Benutzer:Robert O./Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(81 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
==Das Erbe der Pfortensteiner==
==Das Erbe der Pfortensteiner==
===Ein gut gehütetes Geheimnis...===
===Ideensammlung Fortsetzung===
''[[Handlungsort ist::Garetien:Burg Rubreth|Burg Rubreth]], 30. Efferd 1047 BF''
- Ludolf von Pfortenstein bittet seinen Onkel Rondradan darum in die Rondra-Kirche eintreten zu dürfen, um das Vermächtnis seines Vaters fortzusetzen <br>
- Rondradan verspricht es ihm, bittet ihn aber um Geduld, bis er die Erbfolge von Pfortenstein und Olbershag entsprechend geklärt hat<br>
- die Vögtin Ysinthe von Pfortenstein bekommt das Junkertum Olbershag als Lehen in Aussicht gestellt, wenn ihre Tochter als alleinige Erbin der Purgation unterzogen wird und bei Rondradan Knappin wird<br>
- Rondradan unterstützt Felian von Perainsgarten bzw. Lechmin von Rallerspfort bei der Zurückerlangung der Baronswürde von Rallerspfort, wofür er im Gegenzug wieder als Junker von Pfortenstein eingesetzt wird<br>
- Ritterin Olmerga von Pfortenstein bleibt Vögtin zu Pfortenstein, solange Rondradan Landvogt von grfl. Rubreth ist


[[Hauptdarsteller ist::Garetien:Halgor Arnwulf von Schack|Halgor]] stand am schmalen Fenster seiner Kammer. Vorsichtig schloss er die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder. Die heilende Haut zog und schmerzte zwar noch immer, doch wenigstens konnte er seine Finger wieder frei bewegen. Zumindest hatte er sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten an den Praioten rächen können. Das Feuer im Kloster war ihm eine willkommene Ausrede für seine eigenen Verletzungen gewesen und die neugierige Ritterin war er bei der Gelegenheit auch gleich losgeworden. Bei seinem Bericht an Landvogt Rondradan hatte er natürlich größtes Bedauern und Trauer vorgespielt und war für ein paar Tage von seinem Dienst freigstellt worden. Nun galt es zu überlegen, wie er diese Zeit ohne störende Pflichten bestmöglich nutzen konnte. Unvermittelt hörte er ein leises Klopfen an seiner Kammertür. Vorsichtig ging er durch das Zimmer, schob den Riegel beiseite und öffnete die Tür einen Spalt breit, eine Hand lag zur Sicherheit bereits am Schwertknauf. Zu seiner Überraschung sah er jedoch nur die junge Zofe [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Argande von Scheupelburg|Argande]] im Flur stehen.
==Erweiterte Wegelagerei==
===Kapitel 1===
Wulfhelm und Gerion waren den zwei Kressenburger Ochsenkarren einiges voraus, während Ingmar die Nachhut übernommen hatte. Die Greifenfurter erwarteten nicht wirklich hier im ritterlichen Herzen des Reiches auf Probleme zu stoßen, aber ihre wertvolle Fracht aus verhütteten Metallen für die Luringer Spiegelmacherzunft ließ sie vorsichtig bleiben. Das sollte sich bald unerwartet zu ihrem Vorteil erweisen.


"Ritter von Schack?" Er hörte, dass ihre Stimme leicht zitterte. "Würdet Ihr mir wohl erlauben einzutreten?"
Gerade erst hatten die Ritter den Grenzstein zwischen den Baronien Rallerspfort und Randersburg hinter sich gelassen. An dieser Stelle zog sich ein Ausläufer des Reichsforstes bis fast an die Handelsstraße heran und verbarg den weiteren Verlauf des Weges. Hinter einer Wegbiegung bot sich ihnen plötzlich ein überraschendes Bild. Ein Handelskarren hielt nur wenige Dutzend Schritte vor ihnen mitten auf dem Weg, umringt von einer Gruppe bewaffneter, recht verlumpt daherkommender Gestalten. Eine mit einem Schwert bewaffnete Person in leichtem Lederzeug hatte sich direkt vor dem Ochsengespann aufgebaut, um ihm den Weg zu versperren. Drei Gestalten waren gerade dabei die Säcke auf der Ladefläche zu durchwühlen. Der Kutscher hatte indes abwehrend die Hände gehoben, während er offensichtlich von einer verwegen dreinschauenden Frau mit einer leichten Armbrust bedroht wurde. Ein großer grobschlächtiger Mann der schräg hinter dem Wagen stand, erblickte die Neuankömmlinge fast sofort und rief seinen Spießgesellen eine laute Warnung zu.


Halgor spähte noch einmal vorsichtig den Gang hinunter, doch schien tatsächlich niemand weiter in der Nähe zu sein.
Fast gleichzeitig reagierte die überraschte Räuberbande. Die leichte gerüstete Person dreht sich nur kurz um, wobei sie für die Greifenfurter als Frau mittleren Alters erkennbar wurde, und wandte sich augenblicklich zur Flucht in den nahen Wald. Die Räuberin mit der Armbrust gab aus der Drehung einen ungezielten Schuss in Richtung der Ritter ab und folgte, ohne sich weiter umzublicken. Ein bärtiger Geselle mit einem Jagdbogen stob hinter dem Wagen hervor in die entgegengesetzte Richtung davon und schlug sich in die Büsche, gefolgt von dem Hünen, der den Warnruf ausgestoßen hatte. Auch die drei Plünderer auf dem Wagen gaben Fersengeld. Der letzte jedoch blieb mit dem Fuß an der Karrenwand hängen, stürzte kopfüber auf den Pfad und blieb regungslos liegen.


"Wie Ihr wünscht, edle Dame." Er öffnete die Tür weit genug, dass die Zofe eintreten konnte und schloss sie gleich wieder hinter ihr. Dann drehte er sich zu ihr um. Er erkannte, dass sie offensichtlich geweint hatte. "Wollt Ihr Euch vielleicht setzen?" Höflich bot er den Schemel an seinem kleinen Tisch an, der einzigen Sitzgelegenheit in seiner Kammer.
Wulfhelm und Gerion hatten indes ihren Pferden die Sporen gegeben und zogen beim Anritt mit geübten Griffen die Schwerter blank. So schnell sie auch waren, konnten sie doch nicht mehr verhindern, dass sich der Rest der Bande ins Unterholz absetzte. Am Handelskarren angekommen sprang Gerion behände aus dem Sattel, um den am Boden liegenden Räuber keine Gelegenheit zur Flucht zu geben, während der Keilholtzer wachsam in Richtung des Waldes sicherte.


"Sehr freundlich, vielen Dank." Sie nahm Platz und zog sodann ein besticktes Seidentüchlein aus dem langen Ärmel ihres hochgeschlossenen Kleides. Vorsichtig tupfte sie sich die Augen, bevor sie wieder aufsah. "Bitte entschuldigt meinen Gemütszustand. Ich bin mir sicher, auch wenn Ihr nach außen kaum eine Regung zeigt, dass auch Euch der Tod der guten [[Briefspieltext mit::Garetien:Prishya vom Berg|Prishya]] zu Herzen geht. Ihr bräuchtet Euch deswegen nicht zu schämen, wenn Ihr Eure Gefühle einmal zeigtet."
„Schade, aus diesem hier werden wir nichts mehr rausbekommen.“ Der Sturmfelser entspannte sich und blickte nun auch in Richtung Unterholz, während er mit seinem ehemaligen Schwertvaters sprach. „Der hat sich beim Sturz den Hals gebrochen.


"Glaubt mir, werte Argande", sprach Halgor bedächtig und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, "würde ich meine Gefühle offenbaren, so würdet Ihr mich nicht wiederzuerkennen glauben."
„So ein Pech aber auch“, kommentierte der Wildermarkveteran lakonisch. „Dabei hätte ich zu gerne erfahren, wo sich der Bau dieses Gesindels befindet.“ Er wartete noch ein paar Augenblicke, um sich davon zu überzeugen, dass die übrigen Räuber tatsächlich Fersengeld gegeben hatten, und sah sich dann nach dem verängstigten Kutscher um.


"Ich wusste es." Auf dem Gesicht der Zofe bildete sich ein schmales trauriges Lächeln. Für einen Moment befiel Halgor erneut ein Zweifel, der sich bei den folgenden Worten jedoch sogleich wieder zerstreute. "Ihr seid genau wie Prishya. Sie war so sehr damit beschäftigt hart gegen sich und andere zu sein, dass sie oft vollkommen vergas sie selbst zu sein. Oder besser, die zu sein, die sie sein konnte."
„Phex sei gepriesen, Hohe Herren! Ihr kamt gerade zur rechten Zeit.“ Mit zitternden Händen kauerte er sich auf den Kutschbock und nestelte an einem Trinkschlauch, den er in der Aufregung nicht aufbekam. Gerion kam ihm zu Hilfe, schnupperte kurz daran und lächelte, als er den typischen Geruch eines Gerstengebräus wahrnahm. „Seid bedankt, Herr. Ich dachte mein letztes Stündlein hätte geschlagen!“


"Was meint Ihr damit?", fragte der junge Ritter verständnislos.
„Das haben wir ja nun erfolgreich verhindern können.“ Wulfhelm hatte sein Pferd einmal im Kreis geführt und dann neben den Karren gelenkt, um mit dem Kutscher zu sprechen. „Aber sag, kamen dir diese Gestalten irgendwie bekannt vor? Oder hat es in der Gegend früher schon einmal Überfälle gegeben? So eine Bande taucht ja nicht aus dem Nichts auf. Da sie nicht beritten waren, müssen sie eigentlich irgendwo in der Nähe einen Unterschlupf haben.


"Na, Ihr kennt... Ihr kanntet sie doch auch, so wie sie sich immer vor allen gab. Wütend, herrisch, grob." Das traurige Lächeln auf ihren Lippen wurde ein Stück weicher als sie fortfuhr. "Aber sie konnte auch ganz anders sein, wenn sie wollte und wenn man sie ließ. Sie war eine gute Freundin, wisst Ihr? Und sie hat mir so manches von Ihrem Wesen anvertraut, dass man auf den ersten und zweiten Blick bei Ihr nicht vermutet hätte." Unvermittelt blickte sie Halgor an. "Wusstet Ihr, dass sie euch sehr zugetan war? Sie hatte eine Schwäche für Euch, von dem Moment an, als Ihr im letzten Ingerimm durch das Burgtor geritten seid."
„Ich wünschte ich hätte darauf eine Antwort, Herr.“ Der Händler nahm noch einen Schluck und überlegte angestrengt. „Natürlich hört man immer wieder von Überfällen. Davor ist man auf der Straße nie gefeit. In den letzten Götterläufen hat es tatsächlich einige Karren in dieser Gegend erwischt. Mal auf dieser Route hier, mal auf der hinter Hornbach nach Waldstein. Aber es war nie so schlimm, dass sich die hohen Herrschaften in Randersburg, Camdenburg oder Rallerau groß damit beschäftigt hätten.


"Ich..." Der Schack musste sich ob der unerwarteten Wendung des Gesprächs kurz fassen und räusperte sich laut bevor er zurückhaltend anwortete. "Wir haben... auf unserer Reise darüber gesprochen."
„Was es für diejenigen die überfallen werden natürlich nicht weniger schlimm macht“, warf Gerion spitzzüngig ein.


"Das freut mich wirklich." Sie nickte kaum merklich und etwas Frieden schien auf ihr verweintes Gesicht zurückzukehren. "Es hätte mich sehr betrübt, wenn es anders gewesen wäre. Wisst Ihr, ich habe sie sehr dazu ermutigen müssen."
„Da habt Ihr vollkommen Recht, Herr“, pflichtete der Händler aus ganzen Herzen bei. „Aber sagt, was verschafft mir das Glück, dass Aves Euch just zu meiner Rettung schickte?“


"Ihr scheint Euch wirklich nahe gestanden zu haben?"
„Wir sind auf der Durchreise nach Luring.“ Wulfhelm blickte sich um und in diesem Moment erschien das erste Kressenburger Ochsengespann an der Wegbiegung. „Sind den ganzen Weg aus Greifenfurt über den Elfenpfad durch den Wald gekommen, deswegen die große Bedeckung. Sag, der nächste Ort ist doch nicht mehr weit entfernt, oder?


