hatte einen sehr schönen Körper, befand sie. Frau Rahja hatte es anscheinend gut mit ihm gemeint. Das ist ja fast wie in "Die Abenteuer der Wildhüterin Alrike, Band zwei, Waldeslust" grinste sie. Das war eine Romanreihe, von der ihr Baron Ardo, ein Freund ihres Vaters, ein paar Exemplare zur Hochzeit geschenkt hatte. Die hatten ihr schon manch einsamen Abend versüßt.
Dann endlich fasste sie sich ein Herz und trat ans Ufer.
"Ein toller Ort für einen kleinen Schwimmausflug, findest du nicht auch?" sagte sie laut. Ernhelm erschrak heftig und drehte sich in ihre Richtung. "Her...Herrin Irnfrede? Wie kommt Ihr denn hierher?"
"Nun, mir war auch nach einer kleinen Erfrischung zumute. Und ich dachte, ich könnte dir hier ein wenig Gesellschaft leisten", lächelte sie keck. Kurzentschlossen begann sie sich die Kleider abzustreifen und legte sie auf einen Haufen neben Ernhelms Sachen.
"Herrin... ich weiß nicht, ob Ihr das tun solltet. Das Wasser ist recht kühl, wißt Ihr, Ihr könntet Euch erkälten."
"Ach was, uns wird schon rasch wieder warm werden!" entgegnete sie zuversichtlich.
Sie war nun völlig unbekleidet und stieg ebenfalls vorsichtig ins Wasser. Doch war sie etwas unsicher, da sie zum einen kaum schwimmen konnte und zum anderen taten ihr die Füße weh, sobald sie auf die harten Steine trat. Und außerdem war es wirklich sehr kalt, obwohl es an der Luft noch recht warm war. Doch Ernhelm kam ihr zu Hilfe.
"Nur Mut. Wenn man einmal drin ist, ist es herrlich!" spornte er sie an, tiefer reinzugehen. Da fasste sie neuen Mut, machte einen Satz auf ihn zu ins tiefere Wasser und klammerte sich an ihm fest, so dass sich ihre Körper für einen Moment berührten.
"W...wirklich sehr k... kalt", bibberte sie. Ernhelm löste sich ein wenig von ihr. "Kommt, wir schwimmen zum anderen Ufer. Ich bleibe immer bei Euch, dann kann nichts passieren." Gesagt, getan, schon schwammen sie zu zweit durch den See. Es war wirklich herrlich. Schon bald hatte sie sich an das kühle Wasser gewöhnt. Sie beobachtete, wie Ernhelm noch einmal unter dem Wasserfall hindurch tauchte. Ihr sebst fehlte dazu jedoch der Mut.
Schließlich kamen sie wieder zum Ufer. Zum Glück hatte Ernhelm zwei große Leinentücher dabei, mit denen sie sich rasch trockenrubbeln konnten.
"Das war wirklich wunderschön, Ernhelm. Vielen Dank, dass du mir das hier gezeigt hast." Irnfrede setzte sich auf eines der Leinentücher, schlug die Beine ausgestreckt übereinander und sonnte sich. Sie ließ ihr langes blondes Haar nach hinten fallen und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.
"Ich kenne diesen Ort schon lange, ich war als Kind häufig hier mit meinem Vater und auch mit..." er stockte, und ein Schatten glitt ihm über das Gesicht. "Aber wir sollten jetzt besser bald zurückgehen. Es ist noch eine Weile hell, ich denke wir werden noch vor der Abenddämmerung ankommen. Er begann, sich wieder anzuziehen.
"Warte!" sagte sie und betrachtete seinen Körper sehr genau. "Setz dich doch eine Weile zu mir", lächelte sie.
"So?" er deutete an, dass er noch unbekleidet war. Irnfrede nickte nur und sah ihn hoffnungvoll an.
"Herrin, wir... wir sollten nicht zu lange warten mit dem Aufbruch."
"Dies ist das Land meines Vaters. Wer sollte uns verbieten hier zu sein?"
Ernhelm nickte und setzte sich zu ihr. Irnfrede beobachtete ihn dabei. Sie fand ihn wirklich sehr anziehend. Sie spürte, wie ihr Blut langsam in Wallung geriet. Und wenn sie es richtig sah, ging es ihm nicht anders.
"Wie kommt es eigentlich, dass du noch unverheiratet bist, Ernhelm?" Er schwieg eine Weile. Dann antwortete er: "Ich habe noch nicht die richtige Frau für mich gefunden." Irnfredes Herz machte einen kleinen Hüpfer! Anders als ihr Gatte war er demnach durchaus an Frauen interessiert.
"Vorhin als du mich im Wasser gehalten hast...", begann sie und er sah sie fragend an, "...kam es mir so vor als... hätte es dir sehr gefallen."
Ernhelm errötete leicht und winkelte die Beine an, als wollte er dort etwas verbergen. Irnfrede triumphierte innerlich.
"Weißt du, mir hat es sehr gefallen...", hauchte sie verführerisch.
"Es... war wirklich schön, Herrin!" gab er zu.
"Ach lass doch das Förmliche weg. Wenn wir zu zweit sind bin ich für dich nur Irnfrede, in Ordnung?"
"Wie du wünschst, Irnfrede!"
Für eine Weile saßen sie nebeneinander. Irnfrede dachte daran, wie lange es schon her war, dass sie zuletzt Rahjas Freuden genossen hatte. Ihr neuer Gatte hatte sie nicht mal in der Hochzeitsnacht berühren wollen, da er nur dem eigenen Geschlecht zugetan war. Es fühlte sich für sie an wie eine Ewigkeit. Wie es sich wohl mit Ernhelm anfühlte, wenn er sie...?
"Möchtest du es nochmal?" fragte sie.
"Was?"
"Mich berühren?"
Ernhelm sah sie fragend an.
"Mich festhalten?" säuselte sie und klemmte die Unterlippe ein.
"Irnfrede..."
Sie drehte sich verführerisch zu ihm und gewährte ihm einen verheißungsvollen Blick auf ihre herrlichen Brüste.
"Ich möchte es nämlich auch. Dass du mich berührst. Dass du mich hältst."
"Das wäre schön... aber willst du das wirklich? Wir könnten Probleme bekommen", warf er vorsichtig ein.
Sie kam nun näher an ihn heran, so dass ihr Gesicht ganz kurz vor seinem war.
"Das ist mir egal", sagte sie leise, "und wir sind hier ganz alleine!" Sie küsste ihn auf den Mund. Erst zögerte er kurz, dann erwiederte er den Kuss und ihre Zungen berührten sich. Im nächsten Moment schlangen sie die Arme umeinander und liebkosten sich. Schließlich legte sie sich seufzend auf den Rücken, öffnete die Beine und zog ihn an sich heran. Schon bald versanken sie in wildem Liebesspiel.
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Ein seltsamer Reigen | ▻ |