Benutzer:Robert O./Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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==Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF==
 
==Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF==
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Noch ein wenig ungelenk ob der gerade von ihrem Bezwinger [[Hauptdarsteller ist::Greifenfurt:Wulfhart von Keilholtz|Wulfhart von Keilholtz ä.H.]] erhaltenen "Lehrstunde" gratulierte [[Hauptdarsteller ist::Perricum:Selinde von Pandlarilsforst und vom Berg|Selinde von Zackenberg]] diesem zu seinem verdienten Sieg, bevor sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Zelt machte.
 
 
Vielleicht, so ging es der Baroness währenddessen durch den Kopf, hätte sie den Kampf etwas zurückhaltender beginnen sollen, um ihn, wenn schon nicht zu gewinnen, dann doch zumindest nicht auf dem Hosenboden zu beenden. Rasch verscheuchte die Adlige jedoch diesen Gedanken, denn über "Was wäre, wenn..." nachzugrübeln, brachte im Nachhinein außer vielleicht Kopfschmerzen nur selten etwas. Selinde tröste sich letztlich mit der Tatsache, dass sie gegen einen der Turnierfavoriten gekämpft und dabei alles versucht hatte, sich aber letztlich der überlegenen Kampfkunst Wulfharts geschlagen geben musste.
 
 
Nach einem Bad würde sie auch die weiteren Begegnungen verfolgen, gespannt, wer es wohl alles (nicht) in die nächste Runde bis hin ins [[Handlungsort ist::Greifenfurt:Stadt Kressenburg|Finale]] schaffte.
 
 
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===Teil 17===
 
===Teil 17===
 
'''Vor den Toren [[Handlungsort ist::Greifenfurt:Stadt Kressenburg|Kressenburgs]], Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF'''
 
'''Vor den Toren [[Handlungsort ist::Greifenfurt:Stadt Kressenburg|Kressenburgs]], Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF'''

Version vom 18. Oktober 2019, 16:19 Uhr

Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF

Teil 17

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

Algirdas kam nicht umhin, zufrieden zu grinsen, als er sah wie Aardor diesen Landelin von Viererlen, das hübsche Jüngelchen, nach Strich und Faden vermöbelte. Er hatte das nicht erwartet. Naja, vermutlich war es nach dem erstaunlich souveränen Sieg des Nordmärker Jungritters über den Koscher Prinzen Edelbrecht von Eberstamm in der ersten Runde auch einfach nicht zu erwarten gewesen. Das schmale Kerlchen hatte einen haushohen Favoriten aus dem Rennen geworfen und war danach von dem einen oder anderen schon als Geheimfavorit gehandelt worden. Man wusste ja: Wenn jemand durch ein solches Erfolgserlebnis Fahrt aufnahm, war er oftmals nicht mehr zu stoppen. Traf er im nächsten Kampf noch dazu auf einen weiteren Jungritter, der bislang nichts vorzuweisen hatte, schien der Ausgang eigentlich vorhersehbar.

Und tatsächlich hatte der Nordmärker zu Beginn einige sehr versierte Angriffe vorgetragen. Die wurden von Aardor aber ebenso versiert abgewehrt – und dann zeigte sich relativ schnell, dass die erste Runde den Viererler wohl einiges an Kraft gekostet hatte. Als er mit seinem Ansturm nicht durchdrang, schien ihn das Selbstvertrauen zu kosten und vielleicht kam eben die Erschöpfung hinzu. In jedem Falle wirkten seine Manöver zunehmend planlos und irgendwann riss Aardor das Heft an sich. In gewohnt brachialer Manier trieb er seinen Gegner vor sich her, bis der ganz aus dem Tritt geriet und sich mit einer völlig vermurksten Parade ins Unglück stürzte. Der Kampf war an dieser Stelle vorbei.

An der Bande warf Algirdas Fählindis einen kurzen Blick zu und nickte anerkennend. „Will mir scheinen, so ein Ausflug zum Koscher Fürstenturnier lohnt sich, eh? Oder war der vorher auch schon so gut?“

„Glaub ich nicht“, Fählindis hob die Schultern. „Wenn ich Bärfangs Erzählungen recht verstehe, hat er sich da im Buhurt fast selbst entleibt, indem er mit dem Kopf voran in irgendein Schwert gerannt ist. Sie mussten ihn vom Platz tragen. Und im Fußkampf ist er in der ersten Runde gescheitert. Dafür soll er sich im Tjost später ganz gut gehalten haben ...“

„Ah, die gute Tralloper Schule!“

„Das wohl. Ich bin gespannt, was er uns da die Tage noch bietet.“

„Ich bin jetzt erst mal gespannt darauf, was du uns bietest“, entgegnete Algirdas schmunzelnd. „Anshelm von Hundsgrab macht vermutlich Mett aus dir.“

„Anshelm wer?“, Fählindis grinste amüsiert.

Sie wusste, wie der Mann hieß. Hatte sich vor dem Beginn der zweiten Runde noch ausgiebig über den Namen lustig gemacht und angefangen, rotzfreche Reime darüber aus dem Ärmel zu schütteln. Zu diesem Zeitpunkt war ihr aber noch nicht klar gewesen, um wen es sich eigentlich handelte. Darüber hatte Aardor sie mittlerweile aufgeklärt – und wohl so was wie respektvolle Einsicht erwartet. Vielleicht auch ein bisschen Anspannung. Zumindest das Zweitere war jedoch ausgeblieben. Es schien so, als könne nichts und niemand das Feixen aus dem Gesicht der Habechhegen wischen. Algirdas war sich mittlerweile nicht mehr sicher, ob sie überhaupt irgendetwas ernst nahm.

„Bisschen mehr Konzentration als beim letzten Gegner vielleicht wenigstens?!“, mahnte er daher leise. „Ich glaub nicht, dass dieser hier sich auch mit einem Schlag gegen das eigene Kinn aus dem Kampf verabschieden wird.“

„Ne“, seine Base lachte. „So viel Glück hat man wohl nur einmal.“

Nachdem Aardor an die Bande zurückgekehrt war und sie seinen Sieg ausgiebig gefeiert hatten, versuchte auch er noch einmal, etwas mehr Ernsthaftigkeit in Fählindis rein zu reden. Aber da war nicht viel zu machen. Sie schüttelte nur den Kopf und meinte, dass es sich ja bloß um Turnier handle und daher niemandem der Tod drohe. Ernst sei bei so was doch völlig fehl am Platze. Sie wollte lieber Spaß haben.

Damit verabschiedete sie sich in Richtung Kampfplatz. Aardor und Algirdas starrten ihr irritiert hinterher, als sie losschlenderte. Den Schild auf dem Rücken, den Speer über die rechte Schulter gelegt und leise summend.

„Und die ist sicher nicht aus dem Rotenforster Stall, ja?“, fragte Aardor leise.

„Ne, aber sie passt da gut rein. Blüht auf, könnte man wohl sagen.“

„Hum.“

Gespannt verfolgten die Vettern, wie ihre schlacksige Base den Platz gegenüber vom deutlich massiver wirkenden Greifenfurter Baron einnahm und – immer noch lächelnd, aber wenigstens respektvoll – das Haupt neigte.

Dann ging es auch schon los, und zwar mit einer Initiative der jungen Speerkämpferin. Sie war schnell und leicht gerüstet, doch wer ein bisschen Ahnung hatte, sah, dass sie dennoch nur deshalb zum Zug kam, weil der Hundsgraber sie ließ. Er ließ sie kommen, gewährte ihr damit aber immerhin die Chance, ein bisschen was von ihrem Können zu zeigen. Und das war größer, als ihr erster Kampf hätte vermuten lassen. Die Habechhegen wirbelte völlig unbekümmert umher und nutzte die Vorzüge ihrer archaischen, in Teilen der Sichelwacht aber immer noch hoch geschätzten Waffe, erstaunlich geschickt.

Ein oder zwei Mal hatte sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite und erntete anerkennendes Raunen aus dem Publikum – wohl nicht zuletzt, weil der Anblick einer derart bewaffneten Streiterin jenseits der entlegensten Gegenden des Mittelreichs ziemlich ungewohnt war. Letztlich machte Fählindis aber keinen Stich. Anshelm von Hundsgrab war immer das kleine bisschen schneller, abgeklärter und versierter. Eine Zeitlang ließ er sich auf das Spielchen ein, beendete den Kampf dann aber mit einem humorlosen Konter, der mitten in eine wunderhübsche Finte hinein erfolgte und für einen Moment fassungsloses Staunen auf das Gesicht seiner jungen Gegnerin zauberte.

Dann senkte sie die Waffe und zog sich zurück. Respektvoll, den Kopf in Anerkennung ihrer Niederlage geneigt, aber dennoch lächelnd.

„Habt Dank für die Unterweisung, Hochgeboren“, meinte sie ganz ohne Arg oder Falschheit in der Stimme. „Es war mir ein Vergnügen.“

„In der Leuin Namen sei Euch gedankt, mir dieses Duell geliefert zu haben. Ich habe schon länger nicht mehr gegen Speer und Schild gefochten. Wohlgetan!“, erwiderte der Greifenfurter und sorgte so dafür, dass sich das Lächeln der Habechhegen noch vertiefte.

„War mir eine Ehre, Herr von Hundsgrab. Jederzeit wieder“, sagte sie, bevor sich die beiden mit knappem Nicken voneinander trennten.

Dass Algirdas und Aardor trotz der offensichtlichen Aufrichtigkeit ihrer Verwandten ein paar ungelenke Schüttelreime über Hunde und Gräber in den Ohren klangen, war allein ihre Schuld. Und zum Glück wusste sonst ja niemand von Fählindis’ spitzzüngiger Kreativität.

Nics-e

Teil 18

Die miserablen Drei

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

Luten ärgert sich:

Artig gratulierte Luten seinem siegreichen Gegner, erwies den Gastgebern seine Referenz und bei jeder dieser Verrichtungen wuchs der Ärger in ihm.