"Ich denke wenn man zwölf Götterläufe seines Lebens zusammen verbringt, dann lernt man sich zwangsläufig recht gut kennen." Der fragende Blick Halgors hieß sie weiterreden. "Prishya und ich sind damals fast zeitgleich auf Rubreth angekommen. Sie als Knappin von [[Briefspieltext mit::Garetien:Melina von Ehrenstein|Melina von Ehrenstein]], ich als die Pagin der Landvögtin. Zu Anfang war sie sehr gemein zu mir, Prishya natürlich, nicht Ihro Hochgeboren. Aber mit der Zeit hat sie verstanden, dass ich keine Konkurrentin um die Gunst ihrer Schwertmutter war. Das Schwert hat mir sowieso nie gelegen." Sie stieß ein fast kindliches Kichern aus, als sie kurz daran zurückdachte, wie sie einmal versucht hatte Prishyas schweren eisernen Streitkolben nur hochzuheben. "Verzeiht. Aber ja, wir sind über die Zeit gute Freundinnen geworden. Auch Ihro Hochgeboren hat uns beiden sehr vertraut, obschon die Frau von Ehrenstein genau wusste, dass Prishya eigentlich nicht gut auf Eslamsgrunder zu sprechen war." Sie gluckste ein wenig ob ihrer großzügigen Untertreibung.
„In Richtung Luring. Nein, nur etwas mehr als zwei Meilen, dann kommt ihr nach Waldenrath. Ein großer Marktflecken mit fast siebenhundert Seelen.


"Melina von Ehrenstein, die ehemalige Landvögtin? Ihr ward ihre Vertraute sagt Ihr?" Halgors Blick wurde eine Spur lauernd. Wie ein Raubtier hatte er eine Spur, eine Möglichkeit, gewittert.
„Wirklich dreist, dass diese Bande so nah an einem so großen Ort zugeschlagen hat. Die müssen sich wirklich sicher gefühlt haben.


"Oh ja, sie hat mir vieles anvertraut, worüber man in großer Gesellschaft besser schweigt", fuhr Argande eifrig fort. "Als sie in der Fehde Hals über Kopf die Burg verlassen musste, verriet sie mir sogar wo sie den Schlüssel zu ihrer privaten Schatulle versteckt hielt, weil sie ihn selber nicht mehr holen konnte und befürchten musste, dass ihre intimsten Schriftstücke Fremden in die Hände fallen würden." Unbewusst wanderte ihre Hand zu dem kleinen Seidentäschchen, dass an der Seite ihres Kleides angenähnt war. "Natürlich würde ich niemals etwas davon weitergeben, egal an wen."
„In Zukunft werden sie wohl vorsichtiger sein.“ Der Keilholtzer wandte sich an den Kutscher. „Hilf Ritter Gerion den Toten auf deinen Wagen zu legen. Auf unseren ist kein Platz. Wir nehmen ihn mit nach Waldenrath und übergeben ihn den Bütteln.


"Natürlich", beeilte Halgor sich zu sagen. "Es stünde mir auch fern derlei von euch zu verlangen. Doch entschuldigt meine Neugier, aber ist denn die ehemalige Landvögtin nie nach Rubreth zurückgekehrt, um ihren Schlüssel oder ihre Truhe zurückzufordern? Wo doch jetzt mit seiner Hochgeboren von Pfortenstein ihr Gatte das Amt inne hat, könnte sie das doch jederzeit tun."
„Natürlich Herr, das ist mir tatsächlich sehr Recht. Ich hätte heute sowieso nicht mehr allein weiterreisen wollen. Liefern wir diesen Lump ab und morgen schaue ich, dass ich einen Wagenzug finde, dem ich mich nach Rallerspfort anschließen kann.“ Eilfertig sprang er vom Kutschbock. Gemeinsam mit dem Sturmfelser war es ein Ding weniger Augenblicke den leblosen Körper des unglücklichen Räubers auf die Ladefläche zu verfrachten.


"Leider nein", sagte Argande sichtlich betrübt. "Zuerst hat diese unmögliche Fehde es verhindert, später der Hass der Leute auf alles und jeden aus Eslamsgrund. Sogar [[Briefspieltext mit::Garetien:Hal II. von Ehrenstein|ihren Sohn]] hat sie von Rubreth wegbringen und in die Obhut des [[Briefspieltext mit::Garetien:Nimmgalf von Hirschfurten|Barons von Hirschfurten]] gegeben, damit er sicher vor den Anfeindungen ist. Es wird wohl einige Zeit vergehen müssen, bis diese Wunden weit genug geschlossen wurden." Hilflos hob sie die Schultern. "Ich hätte ihr das Kästchen selbst gebracht, aber ich habe noch keine gute Gelegenheit gefunden, um eine Reise nach Halhof zu erbitten."
„Gut, dann dreh dein Gespann und unsere Wagen werden sich anschließen.“ Wulfhelm wendete sein Pferd, um den Kressenburger Karren entgegenzureiten. „Gerion, übernimm die Spitze. Ich werde Ingmar indes erklären, was hier gerade vorgefallen ist.


"Aber hat denn [[Briefspieltext mit::Garetien:Rondradan Helmar von Pfortenstein|Herr Rondradan]] nicht einfach seiner Gemahlin ihr Eigentum überbringen können?"
===Kapitel 2===
In Waldenrath erweckte der Einzug der Kressenburger nicht wenig aufsehen. Bis man am Marktplatz vor dem Wachgebäude der Stadtbüttel angekommen war, hatte sich eine beachtliche Menschentraube hinter dem Wagenzug versammelt. Der herbeieilende Weibel der Wachen war merklich irritiert ob der Vorgänge. Als er von Ritter Wulfhelm über die Umstände aufgeklärt worden war, ließ er sogleich einen Burschen in die Taverne am anderen Ende des Marktplatzes laufen, um zwei zufällig anwesenden Ritter aus Randersburg hinzuzubitten. Nach wenigen Minuten hatten auch diese sich an dem Handelskarren mit der Leiche des unglücklichen Räubers eingefunden.


"Das hätte er sicherlich, doch hat er es bisher nicht getan", antwortete die Zofe ausweichend. Das Thema war ihr sichtlich unangenehm. "Wie dem auch sei", sagte sie schnell, "es ist letztlich auch gar nicht notwendig das zu übereilen. Der Schlüssel zu den Gemächern ihrer Hochgeboren ist sicher verwahrt in der Stube der Kammerherrin und ich bewahre den Schlüssel zur Schatulle. Was auch immer Frau von Ehrenstein darin aufbewahrt, es ist so sicher als wäre es auf Rudes Schild." Aufgeregt erhob sich die junge Frau vom Schemel und machte Anstalten gehen zu wollen, doch stand der Ritter noch immer zwischen ihr und der Tür.
„Praios zum Gruße!“ Der streng dreinblickende Ritter um die vierzig blickte mit deutlichem Missfallen auf die Szenerie. „Was haben wir denn hier?“


"Natürlich, daran habe ich auch nicht gezweifelt."
„Wulfhelm von Keilholtz ist mein Name, der meiner Gefährten Ingmar von Keilholtz und Gerion von Sturmfels“, stellte Wulfhelm als der Älteste die Kressenburger vor. „Wir sind als Bedeckung für einen Handelszug aus Greifenfurt hierhergekommen. Mit wem haben wir das Vergnügen?“ Bei der Frage schaute bewusst die jüngere Ritterin an, welche sich einen halben Schritt hinter dem forschen Rittersmann gehalten hatte.


Halgor hob beschwichtigend die Hände und bemühte sich, seinen Blick auf Argandes Gesicht verweilen zu lassen. Er wartete kurz, bis sie sich wieder gefasst hatte, bevor er bedächtig fortfuhr.  
„Hagen von Rallerau, Hauptmann der Randersburger Garde!“, antwortete dieser wieder mit befehlsgewohnter Stimme. „Dies hier ist Ritterin Jeswine von Pfortenstein, ebenfalls in den Diensten des Pfalzgrafen von Randersburg. Was also ist hier vorgefallen?“, kam er ohne Umschweife auf seine vorherige frage zurück.


"Ich danke Euch, dass Ihr Euch mir geöffnet habt, Hohe Dame. Mir war zuvor nicht bewusst, was der Verlust von Ritterin Prishya für Euch bedeutet. In einer so großen Burg wie dieser ohne Freunde und Vertraute zu sein, kann sicherlich beängstigend sein." Er sah, dass Argandes Hände sich wieder entkrampften und sprach leise weiter. "Ihr meintet vorhin, etwas von Prishya auch in mir erkannt zu haben. Auch wenn ich selbst dies nicht erkennen mag, so will ich euch doch anbieten das zu sein, was sie für Euch war. Ein Freund." Er öffnete die Arme zu einer einladenden Geste. "Wenn Ihr denn wollt?"
„Wir wurden Zeugen, wie dieser Händler hier von einer Gruppe Räuber überfallen wurde. Als sie unser gewahr wurden gaben sie Fersengeld. Jener hier aber fiel unglücklich vom Wagen, den er gerade plündern wollte und brach sich das Genick.“ Der Keilholtzer stellte fest, dass sich die Pfortensteinerin im Hintergrund einen süffisanten Blick auf den Toten erlaubte.


Die junge Zofe sah Halgor einen Moment verblüfft und forschend an. Dann jedoch war sie mit zwei schnellen Schritten bei ihm und umarmte ihn mit überraschender Herzlichkeit. "Ich wusste, dass ich mich nicht in Euch getäuscht habe", sagte sie leise und glücklich, während sie ihren Kopf an seine Brust legte.
„Wohlan, ihr habt wohlgetan und ich danke euch im Namen des Pfalzgrafen für euer Einschreiten.“ Er sah sich zu den Wachsoldaten um. „Weibel, hängt diesen Leichnam in Sichtweiter der Stadt am Waldrand auf. Als Mahnung und Warnung für jene, die versucht sein sollten es seinen Taten gleichzutun.


Der Ritter strich ihr vorsichtig über den Rücken und die Seite, bevor er die Hand ruckartig zurückzog und sich laut räusperte. "Wir, äh... sollten unser Gespräch vielleicht morgen fortsetzen. Meint Ihr nicht auch?"
Die Büttel beeilten sich der Anweisung des Rallerauer Ritters nachzukommen.


"Oh ja, natürlich." Verlegen löste sich Argande und blickte beschämt zu Boden. "Bitte verzeiht meine ungestüme Art."
„Verzeiht, aber ich hielte es für sinnvoll, wenn die hohen Herren und nach Randersburg begleiten würden, um Herrn Udilbert persönlich von den Ereignissen zu berichten.“ Jeswine wandte sich von Hagen an Wulfhelm. „Die Raubüberfälle haben in den letzten Monden merklich zugenommen und ich bin mir sicher, unser Dienstherr hätte da die eine oder andere Frage, die er euch gerne persönlich stellen würde.


"Da gibt es nichts zu verzeihen. Ich weiß wie es ist ohne Freunde zu sein." Ein Anflug von Düsternis legte sich wie ein Schatten über sein Gesicht, doch beeilte sich Halgor dies zu überspielen. Er trat eilig einen Schritt zur Seite und öffnete den Riegel der Tür. Mit der Rechten hielt er Argande die Tür auf, während er die Linke wie ein Page auf dem Rücken hielt, und verabschiedete die Zofe mit einer höfischen Verbeugung.
„Da habt Ihr nicht Unrecht. Der Herr von Hardt packt die Dinge gerne selbst an.“ Hagen sah Wulfhelm fast herausfordernd an. „Wollt ihr uns also begleiten?“


"Vielen Dank, Herr Ritter." Die Scheupelburgerin machte einen leichten Knicks und schenkte ihm beim Hinausgehen ein fröhliches Lächeln. Wenn er nur gewusst hätte, wie sehr er sie gerade an ihre Kindheitsspiele mit den Geschwistern auf der heimatlichen Burg erinnert hatte.
„Gerion und ich werden Euch sehr gerne folgen. Ritter Ingmar wird jedoch beim Handelszug verbleiben und Sorge tragen, dass unsere Waren unbeschadet Luring erreichen.“ Er sah wie such der Widerspruch in Hagens Gesicht regte und fuhr fort, bevor er unterbrochen werden konnte. „Mein Vetter war bei dem Scharmützel ohnehin in der Nachhut und hat keinen der entflohenen Räuber zu Gesicht bekommen. Er könnte sowieso nur wiedergeben, was wir ihm über diese Leute erzählt haben.


Sobald die Zofe ein paar Schritte den Flur hinunter gegangen war, schloss Halgor die Tür. Er atmete einmal tief durch und besah sich dann seine linke Handfläche. Ein kleines Seidentäschchen lag darauf und als er seine Finger schloss, spürte er die Konturen eines kleinen Schlüssels darin.
„In diesem Fall macht es wirklich keinen Sinn diesen Handelszug aufzuhalten, Herr von Rallerau. Meint Ihr nicht?“ Jeswine wartete das knappe Nicken des Hauptmanns kaum ab, bevor sie sich mit einem gewinnenden Lächeln wieder an Wulfhelm richtete. „Wenn ihr zwei mit uns kommt die den Kampf ausgefochten habt, wird dies vollkommen genügen.


