Garetien:Reichsforster Landschaften

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Zwischen Rakulahöhen und tiefem Wald

Das Lehnland derer von Luring erstreckt sich zwischen den beiden Reichsstraßen von den Ufern des großen Stroms im Westen bis zur Kaisermark im Osten. Es ist ein weites, ebenes Land voll blühendem Handel und reichhaltigem Wohlstand. Sein Name mag manch einen verwundern, dem es vergönnt ist, auf einer der vielen Alleen zu reisen, denn von des Reiches Forste, welcher weiland das Land bedeckte, künden nur vereinzelte Wäldchen und Haine, deren gerade Ränder und lichter Bewuchs von sorgsamer Hege zeugen. Diese Wälder liefern das begehrte Brennholz. Jedoch ist es nur dem Adel gestattet, frisches Grün zu schlagen. Der einfache Landmann hat sich hingegen mit dem toten Fallholz zu begnügen. Selbst die Mastsau darf nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Vogtes in die Wälder getrieben werden, damit die unkontrollierte "Sauerei" nicht den nachwachsenden Hölzern schadet.

Ob dieser strengen Hege vermag man auch nirgends auf ein Rudel Wölfe, eine Rotte Schwarzkittel, oder gar einen Meister Petz zu stoßen. Auch der Hirsche und Rehe hat man weniger als anderswo. Doch sei dem Weidmann nicht zu schwer ums Herz, sieht er doch allerorten Füchse und Kaninchen sich munter tummeln. Während letzteren von den Bauern der Gegend mit gezähmten Frettchen nachgestellt wird, sollte man sich hüten innerhalb Garetiens Jagd auf das Wappentier des Landesherrn zu machen. Diese - ob Rot-, Gelb- oder gar Königsfuchs - sind in allen Teilen Garetiens laut Erlass der "Kanzlei für Scharmützel, Gestech und allerlei Kurzweil" von der Pirsch ausgenommen.

Dies bekümmert die Edlen der Grafschaft weit weniger, widmen sie sich doch mehr den höfischen Lebensformen denn des Herrn Firun gefälligen Weidwerkes. Allen voran zeigt der Graf selbst, was ein Reichsforster unter ritterlichem Benehmen versteht. Es scheidet sich deutlich von den Lehren der Rondrakirche, fließen doch zusätzliche Aspekte des Praios, der Travia sowie des Phex in das Bild eines tugendhaften Ritters ein:

"Tapfer und edelmütig soll der sein, welcher strebt nach der hehren Ritterlichkeit, wie es der Frowe Rondra gefällt. Gehorsam und ein fester Glaube an des Götterfürsten Ordnung sei sein Sinnen. Sein Handeln sei sittsam und maßvoll. Gütig sei sein Walten gegen die Schwachen im Namen der gutherzigen Mutter. Gedenk des Wappentieres des Lehnsherrn soll sein Tun zudem scharfsinnig, gewitzt und frei jedweder Habgier sein."

(Ch. Jeub)

Zwischen Raller und Rakula

Die Raller entspringt im Südostteil des Reichsforstes, in den Hügeln bei Hornbach. Sie bildet die Nordgrenze der Grafschaft und mündet zwanzig Meilen westlich von Schwarztannen in den großen Fluss. Kurz vor der Reichsstadt Hirschfurt leitet die gleichnamige Furt die Reichsstrasse Drei, oder auch kurz R3, in die nördliche Grafschaft Waldstein. Südlich der Rakula liegen von West nach Ost die Baronien Schwarztannen, Waldfang und Randersburg, an welche sich im Nordosten noch die Baronie Rallerspfort anschließt. Die Landschaft zwischen den beiden Reichsstrassen gilt als sehr kultiviert und von zahlreichen befestigten und gut ausgebauten Strassen und Wegen durchzogen. Alle paar Meilen trifft man auf einen Weiler, ein größeres Dorf oder gar eine kleine Stadt. An Übernachtungsmöglichkeiten herrscht hier kein Mangel. Die südliche Grenze der Grafschaft bildet die Rakula, die im Süden der mystischen Rakulahöhen entspringt und dann bei Ferdok ebenfalls in den großen Fluss mündet. In ihren Kehren und Biegungen haben sich viele kleinere Seen, die hier auch Maare genannt werden, und Sümpfe gebildet, die den Unkundigen ohne Führer schnell ins Verderben ziehen können. Aufgrund der nahe gelegenen Reichsstrasse gibt es keinen Treidelpfad. An der Rakula liegen die Baronien Luring, Rubreth und Hirschfurten. In Rubreth befindet sich der größte See der Grafschaft: das geheimnisvolle „Rubrether Maar“. Die Baronie Syrrenholt liegt zwischen Hirschfurten und der Kaisermark Gareth, die im Osten an Reichsforst angrenzt.