Mit jedem Schritt weg vom Kampfplatz gewann er an Wärme, dann an Hitze und bahnte sich schließlich einen Weg in die Hand des jungen Corrhensteiners. Unbeherrscht hieb er auf den Pfosten des begrenzenden Holzzaunes und grunzte dazu. Vornehmlich aus Ärger, im Abgang aber auch aus Schmerz. So kräftig war der Schlag gewesen und so innbrünstig seine Unzufriedenheit.

Vermaledeiter Orkendreck aber auch!

Er blickte auf und fing im Vorbeigehen den Blick Edignas von Weiden-Harlburg auf. Diese schickte sich an, ihren Erstrundenkampf gegen irgend so eine Koscherin zu fechten. Und als er sie passierte, lächelte sie ihm aufmunternd zu und nickte. Luten wusste nicht genau, warum sie nickte. Oder lächelte. Immerhin hatte er verloren.

Ogerkacke, damische!

Dabei hatte das Ganze so gut angefangen und er so leicht wie lange nicht in den Reigen gefunden. Doch kaum war ihm das aufgefallen, hatte der Greifenfurter Baron ihn mit ein paar wohlgesetzten Hieben wieder aus dem Takt und damit um den Sieg gebracht.

Und das ärgerte Luten so dermaßen, dass er gar nicht wusste wohin mit seinen aufwallenden Gefühlen. Vor allem mit der Enttäuschung, die den Ärger mit spitzen Attacken niederrang und ihre langen, dürren Finger von Innen um Lutens Hals legte. Vielleicht wäre es nicht gar so schlimm, wenn er nicht für einen kurzen Augenblick gedacht hätte, er könnte seinen Gegner packen, den Kampf als Sieger beenden und wenigstens die erste Runde überstehen. Vielleicht war die Niederlage so einschneidend, weil die Hoffnung sich ein kurzes Stelldichein gegeben und sich dann ... verpisst hatte. Wieder einmal. Elendiges Drecksstück das.

Luten schnaufte durch, schloss die Augen und konzentrierte sich auf seinen Atem, auf andere Gedanken als Enttäuschung und Wut. Darauf, dass seine Vorstellung nicht glorreich, aber auch nicht allzu peinlich gewesen war. Das brachte ihm Linderung, Ruhe und ein wenig Erleichterung. Also öffnete er die Augen wieder und wandte sich dem Kampfplatz zu. Immerhin focht dort die Base seines Barons und das wollte er nicht verpassen.

Da rechnete er auch noch nicht damit, dass just dieses Schauspiel sein Unbehagen im Handumdrehen zurückbringen würde.

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Edigna blamiert sich:

Marsus mochte seinen Augen nicht trauen, war das eine oder andere Mal sogar versucht, sie abzuwenden. Was dort auf dem Feld, das Ehre bedeuten sollte geschah, war schlicht peinlich. Da wurde seine Schwertmutter, eine erfahrene und kampferprobte Ritterin, von ihrer gut zehn Jahre jüngeren Gegnerin nach allen Regeln der Kunst auseinander genommen. Die Weiden-Harlburg bekam keinen Fuß an den Boden und vermutlich hätte sie ihre Angriffe auch laut ankündigen können, so harmlos liefen sie in die sicheren Wehren der Koscherin.

Im Gegenzug kamen ihre Wehren gefühlt erst dann, wenn die andere ihren Angriff bereits abgeschlossen hatte.

Das einzig Gute, das der Löwenhaupter über diesen Kampf sagen konnte war, dass er schnell vorbei war.

Wobei seine Schwertmutter auch das nicht recht mitzukriegen schien, denn selbst nach dem letzten und entscheidenden Treffer stand Edigna von Weiden-Harlburg, wie vom Donner gerührt. Stand, während ihre Gegnerin den Sieg ohne jede Regung zur Kenntnis nahm. Stand, als diese mit grimmigem Blick und stampfendem Schritt davon rauschte. Und stand immer noch.

Marsus stand auch, inzwischen aber immerhin nicht mehr alleine. Luten Corrhenstein hatte zu ihm aufgeschlossen - Schild und Streitaxt vom eigenen Kampf noch bei der Hand - und hatte das Schauspiel mit ebenso unverhohlenem Unglauben verfolgt, wie der junge Löwenhaupter. Sie hatten einen ratlosen Blick gewechselt und als sie ihn nun wieder zum Kampfplatz lenkten, konnten sie immerhin feststellen, dass endlich Bewegung in die Bärenritterin kam.

Entschlossen zog sie ihren Helm ab, wandte sich den Gastgebern und dem Turniermarschall zu und grüßte mit der Schwertfaust über dem Herzen.

Dann marschierte sie mit festem Schritt auf Marsus und Luten zu. Im Gesicht trug sie dabei ein leichtes Lächeln, das Marsus komplett aus der Fassung brachte. Ebenso blickte er ihr entgegen und ihr Lächeln wuchs sich zu einem Grinsen aus. „Guck' nicht so!“, raunte seine Ausbilderin und reichte ihm den ramponierten Schild mit der gar nicht mehr so stolzen Weide. „Und ihr auch nicht“, adressierte sie den Corrhensteiner.

„Aber ...“, brummte Marsus.

„Braucht beide nicht glauben, dass mir nicht klar ist, was für eine erbärmliche Vorstellung ich gerade abgegeben habe. Das hat die Sindelsaumerin mir mit Nachdruck in den Schädel gehämmert.“

„Aber ...“.

„Also Marsus, merk dir das hier gut und wenn du das Gefühl hast, ich wäre etwas zu selbstzufrieden, dann sei doch so nett und wirf mir diesen Namen zu: Sindelsaum!“ Luten fing sich einen kurzen Seitenblick und ein knappes: „Für Euch gilt das freilich nicht, klar?“, ein, auf das er nur beschwichtigend den Schild hob.

„In Ordnung“, reagierte Marsus derweil, „aber ...“.

„Du, junger Löwenhaupt, merkst dir, dass zum Gewinnen mehr gehört, als ein flinkes Schwert und ein sicheres Auge. Anstand gehört auch dazu, ebenso Würde und der Respekt vor dem Gegner. Nämliches gehört übrigens auch zum Verlieren und auch wenn man heute nichts Gutes über meine Kampffertigkeiten sagen kann, soll man wenigstens anerkennen, dass eine Weiden-Harlburg in Würde zu verlieren weiß.“

Edigna donnerte erst ihrem Knappen und dann Luten eine behandschuhte Linke auf die Schulter. „Und darauf einen Humpen kühles Bier, für uns alle!“

Marsus schaute seine Ritterin an, dann zupfte auch an seinen Mundwinkeln ein Grinsen. „Ai“, brummte er, „darauf trink’ ich gern, Hohe Dame. Und auf das, was ihr mir aufgetragen habt auch. Sagt Ihr nicht immer, ein Mensch braucht einen Ansporn?“

„Wollja, sage ich. Einen solchen hab’ ich grad gefunden und meinen Geschmack an Turnieren irgendwie auch! Oder vielmehr wieder. Wie auch immer.“ Sie fasste Luten ins Auge. „Und wie ist es mit Euch? Seid Ihr drüber weg? Immerhin habt ihr es geschafft mitzuhalten. Ein bisschen wenigstens.“

Der junge Ritter wog den Kopf. „Halbwegs! Aber ich bin sicher, das Bier wird mir dabei helfen.“ ‚Vor allem aber das Schauspiel, das Ihr gerade geboten habt‘, dachte er und musste darob selbst ein bisschen grinsen. Geflissentlich ignorierte er den forschenden Blick Edignas und deutete auf den nächsten Ausschank. „Ich übernehm’ übrigens die zweite Runde“, erklärte er und marschierte los.

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Furgund kriegts gezeigt:

„Die hats’s dir aber gezeigt“. Merkwürdigerweise klang Baldegund so atemlos, als habe sie selbst gerade gekämpft und nicht nur zugesehen.

„Hrumpf!“, brummte Furgund von Hölderlingen und versuchte verbissen weiter, sich den Anschein zu geben, frisch und geschmeidig zu sein, wie der junge Morgen. Innerlich wimmerte und jammerte sie innbrünstig. Jeder Schritt war eine Qual und richtig deutlich sehen konnte sie immer noch nicht.

„Liebe Herrin Rondra, das war aber auch eine Vorstellung. Unfassbar“, fuhr ihre Base begeistert fort.

Gab es an ihrem Körper eigentliche eine Stelle, eine einzige nur, die nicht weh tat? Versuchsweise rollte Furgund die Hüfte und befand, dass das keine wirklich beantwortenswerte Frage war.

War das schön, wenn der Schmerz nachließ!

„Ich meine, du bist ja nicht schlecht“, fuhr die blöde Kuh fort zu salbadern, „aber die Arpitzerin … manmanman … die hat’s dir wirklich gezeigt.“ Tröstend wollte sie ihrer Base die Hand auf die gerüstete Schulter legen, die aber überraschend gewandt zurückgezogen wurde.

Ein spitzer Schmerz durchzuckte Furgunds Schulter, den Nacken und fuhr in ihren Hinterkopf, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Aber das war’s wert. Hätte Baldegund sie wirklich getätschelt, Fugrund wusste nicht, was dann passiert wäre. Besser war’s, das gar nicht erst herauszufinden.

„Immerhin war’s ne Weidenerin, nech“, kannte Baldegund kein Erbarmen, „da tut’s nicht ganz so weh, gleich in der ersten Runde rauszu …“

„UND WAS GENAU WEISST DU SCHON DAVON, EH?“ brach’ sich Furgunds Wut nun endlich Bahn.

„Ähm“, fuhr Baldegund zusammen, blinzelte und blickte sich verlegen um. „Nich’ so laut“, versuchte sie zu beschwichtigen.

„Is’ doch wahr, du blöde Kuh!“, motzte Furgund. Endlich hatten sie ihr gemeinsames Zelt erreicht. „Hilf mir einfach aus meiner Rüstung und halt zur Abwechslung einfach mal die Klappe, ja? Schlimm genug, zu verlieren. Noch schlimmer, wenn man keinen Stich macht. Keinen einen, wohlgemerkt. Und am allerschlimmsten, wenn die Gegnerin auch noch so vollkommen kämpft, dass man da gar nix gegen sagen kann, weil sie einfach nur unfassbar gut war. Das ist alles ein riesengroßer Scheißhaufen, ist das. Also halt gefälligst die Klappe, ist so schon schlimm genug!“

Baldegung blinzelte erneut, dann krauste sie die Nase, nickte und tat, wie geheißen. „Es gibt ja noch die Tjoste“, murmelte sie leise und wie sie hoffte tröstend.