===...wird entdeckt===
===Kapitel 3===
''[[Handlungsort ist::Garetien:Burg Rubreth|Burg Rubreth]], 01. Travia 1047 BF''
Wulfhelm war angenehm überrascht. Der knorrige Pfalzgraf aus dem Windhag imponierte ihm mehr als er offen zugeben mochte. Er versteckte sich nicht hinter Prunk und Protz, war klar in seinen Ansagen und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Ordnung und Sicherheit in dem ihm übertragenen Lehen seine wichtigste Aufgabe waren. Die Kaiserin hätte sich kaum einen besseren Verwalter ihrer Krongüter in Randersburg wünschen können. Sicherlich wäre er als Diplomat zum Lieblichen Feld denkbar ungeeignet, aber hier wo es um ehrliche harte Arbeit und zupackendes Handeln ging, war er in seinem Element.  
 
Leise und flink ging [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Halgor Arnwulf von Schack|Halgor]] durch die nächtlichen Gänge der Burg. Dank des Geschenks seines Herrn reichte ihm das Licht der Mada, welches durch Fenster und Scharten hier und da in den Gang fiel, um sich zu orientieren. Zwar hatte er als Ritter des Hofes jedes Recht sich auf Rubreth frei zu bewegen, trotzdem hatte er auf eine Kerze verzichtet. Gar nicht aufzufallen war ihm lieber, als gesehen zu werden und sich erklären zu müssen.
 
Der erste Weg führte ihn zum verwaisten Arbeitszimmer der ehemaligen Kammerherrin. Diese war erst vor einigen Wochen zu Boron gegangen und der alte [[Briefspieltext mit::Garetien:Algon Raultreu von Roßsprunk|Roßsprunk]] hatte es bisher noch nicht geschafft sie zu ersetzen. So stand die Kammertür derzeit immer offen, damit das Gesinde an die Schlüssel für die Räume kam, die geputzt werden mussten. Der Gang und das Zimmer waren wie erwartet leer, trotzdem wartete Halgor einige Atemzüge lang, ob auch wirklich alles ruhig war, bevor er in die Schlüsselkammer schlich. Ein schneller Blick auf das vom Madalicht beschienene Brett an der Wand genügte ihm, um den gesuchten Schlüssel zu finden. So schnell und leise wie er gekommen war, verließ der Ritter den Raum und machte sich auf den Weg zu den privaten Gemächern der [[Briefspieltext mit::Garetien:Melina von Ehrenstein|ehemaligen Landvögtin]].
 
Deutlich vorsichtiger trat er nun auf den Gang an welchem die Zimmer der Herrschaften lagen. Wie er wusste ging hier des Nachts eine Wache ihre Runden. Tatsächlich brauchte er nicht lange zu warten, bis er den Schein aber abgedeckten Laterne wahrnahm. Leise verschwand Halgor im Schatten einer Mauernische hinter einem prächtigen Wandvorhang. Er hörte wie die Wache näher kam und seine Hand wanderte automatisch zum Langdolch an seiner Seite. Direkt vor dem Wandvorhang kam der Lichtschein zu einem Halt. Ein herzhaftes Gähnen war zu vernehmen, dann ein leiser Fluch über das Pech von [[Garetien:Alrik von Schilfweih|Hauptmann Schilfweih]] zur Nachtwache eingeteilt worden zu sein. Dann ging die Wachsoldatin weiter. Der Ritter wartete ab, bis der Kerzenschein verschwunden war, spähte vorsichtig hinter dem Wandvorhang hervor und als er sich sicher war wieder allein im Gang zu sein, setzte er seinen Weg fort. Jetzt galt es sich ein wenig zu eilen, bevor die Soldatin zur nächsten Runde vorbei kam.


Die richtige Tür hatte Halgor schnell wiedergefunden. So leise wie möglich steckte er den Schlüssel in das Schloss und sperrte es auf. Das metalische Klacken klang für ihn wie ein Schmiedehammer, aber die müde Wächterin am anderen Ende des Palas würde dieses Geräusch nicht wahrnehmen. Vorsichtig zog er die Tür einen Spalt weit auf, nur so viel dass er hineinschlüpfen konnte und schloss sie genauso leise wieder hinter sich. Die Angeln waren zum Glück gut genug geschmiert und hatten kaum ein Geräusch gemacht. Geschwind sah er sich im Zimmer um. Nur ein paar schmale Strahlen Madalicht drangen durch die geschlossenen Fensterläden, doch für Halgor reichte das völlig aus um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. So gelang es ihm ohne irgendwo anzustoßen zu einem der Fenster hinüber zu gehen. Er öffnete die Läden um mehr Madalicht hereinzulassen und für ihn war es, als hätte die mittägliche Praiosscheibe den Raum erhellt. Der Ritter sah ein breites Bett mit Baldachin und kunstvoll geschnitzten Bettpfosten und einen großzügigen Frisiertisch mit großem Spiegel. 'Vermutlich aus [[Ortsnennung ist::Garetien:Stadt Luring|Luring]]', dachte er kurz, denn dort saßen einige der besten Spiegelmacher des Reiches. Mehrere Kleidertruhen standen verteilt an den Wänden und in einem Erker an der Ecke stand ein Tisch mit zwei gepolsterten Lehnstühlen. Von dort musste man einen guten Blick über die Burganlage und die darunter liegende [[Ortsnennung ist::Garetien:Stadt Rubreth|Stadt Rubreth]] haben.
„Wir müssen also den Zwölfen danke, dass Ihr gerade zufällig in der Nähe wart“, fasst Udilbert die Geschichte der Greifenfurter gerade knapp zusammen. „Das gefällt mir nicht! Ich hasse es, die Dinge dem Zufall zu überlassen. Zumal uns diese immer dreister werdenden Überfälle Silber kosten, die am Ende des Götterlaufs in der Truhe der Kaiserin fehlen. Hauptmann Rallerau, warum waren Sie und Ritterin Pfortenstein nicht zur Stelle?“


Halgor wusste noch, wie der Truchsess ihn an seinem zweiten Tag herumgeführt und sich ausgiebig darüber ausgelassen hatte, dass der [[Briefspieltext mit::Garetien:Rondradan Helmar von Pfortenstein|neue Landvogt]] die schönen Räumlichkeiten seiner Gattin nicht nutzen wollte, sondern sich lieber ein einfacheres Gemach am anderen Ende des Palas hatte herrichten lassen. Dass Melina von Ehrenstein nach dem Ende der Fehde nicht an die Seite ihres Gatten zurückgekehrt war, sondern sich dem Vernehmen nach lieber immer öfter auf Turnieren in Gesellschaft des [[Briefspieltext mit::Garetien:Nimmgalf von Hirschfurten|Barons von Hirschfurten]] aufhielt, tat sein Übriges um das Gerede beim Gesinde nicht verstummen zu lassen. Der Ritter von Schack hatte dafür stehts ein offenes Ohr, immer in der Hoffnung dabei etwas zu erfahren, das er gegen den Pfortensteiner Landvogt verwenden konnte.
Der angesprochene nahm Haltung an und blickte zerknirscht drein, während er antwortete. „Wir hatten Weisung über Camden bis Waldenrath zu patrouillieren und über Hornbach zurückzukehren. Der grenznahe Straßenabschnitt nach Rallerspfort lag dieses Mal nicht in unserem vorgegebenen Aufgabenbereich.


Jetzt machte er sich aber erstmal daran das Zimmer abzusuchen. Er zweifelte nicht daran, dass [[Briefspieltext mit::Garetien:Argande von Scheupelburg|Argande]] ihm die Wahrheit gesagt hatte. Dieses arglose Geschöpf plapperte einfach zu viel, sobald man ihr ein wenig Güte zeigte. Andererseits, dachte er bei sich, könnte er sich das in Zukunft zu nutze machen. Sein Blick glitt über den Frisiertisch. Kämme, Bürsten, Schmuckdöschen, nichts Interessantes. Halgor ließ sich Zeit und stellte achtsam alles was er verschob oder anhob zurück an seinen Platz. In den Fächern und Schubkästen das gleiche Bild. Hier war die Schatulle also nicht. Als nächstes schlug er die Decke auf dem Bett beiseite und spähte unter das Gestell. Die dunkelsten Ecken, wo er trotz des Mondlichtes nichts mehr erkennen konnte, tastete er gründlich ab. Doch auch hier fand er nichts. Sorgfältig legte er die Decken und Kissen zurück und strich jede Falte glatt. Blieben noch die Wäschetruhen. Kleider, Röcke, Mieder, Schuhe, alles räumte er bis zum Boden der Kisten aus und legte es genauso wieder zurück.  
„Ich verstehe. Also schon wieder. Schon wieder!“ Wütend schlug der Pfalzgraf seine rechte Faust in die linke Handfläche. Dann erkannte er die fragenden Blicke der beiden Gäste aus Kressenburg. „Diese Bande ist raffiniert. Sie unterlaufen unsere Verteidigung, schlagen Finten, sind immer dort wo wir gerade nicht sind. Es ist zum aus der Haut fahren!“ Wie ein gefangener Berglöwe tigerte er ein paar Mal vor seinem Schreibtisch hin und her. „Es ist egal wie oft wir unsere Routen verändern, es ist egal in welchem Rhythmus wir patrouillieren oder welche meiner Ritter ich aussende. Immer schlagen sie uns, schlagen sie mir, ein Schnippchen!“
 
In der vierten Truhe wurde Halgor dann schließlich fündig. Unter einem Stapel weißer Blusen fand er eingeschlagen in einem mit dem Ehrensteiner Familienwappen bestickten Tuchbeutel ein fast unscheinbares Kästchen. Vorsichtig nahm der Ritter es heraus und ging damit zum Tisch im Turmerker. Er öffnete auch hier einen Fensterladen um Madas Licht herein zu lassen. Dann griff er nach Argandes Seidentäschchen und nahm den Schlüssel heraus. Halgor hielt vor Spannung die Luft an als er begann den Schlüssel zu drehen. Als das Schloss des Kästchen schließlich mit einem leisen Klacken aufsprang pustete er erleichtert einmal durch. Er hob den Deckel und fand zu seiner Enttäuschung nur ein einziges Schriftstück darin. Mehrere Siegel waren daran angebracht. Das von Landvogt Rondradan von Pfortenstein erkannte er sofort, ebenso wie das Ehrensteiner Wappen. Das  dritte Siegel mit dem Ochsenkopf war in dieser Kombination allerdings sehr überraschend. Was hatte das [[Akteursnennung ist::Garetien:Haus Ochs|Haus Ochs]] mit [[Akteursnennung ist::Garetien:Familie Pfortenstein|den Pfortensteinern]] und [[Akteursnennung ist::Garetien:Haus Ehrenstein|den Ehrensteinern]] zu schaffen? Da er dieses Rätsel anders sowieso nicht würde lösen können, entrollte er das Pergament, hielt es ins Mondlicht und begann zu lesen.
 
Zuerst war Halgor enttäuscht. Es handelte sich lediglich um den Ehevertrag zwischen dem Landvogt und Melina von Ehrenstein. Namensregelung, Erbabsprachen, finanzielle Zuwendungen, das Übliche was man bei einem Traviabund im Hochadel erwarten konnte. Doch dann wurden ihm vor Überraschung die Augen groß und ein zufriedenes Grinsen machte sich auf dem Lippen breit. Rondradans erstgeborener Sohn und Erbe war offensichtlich ein Kuckuckskind und wenn das Haus Ochs sich hier mit Brief und Siegel, zu geheimen Zahlungen an den [[Briefspieltext mit::Garetien:Hal von Ehrenstein|Vater Melinas]] verpflichtete, dann war vermutlich einer der ihren der Vater des Kindes. [[Akteursnennung ist::Garetien:Hal II. von Ehrenstein|Hal II. von Ehrenstein]] war ein Bastardkind zweier großer Häuser des Reiches und der damals offensichtlich hoch verschuldete Junker Rondradan das Bauernopfer um alles zu vertuschen. Das war ein Skandal!
 
Das war einfach großartig! Halgor musste sich arg zusammenreißen nicht vor Freude laut loszuschreien. Sein Herr hatte ihm pures Gold in die Hände gespült! Wenn diese Geschichte öffentlich wurde, würde die Ehre des Pfortensteiners einen gehörigen Fleck bekommen. Ganz zu Schweigen von den Problemen die er mit den beteiligten hohen Häusern bekommen dürfte, denen die Geheimhaltung der wahren Herkunft von Melinas Erstgeborenem offensichtlich eine große Menge Dukaten wert gewesen war. Und der Schack würde dafür sorgen, dass dieser Vertrag mitsamt seiner Geheimhaltungsabsprachen sehr bald sehr öffentlich sein würde. Er war noch immer ein paar Tage vom Dienst freigestellt und in Luring kannte er jemanden, der ihm diese Information förmlich aus den Händen reißen würde ohne viele Fragen zu stellen. Noch immer grinsend ließ er das Pergament vorsichtig in seinem Wams verschwinden. Dann verschloss er das nun leere Kästchen und räumte auch die letzte Wäschtruhe wieder sorgfältig ein. Nachdem auch die Fensterläden wieder zugeschoben waren und er sich versichert hatte keine offensichtlichen Spuren übersehen zu haben, verließ der Ritter die Gemächer der ehemaligen Landvögtin genauso leise wie er sie betreten hatte.
 