Bei Praios, ich schwöre dir, dass ich die Wahrheit sage. Ich habe in der dritten Boronwoche im Rubrether Maar einen großen Schatten im Nebel gesehen. Ich sage es euch, dies muss die Schlange vom tiefen Teich gewesen sein. Sie bewegte sich mehrere Schritt über dem Wasserspiegel und blickte mich an … da bin ich gerannt so schnell ich konnte.

- gehört in der Schenke zum Flussfischer in Rubreth, 1018 BF


Landschaft

Windmühlen in der Grafschaft © Elisabeth Köper

Doch wenden wir uns wieder der lieblichen Landschaft zu: Weite Flächen an Weizen und Gerste wiegen sich allerorten im nachhaltigen Wind und gemahnen den versonnen Betrachter an eine sanfte Meeresbrandung. Gesäumt werden die einzelnen Felder von hüft-hohen Bruchsteinmauern oder dichten Hecken, in denen sich etliche Singvögel tummeln. In diesen Äckern stehen verstreut unzählige Obstbäume, meist goldgelbe Praionetten oder saftige Königskirschen. Auf diese Weise kann die kostbare Scholle gleich mehrfach genutzt werden, und der be-ständige Wind vermag nicht so sehr den Boden auszudörren.

Jener ist durchzogen von etlichen Bewässerungsgräben und seichten Wasserläufen, die an vielen Stellen zu kleinen Teichen oder Weihern gestaut werden. Diese reichen jedoch nur in wenigen Fällen aus, um die Kraft des Wassers für Räderwerke zu nutzen. Nun ziehen aber gerade über die reichsforster Ländereien die Wolkenberge rascher hinweg als anderswo. Daher sieht man auffallend viele freistehende Mühlen, die sich ächzend vor der steifen Brise drehen und mit ihren weißen weithin sichtbaren Segeln ein Wahrzeichen der Grafschaft bilden.

In der Baronie Schwarztannen hält indes manch ein Wandersmann verwundert inne, weht ihm doch der Wind die salzige Luft eines nahen Meeres entgegen. Wohl wissend, daß die Küste mehrere hundert Meilen entfernt ist, begibt er sich suchend in das kleine Örtchen Windfels nahe Schwarztannen, aus dem der salzige Dunst zu kommen scheint. Dort stößt der Neugierige auf eine hohe freistehende Holzkonstruktion, die aus etlichen Streben und Balken besteht. Innerhalb dieses Fachwerkes sind Reisigbündel dicht auf dicht gestapelt. Eine irdene Zuleitung ergießt regelmäßig einige Liter einer trüben Flüssigkeit über das trockene Flechtwerk, von dem sie abtropfen und verdunsten kann, so daß eine weiße Substanz zurück bleibt. Der von Hesinde gesegnete mag erahnen, um welches "Gold" es sich handeln mag. Denn fürwahr mit Gold wird diese Kruste - auch "Dornstein" geheißen -, die nach wenigen Tagen von den Knechten abgeschlagen wird, entgeltet. Dieses Gradierwerk ermöglicht es fernab des Meeres reinstes Salz zu sintern. Das Salz hierfür tritt in einer der nahen Solgrotten in Form einer hochprozentigen Lake zu Tage, und kann - dank der Konstruktion - alleine durch den steten Wind gewonnen werden.

Doch dieser heftige Wind bringt nicht nur Segen über das Land. So müssen sich die vielen alleinstehenden Höfe und Güter mit haushohen Hecken aus Buchen vor den zerrenden Böen schützen.

© Ch. Jeub

Diese Buschwerke - eine weitere Besonderheit der Region - sind nach jahrzehntelanger Hege zu einer dichten Mauer verwachsen, in die, gleich einem großem Tor, ein Zugang geschnitten wurde, welcher Einlaß zum Innenhof gewährt. Auf solche Höfe trifft man in den Grenzen der Herrschaft all über all. Sie säumen gleich Perlen einer Kette die beiden großen Reichsstraßen. Diese Magistralen umschließen die Grafschaft und bilden das Fundament für Glück und Wohlstand. Auf keinen anderen Wegen des Reiches läßt es sich bequemer und sicherer kutschieren.

Große Platten liegen Fuge an Fuge nebeneinander und leiten Efferds Segen seitlich in die gepflegten Abflußgräben. Solcherart ist bei schlechtem Wetter die Straße selbst mit schweren Wagen befahrbar. Damit Firuns Grimm nicht gar so arg den Wegen zusetzt, sind diese mancherorts daneben auf einer dicken Schotterschicht gebettet, so daß man gleichsam auf einem Damm, erhöht durch die weiten Ebenen reist.

Hohe Pappeln und ausladende Linden spenden dem Wandersmann wohltuenden Schatten vor des Götterfürsten Glanz, so daß er frohen Mutes und unverzagt seiner Wege eilen kann, zumal es gegenwärtig weder Räuberbanden noch Wegelagerer gibt.