„KLAPPE!“, schnappte die junge Baroness und weinte tief in sich.

Katja R.

Teil 19

Fußkampf, Runde 3

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

Die dritte Gegnerin von Aardor war noch kleiner als er und ein ganzes Stück schmaler. Doch das hatte nichts zu bedeuten, und sie wussten das. Sie mochten zwar jung sein, aber das hieß ja nicht, dass sie dumm waren. Bevor die Streiter zu den Waffen gerufen wurden, hatten sie sich kundig gemacht und in Erfahrung gebracht, dass diese Saria den Ruf einer vorzüglichen Streiterin genoss. Gestählt in zahllosen Gefechten mit den Schergen Borbarads. Algirdas hatte eine vage Vorstellung davon, was das bedeutete, denn bei seinem Vater verhielt es sich genauso – und mit ihm war im Kampf nicht zu scherzen. Er vertändelte sich nie, sondern strebte in aller Entschiedenheit und mit kompromissloser Härte voran. „Entweder so oder tot“, pflegte er zu sagen. Algirdas mochte lieber nicht darüber nachdenken, was das für seinen Vetter bedeutete, der sich bisher zwar gut geschlagen hatte, aber im Vergleich eben doch ein blutiger Anfänger war ...

Gespannt verfolgte er den Weg des Moosgrunders zur Mitte des Feldes hin, wo die Kontrahenten einander begrüßten, sich noch ein paar warme Worte vom Herold anhörten und ihre Visiere dann schlossen. Streithacke und Schild gegen Schwert und Schild. Konnte ganz interessant werden, wenn es denn überhaupt etwas wurde.

„Ich schätze, die Frau ist schnell“, murmelte Fählindis an Algirdas Seite. „Schlecht für Aardor. Das ist nicht sein Ding. Wenn er nicht aufpasst, ist die Sache vorbei, ehe er blinzeln kann. Sollte es ihm hingegen gelingen, einen Treffer zu landen ... hmhumhm ... .“ Sie wog den Kopf und verzog die Lippen zu einem schiefen Strich.

„Dann wird es ordentlich scheppern“, vervollständigte Algirdas den Satz. „Kleine Wette gefällig, werte Base?“

„Zuletzt ein bisschen zu viel mit Bärfang rumgehangen, werter Vetter?“, sie grinste ihn an, nickte dann aber. „Klar, wetten wir. Ich setze auf Aardor. Wenn er verliert, diene ich euch beiden beim Tjost als Knappin. Wenn er gewinnt, wirst du ihm und mir dienen und mich für den Rest der Turney aushalten. Irgendwie muss das Risiko, das ich hier eingehe, ja honoriert werden!“

Algirdas blinzelte die Habechhegen verwundert an. Das war wieder so eine typische Merkwürdigkeit. Er an ihrer Stelle hätte bei dieser Wette vorsichtiger gesetzt. Aber wer war er, sie daran zu erinnern, wie schlecht Aardors Chancen standen. Mit einem Achselzucken schlug er ein und wandte den Blick zum Kampfplatz, wo sein Vetter und die Koscherin damit begonnen hatten, einander zu umkreisen. Keiner von beiden schien den Anfang machen zu wollen, also belauerten sie sich erst mal ein bisschen. Dabei sahen die Bewegungen des jungen Bärwaldeners neben denen seiner Gegnerin irgendwie nach tumbem Bauern aus, aber so was kam vor. Das musste nicht unbedingt bedeuten, dass ...

Algirdas Gedanken kamen zum Erliegen, als die Koscherin vorschnellte und eine Finte schlug, die Aardor sichtlich aus dem Tritt brachte. Es machte den Eindruck, er würde der sirrenden Klinge noch staunend hinterher schauen, als die sich schon nicht mehr in der rückwärts-, sondern erneut in einer Vorwärtsbewegung befand. Sein Schild hing weiter an der Stelle, an der er den ersten Angriff hatte abwehren wollen und irgendwie wirkte es, als sei er drauf und dran, über die eigenen Füße zu stolpern. Mit der Situation war er jedenfalls überfordert. Für einen Augenblick, der bei einem weniger versierten Gegner vielleicht gar nicht so gefährlich gewesen wäre. Diese Saria jedoch legte eine geradezu perfekt geführte Attacke nach, die den Kampf zu Ende bringen sollte – aber sicher nicht auf die Art, auf die sie es nun tat.

Denn Aardor war tatsächlich ins Taumeln geraten und hatte seinen Vormarsch daher nicht mehr im Griff. Reichlich unkoordiniert stürzte er auf seine Gegnerin zu, die diese Bewegung nicht vorhergesehen hatte und vom eigenen Schwung und der eigenen Schnelligkeit getragen leider auch nicht mehr nachbessern konnte. So fiel Aardor ihr quasi ins Schwert. Mit der Schulter voran, die zum Glück gepanzert war. In stummer Andacht beobachtete Algirdas, wie die Waffe der Koscherin kreischend über das Geschübe fuhr – und dann zwischen Halsberge und Kettenhemd. Wie sie erst tief und dann immer tiefer den Leib seines Vetters sank. Tiefer als gut war, jedenfalls. Tiefer als sie es hätte tun sollen.

Algirdas stockte der Atem, und er suchte den Blick seiner Base, die jedoch wie gebannt auf das Geschehen im Ring starrte. Dort hatten die Gegner sich unterdessen getrennt. Schneller, als der Stockacher es für möglich gehalten hatte. Sie standen beide und Aardor bedeutete dem Kampfrichter mit einer knappen Geste, dass alles beim Besten war. Im gleichen Moment fiel Algirdas’ Blick auf die Waffe der Koscherin, die blutverschmiert war. Sicher einen Spann breit, was eigentlich nur heißen konnte ... er ließ den Blick weiter gleiten, zur Schulter seines Vetters, wo im ersten Moment aber nichts zu sehen war. Hatte das Schwert irgendwie doch einen Weg zwischen Hals und Schulter hindurch gefunden? War alles nur halb so wild?

Algirdas wollte schon aufatmen, als er bemerkte, wie Aardors Bewegungen ins Stocken gerieten. Als würde er jetzt erst bemerken, dass etwas nicht stimmte. Er nahm die Streithacke in die linke Hand und tastete mit der rechten nach seiner Schulter. Als er sie wieder zurückzog, war sie genauso rot, wie das Schwert der Koscherin. Nicht gut! Der Stockacher hörte, wie seine Base leise zischte, während Aardor sich im Schneckentempo umwandte. Von seiner Gegnerin ab und zur Bande hin, wo er sie wusste – Fählindis uns Algirdas. Letzterer war sicher, dass er ihnen einen hilfesuchenden Blick zuwarf, doch ob des geschlossenen Visiers war das schwer zu sagen. Und dann brachen seinem Vetter auch schon die in den letzten Momenten ohnehin wackelig gewordenen Beine weg.

„Scheiße!“, entfuhr es Fählindis. Sie zögerte jedoch nicht. Genauso wenig wie Algirdas. Beide tauchten sie unter der Absperrung hindurch, um an die Seite ihres Vetters zu eilen.

Während die Koscherin wie versteinert da stand und stumm auf das Geschehen zu ihren Füßen starrte, begann Fählindis nach den Feldschern zu brüllen und Algirdas ging neben seinem Verwandten in die Knie, um sich einen ersten Eindruck von dessen Wunde zu verschaffen. Er zerrte am Schultergeschübe und machte den blutigen Fleck aus, in den Aardor seine Finger kurz zuvor gelegt haben musste. Grob auf Höhe des Schlüsselbeins und rasch wachsend. So sah es jedenfalls aus, aber zuverlässig beurteilen konnte er das aufgrund des Kettenhemds nicht ...

Deshalb war der Stockacher auch froh, als die herbeigerufenen Helfer neben ihm auftauchen. Kräftige Hände griffen nach dem Leib des Bärwaldeners und hievten ihn rasch auf eine Trage. Dann ging es auch schon ab: Sie schafften Aardor, der das alles ohne ein Wort oder ein Zucken über sich ergehen ließ, vom Kampfplatz. Fählindis blieb an ihrer Seite, während Algirdas die Axt und den Schild des Rauheneck vom Boden aufklaubte. Erst da wurde ihm bewusst, dass die Koscherin noch immer ganz in seiner Nähe stand.

„Es tut uns leid, Hohe Dame“, nuschelte er leise und warf ihr einen zerknirschten Blick zu. „Mein Vetter hätte Euch sicher gern einen besseren Kampf geliefert, aber wie es scheint, war die Herrin Rondra ihm heute nicht hold. Beim nächsten Mal vielleicht.“

Nach diesen Worten schob er ab. Redlich bemüht, zu seinen Verwandten und den Greifenfurter Helfern aufzuschließen. Er hoffte, dass es irgendwo hier auf dem Turnierplatz ein halbwegs fähiger Heiler seinen Dienst verrichtete. Denn so, wie es aussah, konnte Aardor einen solchen jetzt gut gebrauchen.

Nics-e

Teil 20

Fußkampf, Runde 3

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

Es war Nacht geworden. Der Wind, der während Ihres Kampfes noch fröhlich die Wimpel und Fahnen zum Flattern gebracht hatte, war abgeflaut. Saria hatte auf dem Feldbett Platz genommen als sie hörte, wie das schwere Tuch am Eingang ihre Zeltes zurück geschlagen wurde.

"Hast du meine Nachricht überbracht, Kolkja?"

"J... ja, Euer Wohlgeboren."

"Sehr gut, danke. Du kannst jetzt gehen. Sieh dich doch etwas im Lager um und sprich mit einigen der älteren Knappen. Sicher haben sie für dich Lehrreiches zu berichten."