Es war spät geworden, als er endlich auch den zuvor entwendeten Schlüssel in das Zimmer der Kammerherrin zurückgebracht hatte. Ein Blick durch eine gen Efferd zeigende Scharte offenbarte Halgor das erste Dämmerlicht der aufgehenden Praiosscheibe und trieb ihn zur Eile. Eine letzte Sache musste er noch erledigen, bevor die Burg zum täglichen Leben erwachte.  
 
Als die Zofe Argande von Scheupelburg etwa ein Stundenglas später die Tür zu ihrer Kammer öffnete, sah sie fast sofort das kleine Seidentäschchen mit dem so kostbaren Schlüssel darin auf dem Flur liegen. Der große Kummer, den sie gerade noch verspürt hatte, wich unendlicher Erleichterung. Glücklich dankte sie den Zwölfen, hatte sie doch in der letzten Nacht im Schein einer Kerze noch lange vergeblich danach gesucht.
 
===Kapitel 3===
Die Zweigstelle Luring vom Garether und Märker Herold veröffentlicht den ihr annonym zugespielten Ehevertrag zwischen Melina von Ehrenstein und Rondradan von Pfortenstein.


„Wenn Ihr erlaubt“, begann Wulfhelm und zögerte kurz, bis ein kurzes Nicken Udilberts ihn aufforderte weiterzusprechen. „Ich habe viele Götterläufe in der Wildermark zugebracht. Ritter Gerion hier war in dieser Zeit mein Knappe. Das Aufspüren solcher Banden zählte dabei zu unseren täglichen Aufgaben bei dem schweren Versuch diesem der Gesetzlosigkeit anheimgefallenen Landstrich wieder Ordnung und Frieden zu bringen. Wir erwarten meinen Vetter erst in ein paar Wochen zurück aus Luring. Bis dahin möchten wir Euch gerne unsere Dienste anbieten und bei der Beseitigung dieses Problems behilflich sein. Erwartet bitte keine Wundertaten, aber vielleicht finden wir einen Hinweis, der bisher übersehen wurde.“


<big>'''Treumunde: Vorschlag für den Text. Bitte mit dem Halhofer absprechen:'''</big>
„Ein frischer unverstellter Blick auf ein altes Bild, hm?“ Udilbert rieb sich den Dreitagebart am Kinn. „Wohlan, wenn dies Euer Wunsch ist. Ich wäre töricht die mir so freimütig angebotene Hilfe auszuschlagen. Ihr sollt auf der Randersburg Kost und Logis erhalten, bis Ihr uns verlassen müsst. Ritter Rallerau! Kümmert Euch darum, jetzt!“ Der Hauptmann stand wieder stramm, grüßte ab und entfernte, sich ohne die Miene zu verziehen. „Ritterin Pfortenstein, ich erteile euch die Aufgabe unseren Gästen alles zu erzählen und zu erklären, was für das Aufgreifen dieser verfluchten Bande notwendig ist. Ich wünsche Resultate! Ritter Keilholtz, Ritter Sturmfels, viel Erfolg.


Jeswine, die ihren Vorgesetzten sehr gut kannte, wusste, dass sie die Schreibstube jetzt zu verlassen hatten. Sie gab den Greifenfurtern mit einem knappen Nicken zu verstehen, dass sie vorgehen sollten, und schloss am Ende hinter ihnen die Tür.„Na dann kommt mal mit. Ich hoffe euch ist klar, worauf ihr euch da eingelassen habt. Der Hardt belohnt gute Arbeit und treue Dienste immer, aber wehe, wenn ihr ihn enttäuscht.“ Mit einem freundlichen Lächeln fügte sie dann hinzu: „Ach ja, wenn wir nicht beim alten Hardt sind, könnt ihr mich gerne einfach Jeswine nennen.“


===Kapitel 4===
Ein paar Stunden später saßen die drei Ritter zusammen im Scriptorium der Randersburg. Aldemar von Radewitz, der Sekretär des Pfalzgrafen, hatte ihnen auf ihren Wunsch hin alle Schriften zusammengetragen, welche sich in den letzten zwölf Götterläufen im Zusammenhang mit Raubüberfällen angesammelt hatten. Aufgeteilt auf die Jahrgänge, ergab sich tatsächlich schnell ein Bild, welches zu den bisherigen Aussagen passte. Denn die Pergamentstapel wurden für die letzten fünf Götterläufe beständig dicker.


<big>'''Skandal: Kuckuckskind im Haus Ehrenstein'''</big><br>
„Ich denke wir können die Suche eingrenzen“, meinte Gerion in Anbetracht der vielen Schriftsstücke. Er blickte kurz zum Keilholtzer, der bestätigend brummte.


''Für den Garether und Märker Herold geschrieben von Idra Schultheiß''<br>
„Die letzten sechs Götterläufe sollten reichen.“ Aldemar trat heran und sammelte die nicht benötigten Schriften sorgsam wieder ein. „Haben wir eine Karte der Randersburger Lande?“, fragte Wulfhelm an den Radewitzer gerichtet.


Ein wahrer Skandal erschüttert das ehrwürdige Haus Ehrenstein: Es wurde bekannt, dass Rondradan von Pfortenstein nicht der Vater von Hal II. von Ehrenstein ist. Die Frage, die nun alle beschäftigt: Mit wem hatte Melina von Ehrenstein ein Schäferstündchen?
Dieser nickte. „Ich werde sie holen, wenn Ihr dies wünscht.


Diese Enthüllung hat das adelige Haus in helle Aufregung versetzt, zahlreiche Fragen aufgeworfen und wilde Spekulationen entfacht. Wer ist der wahre Vater von Hal II. von Ehrenstein?
„Ja bitte, ich kenne mich in Randersburg nicht aus und ich muss, wissen wie sich diese Meldungen auf die verschiedenen Ecken der Baronie verteilen.“ Der Sekretär ließ sie mit einem stummen Nicken allein. „Sehr gut. Jeswine, Gerion, ihr fangt mit den aktuellen Meldungen an, ich kümmere mich zuerst um die alten Sachen.
In einem überraschenden Wendepunkt der Ereignisse sind uns Auszüge einer geheimen Abmachung zugespielt worden, die vom Haus Ochs gesiegelt wurde. Was verbirgt sich hinter dieser mysteriösen Vereinbarung? Die Gerüchteküche brodelt unaufhörlich, und die Spekulationen nehmen kein Ende.


Es gibt mehrere Verdächtige, und die Wahrheit scheint tief im Verborgenen zu liegen. Einer der Verdächtigen ist Leobrecht, der traviatreue Reichsvogt, dessen Ruf für Integrität bekannt ist. Könnte er der heimliche Vater sein? Oder ist es vielleicht Wolfaran, Leobrechts Sohn, der unstete Baron zu Bärenau, dessen wilde Liebesaffären schon oft für Aufsehen gesorgt haben? Ein weiterer möglicher Kandidat ist Anaxios, der mysteriöse Magier, der für seine geheimnisvollen und oft undurchschaubaren Taten bekannt ist.
„Schon klar“, stichelte der Sturmfelser gegen seinen ehemaligen Schwertvater und pustete theatralisch durch. „Du willst nur nicht so viel lesen müssen. Aber ist wahrscheinlich besser so, sonst sitzen wir nächstes Jahr noch hier.


Diese Enthüllungen und die damit verbundenen Fragen werfen ein scharfes Licht auf das Haus Ehrenstein und seine Mitglieder. Unsere Schreiberlinge werden nicht ruhen, bis die Wahrheit ans Licht gebracht ist. Wir sind entschlossen, diesen Skandal aufzudecken und die Hintergründe zu enthüllen.
Jeswine kicherte überrascht los. „Verzeiht, Wulfhelm, ich wollte euch nicht auslachen.“ Ein wenig beschämt wegen ihrer mangelnden Selbstbeherrschung wurden ihre Wangen rot und sie schlug die Augen nieder.


Was genau hat das Haus Ochs dazu veranlasst, diese geheime Abmachung zu siegeln? Was steckt hinter dem vermeintlichen Kuckuckskind? Wer wird der neue Erbe von Olbershag sein? Bedeutet diese Enthüllung das Ende der Ehe zwischen Melina und Rondradan?
„Schon gut, der Knabe da gibt einfach gerne damit an, dass er schneller lesen kann als sein alter Lehrmeister.“ Mahnend hob er den Zeigefinger in Richtung von Gerion. „Mit dem Schwert versohle ich dir trotzdem noch jederzeit den Hosenboden, Jüngelchen.“


Bleiben Sie beim Garether und Märker Herold, um die neuesten Entwicklungen und Enthüllungen zu diesem skandalösen Fall zu erfahren. Unsere Berichterstattung wird Ihnen die Fäden dieser Intrige entwirren und die Geheimnisse offenbaren, die hinter den prachtvollen Fassaden des Adels verborgen liegen.
„Friede, Wulfhelm, Friede“, grinste dieser und hob abwehrend die Hände. „Lass uns anfangen.


'''Für weitere Nachrichten, Analysen und Berichte: Bleiben Sie beim Garether und Märker Herold!'''
„Sehr gut“, meinte die Pfortensteinerin, die sich wieder gefangen hatte. „Bis Herr von Radewitz mit der Karte zurück ist, fragt mich sonst einfach, wenn euch nicht klar ist, welcher Ort zu welchem Lehen gehört.“


===Kapitel 4 / Noch ein Enkel===
Der Keilholtzer nahm das erste Schriftstück in die Hand und überflog es. „Ich habe da gleich was. Wo liegt dieses Bronau?“


Leobrecht und Wolfaran saßen gemeinsam im eleganten Salon von Schloss Rossgarten, als plötzlich eine Zeitung energisch auf den Tisch zwischen ihnen geknallt wurde. „Habe ich einen Stiefsohn oder einen Enkel?“ fragte Korhilda scharf, während sie mit verschränkten Armen vor ihnen stand. Ihre Blicke wanderten abwechselnd von ihrem Mann Leobrecht zu ihrem Sohn Wolfaran.
Nach ein paar Minuten gesellte sich Aldemar von Radewitz wieder zu ihnen und brachte die gewünschte Karte. Sie breiteten diese auf dem großen Eichentisch vor sich aus und begannen die Meldungen grob zuzuordnen. Als alle Pergamente verteilt waren ergab sich ihnen ein recht klares Bild.


Der Reichsvogt griff nach dem Garether und Märker Herold, schlug ihn auf und überflog die Zeilen. „Oha,“ murmelte er schließlich.
„Das hier ist die Reichsstraße, richtig?“, vergewisserte sich Wulfhelm und deutete auf die dicke Linie, welche die Randersburger Land von Ost nach West in eine nödliche und eine südliche Hälfte teilte.


„Was heißt hier ‚Oha‘?konterte seine Frau schnippisch. „Also noch einmal meine Frage: Habe ich einen Stiefsohn oder einen Enkel?“
„Genau“, bestätigte Jeswine. „Hier sind dann die Randersburg, Hornbach, Nuzell, Ettingen, Trullenheim und Waldenrath.Erklärend deutete sie auf die größeren Ortschaften der pfalzgräflichen Lande.


Leobrecht sah sie an und versuchte die Situation aufzuheitern. „Hilda, Liebes, hast du Anaxios nicht in Betracht gezogen?Seine Bemühung, die Stimmung zu heben, wurde von einem versteckten Klaps seines Sohnes unter dem Tisch und einem begleitenden Kopfschütteln quittiert.
„Auf der Reichsstraße haben wir erwartungsgemäß fast gar nichts.“, warf Gerion ein. „Aber wir haben eine massive Häufung firunwärts.


„Leobrecht, das ist nicht witzig,“ zischte seine Frau.
„Das ist das Grenzgebiet nach Waldstein.“, erklärte die Hausritterin. „Die Familie Rallerau wacht seit Generationen über die einzige Handelsstraße über die Raller. Aber auf der Hälfte der Strecke liegt die Grafschaftsgrenze irgendwo mitten im Wald. Auch der Handelweg von Hornbach nach Rallerspfort, die Straße, auf der ihr auf die Räuber gestoßen seid, liegt meistenteils zu beiden Seiten von dichtem Wald gesäumt.


