Geschichten:Gallsteinhund, willst Du ewig leben?

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Ein Glucksen ertönte.

Ein Geräusch, nicht wirklich als ein Laut der Verständigung zu erkennen und doch kam es augenscheinlich von einem menschlichen Wesen, denn ein solches musste der Knabe dort in der Ecke wohl sein.

Er hatte seine Beine an die Brust gezogen, sich dicht in eben jene Ecke des Raumes gedrückt und während seine Arme scheinbar die Beine an den Körper drücken mussten, wiegte er diesen leicht nach vorn, dann wieder zurück, bis sein Kopf mit einem dumpfen Pochen an die Lehmwand schlug. Wieder drang jenes Glucksen aus dem Mund, begleitet von einem Faden zähen Schleimes, der sich träge aus dem linken Mundwinkel löste um seinen Weg hinab auf das helle Leinenhemd zu finden, wo seine Vorgänger schon einen dunklen Fleck hinterlassen hatten.

Unablässig rollten die Augen in ihren Höhlen umher, so als würde ihr Besitzer versuchen eine lästige Fliege mit seinem Blick zu verfolgen, nur das sich in diesem Raum, ausser dem Jungen, gerade einmal noch ein weiteres lebendiges Wesen befand, welches sicher nicht mit einer Fliege verwechselt hätte werden können. Beorngard von Welgfelis betrachtete den Knaben seit gut zwei Stunden. Er hatte sich während dieser Zeit kaum bewegt und dies obwohl sein Hintern ihm anzeigte, dass jener Hocker, auf den er sein Gewicht niedergelasen hatte, ganz sicher nicht geeignet dafür war so lange ohne jede Bewegung darauf zu verharren. Ein Seufzen löste sich aus seiner breiten Brust. Ein Ton voll Trauer und Mitleid, sofort jedoch gefolgt von einem unwilligen Schnauben, hatte der alte Ritter sich doch gerade gehen lassen.

Der Knabe hörte sofort mit seinen Bewegungen auf. Die Augen, welche gerade noch ziellos gewesen waren, richteten sich mit einem Ruck auf die Gestalt des Ritters von Welgfelis aus und wo eben noch ein Ausdruck der weltvergessenden Freude in jenem runden Gesicht zu finden gewesen war, zog nun von der in Falten gelegten Stirn her Sorge auf jene Gesichtszüge hernieder. "Nicht Traurig. Nicht traurig. Nicht traurig." Eine Stimme, die so klang, als würde ihr Besitzer noch nicht gewöhnt sein mit menschlicher Sprache zu arbeiten. Ein wenig mehr wie das vorherige Glucksen, doch eben kaum ein wenig mehr.

Beorngard erhob sich. Ein deutlichen Knacksen kam zuerst aus der Gegend seines Kreuzes, dann kam ein solches Geräusch vom rechten Knie, woraufhin sich das linke Knie sofort bemühte ein ebenso klingenden Ton von sich zu geben.

"Ich bin nicht traurig, Waske. Beruhig Dich, mein Junge. Alles ist gut."

Der Angesprochene legte den Kopf schief und ein Ausdruck des Unglaubens stahl sich in seine Augen. Die Worte hatte er verstanden, sie vielleicht nicht in ihrer Vollständigkeit begriffen, doch hatte er die Lüge dahinter erkannt und Beorngard wusste es. "Ja Waske, ich bin traurig, aber Du kannst nichts dafür."

Diesmal waren die Worte mit dem richtigen Inhalt gefüllt und sofort kam wieder das Lächeln zurück, jenes Lächeln eines Knaben, dessen Geist nicht beschwert wurde durch die Geschehnisse dieser Welt. Seine Augen nahmen ihre endlose Reise wieder auf, doch diesmal verharrten sie in unregelmäißgen Abständen um zu erkunden ob Beorngard noch da war und erst nachdem die Augen dies an den benebelten Verstand gemeldet hatten, konnte sich der Junge wieder darauf konzentrieren die Verfolgung jenes Objektes aufzunehmen, welches nur für ihn vorhanden war. Schließlich aber, gab es keine Störungen jener Beschäftigung mehr und nach einer weiteren Stunde des Wartens, drehte sich Beorngard um, schob den schweren Riegel beiseite, öffnete die Tür aus massiven Eisen und verließ den Raum, der nichts anderes war, als das Gefängnis einer Kreatur, die doch nur ein Mensch hatte werden sollen.

Mit Sorgfalt schloss Beorngard jenen Knaben wieder ein, verbarg ihn wieder gndig vor der Welt und doch würde er ihn noch brauchen, denn mochte Waske auch keinen wirklich klaren Verstand haben, so hatte er seine Vorteile. So war Waske ein begnadeter Schütze mit dem Bogen, ein guter Jäger, der noch nie gefehlt hatte. Sicher, eines seiner Jagdopfer war die Magd Gerlinde gewesen und es war eine rechte Schwierigkeit für Beorngard gewesen eine vernünftige Erklärung für ihr Verschwinden zu erfinden, aber er hatte es Waske nie Übel genommen, gab es doch kein Unrecht in dem Kopf des Jungen.

Nun war es an der Zeit das Waske tatsächlich Jagd machen sollte auf einen Menschen, auch wenn dieser jene Bezeichnung noch weniger verdiente, als der Knabe in seinem Gefängnis. "Ein Hund weniger, nicht wahr, mein Lehnsherr? Zu lange schon ... Viel zu lange. Wie lange willst du noch leben?" Ein trockens, freudloses Lachen entrang sich seiner Kehle und der alte Ritter machte sich auf seinen Weg.

Die Augen des Knaben blieben auf die Tür fixiert. Er würde warten. Er würde da sein, wenn sein guter Herr ihn brauchen würde. Er würde warten...


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