Kolkja verbeugte sich und verließ das Zelt zügig. Sie zweifelte jedoch daran, dass er mit den anderen Jungen das Gespräch suchen würde. Er war so schüchtern! Ihr Knappe hätte von seinem Auftrag schon vor einer Stunde zurückkehren können. Bei einem anderen hätte sie angenommen, dass er sich vielleicht in dem Lager verlaufen oder sich in der heldenhaften Lagerfeuergeschichte eines Ritters verloren hatte. Doch so, wie sie Kolkja kannte, hatte er einfach vor dem Zelt des Weideners herumgedruckst, bis er sich schließlich doch ein Herz gefasst hatte.

Zu seiner Verteidigung musste man wohl vorbringen, dass er noch sehr jung war und sie möglicherweise zu streng, dennoch begann ihr dieser Wesenszug Sorgen zu bereiten. Kolkja war das vierte Kind eines zweiten Sohnes aus einem unbedeutenden Bronjarengeschlechts. Sein Vater, der sein Leben der Göttin Ifirn verschrieben hatte, weilte für einige Wochen am Hof des Grafen vom See. Sicherlich war er ein ehrenwerter Mann und der junge Kolkja mochte durchaus zu einem passablen Streiter werden, der überdies eine erstaunlich rasche Auffassungsgabe in den Verwaltungsaufgaben eines Rittergutes zeigte - dennoch fragte sich Saria, was Etilian dazu veranlasst haben mochte, ihr ausgerechnet den Knaben aus dem Bornland für die Knappschaft ans Herz zu legen. Saria vertraute durchaus darauf, dass sich der Rat ihres Bruders als richtig herausstellen würde, wie er es fast immer tat. Aber befand sich Kolkja wirklich in ihrer Obhut, um ein großer Ritter zu werden, oder nur, um ihr als Ersatz zu dienen für einen Sohn, den sie wohl nie haben würde? Sie war nicht mehr jung und bisher hatte noch kein Recke ihr Herz erobern können.

Die Ritterin seufzte. Derzeit würde es ihr schon genügen, wenn das Herz eines jungen Recken nicht wegen ihr aufhören würde zu schlagen: Die Wunde, die sie Aardor von Rauheneck zugefügt hatte, war ernst gewesen. Sie hatte bereits während des Ritterturniers zu Angbar die Gelegenheit gehabt, den Weidener im Zweiampf zu beobachten. Damals hatte er sich im Tjost eine Runde länger halten können als sie selbst.Vielleicht hatte sie zu viel von ihm erwartet. Nun konnte sie nur hoffen, dass er ihre Entschuldigung annehmen würde, die ihr Knappe in ihrem Namen überbracht hatte, und die Heilkräuter ihm helfen würden, die Kolkja ebenfalls überreichen sollte. Ihr Bruder stattete sie zu einem Turnier meist mit ausreichend Tränken und Pülverchen aus, um einen ganzen Trupp zu versorgen. Jedes Mal, wenn sie den Ranzen öffnete, in dem sie die Medizin lagerte, strömte ihr ein intensiver, aromatischer Duft in die Nase stieg, der ihr die Tränen in die Augen trieb; oder vermisste sie nur ihren Zwillingsbruder? Saria erhob sich von ihrem Lager. Sie würde Etilian schreiben. Sie hatte schon so lange nicht von ihm gehört.

Thomas R.

Teil 21

Eine Lektion in ritterlichen Tugenden

dramatis personae:
Ritter Holdwin vom Kargen Land zu Valpos Horn
sein Page Angrawen II. Amadan Timerlain

In einem Zelt nahe Kressenburg, 8. Praios 1042 BF, zur Mittagsstunde

Angrawen deckte ein wenig unsicher den Tisch im Zelt seines Herrn. Gleich in der ersten Runde des Fußkampfes war Holdwin rausgeflogen! Als der Ritter sich seines Gambesons entledigt hatte, hatte Angrawen die großen blauen Flecken gesehen, die ihm Holdwins Kontrahent verpasst hatte, und war doch recht erschrocken. Wie schlimm das ausgesehen hatte! Dem 8-jährigen mit den blaugrünen Augen und dem strohblonden Haar war es nun ganz recht, ein wenig abseits des Trubels zu sein. So konnte er ein wenig über das Erlebte nachdenken. Er war so in Gedanken vertieft, dass er ganz vergaß, dem Ritter Bescheid zu geben, nachdem er seine Aufgabe erledigt hatte.

Schließlich trat Holdwin von alleine ins Zelt. "Ah, ist also doch schon fertig! Na, wunderbar, dann können wir ja gleich essen!" Der Ritter hatte absichtlich an diesem Mittag keine Gaststube aufgesucht, um mit seinem Pagen alleine reden zu können. Anscheinend gut gelaunt setzte er sich an den Tisch, was Angrawen sehr irritierte.

"Ähm... seid Ihr denn gar nicht verärgert?"

"Natürlich ärgere ich mich!", gab Holdwin unumwunden zu, nachdem er einen ersten großen Bissen genommen hatte. "Und zwar über mich selbst! Ich habe mich von dem jungen Blauenburger völlig überraschen lassen. Der ging ja ran, als ginge es um Leben und Tod. Vielleicht sah er darin seine beste Möglichkeit, weil er noch nicht so viel Erfahrung hat und in einem längeren Kampf nicht so gut ausgesehen hätte. In jedem Fall hat ihm Rondra recht gegeben und er sich diesen Sieg redlich verdient! Ich hingegen habe eine wertvolle Erinnerung daran bekommen, den Gegner von Anfang an zu bedrängen. Glücklicherweise habe ich für diese Lektion nicht teuer bezahlen müssen... was nicht selbstverständlich ist, denn auch Turniere sind nicht ungefährlich! Die Koscher Fürstin Lorinai etwa verunglückte seinerzeit im Lanzengang tödlich."

"Habt... habt Ihr deshalb Eurem Gegner und Brin von Gilbertholz den Krug Bier ausgegeben? Weil Ihr Euch freutet, dass es Euch nicht schwerer erwischt hat?"

"Ja, auch deswegen! Aber in erster Linie, weil der Blauenburger ehrenhaft gekämpft hat, und so etwas muss man anerkennen. Er ist noch ein junger Ritter, wohl halb so alt wie ich. Das soll für ihn nicht nur ein großer Moment gewesen sein, sondern ein ganz prägendes Erlebnis werden, das ihm Selbstvertrauen gibt und an dem er wachsen kann."

Angrawen war sich zwar nicht sicher, was Holdwin mit seinen letzten Worten meinte, es gefiel ihm aber, dass dieser einem Jüngeren anscheinend Mut machte. Das könnte er selbst gut gebrauchen! Gespannt blickte er den Ritter an, der erst einmal aß, bevor er weitersprach.

"Für den Blauenburger wird es eine wichtige Erfahrung sein, Zuspruch von anderen zu bekommen. Sein Onkel Rondrian ist der erste Ritter Weidens! Da werden an Angrist Siegrain sicher hohe Erwartungen gestellt. Es wird schwer genug werden, aus dem Schatten einer Turnierlegende hervorzutreten."

"Dann wird der Sieg heute ihn besonders erfreuen!"

"Ja, das glaube ich auch! Darum wollte ich, dass er ihm in möglichst guter Erinnerung bleibt. Aber auch aus Niederlagen läßt sich lernen... nimm etwa unsere Reisegefährtin Ilpetta von Hirschingen – eine fürstliche Schlachtreiterin, ein alter Name mit einer langen Tradition, eine schwierige Aufgabe, all dem gerecht zu werden. Dennoch strahlt sie immer wie ein Sonnenschein, auch nach einer klaren Niederlage wie heute. Oder denke an unseren anderen Begleiter Ungolf von Plötzbogen: Beim Fürstenturnier zu Angbar war er in jeder Disziplin in der ersten Runde raus; heute ist es ihm erneut so gegangen. Trotzdem wird er nicht verzagen, sondern es immer wieder versuchen. Diese aufrichtige Zuversicht sei Dir ein Vorbild."

"War das das Turnier im letzten Jahr, als Ihr meinen Vater kennengelernt habt?"

"Genau das!", lachte Holdwin und nahm sich noch einmal nach.

Hinterher wurde er etwas ernster. "Weißt Du, so ein Wettstreit ist nicht nur wichtig, um in Form zu bleiben. Es geht auch darum, sich an die gemeinsame Sache zu erinnern. Ritter sein heißt mehr als kämpfen zu können. Jeder Straßenräuber kann eine Waffe schwingen – aber die wenigsten können dauerhafte Bündnisse schließen! Es ist aber unsere Pflicht, über den heutigen Tag hinauszudenken, denn wir Ritter verteidigen das Reich und alle, die dort leben, gegen Unbill. Darum müssen wir zusammenhalten, auch wenn es immer wieder Zank und Hader zwischen uns oder unseren Familien gibt. Die Turniere und all ihre Zeremonien und Rituale dienen dazu, uns das ins Gedächtnis zu rufen."

"Für Rondra und Famerlor...", sagte Angrawen leise.

"Ja, das ist der Geist!", freute sich Holdwin. "Den vorgesehenen Platz in dieser Welt mag man bei der Geburt bekommen haben, doch muss man sich erkämpfen und verteidigen können, was einem zusteht! Die praiosgefällige Ordnung kann nur aufrechterhalten werden, wenn sie durch rondrianische Tugenden gestützt wird! Darum war es mir so wichtig, mit Dir nach Kressenburg zu reisen."

"Das habt Ihr für mich gemacht?", staunte Angrawen.

"Ja, klar!", antwortete Holdwin. "Mit anderen Rittern Bier trinken können hätte ich auch zu Hause am Angbarer See! Ich will, dass Du so früh wie möglich all die Aufregung mitbekommst, die Eindrücke, das große Publikum um Dich herum... Du sollst mit dieser Situation vertraut werden und langsam aber sicher lernen, mit Mut, Ruhe und Gelassenheit zu reagieren. Denn das wird später im Leben entscheidend sein, um die Ordnung zu bewahren und die Schwachen zu beschützen – da gehen Praios und Rondra Hand in Hand." So sehr Holdwins Schützling auch ergriffen sein mochte von dem, was er gehört hatte, bei dem Gedanken an Lärm und Menschenmengen fuhr er leicht zusammen. Der Ritter hatte eine Ahnung, was los war, und klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. "Mach Dir keine Sorgen, wenn es am Anfang ein wenig viel ist. Mein Bruder Boromil fand Turniere als Kind immer sehr anstrengend... und dennoch ist aus ihm ein Ritter geworden."