„Doch, Hilda,“ entgegnete er, „du beschuldigst mich, wirklich und wahrhaftig mich, dass ich mit einer anderen Person ein Kind gezeugt haben könnte. Liebes.“
„Ich verstehe. Ein großes unübersichtliches Gebiet, aber nicht genug Leute, um alles sinnvoll mit Patrouillen abzudecken.Wulfhelm strich sich nachdenklich durch seinen schwarzen Vollbart. „Ich denke wir können die Meldungen aus dem praioswärtigen Teil abräumen, Herr von Radewitz.“ Adelmar nickte stumm und tat wie ihm geheißen. „Lasst uns diese Schriften hier noch einmal genauer durchsehen, ob wir es weiter eingrenzen können.“


Korhilda atmete schwer durch und setzte an, um zu kontern, doch ihr Sohn fiel ihr ins Wort. „Ich war's. Meine Schuld. Und irgendwie witzig ist es schon… Papa schaut doch keine andere Frau an, außer dir.“
„Was mir direkt auffällt, das sind fast alles neuere Meldungen.“ Gerion deutete auf das Datum des ersten Schreibens, welches er in der Hand hielt. „Das ganze alte Zeug, was du hattest, war gut verteilt, aber jetzt häuft es sich im Norden.“


Korhildas zickiger Ausdruck wich einem freudigen Lächeln, auch wenn sie geschickt den letzten Satz ihres Sohnes ignorierte. „Oh, ein Enkel. Warum sagt ihr mir so etwas nicht?fragte sie.
Jeswine war schon einen Schritt weiter. Sie überflog schnell alle Schreiben nach dem Ort der Meldung und hatte bald drei große und ein paar kleinere Stapel geschichtet. „Hornbach, Waldenrath, Rallerau.“ Sie tippte die Orte auf der Karte an. „In diesem Dreieck haben wir die meisten Meldungen.“


„Mutter,“ begann Wolfaran zu erklären, „es war das Beste für den Jungen. Es war ein einmaliges Stelldichein zwischen mir und Melina. Ich hatte zu der Zeit Tsas Segen empfangen um für Kinderreichtum im Haus Ochs zu sorgen ... und ... was soll ich sagen, es ist passiert. Wir waren der Meinung, dass er als Ehrenstein ein besseres Leben hat, als als Ochsenfeld.“
Wulfhelm nickte anerkennend. „Sehr gut! Wir wissen also, wo diese Bande operiert. Jetzt müssen wir überlegen, wie sie es anstellen auf diesem recht begrenzten Gebiet nie erwischt zu werden.“


Korhilda wiederholte sich. „Oh, ein Enkel, noch einer, wie schön. Ich hätte…“
„Tja, dann werden wir uns die Berichte wohl sehr gründlich durchlesen müssen.“ Der Sturmfelser seufzte gequält.


Leobrecht vollendete den Satz für sie: „Ich hätte mich um ihn gekümmert und ihn lieb gehabt… Das wolltest du sagen, oder?“
„Wenn Ihr wünscht, bin ich dabei gerne behilflich“, meldete sich der Sekretär zu Wort, der gerade damit fertig geworden war die zuletzt aussortierten Schriftrollen wegzuräumen.


Korhilda setzte sich neben ihren Gatten, der zärtlich ihre Hand nahm. „Ja, das wollte ich sagen, und ja, ich verstehe, es wäre nicht gut gewesen für den Kleinen. Aber jetzt…“
„Aber gerne doch!“ Der Keilholtzer machte eine einladende Handbewegung und deutete auf einen freien Schemel am Tisch. „Achtet auf alles, was gehäuft vorkommt. Irgendein Muster müssen wir finden.


Leobrecht hielt ihre Hand fest. „Jetzt werden wir zu deinem Bundesbruder reisen und unseren Enkel willkommen heißen. Jetzt ist die Nachricht verbreitet, obwohl sie hätte unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit begraben sein sollen. Aber das ist ein anderes Thema.
Über ein Stundenglas verging. Das Rascheln von Pergament und das gelegentliche Räuspern eines der Ritter waren fast die einzigen Geräusche in der Schreibstube. Der Radewitzer war mit seinem Stapel als Erster fertig geworden, obgleich es der höchste gewesen war, und blickte erwartungsvoll in die Runde, der noch immer angespannt lesenden Ritter.


„Wolfaran, begleitest du uns?“ Korhilda schaute zu ihrem Sohn, der seinen Kopf schüttelte. „Erst werde ich zu Iralda reisen, dann zu Melina und dem Jungen. Sie bedeutet mir nichts, aber der Junge stammt aus der Frucht meiner Lenden, da werde ich Verantwortung übernehmen.“
„Ich denke ich habe etwas gefunden“, sagte Adelmar ruhig. Sofort hatte er die Aufmerksamkeit der anderen. Wulfhelm schien dabei fast erleichtert zu sein, den Blick vom Pergament nehmen zu können. „Diese Schreiben hier sind alle von der Stadtwache in Hornbach gezeichnet. Aber offenbar wollte keiner der geschädigten Händler nach Hornbach. Die Überfälle erfolgten sämtlich, nachdem sie Hornbach gen Waldstein oder Rallerspfort verlassen hatten. Interessanterweise wurden zumeist recht wertvolle Transporte überfallen, da ist kaum ein Raubzug dabei, der das Risiko nicht wert war. Außerdem“, ergänzte er, „soweit es in den Berichten vermerkt ist, kamen die Überfallenen zuvor über die Angbarer Reichsstraße, zumeist aus der Reichsstadt Hirschfurt.“


===Kapitel 5 - Fliegende Fäuste===
Gerion blätterte schnell durch die Schreiben der Büttel aus Waldenrath, welche er vor sich liegen hatte. „Passt auffallend“, bestätigte er knapp „Die wollten alle nach Rallerspfort und kamen aus Hornbach.“


Auf Burg Trollhammer, der stolzen Festung des Barons Nimmgalf von Hirschfurten, herrschte reges Treiben. Zwischen den harten Steinwänden und den historischen Hallen lernte der Knappe Hal von Ehrenstein die Künste des Schwertkampfes und der Ritterlichkeit. Doch an diesem Tag sollte sich sein Leben für immer verändern.
Jeswine und Wulfhelm, die den Stoß der Schreiben aus Rallerau gelesen hatten, sahen sich überrascht an. „Verblüffend“, meinte die Ritterin. „Mir ist auch kein Vorfall untergekommen, wo ein Händler aus Waldstein kommend überfallen wurde. Dir Wulfhelm?“


Hal saß in der großen Halle der Burg und überflog einen neuen Zeitungsartikel des Garether und Märker Herolds, den er gerade erst in die Hände bekommen hatte. Die Schlagzeilen brannten sich in seine Augen: „Skandal im Haus Ehrenstein: Wer ist der wahre Vater von Hal II. von Ehrenstein?“ Mit einem Schlag riss ihm Dere den Boden unter den Füßen weg.
Der Greifenfurter schüttelte nur nachdenklich den Kopf. Sein Finger wanderte über die eingezeichnete Reichsstraße auf der Landkarte und blieb auf Hornbach liegen.
Er las weiter: „War es Leobrecht von Ochs, das greise Oberhaupt des Hauses Ochs? Oder vielleicht sein Sohn, Wolfaran von Ochs? Oder gar der mysteriöse Magier Anaxios von Ochs?“


Hals Kopf schwirrte vor Fragen und Verwirrung. All die Jahre hatte er geglaubt, Rondradan von Pfortenstein sei sein Vater. Die Wahrheit fühlte sich wie ein scharfes Messer an, das ihm ins Herz gestochen wurde. Wer war er nun?
„Sie haben einen Informanten. Wenn nicht in Hornbach selbst, dann irgendwo entlang der Reichsstraße. Außerdem vermute ich schon die ganze Zeit einen Maulwurf hier auf der Randersburg, sonst hätten sie in all den Götterläufen längst einmal erwischt werden müssen.“ Er sah den anderen dreien nacheinander in die Augen als er fortfuhr. „Wir können dieser Bande eine Falle stellen, aber außer uns darf nur der Pfalzgraf von diesem Plan erfahren.


Getrieben von Wut und Verzweiflung suchte er nach einer Antwort und stieß dabei auf Trisdhan von Ochs, seinen Knappen-Kameraden. Trisdhan war dabei, mit dem Schwert zu trainieren, als Hal auf ihn zuraste. „Ich hasse euch Ochsen!schrie er.
Adelmar lächelte hintersinnig. „Ich danke Euch für euer Vertrauen Ritter Wulfhelm. Ihr kennt mich kaum und wollt mich doch mit einbinden.“


„Du bist nicht mein Bruder!“ rief Trisdhan aufwiegend - zu ihm hatte sich der Artikel schon herumgesprochen - als er Hals zorniges Gesicht sah.
„Wärt Ihr die undichte Stelle, hättet Ihr uns kaum auf diese Fährte gebracht. Und falls es nicht klappt, seid Ihr danach mein Hauptverdächtiger“, fügte er knurrig hinzu. „Also folgendermaßen, als Erstes brauchen wir zwei einfach Reitpferde, die uns nach Luring bringen…“


„Vielleicht nicht, aber vielleicht doch!“ brüllte Hal zurück. „Dieser Artikel sagt, dein Vater könnte auch meiner sein!“
===Kapitel 5===
Zwischen Tirolspappeln und Steintal, Grenze zur Baronie Waldfang


Die Anspannung zwischen den beiden Jungen eskalierte schnell. Beleidigungen flogen hin und her.
„Vergiss nicht Ingmar, wenn wir gleich in Steintal einkehren, sind wir Helme und Noreg. Du hast das Kommando und du denkst daran, dich mit dem Namen deiner Frau zu schmücken.


„Du bist ein Lügner und ein Bastard!schrie Trisdhan. „Mein Vater würde niemals so etwas tun, vor allem mit Deiner Mutter nicht!
„Glaubst du wirklich, dass dieser Aufwand notwendig ist?Der Greifenfurter Ritter trug einen Wappenrock mit den ungewohnten Farben der Familie Kesselstein. „Das ist schon sehr phexisch für meinen Geschmack. Zumal ihr euren Stand verleugnet.“


„Ach ja? Und was ist mit deiner Mutter? Vielleicht bist du ja gar nicht ihr Sohn.“ konterte Hal, seine Stimme vor Wut zitternd.
„Wir müssen diese Bande nun einmal täuschen, vor allem ihren Informanten. Deswegen bleiben wir bis Waldenrath zwei einfach Fuhrknechte. Wenn unsere Wagen zu schwer bewacht erscheinen, lassen sie uns womöglich passieren, egal wie teuer unsere Waren sind.“ Belehrend hob Wulfhelm den Zeigefinger. „Das darf nicht passieren. Wir wissen nicht, wo sich ihr Versteck befindet, also müssen wir sie dazu bringen uns anzugreifen.“


„Nimm das zurück, du elender Wicht!“ fauchte Trisdhan und stürzte sich auf Hal.
„Aber dieser Umweg ist riesig! Wir machen fast eine Rundreise durch die ganze Grafschaft.


Die ersten Fäuste flogen durch die Luft. Sie prügelten sich, wild und ungezügelt, ihre Schreie hallten durch die Gänge der Burg.
„Wir müssen nun einmal über Hirschfurt und die Reichsstraße nach Hornbach kommen“, warf Gerion ein. „Wir dürfen nicht riskieren dem Informanten versehentlich durch die Lappen zu gehen.


„Hört auf, sofort!“ schrie eine Stimme. Es war der Baron Nimmgalf von Hirschfurten, der von dem Tumult alarmiert worden war. Er trat zwischen die beiden Jungen, trennte sie und zwang sie, zur Ruhe zu kommen.
„Genau. Wir mögen drei Tage verloren haben, weil wir über die Luringer Höhen und durch Schwarztannen gereist sind. Aber da wir nicht wissen, wo genau der Informant auf dieser Strecke lauert, müssen wir nun einmal den ganzen Weg gehen.


„Was soll das bedeuten?fragte der Baron streng, während er die zerschlagenen Gesichter der Knappen betrachtete.
„Mir gefällt es trotzdem nicht, euch das gefährlichste Stück allein reisen zu lassen.Ingmars Miene verriet deutlich, wie unglücklich er mit dieser Anweisung Wulfhelms war. „Ich komme mir vor wie ein Verräter.


„Ich… ich weiß nicht, wer mein Vater ist,“ stammelte Hal, während die Tränen in seinen Augen brannten. „Dieser Artikel sagt, dass Rondradan von Pfortenstein nicht mein Vater ist, und dass es einer aus dem Haus Ochs sein könnte.“ Er wedelte mit dem Garether und Märker Herold herum.
„Wie gesagt, wir dürfen auf keinen Fall zu wehrhaft erscheinen. Vier Fuhrknechte für die zwei schweren Wagen brauchen wir nun einmal. Aber die Bande hat nur etwa ein halbes Dutzend Leute. Hätten sie deutlich mehr, wären sie nicht Hals über Kopf geflohen und hätten sich gegen Gerion und mich zur Wehr gesetzt. Deswegen musst du uns in Hornbach verlassen und über Randersburg gen Firun reiten. Mit sechs oder sieben dieser verlumpten Gesellen kommen wir schon zurecht. Zumal unsere beiden Kutscher ab Hornbach jeder ihre Armbrust versteckt bereit haben werden. Die Räuber hier haben einfach nicht den Kampfeswillen wie die Wildermärker“, fügte er mit verächtlichem Ton hinzu.