© Ch. Jeub

Die alte Reichsstraße 3 über den Greifenpass war Jahrhunderte hinweg die einzige Verbindung Gareths mit der albernischen Küste und trotz ihrer Strapazen viel befahren. Der Reichsforster Teil der Straße folgt auf einer Länge von 50 Meilen dem Lauf der Raller, ehe er vor dem Ort "Oberlaas" den Wasserlauf verläßt, um zielstrebig gen Gareth zu eilen. Dabei zweigen nicht weniger denn vier befestigte Straßen gen Praios ab, um ein dichtes Wegenetz mit der südlichen R6 zu weben. Nach Norden führt hingegen nur ein einzelner Weg gen Silz. Zu bedrohlich scheinen die Reste des noch recht wilden Reichsforstes jenseits der Straße, als daß man ihn mit neuen Pfaden erzürnen möchte. Somit bildet die R3 denn auch die Grenze zur nördlichen Grafschaft und verläuft - um Streitereien zu vermeiden - nur selten quer durch einen der anrainenden Weiler.

Mit dem Bau der R6 unter Kaiser Reto wurde ein kürzerer Anschluß ans Meer geschaffen, da nun die Händler mit Schiffen kommend ihre Waren über Ferdok, dem größten Binnenhafen des Reiches, gen Gareth transportieren können. Wen wundert es, daß noch heuer die Barone der nördlichen Ländereien über den Bau klagen, geht ihnen somit doch ein beträchtlicher Teil ihrer Einnahmen verloren. Abgesehen von den fremdartigsten Waren und Gütern erreichen über die beiden Reichsstraßen auch die jüngsten Neuigkeit die Bürger der Grafschaft, von denen manch eine als Mär des fahrenden Volkes belächelt wird. Einige hingegen sind derart von Interesse, daß sie sich etablieren können, wie jüngst die Einführung einer Köstlichkeit aus dem fernen Vinsalt zeigte. Dort bereitet man neuerdings eine kalte Speise aus rohem Gemüse zu, die nun auch in Garetien eine heimliche Delikatesse zu werden scheint und den wohlklingenden Namen "Insalata" trägt.

Neben den Händlern und Marketendern nutzen auch viele Pilger und gottesfürchtige Reisende die bequemen Reichsstraßen. So bildet die R6 mit ihren vielen Schreinen - zumeist dem reisenden Aves geweiht - und Gedenksteinen gewiß eine der wichtigsten Wallfahrtswege des Reiches. Hier sieht man den frommen Pilger eilen, stets den strahlenden Sonnenpalast zu Gareth vor Augen, dort die Bettelmönche auf ihrem weiten Weg gen Rommylis, begleitet von stolzen Kriegern, die sich Rondras Huld in der Löwenburg zu Perricum erhoffen. Entgegenkommend tragen Wandergesellen ihre Meisterstücke gen Angbar, um sie dort dem Herrn des Handwerks zu weihen.

Dieses stete Kommen und Gehen hat eine Ansammlung mannigfaltiger Wirtshäuser, Kneipen, Herbergen und etlicher Mansarden zur Folge, die sich entlang des Weges anordnen.

Daneben verstehen es die Reichsforster wie keine anderen, die speziellen Bedürfnisse jener frommen Reisenden zu erkennen und nach phexgefälliger Art zu befriedigen: Etliche Krämer und scheinheilige Weise verhökern Plaketten, Täfelchen und sonstiges Pilgeraccessoire mit der unbedingten Versicherung, den Göttern zum Wohlgefallen zu sein. In Syrrenholt, just am Rande zur Kaisermark, vermag man gar gegen teuer Geld die ein oder andere heilspendende Reliquie erstehen zu können. Ob es nun der Mittelknochen des linken Zeigefingers der heiligen Borobonea, das Ohrläppchen des heiligen Phektantes, oder gar das Mundstück einer der Posaunen von Perricum ist, alle Wünsche werden erfüllt. Obschon der Handel mit den "Gebeinen der Heiligen" streng reglementiert ist, kam es vor nicht langer Zeit zu einem Tumult, als ein dubioser Händler den Zeigefinger eines gewissen heiligen "Karabustel" an einen angereisten liebfelder Gesandten zu verkaufen dachte.

Seit einiger Zeit hat sich zudem die Sitte durchgesetzt, seine Sühne nicht mehr selber durch eine langwierige und gefahrvolle Wallfahrt abzuleisten, sondern sie durch "fachkundige Dienstboten" ableisten zu lassen. So sieht man allerorten die fleißigen Berufspilger zu den Stätten der zuständigen Gottheit eilen, um gegen entsprechendes Entgelt für den hohen Herrn oder die reiche Dame Fürsprache zu halten.

(Ch. Jeub)