Angrawen war sehr dankbar, dass Holdwin ihn verstand. "Habt vielen Dank, Herr!"

Holdwin lächelte ihm freundlich zu. "Du bist ein guter Junge, Angrawen. Lass uns doch nachher die zweite Runde des Fußkampfes ansehen. Ich denke, ich gebe meinem Körper einen Tag Schonung, bevor ich für die Tjoste übe."

"Ganz wie Ihr wünscht!"

Angrawen begann, den Tisch abzuräumen. Holdwin war zufrieden. Dragowins Sohn machte ihm bisher viel Freude. Und wenn es ihm gelang, dem Jungen etwas beizubringen, dann war ihm das die blauen Flecken allemal wert.

Gunnar F.

Teil 22

Fußkampf, Finale

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, am Abend des 9. Praios 1042 BF

Sarias Atem klang, geleitet durch das Innere des Helms, metallen in ihren Ohren. Die Rufe des Publikums schienen weit entfernt, die Waffe ihrer Kontrahentin hingegen bedrohlich nah. Thargrîn von Arpitz war größer und hatte mehr Reichweite. Wieder einmal sauste die Waffe nur wenige Finger von ihrem Kopf entfernt durch die Luft. Schweiß rann Saria über den Rücken und sie wusste, dass ihr morgen jeder Muskel schmerzen, jeder Knochen schwer sein würde.

Nach und nach büßten Ihre Bewegungen an Schnelligkeit ein; die größte Stärke, die sie gegen die greifenfurtische Baronin ins Feld führen konnte. Doch auch deren Kraft hatte abgenommen. Saria sah durchaus die Möglichkeit, gegen die Baronin von Wehrfelde siegreich zu sein, doch jedes Mal, wenn sie glaubte, sich mit einem Schlag einen Vorteil verschafft zu haben, konterte die hochgewachsene Thargrîn von Arpitz oder legte sogar noch einen drauf. Es war zum Verzweifeln! Wie lange konnte sie noch dagegenhalten?

So war es eher der Mangel an Alternativen als taktisches Geschick, der Saria dazu brachte, den nächsten Schlag nicht wie üblich mit dem Schild abzulenken, sondern stattdessen mit aller ihr noch verbleibenden Kraft gegen zu halten und mit einer Schlagreihe nachzusetzen. Ein „Für Rondra!“ brandete über ihre Lippen und ob es nun dieser Schrei war oder das ungewohnte Manöver: Es gelang der Koscherin, ihre kampferfahrene Kontrahentin in die Defensive zu drängen. Noch einmal stieß Saria nach vorne, während Thargrîn von Arpitz sich bereits für einen Gegenschlag rüstete.

Und dann war es geschehen: Jubel brandete über den Turnierplatz. Hatte sie es geschafft? Sie hatte es geschafft! Erschöpfung. Erleichterung. Ein Lächeln breitete sich über Sarias Zügen aus. Sie nahm den Helm ab, während sie ihrer gestürzten Gegnerin die Hand reichte.

Thomas R.

Teil 23

Eheprobleme

Praios 1042

Yolande von Sindelsaum hatte ihren letzten Kampf ausgefochten. Gegen Thargrîn von Arpitz hatte sie keine Chance gehabt, aber immerhin hatte sie es bis in das Viertelfinale geschafft. Sie hätte nie gedacht soweit zu kommen, aber der Anblick ihres verhassten Gattens Rondwin von Keilholtz hatte sie zu immer neuen Höchstleistungen angetrieben. Der verweichlichte Jammerlappen war bereits in der ersten Runde ausgeschieden, geschah ihm Recht, die Tracht Prügel hätte Yolande ihm aber gerne selbst verpasst.

Bei ihrem zweiten Kampf hatte er auf der Bühne mit einem Märker Flittchen rumgeturtelt und so hatte sich Yolande mit viel Hass und Abscheu in ihren nächsten Kampf geworfen. Ihre rücksichtslos vorgetragenen Angriffe hatten ihr den Sieg, aber auch einige Ermahnungen eingebracht. Nach dem Kampf hatte sie es sich nicht verkneifen können kurz in Richtung Rondwins zu rotzen bevor sie vom Feld gestampft war. Gegen ihre nächsten Gegner war es ganz ähnlich gewesen, aber Thargrîn hatte sie ins Leere laufen lassen und sie klar besiegt. Yolande hatte noch immer der Schädel gebrummt als sie vom Feld getaumelt war. Kurz hatte sie geglaubt, dass Rondwin sie auslachte, aber das hatte sie sich vielleicht doch nur vorgestellt, jedenfalls hatte er ganz ernst geschaut, als Yolande ihm einen mörderischen Blick zugeworfen hatte. Warum hatte sie sich nur entschlossen zu dem Turnier nach Kressenburg zu kommen? Es war ja klar gewesen, dass Rondwin auch da sein würde, aber sie hatte es in Föhrenstieg einfach nicht mehr ausgehalten und ein Besuch in die alte Heimat, nach Sindelsaum, wäre ihr wie eine Flucht vorgekommen.

In ihrem Zelt angekommen hatte die Hoffnung Rondwin im Lanzengang gegenüber zu stehen ein neues Feuer in ihr entfacht. Sie würde es ihm zeigen bei Ingerimms Bart. Mit so einem Märker Milchbuben würde sie ja locker fertig. Das der besagte Milchbube Hauptmann der Grenzreiter war vergas sie dabei geflissentlich.

Sindelsaum

Teil 24

Ende des ersten Tages - Im Schankzelt

Wenn sie so beisammen saßen, konnte man die Verwandtschaft kaum übersehen. Grinugildis von Waldenklamm, die mit ihrem Gemahl und dessen Bruder aus Weiden angereist war, schob zwei der drei Humpen zu ihren beiden jüngeren Geschwistern.

„Es ist so schön, euch beide zu sehen. Odilon, du siehst toll aus. Und du hast dich gut geschlagen gegen deinen Vetter Ardo.“

Der frisch gebackene Ritter fuhr sich mit der Hand durch das strubbelige nussbraune Haar. „So, hab ich das? Mein Hintern sagt mir was anderes. Der tut von dem Sturz noch ganz schön weh.“

Die beiden Schwestern kicherten. Grinugildis zuckte entschuldigend mit den Schulter. „Ich kenn mich da ja nicht aus. Aber mein Schwager Walthari hat gebrummt und Waldhold hat ihm dann zugenickt. Ich denke, in der Rittersprache war das wohl ein Lob für deinen Auftritt.“ Jetzt mussten alle drei lachen und prosteten sich zu.

„Jetzt aber mal genug von Odilon. Sonst steigt ihm die Aufmerksamkeit noch zu Kopf“ warf Robana von Waldenklamm ein. „Wie geht es Mutter und unseren Großen?“.

„Oh, Mutter geht es soweit gut. Es gibt ja immer was zu tun in Schroffenfels. Sie plagt halt ein wenig die Einsamkeit so ganz ohne ihre sechs Kinder. Aber in Goldacker bin ich nicht allzu weit weg und ich besuche sie, so oft es meine Pflichten zulassen. Waldemar hat aus Waldenklamm wieder ein anständiges Gut gemacht. Soweit man aus einem Stück Land in den Hängen des Finsterkamms halt was machen kann. Wir haben die Sonnenwende in Dergelquell verbracht und Waldenklamm einen Besuch abgestattet. Ich soll euch alle schön von unserem Großen grüßen. Von Walpurga habe ich auch schon lange nichts mehr gehört. Aber ich glaube, Mutter plant, sie alsbald nach Schroffenfels zu holen. Sie will der Herzogin irgendwann mal jemanden aus der Familie als Nachfolger für den Vogtposten empfehlen.“

Natürlich hatten Robana und Odilon noch viele Fragen und wollten wissen, was sich sonst so in der Weidener Heimat getan hatte. So entwickelte sich ein munteres Gespräch, in dem die so weit verstreuten Geschwister sich in familiärer Vertrautheit und Geborgenheit suhlen konnten. Denn nur zu bald würde wieder der Abschied nahen und wer wusste schon, wann man sich wieder sah.

„Ach je. Ich tattrige alte Maid.“ Entfuhr es Grinugildis plötzlich. Ich habe ja noch was für euch.“ Mit einem vorfreudigen Grinsen kramte sie aus ihrer Tasche zwei kleine in Leder eingeschlagene Pakete aus und überreichte jedem ihrer Geschwister eines davon. Odilo packte seins eilig aus und konnte einen kleinen Aufschrei der Verwunderung kaum unterdrücken. Silberne Sporen waren es, die reich und mit hoher Kunstfertigkeit mit Ziselierungen überzogen waren. Auch in Robanas Paket waren ähnliche Sporen.

„Das…das ist großartig. Danke, Schwesterlein. Hast du…?“

Robana blickte ihre Schwester mit großen Augen an. Grinugildis stieg eine leichte Röte ins Gesicht. Sie tat sich schwer mit Lob für ihre Arbeit. Für sie waren solche Werke Geschenke des Großen Schmiedes bei denen sie nur das ausführende Werkzeug war. Wenn sie daran arbeitete, fühlte sie sich ihrem Gott nahe. Schnell versteckte sie ihr Gesicht hinter dem Krug und spülte den aufkommenden Kloß in ihrem Hals einfach runter. Dann winkte sie ab. „Ja, ja. Ich hab den ganzen Tag ja nichts Besseres zu tun.“

Odilon und Robana wussten, dass das nicht wahr war und nur ein Ausdruck von Grinugildis Bescheidenheit. Eine Adlige, dem Ingerimm geweiht, war sicher eher ungewöhnlich. Aber in der Sichelwacht, wo auch der Adel umgeben von schroffen Felsen und in vielen Fällen auch abhängig von den Schätzen der Berge war, war die Nähe zum Himmlischen Schmied nichts ungewöhnliches.