Der Baron seufzte tief und legte eine Hand auf Hal's Schulter. „Manchmal, Junge, ist die Wahrheit schwerer zu ertragen als das Schwert. Aber wir werden es herausfinden. Bis dahin musst du lernen, mit deinen Emotionen umzugehen. Das ist auch Teil des Ritterseins. Und gleiches gilt für Dich Trisdhan. Ihr könnt doch nicht die Fäuste erheben, weil ein Schmierfink etwas abdruckt. Wo kommen wir denn dahin?
„Wohl gesprochen!“ Aus Gerons Stimme klang die Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf heraus. „Sorge du nur dafür, dass du mit Jeswine und unseren Pferden in Waldenrath auf uns wartest, damit mir gleich weiterreisen können, falls sich diese Strauchdiebe doch nicht blicken lassen.“


Hal nickte langsam, während Trisdhan sich schuldbewusst abwandte.
„So, und jetzt ist Ruhe.“ Wulfhelm deutete nach vorn, wo hinter dem nächsten Hügel die ersten Hütten von Steintal in Sicht kamen. „Denkt daran Bemerkungen über unsere Ladung fallen zu lassen. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass sich das Netz der Bande von Randersburg bis hierher erstreckt, aber im Zweifelsfall ist es eine gute Übung für die nächsten Tage.


===Kapitel 6===
===Kapitel 6===
Nimmgalf und Melina beim Turnier von Auenwacht Anfang Travia 1047 BF
Sie hatten das Dorf Haselstein vor einer knappen Stunde passiert, als die Räuber plötzlich aus dem Unterholz zu beiden Seiten auftauchten. Scheinbar nach dem gleichen Muster wie bei dem verhinderten Überfall ein paar Wochen zuvor näherten sie sich den Wagen. Die Frau mit dem Schwert, welche wohl die Anführerin war, stellte sich breitbeinig auf den Weg, um die Ochsen zu stoppen. Schräg neben ihr eilte die Armbrustschützin heran, um Kutscher und Wagenknecht des ersten Wagens, in diesem Fall Wulfhelm mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, in Schach zu halten. Beim hinteren Wagen übernahm die Sicherung der Bogenschütze, während die übrigen drei Banditen sich mit Speer, Knüppel und Dolchen bewaffnet um die Wagen verteilten.


Erneut war [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Nimmgalf von Hirschfurten|Nimmgalf]] der großfürstlichen Einladung nach [[Handlungsort ist::Garetien:Schloss Auenwacht|Auenwacht]] gefolgt. Hier war der richtige Ort um Bündnisse zu schmieden oder zu erneuern, Fehden beizulegen oder neu zu entfachen, oder einfach den ein oder anderen Bruder im Adel zu konsultieren, von dem er schon lange nichts mehr gehört hatte. Zwar hatte er schweren Herzens auf eine Teilnahme bei der Großfürstlichen Turnei verzichtet, da er ja zu Beginn des Jahres {{Meisterinformation
„Ihr seid jetzt schön brav, dann passiert keinem etwas!“, tönte die Hauptfrau mit kratziger Stimme. „Einfach sitzen bleiben und die Hände da, wo ich sie sehen...
|Text=nach seinem spektakulären Sieg beim Garether Kaiserturnier}} seine ruhmreiche Turnierkarriere beendet hatte, doch hinderte ihn dies nicht daran, sich die Tjosten anzuschauen, zumal er dieses mal große Hoffnung auf ein gutes Abschneiden seiner Schülerin [[Briefspieltext mit::Garetien:Ryane von Rosenstein|Ryane von Rosenstein]] hatte.


Im Vorfeld hatte er sich heftig mit [[Briefspieltext mit::Garetien:Ederlinde von Luring|Ederlinde]] gestritten, da schon am zwölften Travia seine Tochter [[Briefspieltext mit::Garetien:Irnfrede von Luring-Hirschfurten|Irnfrede]] auf [[Ortsnennung ist::Garetien:Burg Trollhammer|Burg Trollhammer]] heiraten würde, und es waren längst noch nicht alle Vorbereitungen getroffen.
Der Rest der Worte ging in einem erschrockenen Keuchen unter, denn Wulfhelm nutzte das Überraschungsmoment und seinen Höhenvorteil aus. Die Frau mit der Armbrust hatte sich leichtsinnigerweise zu nah an den Wagen gestellt und mit einer schnellen Bewegung trat der Keilholtzer die vorgehaltene Waffe zur Seite. Der Schuss löste sich und der Bolzen grub sich tief in das dicke Holz der Karrenwand neben ihm. Mit einem schnellen Griff zog er das blanke Schwert aus dem Leinenbündel hinter sich und ließ sich vom Kutschbock rutschen. Die Schützin wich instinktiv vor ihm zurück, doch als er ihr nachsetzen wollte, hörte er den Wutschrei der Anführerin hinter sich. Also ließ der die Frau mit ihrer entladenen Armbrust laufen und wandte sich der größeren Gefahr zu.


Er hatte ihr aber hoch und heilig versichert, in jedem Falle rechtzeitig zurück auf Trollhammer zu sein, um alles noch im Vorfeld regeln zu können.  
Gerion auf dem hinteren Wagen hatte nur auf dieses Signal gewartet. Auch er zog sein Schwert aus einem Stoffbündel hervor und sprang behände zwei Räubern entgegen, welche ihm mit Speer und Dolchen gegenüberstanden. Anselm, der Kutscher, der neben dem Sturmfelser gesessen hatte, reagierte als nächstes. Mit einem vorher geübten Griff in die Ladefläche hinter sich, holte er eine schussbereite leichte Armbrust hervor. Ohne zu zögern, legte er auf den Bogenschützen an, der sich gerade berappelte. Fast zeitgleich lösten sich die Geschosse. Der Pfeil zischte ohne Schaden anzurichten einen halben Schritt am Kutscher vorbei, während sein Bolzen sich tief in den Oberschenkel des Banditen grub. Brüllend vor Schmerz brach dieser zusammen. Im nächsten Moment stürzte aber auch Anselm mit einem Schmerzensschrei vom Bock und hielt sich den stark blutenden Oberarm. Die Räuberin mit den Dolchen hatte einen davon nach ihm geworfen, bevor Gerion sie hatte abhalten können.


Inzwischen war die Nacht herein gebrochen. Nimmgalf hatte seinem Stand entsprechend natürlich ein Gästequartier auf Schloss Auenwacht erhalten, zählte er doch als Heermeister [[Garetien:Grafschaft Reichsforst|Reichsforsts]] und Oberhaupt des [[Akteursnennung ist::Garetien:Haus Hirschfurten|Hauses Hirschfurten]] zu den einflussreichsten Baronen vor Ort. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, hatte Nimmgalf sich recht früh aufs Zimmer zurück gezogen. Doch nicht etwa weil er schon müde war, er hatte noch etwas Besonderes vor, auf das er sich schon den ganzen Tag freute. Und wenn er ihre verheißungsvollen Blicke richtig gedeutet hatte, ging es ihr genauso wie ihm.
Baldur, der zweite Kutscher, hatte nun auch endlich seine leichte Armbrust schussbereit. Der letzte Bandit, ein bulliger Typ, den man gut statt eines Ochsen in ein Joch hätte spannen können, hatte sich mit halb erhobener Stachelkeule unentschlossen noch kaum vom Fleck bewegt, da er sich offenbar nicht entscheiden konnte an welcher Stelle er eingreifen sollte. Doch nahm er sehr wohl die Bewegung des Kutschers wahr und als dieser auf ihn schoss sprang er unerwartet geschickt zur Seite. Der Bolzen streifte ihn lediglich an der Schulter und eher wütend als verwundet rappelte er sich wieder auf. Baldur fluchte über den schlechten Schuss, griff nach dem groben Knüppel zu seinen Füßen und stieg mit geübten Bewegungen vom Bock, um dem Angreifer die Tracht Prügel zu verpassen, die er seiner Meinung nach mehr als verdient hatte.


So hatte er sich nur eine schlichte Lederhose, ein Leinenhemd und einen langen Wollumhang mit Kapuze übergezogen, und schlich damit dann unauffällig aus der Burg zur Turnierwiese, wo die Teilnehmer ihre Zelte aufgestellt hatten. Selbst im Mondlicht fiel es ihm nicht schwer, das Schild mit dem Ehrensteiner-Wappen auszumachen. Nimmgalf bewegte sich langsam in Richtung des Zeltes, und schaute sich immer wieder um, ob er nicht doch beobachtet wurde. Doch es schien alles ruhig zu sein. Als er die Verschnürung des Einstiegs öffnete und in das Zelt hineinkroch, sah er plötzlich ein Schwert auf ihn gerichtet.  
Die Anführerin der Bande hatte indes erst wenige Hiebe mit Wulfhelm ausgetauscht, doch reichten diese ihr, um zu erkennen, dass sie hier an einen klar besseren Gegner geraten war. Einem Ausfall des Keilholtzers konnte sie mit Mühe ausweichen und nutzte den gewonnenen Abstand, um sich mit einem lauten Rückzugsbefehl auf den Lippen zur Flucht zu wenden. Die restlichen Banditen ließen sich das nicht zweimal sagen. Der mit dem Speer zwang Gerion mit einem wilden Stoß zum Zurückweichen, dann drehten er und seine Spießgesellin sich um und rannten in den Wald. Der bullige Kerl mit der Stachelkeule ließ unterdessen von Baldur ab, den er bereits bis zurück an die Karrenwand gedrängt hatte und verschwand in die andere Richtung. Lediglich der sich noch immer vor Schmerzen windende Bogenschütze lag auf dem Waldboden neben dem hinteren Wagen.
"HALT! Wer da?" fuhr Melina auf.  


"Pssst! Nicht so laut! Ich bins doch", zischte Nimmgalf etwas verärgert.
„Wulfhelm, komm her, wir haben einen! Und Anselm blutet wie ein Schwein!


"Na endlich", seufzte sie. "Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!"
„Orkendreck! Ja ist gut, ich komme!“ Wulfhelm erhaschte einen letzten Blick auf die Flüchtenden, griff dann nach dem Leinentuch, in welchem sein Schwert verborgen gewesen war und eilte damit zum hinteren Wagen. „Baldur!“, herrschte er im Vorbeirennen den zweiten Kutscher an. „Pass auf, dass sich der Angeschossene da nicht davonwieselt! Ich habe Fragen!


Nimmgalf wollte schon einen passenden Spruch erwidern, doch da zog sie ihn schon unter ihre Felldecke. Sie war völlig unbekleidet, und Nimmgalf beeilte sich es ihr gleich zu tun. Er legte sich auf den Rücken und Melina beugte sich über ihn. "Keine Sorge, dein Ärger wird bald wie weggeblasen sein", grinste sie.
Die kampferfahrenen Ritter entfernten mit geübten Handgriffen den tiefsitzenden Wurfdolch und innerhalb weniger Minuten war der unglückliche Kutscher verbunden. Der Keilholtzer hieß ihn sich vorerst an eines der großen Wagenräder zu lehnen und zu ruhen, während er zusammen mit dem jungen Sturmfelser den gefangenen Räuber verhören wollte.


{{Trenner Garetien}}
„Nun zu dir Bursche!“ Grob packte er ihn unter den Schultern, zwang ihn auf die Beine und drückte ihn mit dem Rücken an die Karrenwand. „Oho, ich erkenne dich doch! Du hast uns vorgestern in der Taverne in Blaustein das Bier ausgeschenkt!“ Wulfhelm schnalzte mit der Zunge. Hier war also derjenige, der für die Bande die Handelszüge ausgespäht hatte. „Der Bolzen sitzt gut und du wirst verbluten, wenn dir nicht schnell geholfen wird. Also verschwende deine und meine Zeit nicht und sage mir einfach, für wen ihr arbeitet. Wer ist euer Auftraggeber?“


Die beiden waren noch im wilden Liebesspiel versunken, als von draussen ein lautes Gegröhle und Gelächter zu vernehmen war. Nimmgalf hielt kurz inne: "Was war das?" flüsterte er. "Nur irgendwelche Idioten. Mach weiter, los. Ich bin gleich so weit", stöhnte sie.
„Der Ritter…“, jammerte der Räuber erbärmlich. „Bitte lasst mich runter… argh!“


Im nächsten Moment torkelten zwei besoffene Knappen vors Zelt. Der eine stolperte über die Zeltverschnürung und fiel, die halbe Zeltplane mit sich reißend.  
Wulfhelm hatte den Kragen fester gepackt und ihn einmal durchgeschüttelt. „Welcher Ritter? Gib mir den Namen, dann bin ich sogar bereit dich mit zum nächsten Peraine-Tempel zu schleppen.“ Gnädig ließ er den Verwundeten sich wieder setzen und ging vor ihm in die Hocke, um ihm eindringlich in die Augen sehen zu können. Gerion stand mit finsterer Miene und verschränkten Armen auf der anderen Seite.


