Geschichten:Blutige Spuren - Auf Fuchspfaden

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Im Phextempel zu Uslenried

Durchnässt verließen die sechs Geweihten den geheimen Gang und betraten die unterirdische Tempelhalle des nächtlichen Gottes. Auf dem Weg aus der Burg heraus hatten sie kein Wort gesprochen und sich stattdessen bemüht, so schnell wie möglich im Tempel unterzutauchen. Sinya und Yassia hatten ihren Begleitern vor dem Verlassen des Fluchttunnls aus der Burg abermals die Augen verbunden, um den geheimen Einstieg zu wahren und dieses Stück des Weges hatte sei schon genug Zeit gekostet. Umso froher waren sie nun, wieder im Trockenen zu sitzen.

»Puh«, stöhnte Jalika, »Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht.« Die junge Geweihte wischte sich eine nasse Strähne ihres blonden Haares aus dem Gesicht.

»In was für eene Sache biste da bloß reengeschlittert«, setzte Tsafried hinzu.

Sinya zuckte mit den Schultern. Sie konnte es selbst noch kaum glauben, was sich zuvor in der Hohen Halle von Burg Greifenklaue zugetragen hatte. Es war hinlänglich bekannt, dass ihr ältester Bruder Adram seinerzeit zu den Schwarzen Horden des Dämonenmeisters übergelaufen war, doch ihre Schwestern waren treue Diene des Reiches. Silvana war gar Hohe Richterin zu Rommilys und seit dem unsäglichen Mord an ihrer Mutter Alruna Nella Baronin der immer noch besetzten Aschenfelder Lande, die mittlere, war Obristin im Reichsheer. Und nun kam dieser Hauptmann an und gab ihr und Cern die Schuld am Tod der Mutter? Sie verstand es nicht.

Derweil hatte ein Novize ein paar trockene Tücher und Roben herangebracht, so dass die sechs aus den nassen Kleider schlüpfen konnten. Danach versammelten sie sich in der Stube des Vogtvikars. So gut sie konnte berichtete Sinya ihren Gefährten, was sich zugetragen hatte, doch niemand konnte sich einen Reim auf die Ereignisse machen. Es nutze nichts, sich den Kopf zu zerbrechen, es mussten Ergebnisse her. Doch das würde eine Weile dauern; eine Zeit, die Cern vielleicht nicht hatte. Eine Weile saßen sie schweigend da. »Ich werde nach Rommilys reisen und eigene Nachforschungen anstellen. Außerdem muss ich auf meinen Bruder aufpassen. Wer sonst sollte diese ganze Angelegenheit aufklären wenn nicht ich?« Fragend blickte Sinya in die Runde.

»Die Brieder im Tempel zu Rommilys werden schon uff Dich uffpasse«, entgegnete Tsafried, »immerhin ham se uns ja och verständigt – gerade rechtzeetig, wie ich meene.«

»Dennoch werden wir Augen und Ohren aufhalten und versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen«, ergänzte Gilian.

»Damit hast Du wohl recht« antwortete Tameus, »dann soll es so sein. Ist jemand dagegen?« Niemand hatte Einwände. »Dann lasst uns die trüben Gedanken erst einmal beiseite schieben, eine kleine Stärkung wird uns nun gut tun.« Er winkte die übrigen mit sich.

Sinya nahm Yassia beiseite. »Du wirst heute Nacht noch einmal in die Burg zurückkehren. Ich benötige noch einige Dinge für die Reise; bis zum Abend mache ich eine Liste. Und nimm Jalika mit, da kann sie noch etwas lernen.« Yassia grinste. »Das wird schon klappen, da mach Dir mal keine Sorgen!«

Im Speiseraum angekommen nahmen sie ein einfaches Mahl zu sich. Tsafried und Gilian verabschiedeten sich danach. Sie wollten sich noch etwas in der Stadt umsehen, im Dukatenmaul übernachten und schließlich am nächsten Tag nach Gareth zurückreisen. Dort würden sie sich umhören, ob es irgendetwas gab, was ihnen weiterhelfen mochte.

In der Nacht machten sich Yassia und Jalika auf in die Burg. Trotz der noch immer dort herrschenden Aufregung gelang es ihnen, Sinyas Sachen ungesehen zu entwenden – Umhang, Waffen, Siegelring und etwas Geld. Völlig untypisch für Diebe ließen sie auch etwas zurück – eine Nachricht an Wulf, die Sinya in den Abendstunden verfaßt hatte. Sie wollte, dass ihr Gemahl sie in Sicherheit wusste, wenngleich sie ihm nichts von ihrem Vorhaben schrieb, um ihn nicht unnötig zu sorgen.

Kurz nach Mitternacht waren sie zurück. Sinya schlief bereits, und auch Yassia beeilte sich, noch etwas Schlaf zu finden. Sie würde Sinya begleiten, denn zu zweit reiste es sich besser als allein, und auf dieser Mission mochte etwas Unterstützung sicherlich nicht schaden.

Als der Morgen graute, wurden sie von Tameus geweckt. »Es ist an der Zeit. Die Praiosscheibe wird sich bald erheben. Ihr müsst aufbrechen.« Schlaftrunken erhoben sich die beiden Frauen. Nach einer Katzenwäsche kleideten sie sich an. Sie wählten die Tracht reisender Handwerker, um wenig Aufsehen zu erregen.

Tameus und Jalika begleiteten sie durch den geheimen Gang bis vor die Stadt. Morgennebel lag über den Feldern – ein gutes Zeichen, Phex war mit ihnen.

Sie fielen sich zum Abschied in die Arme, und Tameus sprach einen Segen über Sinya und Yassia. Dann machten sie sich auf den Weg in Sinyas darpatische Heimat.


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