Grinugildis griff noch einmal in ihre Tasche und zog zwei Umschläge mit dem Siegel der Rinnfoldshausener raus. „Briefe von Mutter an euch beide“ sagte sie und blickte dann eindringlich ihre Schwester an. „Deinen solltest du so bald wie möglich lesen. Ich denke, es geht um deine Zukunft. Zwar weiß ich nicht genau, um was es geht. Aber mein Schwager, der Baron von Dergelquell, hat sich in den vergangenen Tagen sehr ausführlich über dich informiert und hat dem Messen der Knappen aufmerksam zugeschaut, was er sonst nie macht.“

„Puh!“ Robana ließ sich in ihrem Stuhl zurückfallen. „Du machst mich aber jetzt arg neugierig. Aber für hier“, sie sah sich in dem vollen Schankzelt um, „ist das wohl nichts.“

„Dann lasst uns auf die Zukunft trinken.“ Odilon hob den Krug zur Tischmitte hin.

Seine Schwestern stießen mit einem, „Auf die Zukunft“, an.

Marcus D.

Teil 25

Auuuuu weia....

“Gleich ein Keilholtzer.” Der Trollpforzer Junker blies die Wangen auf und stieß kräftig die Luft aus. “Na, wenn das Mal nicht schon das Ende meiner Reise ist”, sagte er mehr zu sich selbst, aber durchaus nicht so, dass sein Umfeld es nicht vernehmen konnte. Thankred war der Vorletzte der ausgelost wurde. Nur noch das Schild Wulfhelms von Keilholtz und sein eigenes waren noch nicht zugeordnet gewesen, daher wusste er schon vorher, was ihn erwartete.

‘Naja, versuchen wir doch einfach nicht im ersten Lanzengang aus dem Sattel gehoben zu werden. Du hast dich doch auch mit den Handwaffen gut verkauft, auch wenn du in der erste Runde ausgeschieden bist Hornochse. Es ist dein erstes Turnier, also versuch einfach Spass zu haben.’

Wie um seinen Gedankengängen Nachdruck zu verleihen nickte der Junker und grinste fast ein wenig frech. Mit der rechten, gepanzerten Faust vor dem Herzen grüßte er den wesentlich älteren Kämpen und ritt anschließend vom Platz.

Stefan S.

Teil 26

Vor dem Tjost

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

Algirdas stieß die Zeltplane zurück, trat ein und verhielt mitten im Schritt. Wie immer, wenn er seinen Vetter mit barem Oberkörper erblickte, brauchte der Geist einen Moment, um zu verarbeiten, was die Augen wahrnahmen. Was Aardor an Höhe fehlte, hatte sein Körper völlig schamlos in Muskelmasse umgesetzt. Der Kerl hatte einen Nacken wie ein Stier, Arme dick wie ein Jahrmarktskämpfer und einen Brustkasten wie ein preisgekröntes Zugpferd. Das alles erschien Algirdas im Anbetracht seines eigenen, deutlich schlankeren Wuchses mehr als unfair und es wollte auch so gar nicht zu dem runden, jungenhaften Gesicht mit den vielen Feenküsschen passen. Irgendetwas war da einfach schiefgelaufen.

„Rein oder raus, Alter, entscheide dich mal?!“, kam es da von Fählindis. „Im Durchgang stehen bleiben und die Plane offenhalten, so dass jeder sehen kann, was für einen Scheiß ich hier verbinsböckelt habe ... das läuft so nicht!“

Algridas trat ganz ein und ließ die Zeltplane hinter sich fallen. Dann ging er zu seinen Verwandten hinüber, warf einen prüfenden Blick auf den Verband, den Fählindis um Aardors Schulter gewickelt hatte, und stellte fest, dass das wirklich Scheiß war.

„Götternocheins!“, stöhnte er. „Man könnte meinen, ich hätte es dir nicht schon ein paarmal in aller Ausführlichkeit gezeigt.“

„Ich bin halt ein Krieger und kein Heiler“, erwiderte sie pikiert.

„Wer Wunden schlägt, sollte sie auch behandeln können“, wiederholte Algirdas eine Weisheit seiner verstorbenen Mutter und verscheuchte die Habechhegen mit einer entschiedenen Geste, um den Verband zu lösen und noch einmal von vorn zu beginnen.

„Wir haben gerade festgestellt, dass du im Vergleich zu mir ganz schön abstinkst, mein Lieber“, meinte Aardor derweil gutgelaunt.

„In welcher Hinsicht?“, Algirdas Gedanken waren schon wieder beim Körperbau seines Vetters und er wappnete sich für eine Spitze, die wirklich wehtun würde.

Fählindis nahm ihm die Befürchtung jedoch. „In Sachen spektakulär Scheitern“, erklärte sie blinzelnd. „Sich in der ersten Runde vor ner blutjungen Rondrianerin auf den Hosenboden zu setzen, um die Kapitulation zu erklären, ist schon mal gar nicht so schlecht. Aber sich in der dritten Runde ohne ersichtlichen Grund in das Schwert einer Koscher Veteranin zu stürzen und dann fast abzunippeln um einiges spektakulärer.“

„Gebe ich euch!“, Algirdas konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, obwohl die Sache an sich kein bisschen witzig war. Er verurteilte auch nach wie vor, dass sein Vetter den Tjost nicht sausen lassen wollte – seiner Gesundheit zuliebe. „Aber wo wir schon dabei sind“, schob er daher nach. „Willst du es dir nicht doch noch mal überlegen, Aardor? Durch die Heilkräuter sieht das Ganze jetzt zwar besser aus, du solltest dich davon nur nicht täuschen lassen. Es ist, wie der Medicus sagte: Schonung wäre das Wichtigste. Dir einen Schild an den versehrten Arm zu hängen und damit die Stöße einer Lanze abfangen zu wollen ... das ist das Gegenteil von Schonung.“

„Ach, schnickschnack!“, brummte der Rauheneck unwillig. „Das hatten wir doch alles schon: In dem Zustand werd ich mich eh nicht lange halten. Also was soll’s? Reit ich halt ein, zwei Mal an und flieg dann in den Dreck. Davon wird der Arm nicht abfallen!“

„Aardor ...“, hob Algirdas noch einmal an, wurde aber sofort unterbrochen.

„Sag mir lieber, gegen wen es für mich geht! Dafür warste doch da draußen, oder nicht? Um das für uns nachzulesen. Also?“

Isolde von Immingen“, murmelte Algirdas.

„Wer ist das?“, wollte Fählindis sofort wissen.

Aardor hob die Schultern und handelte sich dadurch einen Klapps auf den Hinterkopf ein. Von Algirdas, dessen Werk er gerade zunichtemachte. Ob das schmerzerfüllte Stöhnen diesem kleinen Stüber galt oder ob sein Vetter gerade gespürt hatte, dass seine Schulter noch weit davon entfernt war, ausgeheilt zu sein, blieb offen.

„Wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Frau von hier“, erklärte Algirdas. „Ich meine, ich hätte irgendwas von ‚Kressenburger Lanze‘ gehört. Sie ist jedenfalls erfahrener als Aardor.“

„Aha“, machte sein Vetter und schniefte leise. „Und was ist mit dir?“

„Mein Gegner heißt Tiako von Rosenteich.“

„Wer ist das?“, diesmal kam die Frage von Aardor.

„Das ist der schwarze Mann“, kam es wie von der Sehne geschnellt aus Fählindis Richtung.

„Der schwarze Mann? Was soll das denn sein? Sind wir hier in einem Schauermärchen unterwegs, oder was?“, lachte Aardor.

„Doch nicht so, Mann!“, schnappte Fählindis. „Der hat nicht nur schwarze Haare, sondern auch ganz dunkle Haut. Wie einer von diesen Dschungelmenschen aus dem tiefen Süden. Ich hab da mal ne Zeichnung in so einem ... Buch über ... fremde Tiere und Pflanzen gesehen.“

„Wo?“

„Bibliothek der Klugen Undra.“

„Trallop?“

„Nein, Baliho, du Trottel.“

„Da schau an!“, Aardor nickte. „Ein Dschungelmann also. Herzlichen Glückwunsch, Algirdas. Nach allem, was ich weiß, sind die normal nicht gerade im Lanzenreiten zu Hause. Also stehen deine Chancen diesmal vielleicht gar nicht so schlecht.“

„Sehr witzig!“, gab er zurück und zog den Verband mit voller Absicht etwas enger, als es hätte sein müssen.

„Und ich? Was ist mit mir?“, wollte Fählindis wissen.

„Du reitest gegen Edelbrecht vom Eberstamm.“

Algirdas sagte das, als sei nichts dabei. Insgeheim aber freute er sich schon darauf, diese Paarung zu verkünden, seit er sie von der Setzliste abgelesen hatte. Er war unendlich gespannt gewesen, wie seine Base die Neuigkeit aufnehmen würde und hatte sie deshalb nicht einen Lidschlag aus den Augen gelassen. Würde sie auch das wieder nicht jucken, oder würde sie wenigstens dieses eine Mal eine Reaktion zeigen, die er für halbwegs angemessen hielt?

„Ich ... äh ... was?“

Die Habechhegen hatte sich gerade einen Becher mit kühlem Most gefüllt, stellte den und den Krug nun aber sicherheitshalber rasch wieder auf der Reisetruhe ab, die ihnen als Tisch diente. Mit Genugtuung nahm Algirdas zur Kenntnis, dass ihre Hände leicht zitterten und dass sie von einem Moment auf den nächsten kalkbleich geworden war.

„Du reitest gegen Edelbrecht, Fäh“, wiederholte er feixend.

„Er meint den Prinzen des Kosch und Gemahl der Markgräfin von Greifenfurt“, ergänzte Aardor, der selbst auch ein wenig baff zu sein schien, aber dennoch breit lächelte.