Nachdem der erste Schreck überwunden war, hatten Nimmgalf und Melina rasch ihre Sachen geschnappt und liefen kaum dass sie sich aus der Zeltbahn befreit hatten so schnell sie konnten davon. Doch konnten sie leider nicht verhindern, dass manch einer einen raschen Blick auf die beiden erhaschen konnte. Es war nicht schwer zu erraten, was sie da im Zelt getan hatten. Die Herrin Rahja hätte jedenfalls ihre wahre Freude dran gehabt.
„Rothbert! Ritter Rothbert von Hold… ARGH…“ Mit einem schmatzenden Geräusch grub sich ein Bolzen in die Brust des Gefangenen. Ein Schmerzensschrei, dann sackte er tödlich getroffen zur Seite. Wulfhelm wich eilig zurück und drehte sich zum Wald.


{{Trenner Garetien}}
Gerion hatte bereits reagiert. Er rief Baldur an seine Seite und stürmte das Schwert voran ins Unterholz. Nach ein paar Minuten kehrten sie jedoch unverrichteter Dinge wieder zurück.


Ein paar Tage später war Nimmgalf nach Burg Trollhammer zurückgekehrt. Schließlich mussten noch einige Vorbereitungen für die in Kürze anstehende Hochzeit getroffen werden.
„Keine Chance ohne Spürhund. Das Unterholz ist einfach zu dicht.“ Wütend trat der Sturmfelser gegen das nächste Karrenrad. „Was machen wir jetzt?
Da fuhr [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Ederlinde von Luring|Ederlindes]] Kutsche auf den Burghof, und eine sichtlich wütende Baronin stieg aus, und eilte raschen Schrittes auf das Burgpalas zu.  
Nimmgalf wurde etwas mulmig zumute. Hatte sie etwa schon von seinem... Mißgeschick erfahren?
<br>
Kurz darauf platzte sie in Nimmgalfs Geamch herein. "Ist es wahr? IST ES WAHR, NIMMGALF? Und wage nicht, mich zum Narren zu halten!" fauchte sie ihn wütend an.
Nimmgalf erhob sich von seinem Sessel. "Ederlinde, wie schön dass du heimgekehrt bist. Ich..."


"GENUG! Spar dir deinen Sermon!" Sie kam gefährlich nahe an ihren Mann heran und blickte ihm wütend in die Augen. Dann zischte sie: "Ist es wahr, dass du mit der Ehrensteinerin rumgehurt hast, und alle haben es gesehen?"
„Wir setzen den Weg wie besprochen bis Waldenrath fort. Wir haben einen Namen. Ritter Rothbert von Holdirgendwas. Jeswine wird sicherlich etwas damit anzufangen wissen. Außerdem liegt der nächste Peraine-Tempel auch dort, da können wir gleich Anselm zu einer Geweihten bringen.“


Nimmgalf schluckte. "Was immer du gehört hast... ich...." dann nickte er und senkte den Blick.
„Sehr gut.“ Der jüngere Ritter sah sich kurz um. „Baldur, hilf mir den Toten zu verladen. Vielleicht erkennt ihn jemand und kann uns noch mehr zu ihm sagen. Ansonsten freut sich die Büttel in Waldenrath sicherlich, dass sie noch einen zur Warnung aufhängen können.


"Sieh mich an!" sagte sie gefährlich leise.
===Kapitel 7===
Nachdem die Dinge in Waldenrath geregelt waren und Ingmar mit Karren gen Greifenfurt aufgebrochen war, ritten Wulfhelm, Gerion und Jeswine über Camden zurück nach Randersburg. Zu ihrer Überraschung, aber auch Freude hörten sie, dass auch Ritter Rothbert seit dem Vorabend auf der Burg weilte. Nach einem kurzen Rapport beim Pfalzgrafen, entschied dieser seine Ritter und Hofgeweihten zur Klärung der Angelegenheit im Rittersaal zusammenzurufen.


Nimmgalf sah ihr in die Augen.  
Udilberth von Hardt hatte den Saal freiräumen lassen. Tische und Bänke waren an die Seitenwände geschoben. Am Kopfende des Saales, unter dem großen Wappenbanner Randersburgs, waren ein paar gepolsterte Lehnstühle aufgestellt, auf denen der Pfalzgraf selbst nebst Gattin zu seiner Linken Platz nahm. Zu seiner Rechten saßen dagegen die Geweihten des Herrn Praios, Audora von Ystar, und der Herrin Rondra, Albin von Radewitz. Ganz außen hatte man an einem kleinen Tisch samt Schemel aufgestellt, an welchem der pfalzgräfliche Sekretär Aldemar von Radewitz als Schreiber fungierte. Die Ritter des Hofes hatten sich indes auf den Bänken zu beiden Seiten zusammengefunden.


"Es ist mir egal, mit wem du es treibst, solange es keine Folgen hat." Dann lauter: "ABER DAS HAT FOLGEN, NIMMGALF! Du hast nicht nur dich, sondern auch mich zum Gespött der Öffentlichkeit gemacht. Und das kurz vor Irnfredes Hochzeit. Bist du denn völlig übergeschnappt?"
„Meine Herrschaften, Ihr fragt Euch sicherlich, warum ich Euch zusammenrufen ließ“, eröffnete Udilbert die Versammlung ohne große Einleitung. „Es ist keine Kleinigkeit wie Ihr Euch sicherlich denken könnt. Um es kurz zu machen, es gilt Gericht zu halten über einen der Anwesenden.


"Ederlinde, ich... ich wollte doch nicht, dass es so kommt."
Ein Raunen ging durch den Saal. Ein jeder blickte seinen Nebenmann an, doch waren die meisten Blicke recht ratlos.


"Das ist jetzt zu spät! Das wird spätestens auf der Hochzeit die Runde machen und dafür sorgen, dass sie sich alle die Mäuler darüber zerreißen."
„Ritter Keilholtz!“, beendete Udilberts donnernde Stimme das eingesetzte Getuschel. „Tretet vor Uns und tragt Eure Klage vor.


"Das werden sie nicht wagen. Alleine schon aus Respekt! Vor [[Hauptakteure sind::Garetien:Haus Luring|Luring]] und [[Hauptakteure sind::Garetien:Haus Hirschfurten|Hirschfurten]]!"
Wulfhelm erhob sich und das Getuschel der Höflinge setzte wieder ein. Außer ein paar Hausrittern war er niemandem bekannt und nur Gerion und Jeswine wussten was nun kommen sollte.


Ederlinde sah ihn abschätzig an. "Respekt? Den hast du dir jetzt verspielt, Nimmgalf. Und das kann und werde ich Dir nicht verzeihen." 
„Ihro Gnaden“, verneigte er sich zuerst vor der Geweihtenschaft, „euer Hochwohlgeboren von Hardt. Ich bin Wulfhelm von Keilholtz, Ritter aus Kressenburg, und ich erhebe Anklage gegen den Ritter Rothbert von Holdbrucken! Ich beschuldige ihn der Anstiftung und Unterstützung von Wegelagerei in den Randersburger Landen!“


Nimmgalf sah sie etwas zernknirscht an. Was sollte er jetzt auch sagen?  
„Das ist unerhört! Wie könnt Ihr es wagen?“ Ein stark ergrauter Mittfünfziger erhob sich sichtlich erzürnt von der gegenüberstehenden Bank. Sein Wappenrock zeigte zwei weiße Schwanenköpfe auf blauem Grund die einen goldenen Reif zwischen sich in den Schnäbeln hielten. „Wie kommt Ihr dazu mir dergleichen zu unterstellen? Was gibt Euch das Recht dazu? Ich kenne Euch überhaupt nicht!“


Ederlinde drehte sich wütend um und ging zur Türe.
„Und ich kannte Euch bis zu diesem Zeitpunkt nicht.“, erwiderte der Greifenfurter ruhig. „Aber ich bin Euren Spießgesellen begegnet, als sie den Handelszug überfielen, für dessen Sicherheit ich meinem Dienstherrn, dem Baron von Kressenburg, verpflichtet war. Zumindest einer dieser Strolche stammte aus Eurem Lehen, dem Dorf Blaustein. Er nannte mir sterbend Euren Namen als Kopf hinter diesem Raubgesindel, welches, wie ich hier erfuhr, wohl schon seit einigen Götterläufen die Wege firunwärts der Stadt Hornbach unsicher macht.“


Dann sagte sie leise ohne sich umzudrehen: "Fürchte den Tag, an dem Drego abdankt und ich die neue Gräfin werde! Und sei dir sicher, so etwas werde ich nicht vergessen, Gemahl!"
„Es ist unerhört!“, schimpfte der ältere Ritter weiter und wandte sich nun an den Pfalzgrafen. „Euer Hochwohlgeboren, ich verbitte mir derlei infame Unterstellungen von einem Dahergereisten! Zumal er seine Anschuldigungen auf Grundlage der angeblichen Aussage eines toten Gemeinen erhebt.“


Dann verlies sie Nimmgalfs Gemach.
„Wenn Ihr meinem Ehrenwort allein nicht glauben wollt, so rufe ich Ritter Gerion von Sturmfels auf.“ Wie auf Kommando erhob sich der Genannte und trat einen Schritt vor. „Er hat mich begleitet und kann die letzten Worte des Banditen ebenso bezeugen.“


Nimmgalf war zum ersten mal seit langer Zeit das selbstsichere Lächeln aus dem Gesicht gewichen. Etwas Schlimmeres hätte sie ihm kaum androhen können.
„Es ist mir gleich, was dieser Lump Euch gesagt hat! Wenn er meinen Namen in diesem Zusammenhang erwähnte, war das eine Lüge, um mir zu schaden!“ Wieder ging ein Blick fast flehentlich zum Pfalzgrafen. „So weit kommt es wohl noch, dass ich meinen guten Namen durch jenen hier“, deutete er wild mit dem Zeigefinger auf Wulfhelm, „in den Dreck ziehen lassen muss.


Er ging zu seiner Vitrine und entkorkte eine tönerne Flasche mit Balihoer Bärentod, die er vor Jahren vom Blauenburger Baron als Geschenk bekommen hatte. Er musste sich irgendwie beruhigen, und vielleicht gelang es ihm ja so.
„Genug.“ Die Stimme der jungen Praiosgeweihten war nicht laut, doch genügte es vollkommen, um den Saal sofort zum Schweigen zu bringen. Audora erhob sich würdevoll und sah erst Rothbert und dann die Greifenfurter für einen langen Augenblick an. „Ritter Wulfhelm von Keilholtz, Ritter Gerion von Sturmfels, seid Ihr bereit vor dem Götterfürsten einen Eid abzulegen, dass Eure Worte der Wahrheit entsprechen?“


===Kapitel 7 - Schlechte Nachrichten===
Die Angesprochenen senkten ehrerbietig ihr Köpfe. Ohne sich zuvor anzusehen, antworteten sie fast zeitgleich. „Das sind wir Euer Gnaden.
''[[Handlungsort ist::Garetien:Burg Rubreth|Burg Rubreth]], 10. Travia 1047 BF''


[[Hauptdarsteller ist::Garetien:Rondradan Helmar von Pfortenstein|Rondradan von Pfortenstein]] hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, die lästigen Verwaltungsaufgaben die sein neues Amt mit sich gebracht hatten, auf die Zeit nach dem Mittagsmahl zu legen. Am Morgen leitete er gerne selbst die Übungen der Knappen. Immerhin sollten ja einmal vernünftige Ritter aus ihnen werden und es half ihm die Müdigkeit aus den Knochen zu schütteln. Solcherart wach, zugleich körperlich verausgabt und gesättigt, ertrug er die langweilige Verwaltungsarbeit am ehesten.
„Ritter Rothbert von Holdbrucken“, fuhr die Geweihte fort, „seid Ihr bereit vor dem Götterfürsten einen Eid abzulegen, dass die gegen Euch erhobenen Anschuldigungen unwahr sind?“


"Nun, [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Algon Raultreu von Roßsprunk|Roßsprunk]], was haben wir denn heute?", begrüßte Rondradan seinen Truchsess, als dieser wie bestellt das Arbeitszimmer des Landvogtes betrat.
„Euer Gnaden, ich erkenne wirklich nicht, warum das notwendig sein sollte. Meine Ehre als Ritter sollte hier nicht in Frage gestellt werden und…“


"Hauptsächlich Kleinigkeiten, Hochgeboren." Der Angesprochene legte eine kleine Zahl Schriftstück zur Unterzeichnung auf den breiten Eichentisch und setzte sich. "Es ist mir endlich gelungen eine neue Kammerherrin zu finden. Eine Bürgerliche zwar, aber mit gutem Leumund und direkt hier aus Rubreth. Frau Weidenfall wird ihren Dienst zum nächsten Rohalstag antreten."
„Seid Ihr bereit Eure Unschuld zu beschwören?“ Audoras Stimme war eine ganze Spur schärfer geworden und schnitt dem Ritter förmlich das Wort ab.


