Geschichten:Ankunft
Burg Rubreth, Boron 1047 BF
Schon von fern konnte Orelan Leowyn von Leuenwald die mächtige Grafenfestung ausmachen. Das stolze Gemäuer thronte sicher schon Jahrhunderte über der Stadt Rubreth. Die am Tor postierte Wachmannschaft war auf der Hut. Hier herrschte also Disziplin. Gut so, dachte sich Orelan, dann bin ich hier richtig.
«Haltet an, Ritter, was ist euer Begehr?» Ein Soldat mit einem Kreuz wie ein Ochse stellte sich in den Weg.
«Ich bin Ritter Orelan Leowyn von Leuenwald, und ich bin hier, um dem Landvogt meine Dienste als Hausritter anzubieten. Also lasst mich durch.» entgegnete Orelan mit klarer und befehlsgewohnter Stimme.
Der Soldat kniff die Augen zusammen, so als wolle er Orelan genauer mustern. Aber schon nur die Stimme des Ritters erzeugte Schauer auf seinem Rücken, so wie er es sonst nur vom Burgsassen kannte. «Gut, ihr könnt passieren.»
Im Burghof kam Orelan der Burgsass mit eiligen Schritten entgegen. Er erinnerte ihn unweigerlich an seinen Freund Rondred Löwenhaupt, zumindest was die körperlichen Ausmasse und den grimmigen Gesichtsausdruck anging. Gunnolf gab Anweisungen an einen Stallburschen, das Streitross von Orelan in den Stall zu bringen und es zu versorgen. Bei Orelan angekommen streckte er die Hand aus. «Ich bin Gunnolf Gishelm Flass von Cresseneck, Burgsass auf Burg Rubreth. Mit wem haben wir die Ehre?»
«Orelan Leowyn von Leuenwald, Ritter zu Leuenwald. Besten Dank, dass ihr mein Pferd versorgen lässt, es war ein langer Ritt aus der Kaisermark.»
«Was ist euer Begehr?» wollte Gunnolf wissen.
«Nun, ich hörte auf Burg Silz, dass euer Landvogt Rondradan Helmar von Pfortenstein noch Hausritter suchen würde.» antwortete Orelan. «Ich hoffe, dass ich ihn von meinen Fähigkeiten überzeugen kann.»
«Wartet.» fiel Gunnolf dazwischen. «Ich seid doch der Leuenwald, der als Kronvogt auf der Mardershöh amtete?» Orelan nickte zustimmend.
Gunnolf pfiff leise durch die Zähne und kratze sich am Kopf. «Nun, kommt erst mal an und erfrischt euch in unserer Burgtaverne. Ich werde in der Zwischenzeit den Landvogt unterrichten.»
In der Burgtaverne nahm Orelan frisches Wasser zu sich und war froh, nach den Reisestrapazen etwas ausspannen zu können. Die rund 90 Meilen von Gareth hierher hatte er auf der gut ausgebauten Reichsstrasse in zwei Tagen zurückgelegt, und es war auch schon Nachmittag.
Der Reichsforst erinnerte ihn stark an seine Heimat. Kornfelder, soweit das Auge reichte, fettes Vieh auf den Weiden, umtriebige Handwerker und Händler, schmucke Städtchen und Dörfer – so, als wäre man immer noch in der Kaisermark.
Als es sich Orelan richtig gemütlich machen wollte, betrat Gunnolf die Taverne. «Kommt, der Landvogt will euch persönlich begrüssen.»