„Ich weiß, wer das ist!“, zischte Fählindis. „Aber ... warum denn nur ...“

„Den ritterlichsten aller dunkelblaublütigen Ritter – sieht man mal von Arlan ab – und Favoriten dieses nicht ganz so prominent besetzten Turniers“, Aardor sprach einfach weiter, als habe er das Gezeter seiner Base nicht gehört. „Potzdonnernocheins, das ist ein verdammtes Glück! Was für eine Ehre, eh? Ich beneide dich jetzt schon.“

„Beneiden?! Alter, das ist ein Alptraum!“ Fählindis hob die Hände gen Himmel. Es sah ein bisschen so aus, als wolle sie die Götter anflehen, diese Entscheidung zurückzunehmen. Als sich nichts tat, richtete sie den Blick vorwurfsvoll auf Algirdas. Als könne er etwas dafür. „Warum denn jetzt?“, fragte sie ungehalten. „Warum nicht im Fußkampf? Ich bin im Tjost eine Krampe. Ich hab keine Lust, am Ende dieses vermaledeiten Turniers der Sieger unseres kleinen ‚Wer scheitert am schönsten‘-Wettbewerbs zu sein. Ich muss euch schon die ganze Zeit aufwarten, weil ich diese bescheuerte Wette verloren habe.“

Sie wandte sich Aardor zu und funkelte ihn zornig an: „Das ist übrigens deine Schuld! Du konntest es ja nicht sein lassen, gegen diese blöde Koscherin zu verlieren. Wenn Edelbrecht mich jetzt auch noch zum Krüppel sticht ... oder ich ihn ... oh, ihr Geister, wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?“

„Nu hör schon auf zu heulen“, meinte Aardor ungerührt. „Begreif es als Chance. Erinner dich an die erste Runde des Fußkampfs. Da ist Edelbrecht gegen diesen Nordmärker Schönling ausgeschieden, der den Schwertkampf sicher auch nicht so gut beherrscht wie er.“

„Ja klar, eine Chance! Weil der Prinz in ein und demselben Turnier gleich zweimal so unsäglich viel Pech haben wird!“

„Vielleicht solltest du was trinken, Base“, meinte Algirdas schmunzelnd. Er erinnerte sich noch gut daran, wie sehr sie Aardor und ihn im Vorfeld des Fußkampfes gescholten hatte, weil sie zur Entspannung ein bisschen was pichelten. Aber jetzt schien sie ganz dringend einen Schluck zu brauchen. „Mach dich mal locker!“

Nics-e

Teil 27

Thankmar ließ seinen Rappen auslaufen. Dumpf donnerte der Hufschlag über den Platz.

War das wirklich gerade geschehen? Hatte er den scheppernden Aufschlag wirklich, wahrhaftig gehört. Konnte das sein? Von der Tribüne war ein ungläubiges Raunen zu vernehmen, doch das nahm der junge Ritter nur ganz am Rande seiner Wahrnehmung zur Kenntnis, zu sehr war sein Blut in Wallung, die Anspannung infolge der Fokussierung auf das Aufeinandertreffen mit seinem Kontrahenten noch nicht gewichen.

Ein Glückstreffer. Ja, nur das konnte es gewesen sein. Es gab keine andere Möglichkeit. Er hatte den Schild seines Gegners satt getroffen und es im selben Moment vermocht, den wohl platzierten Stoß an der eigenen Wehr abgleiten zu lassen, so dass es ihn nur wenig Kraft gekostet hatte, den Sitz im Sattel aufrecht zu erhalten. Doch hatte es gereicht, um den anderen zu Boden zu schicken? Thankmar drehte sein Pferd am Ende der Bahn und erhielt endlich Gewissheit. Der Ältere lag im Sand der Tjostbahn, rappelte sich aber bereits weider auf. Ihm schien nichts geschehen zu sein.

Der Trollpforzer gab seinem Waffenknecht, der herbeigeeilt kam, die abgebrochene Lanze und brachte sein Roß dann gemächlich auf die Höhe seines Gegners. Der Junker öffnete das Visier und führte die rechte Faust vor die linke Brust zum Gruße, dann schon ließ er das Pferd wieder antraben, um das Feld zu verlassen.

Wulfhelm von Keilholtz war für wahr kein Anfänger. Nein, ganz im Gegenteil, er war ein erfahrener Kämpe in der Tjoste. Einer der so manchen Sieg davongetragen hatte. Um so mehr freute sich Thankmar über diesen ersten Sieg in seinem ersten Turnier. Langsam wich nun auch die Anspannung aus dem Nordmärker, der aus der Isenhager Provinz ins Greifenfurtsche gekommen war, um sich nach seiner Schwertleite und der darauffolgenden Ernennung zum Junker rondrianisch mit anderen Rittern zu messen. Stolz sah er einmal zu seinem Banner auf, dass über dem Platz wehte. Der schreitende, silberne Troll mit der Keule auf blauem Grund würde wohl noch etwas länger im Wind wehen.

Stefan S.

Teil 28

Ein wenig erschrocken hatte Selinde auf den schweren Sturz ihrer Gegnerin Wolfhilde verfolgt, sodass zumindest für den Augenblick bei der Baroness von Zackenberg keine rechte Freude über ihren glatten Sieg aufkommen mochte. Nachdem sie ihr Pferd am Ende der Tjostbahn gewendet hatte, stieg sie ab und begab sich zu Wolfhilde. Diese begann sich nach einigen Momenten der Benommenheit wieder zu regen und versuchte, noch etwas unbeholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Selinde half ihr dabei und geleitete sie vom Turnierplatz.

"Ich hoffe, es geht Euch einigermaßen gut, oder soll ich besser einen Heiler rufen?"

"Nein, es geht schon, vielen Dank. Mir tut zwar jeder einzelne Knochen im Leib weh, aber es scheint nichts gebrochen zu sein. Ach, und meine Glückwünsche zu Eurem Sieg; deutlicher hätte er ja auch kaum ausfallen können", schloß Wolfhilde mit einem schiefen Lächeln.

Nach einer kurzen Verabschiedung begab sich die Baroness mit nachdenklicher Miene zurück zu ihrem Zelt, darüber sinnierend, dass Tod und Versehrtheit selbst beim Kampf mit Turnierwaffen stets allgegenwärtig sind.

Wallbrord

Teil 29

Nach dem Tjost

Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF

„So ein Mist, wirklich, Aardor“, brummte Fählindis. „Das waren zwei blitzsaubere Anritte. Bessere habe ich heute im ganzen Teilnehmerfeld nicht gesehen. Man würde meinen, dass die Herrin Rondra so was honoriert. Sie hätte dich ruhig gewinnen lassen können.“

„Ne, schon gut“, presste ihr Vetter zwischen den Zähnen hervor, derweil Aldgirdas sich am Verband um seine linke Schulter zu schaffen machte. „Ist mir ganz recht so. Ich weiß ehrlich nicht, ob ich noch eine Runde durchgestanden hätte.“

„Hättest du vielleicht, du dummer Hornochse, aber für deinen Arm hätte es schlimme Folgen gehabt“, meinte Algirdas trocken.

Fählindis richtet den Blick auf den mittlerweile wieder knallroten Verband des Rauheneck und ein paar dünne Blutfäden, die sich den Weg über seine breite Brust bahnten. Ausnahmsweise musste sie dem Stockacher Spaßverleider Recht geben: Es wäre sicher nicht klug gewesen, Aardor noch einmal antreten zulassen. Und gut gestritten hatte er – also trotz allem etwas Ruhm an seinen Schild geheftet.

„Und du Algirdas“, meinte sie dann grinsend. „Das war ganz ordentlich für den ersten Lanzengang in einer Turney, würd ich meinen. Außerdem hat der Dschungelmensch eine Rüstung getragen – also vielleicht hat gar nicht jeder gemerkt, dass es nur einer von denen war.“

„Spottdrossel“, sagte Aardor und schüttelte den Kopf. „Hör schon auf! Wie er da im Fußkampf anfangs gegengehalten hat, das war aller Ehren wert. Hast deine Haut teuer verkauft, Algirdas, und die Familie stolz gemacht. Zumal du am Ende nicht wieder auf dem Hosenboden gelandet bist.“ Er blinzelte gutmütig.

„Und was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, Fäh?“, hakte der Stockacher nach. „Bist im ersten Anritt gefallen wie ein nasser Sack.“

„Pft!“, machte sie und lachte. „Ich hab mir überlegt, ob ich den blauen Fleck auf meinem Brustbein vielleicht mit nem Dolch nachziehe. So dass ein X als Narbe bleibt. Da könnt ich dereinst drauf deuten und zu meinen Enkeln sagen: Schaut her, hier hat mich die Lanze des Koscher Prinzen getroffen. Das wär doch was?!?“

Ihre Vettern starrten sie an. Belämmert grinsend und zugleich kopfschüttelnd. Ein bisschen so, als wüssten sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollten.

„Wie dem auch sei“, meinte Algirdas schließlich. „Wir sind alle raus. Was machen wir jetzt?“

„Jetzt tragen wir eine Bank rüber zur Turnierbahn, setzen uns bequem hin und machen, was ihr die ganze Zeit schon wolltet“, beschloss Fählindis. „Wir besaufen uns!“

Nics-e

Unruhige Zeiten

Kapitel 6

Mitte Tsa 1043 BF, Schloss Sonnenfeld

Auf dem Hof des Schlosses stand eine abfahrbereite geschlossene Kutsche. Zwei Elenviner waren vorgespannt und tänzelten nervös. Der Kutscher hatte große Mühe das Gefährt ruhig zu halten. Ganz offensichtlich spürten die Tiere die Aufregung um sie herum. Mehrere Waffenknechte warteten neben ihren gesattelten Pferden, offensichtlich um der wartenden Kutsche als Eskorte zu dienen. Der Blick aller ging in Richtung Praios, wo in etwa einer Meile Entfernung eine kleine Steinbrücke über den Raulsbach führte und noch ein paar hundert Schritt weiter die Reichsstraße von Gareth nach Angbar verlief.

