Geschichten:Zornesritter in Leihenbutt - Teil 3
Im Rondratempel zu Schwertwacht
In der Tiefe der Nacht kniete er alleine vor der Flamme des Heiligen Zorns. Alfred Beradje, Weibel in der Wacht Greifenfeste hatte den Tag mit Fasten und dem Dienst im Orden verbracht.
Der morgige Tag sollte seinen Ritterschlag sehen, wenn er sich vor Rondra auch als würdig erwies.
Nur reines Brot und klares Wasser hatte er zu sich genommen – Reinigung des Körpers.
Nun kniete er vor die Sturmleuin – Reinigung des Geistes.
Eine Nacht würde er in Zwiesprache mit Rondra verbringen. Dazu kam er am frühen Abend zum Praetor des Tempels mit der Bitte über die Nacht alleine im Tempel zu verbleiben, welche ihm von Alexis natürlich gewährt wurde. Der Geweihte wies entsprechend seine Novizen an, den Raum der Ewigen Flamme vorzubereiten.
Als sie ihre Arbeit beendet hatten, vergewisserte sich Alexis selbst davon, dass der heilige Raum zufriedenstellend hergerichtet war.
Als der Weibel dann den Tempel betrat, wurde er von Alexis empfangen und durch den Tempel begleitet bis sie vor dem Raum der Ewigen Flamme standen. Hier trennten sich die Wege der beiden. Der Praetor verschloss die Pforte hinter Alfred Beradje, sodass dieser nun alleine war und sich ungestört auf sein Gebet konzentrieren konnte.
Niemand konnte ihn dabei stören, dafür sorgten die Gehilfen des Praetors, der selbst zur Besprechung mit seiner Exzellenz eilte.
Anfangs war das Gebet an SIE wie immer gewesen, wenn er - Alfred - im Tempel weilte und an den Zeremonien teilnahm. Doch bald wurde es intensiver – die Beine begannen zu schmerzen, die Sinne spielten mit dem Weibel der Lanze Silberlöwen. Schließlich waren die Schmerzen vergangen, alles fühlte sich nun eher taub und stumm an. Seine Sinne waren auf äußerste geschärft – jedes Knacken hörte er, spürte den Geschmack von Rauch auf seiner trockenen Zunge, fühlte die wohl tuende Wärme der zornigen Flamme, die zuckend seinen Augen Bilder zeigte.
War es die Flamme? War es die Herrin selbst? Bilder in der Flamme! Bilder von gestern, heute und morgen – Gerion, Adran, ein unbekanntes Gesicht. Welche Botschaft sandte ihm die Herrin? Sandte sie tatsächlich ihm die Bilder oder gaukelte ihm sein strapazierter Geist nur Bilder vor?
Die Gestalt in dem weißen Wappenrock, das Schwert vor sich abgelegt und in den glänzenden Kürass gerüstet verharrte regungslos vor der Flamme des Heiligen Zorns. Die Stille – nur durchbrochen von dem Geräusch der flackernden Flamme und dem gleichmäßigen Atem – war vollkommen in dieser Nacht. Niemand wagte es den Weibel zu stören, niemand wagte es ihm zu helfen, denn dieser Weg war ihm alleine bestimmt.
Gedanken einer Kriegerin
Erst als sie in ihrer Kammer war, gestattete Aischa sich einen leisen Seufzer und setzte sich schwer auf ihre Bettstatt. Das würde nicht einfach werden. Wenn es stimmte, was der Baron behauptet hatte, dann war seine ehemalige Gemahlin eine ernstzunehmende Gegnerin. Hoffentlich stellten sich die schlimmsten Befürchtungen als unwahr heraus. Ein weltlicher Gegner, der sich zum Räuberbaron aufschwang und so die Gegend unsicher machte, auszuschalten, war eine Sache. Aber es gab noch zu viele Unsicherheiten in dieser Gleichung. Wer waren die Verbündeten Simionas? Wie mächtig war dieser Magier, der sich ihr angeschlossen hatte? Fragen über Fragen. Waren die Vorwürfe begründet oder sollten sie ein Spielball des Adels werden?
Mit steifen Gliedern befreite Aischa sich aus ihrer Reisegewandung, die sie noch nicht hatte ablegen können. Ein flaues Gefühl im Magen machte sie darauf aufmerksam, dass sie seit heute morgen nichts gegessen hatte. Also beschloss sie, erst etwas zu essen und dann die Vorbereitungen für den morgigen Tag zu treffen.
Auf dem Weg zur Offiziersmesse begegnete sie Phelian Winterkalt. Respektvoll grüßte sie ihren Ordensbruder und sprach ihn an: „Habt Ihr eigentlich schon eine Entscheidung getroffen, wer mich begleiten soll?“ Auch wenn ihr Status als persönliche Leibwächterin des Großmeisters sie etwas von den anderen Ordenskriegern unterschied, so wollte Aischa bewusst nicht den Eindruck erwecken, dass sie diese Situation auszunutzen gedachte.
Der Wächter nickte knapp. „Ja, Seanna Maraghain wird Euch zur Seite stehen. Sie befindet sich zurzeit in Gareth, doch ich habe soeben einen Boten zu ihr entsendet, auf dass sie sich vorbereiten soll. Sie ist eine fähige und loyale Kriegerin, auf die Ihr euch verlassen könnt. Seit dem Jahr des Feuers vertritt sie mit nur wenig Mitteln und wenig Unterstützung unsere Sache in Gareth.“
Aischa nickte und ließ sich noch nähere Informationen über die Frau sowie den Ort, an dem sie sie finden würde geben.
Dann fuhr Phelian fort: „Ich habe für morgen, direkt nach der Zeremonie eine Besprechung angeordnet, an denen alle an diesem Einsatz beteiligten Ritter teilnehmen werden. Ich möchte Euch bitten ebenfalls zu erscheinen. Ich persönlich denke immer noch, dass Seine Hochgeboren irrt und die Anschuldigung übertrieben ist. Entweder durch eine enttäuschte Liebe oder ganz banal durch falsche Informationen. Dennoch möchte ich über diesen Vorfall alle Fakten vorliegen haben, bevor wir uns ggf. für eine falsche Vorgehensweise entscheiden.“
„Da kann ich Euch nur zustimmen. Es ist besser, einmal zu viel gefragt zu haben als einmal zu wenig.“ entgegnete Aischa.