In diesem Moment erschien ein einzelner Reiter, der im gestreckten Galopp auf die Brücke zuhielt. Kurz bevor er sie erreichte, zügelte er sein Ross, damit es auf den eisglatten Steinen nicht ausglitt. Kaum auf der anderen Seite des Raulsbaches angekommen, gab er dem Pferd wieder die Sporen und war innerhalb kürzester Zeit heran. Die Waffenknechte hatten erst eine Abwehrstellung eingenommen, entspannten sich aber schnell wieder, als sie den grünen Wappenrock mit dem schwarzen Keil erkannten. Diesen Reiter hatten sie erwartet. Der Hauptmann der Wache klopfte an das Fenster der Kutsche.

„Euer Wohlgeboren? Ritter Ingmar ist eingetroffen.“

Der Kesselsteiner, seit neuestem Junker von Sonnenfeld, steckte kaum die Nase heraus in die Kälte und blieb nervös in der Kutsche sitzen, bis sein Schwiegersohn herangekommen war.

„Nun? Wie sieht es aus?“

Ingmar stieg neben der Kutsche vom Pferd und trat näher heran, ohne Anstalten zu machen die Zügel an den herbeieilenden Knecht abgeben zu wollen.

„Wie es aussieht ist Rondra gegen uns, aber Phex bleibt uns hold. Die Reichsforster Truppen mussten sich vor der erdrückenden Übermacht aus der Kaisermark in die Randersburg zurückziehen. Reichsvogt Udilbert von Hardt hat mit dem Befehlshaber der Angreifer die Neutralität der Pfalz bestätigt. Eine kaiserliche Pfalz anzugreifen wagen sich selbst die ehrlosen Kaisermärker nicht, insofern sind unsere Leute dort sicher. Der Weg in die Grafschaft steht jetzt wieder weit offen, weil unsere Haupstreitmacht in der Halsmark im Felde steht.“

„Inwiefern ist Phex uns dann hold? Zwischen uns und den kaisermärker Söldlingen steht nichts als der Raulsbach und das halbe Dutzend Schwerter die ich hier zur Verfügung habe.“

Die Waffenknechte des Junkers tauschten erneut nervöse Blicke aus.

„Keine Sorge, wir werden unsere Schwerter heute nicht brauchen. Sie sind von der Reichsstraße gen Praios abgebogen und nehmen die Landstraße über Rosendorn nach Syrrenholt. Sicherlich werden sie auf dem Weg jeden Schober und jede Scheune plündern, die sie finden können, aber wie es aussieht sind wir diesmal davongekommen.“

„Das nenne ich wahrhaft Phexens Gunst.“ Mit einem polternden Lachen stieg der beleibte Junker aus der Kutsche. Hinter ihm folgte Retos Tochter Jolande, die Wölbung des Bauches von der dicken Winterkleidung nur noch unzureichend verborgen, mit Ingmars kleiner Tochter Alruna auf dem Arm. „Wohlan, dann wollen wir uns wieder ins Warme begeben, Ingmar. Hauptmann Marbert, lasst je einen eurer Leute die Wege nach Randersburg, Radeberg und Hornbach beobachten. Und lasst die Kutsche vorerst angespannt. Man kann ja nie wissen.“

Auf dem Holzweg

Gebotene Eile

Mitte Praios 1041 BF, Kressenburg

Die kleine Keilholtzer Reisegruppe war schnell vorangekommen. Neben Baron Ardo, seinem Vater Wulfhart und dem entfernten Vetter Unswin, bestand sie noch aus den diversen Knappen und Pagen der hohen Herren. Sie hatten von Gareth aus den Weg durch Waldstein, den Elfenpfad, gewählt. Ardo war vor allem neugierig, wie weit die bauliche Instandsetzung dieses Handelsweges auf der garetischen Seite fortgeschritten war. Die elfische Gräfin hatte sich damals sehr entschieden gegen den weiteren Ausbau ausgesprochen, was den hochfliegenden Plänen des Waldsteiner Adels und den angrenzenden Greifenfurter Baronen etwas den Wind aus den Segeln genommen hatte. So stimmte es Ardo sehr froh zu sehen, dass die Waldsteiner Edlen sich unter dem Einfluss Leomars von Zweifelsfels doch mehrheitlich gegen den Wunsch ihrer Gräfin zu stellen schienen und das einzig Richtige taten, was den Handel in dieser Region voranzubringen vermochte. Der Karrenweg Richtung Greifenfurt war an vielen Orten verbreitert und bis zur Stadt Osenbrück sogar vollständig mit Feldsteinen befestigt worden. Auch zwei neue Gasthäuser waren dem Kressenburger aufgefallen, die bei seiner letzten Durchreise noch nicht fertig gestellt gewesen waren. Auch das letzte Teilstück durch das Gebiet der Junker von Hagenbronn war trotz der schwelenden Feindschaft friedlich verlaufen. Drei gut gerüstete Ritter samt ihrem Gefolge schüchterten die Büttel genug ein, dass sie sich diesmal kaum mehr als ein paar unfreundliche Blicke und ein mürrischen Knurren gewagt hatten. So war die Heimreise vom Kaiserturnier in Gareth deutlich angenehmer gewesen, als Baron Ardo es erwartet hatte.

Im heimatlichen Kressenburg öffneten sich schnell alle Tore vor ihnen. Ardo merkte vor allem am Baufortschritt des Praios-Tempels, dass er schon wieder für mehrere Monde fern seines Lehens gewesen war. Die üblichen Schuldgefühle überkamen ihn und zum wiederholten Male nahm er sich vor, in Zukunft deutlich mehr Zeit bei seiner Gemahlin und den Kindern zu verbringen. Sie waren auch kaum auf den Burghof geritten und von den Pferden gestiegen, als eine kleine lärmende Kleinkinderschar aus den Stallungen stürmte und sie umringte. Kurz danach traten zwei jungen Edeldamen dazu. Die eine zierlich von Gestalt und von fast elfenhafter Anmut. Die andere nicht minder schön, doch von eher muskulöser Statur, der man die Kriegerin auf eine halbe Meile Entfernung ansah, die zudem einen etwa fünf Monde alten Säugling auf dem Arm hielt.

Noch bevor Wulfhart und Ardo ihre Gemahlinnen begrüßen konnten, trat eine dritte, noch etwas jüngere Frau dazu, gewappnet und in den Farben der Mark gewandet. Das eher gezwungene Lächeln, das sie zur Schau stellte als sie Ardo sah, sagte dem Baron, dass seine Tante nicht auf einen Freundschaftsbesuch vorbeigekommen war. Nachdem sich der größte Trubel des Willkommens gelegt hatte, nahm die Ritterin der Mark den Baron dann auch kurz zur Seite, um ihre Botschaft los zu werden.

„Die Greifin wünscht dich umgehend zu sehen, Neffe! Ich weiß, du bist gerade erst heimgekehrt, aber es wird das Beste sein, du lässt dein Pferd sofort wieder satteln und begleitest mich jetzt sofort, damit wir noch vor Sonnenuntergang in der Residenz sein können.“

Keilholtzer Neuordnung

Geordnete Verhältnisse

Ich, Ardo von Keilholtz ä.H., Baron zu Kressenburg, verfüge Folgendes als meinen letzten Willen:
 
 
 
 
1. Als Erbe der Baronswürde bestimme ich meinen Vater Wulfhelm von Keilholtz.

2. Ihm nachfolgen soll mein Erstgeborener Answin Shazar. Sollte dieser sein Erbe nach dem Willen der Zwölfen nicht antreten können, so bestimme ich an seiner Statt eines meiner nachgeborenen Kinder in der Reihenfolge ihrer Geburt.
3. Sollte nach der Götter Willen keines meiner Kinder das Erbe antreten können, so bestimme ich meine Geschwister aus der ersten Ehe meines Vaters in der Reihenfolge ihrer Geburt, mir nachzufolgen. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
4. Sollte nach der Götter Willen keines meiner genannten Geschwister das Erbe antreten können, so bestimme ich die Geschwister meines Vaters und ihre Nachkommen in der Reihenfolge ihrer Geburt. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
5. Sollte es dem Herrn Boron gefallen mich und meinen Vater zu sich rufen, bevor mein rechtmäßiger Erbe die Mündigkeit erreicht, so bestimme ich meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz zur Verweserin der Baronie Kressenburg, bis mein Erbe dieses antreten kann.
6. Meiner Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz sei das Edlengut Greifenwehr bis zu ihrem Tode als Wittibengut zugesprochen, auf das es ihr im Leben an nichts mangele.
7. Meine derischen Besitztümer vermache ich meinem rechtmäßigen Erben, ausgenommen der nachfolgend genannten.
8. Aus meiner Privatschatulle erhält die Praioskirche Zwölf mal Zwölf Dukaten um den Bau des neuen Kressenburger Tempels voranzutreiben.
9. Meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz erhält mein Gebetsbüchlein, auf das es ihr in dunklen Stunden Trost spende.
10. Mein Bruder Firnward von Keilholtz erhält mein Schwert Orkentod.
11. Meine Knappin Mechthild von Kieselholm erhält mein Streitross Boromil. Sollte das treue Tier mit mir verstorben sein, so erhält sie ein Streitross aus der Zucht des Märkischen Marstalls.
12. Es ist mein Wunsch und Wille in der Krypta des Praios-Tempels Sankt Garafan vor dem Tore zu Kressenburg meine letzte Ruhestatt zu finden. Dieselbe soll sein die Grablege meiner Familie auf immerdar.

Gegeben am 1. Tag des Herrn Phex im Jahre 1037 nach Bosparans Fall
 
 
 
 
Gesiegelt und bezeugt

Badilak von Praiostann
Ardo von Keilholtz ä.H.

Praiomel von Kieselholm

DEUS VULT

Bauarbeiten

  • Bauholz: aus Kressenburg
  • Stein: ggf. eigener Steinbruch (Neuerschließung mit Folgenutzung, mit Volker abklären) oder aus dem Finsterkamm (Spieler?)
  • Versorgung der Arbeiter: zusätzliche Getreidelieferungen aus Eslamsroden und Hexenhain
  • Gold: aus Gareth?
  • Marmor: Eslamsgrund? oder andere Quelle?
  • Arbeiter: Tagelöhner aus der Region (Mark und Waldstein), ggf.dauerhafte Erhöhung der Einwohnerzahlen durch Zuzug? (mit Volker abklären)

Gästeliste zur Einweihung

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