"Sehr gut. Ich weiß, Ihr hattet stets ein wachsames Auge darauf, aber es ist doch besser, wenn die Schlüssel zur Burg nicht stets frei zugänglich sind."
„Euer Hochwohlgeboren“, wandte sich Rothbert flehentlich an den Pfalzgrafen, „das muss doch nicht sein. Ich habe Euch immer treu gedient…“


"Natürlich Hochgeboren. Wie ich Euch bereits sagte, würde ich mich für jeden vom Gesinde den ich persönlich in Dienst genommen habe verbürgen. Doch sollte man auch niemanden unnötig in Versuchung führen."
„GENUG!“ Diesmal hallte die Stimme der Praiosgeweihten wie Donnerhall durch den Rittersaal. Ohne Eile, fast lauernd konnte man es nennen, ging sie auf den Blausteiner Ritter zu und blieb etwa einen Schritt vor ihm stehen. „Ich frage euch nun zum dritten und letzten Mal. Seid Ihr bereit Eure Unschuld im Namen des Götterfürsten zu bezeugen?“ Ihr Tonfall sprach von einer Autorität, die kein derischer Truppenführer und keine Landesherrin jemals erreichen würden.


"Gibt es sonst noch etwas?"
Rothbert stand wie erstarrt vor der halb so alten und etwa einen halben Kopf kleineren Audora. Ihr Blick bohrte sich wie güldene Pfeile in seine Augen und ließ nicht zu, dass er sich von ihr abwandte. Seine Lippen begannen unkontrolliert zu beben. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, doch statt einer Antwort sank er schluchzend vor ihr auf die Knie.


"Nichts von Belang soweit. Wir erwarten seine Wohlgeboren von Cresseneck jede Stunde zurück aus Luring. Wenn er neue Anweisungen des Grafen bringt, ergeben sich daraus eventuell neue Notwendigkeiten..."
===Kapitel 8===
„Wie gut, dass Rothbert am Ende doch noch mit der Sprache rausgerückt ist, wo das Lager dieser Strauchdiebe finden zu finden ist.“ Jeswine drückte die niedrigen Äste des Unterholzes zur Seite, damit Wulfhelm und der Rest des Trupps hinter ihm ihr folgen konnten. „In diesem Gestrüpp hätten wir sie über Monde nicht gefunden. Bis dahin hätten sie längst Wind davon bekommen, dass sie aufgeflogen sind und sich über die Raller davon gemacht.


Ein heftiges Klopfen unterbrach das Gespräch der beiden.
„Das könnte wohl damit zusammenhängen, dass der Hardt dem Holdbrucken nochmal klar gemacht hat, dass er so oder so zu Boron geht“, meinte der Greifenfurter lapidar, „und ihm die Wahl gelassen hat zwischen dem ehrlosen Strick und dem gnädigen Richtschwert.


"Tretet ein!", rief der Pfortensteiner laut. Die Tür öffnete sich schwungvoll und [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Gunnolf Gishelm Flaß von Cresseneck|Ritter Gunnolf]], der Burgvogt trat eilig ein. Er schaute kurz und als er sah, dass außer Landvogt Rondradan und Ritter Algon niemand anwesend war, nickte er kurz und schloss die Tür hinter sich.
„Ich glaube ja eher, dass es Ihro Gnadens Predigt von den ewigen Qualen in den Niederhöllen war, die ihn erwartet, wenn er vor dem Tode nicht angemessen Reue zeigt.


"Bei den Göttern, Cresseneck, da seid Ihr ja schon! Ihr seht gehetzt aus. Was bringt ihr für Kunde aus [[Ortsnennung ist::Garetien:Stadt Luring|Luring]]?"
„Sehr gut möglich.“ Der Keilholtzer hatte in seiner Zeit in der Wildermark zu viele menschliche Abgründe kennengelernt, um sich noch ernsthaft Gedanken über die möglichen Beweggründe von Verbrechern zu machen. „Mich beeindruckt übrigens Ritter Hagen. Sein Schwiegervater wurde der Wegelagerei und Hehlerei überführt und zum Tode verurteilt. Aber er war der Erste, der sich gemeldet hat, als es darum ging einen Trupp zusammenzustellen, der das Versteck ausräuchert.


"Ich fürchte keine guten, Hochgeboren. Und sie betreffen tatsächlich vor allem Euch."
„So wie ich ihn kennengelernt habe, ist er ein sehr ehrbarer Mann. Loyal und dem Pfalzgrafen treu ergeben. Dass der Holdbrucken seine Ehre wegen ein paar Spielschulden verkauft hat, hat den Hauptmann vermutlich mehr mitgenommen als jeden anderen auf der Randersburg.“


Rondradan lehnte sich zurück und deutete auf den freien Stuhl neben dem bereits sitzenden Algon von Roßsprunk.
Das Geräusch einer sich lösenden Armbrustsehne ließ den erfahrenen Ritter instinktiv reagieren. Unvermittelt warf er sich auf Jeswine und rollte mit ihr ihn den nächsten Busch, während dort wo sich soeben noch der Kopf der Ritterin befunden hatte, ein Bolzen in den nächsten Baumstamm einschlug.


"Dann setzt Euch und lasst es uns hören. Eine schlechte Kunde wird nicht besser, wenn man sie zurückhält."
„Verzeih“, keuchte Wulfhelm, als er auf Jeswine zu liegen kam, sodass ihre Gesichter nur wenige Finger voneinander getrennt waren. „Ich hoffe du unterstellst mir jetzt keine Unsittlichkeit., fügte er in halb scherzhaftem Ton hinzu.


Gunnolf tat wie ihm geheißen und öffnete seine Tasche.
„Aufregend“, atmete sie schwer unter ihm, im Bewusstsein gerade haarscharf dem Tod entronnen zu sein. Dann verklärte sich ihr Blick etwas, als sie Wulfhelm tief in die Augen sah. „Und wahrlich nicht so unangenehm, dass du dich dafür entschuldigen müsstest.“


"Tatsächlich sind es deren zwei schlechte Nachrichten." Er holte eine Ausgabe des Garether und Märker Herolds hervor. "Die erste habt Ihr hier direkt auf der ersten Seite. Ich weiß nicht wie viel daran der Wahrheit entspricht, aber anscheinend hat hier jemand entweder ganz tief gegraben oder aber eine blühenden Fantasie."
„Uh, nehmt euch ein Zimmer, bitte.“ Gerion hatte im Eilschritt aufgeschlossen, um zu sehen, ob seinem alten Schwertvater und der Pfortensteinerin nichts geschehen war. „Kommt schon, dafür habt ihr später noch Zeit. Jetzt müssen wir schauen, dass uns diese Halunken nicht entwischen.


Rondradan ließ sich die Zeitung geben und las hastig den genannten Artikel. Seine Miene verzog sich säuerlich und als er zum Ende gekommen war, legte er den Herold unwirsch zur Seite. Die erwartungsvollen Blicke seiner Untergebenen ruhten auf ihm und er rang einen Moment mit sich was er ihnen sagen sollte und was nicht.
Neben ihnen liefen gerade leicht geduckt Hauptmann Hagen, Ritterin Quelina und Ritter Aldemar vorbei.


"Nun, meine Herren, offensichtlich ist diese Geschichte nun in der Welt. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, woher diese Schmierfinkin an diese sensiblen Informationen gekommen ist, aber da es leider der Wahrheit entspricht, kann und werde ich es nicht abstreiten. Ich möchte trotzdem darum bitten, dass niemand dies aus eurem Munde vernimmt."
„Hardt, Ihr nach links, Plitzenberg, die rechte Flanke! Greifenfurt, nachrücken!“ Der Rallerauer war offenkundig in seinem Element und stürmte grimmig voran.


"Natürlich Hochgeboren." Beide Ritter nickten unisono.
„Dann wollen wir mal.“ Gerion zog erst Wulfhelm auf die Beine und sammelte dann die beim Sturz verlorenen Schwerter der beiden auf.  


"Ich hätte da jedoch noch etwas, was im Lichte der Heroldmitteilung noch brisanter wird." Gunnolf wirkte fast zerknirscht und suchte nach Worten. "Es geht in Luring die Geschichte um, dass [[Briefspieltext mit::Garetien:Melina von Ehrenstein|Eure Gattin]] und der [[Briefspieltext mit::Garetien:Nimmgalf von Hirschfurten|Baron von Hirschfurten]] auf dem Turnier zu Auenbrück vor einigen Tagen in einer kompromittierenden Sitiuation gesehen wurden. Und das, so hört man, von vielen Augen, als des nächtens das Turnierzelt über ihnen zusammenbrach und sie, nun... gemeinsam und unbekleidet davonliefen, nachdem sie sich aus den Zeltbahnen befreit hatten. Es war wohl ein dummer Knappenstreich der auf den Hirschfurtener zielte und es wurde niemand verletzt, dennoch..."
Der Keilholtzer nahm indes die Ritterin an beiden Händen und hob sie mit Leichtigkeit hoch. Als Jeswine vom Sturmfelser ihr Schwert gereicht bekam, trat sie ganz nah an Wulfhelm heran, der zwischen ihnen stand, und griff um ihn herum. „Ich danke dir“, sagte sie leise, als ihr Lippen auf Höhe seines Ohrs waren. Es hätte für jeden der beiden Ritter gedacht sein können. Sie nahm ihr Schwert von Gerion entgegen, löste sich vom sprachlosen Wulfhelm und eilte den anderen Randersburger Rittern hinterher.


"Ich verstehe", schnitt Rondradan ihm scharf das Wort ab knapp und richtete den Blick starr auf die Tischplatte. Auf seiner Stirn über seiner rechten Augenbraue sahen die beiden Gegenübersitzenden eine Ader hervortreten und pulsieren. "Ich verstehe", wiederholte er leise, wie für sich selbst. Man konnte förmlich spüren, wie er um Fassung rang. Schließlich sah wieder er auf und blickte den Truchsess und den Vogt nacheinander an während er ruhig und beherrscht sprach.
„Komm, alter Mann, oder bist du versteinert?“, holte der Sturmfelser seinen Schwertvater aus den Gedanken. „Es wäre doch eine Schande, wenn wir den Reichsforstern den ganzen Spaß allein überlassen.


"Um diese Verletzung meiner Ehre werde ich mich kümmern müssen. Ich bin mir noch nicht sicher auf welche Weise, aber ich fürchte es wird einige Zeit der Abwesenheit, Wochen vielleicht, von meinen Pflichten hier bedeuten. Herr von Cresseneck, Herr von Roßsprunk, ich vertraue darauf, dass in dieser Zeit hier alles reibungslos läuft. Desweiteren ist mir bewusst, dass sich derlei Gerede nicht ewig vom Gesinde fernhalten lässt. Allerdings erwarte ich von ihnen beiden absolute Verschwiegenheit dazu und dass sie Geplapper darüber streng unterbinden!"
„Quatsche nicht und geh vor“, grummelte Wulfhelm mürrisch und nahm sein Schwert. „Los! Vermutlich werden wir wieder irgendeinen von ihnen retten müssen.


"Selbstverständlich, Euer Hochgeboren." Aldron von Roßsprunk hob die Schwurhand und Gunnolf von Cresseneck tat es ihm ohne zu zögern gleich.
{{Trenner Garetien}}
 
"Seid bedankt." Rondradan atmete noch einmal tief durch. "Roßsprunk, bitte gebt [[Briefspieltext mit::Garetien:Leander Binsenbinder|dem Stallmeister]] Bescheid, dass ich morgen in der früh bei Tagesanbruch gedenke abzureisen. Mein Pferd und das meiner Knappin sollen rechtzeitig bereit sein. Weitere Bedeckung brauche ich keine. Cresseneck, Ihr informiert Vögtin [[Briefspieltext mit::Garetien:Kalmira von Plöch|von Plöch]] darüber, dass sie den geplanten Inspektionsritt nach [[Ortsnennung ist::Garetien:Junkertum Ebergau|Ebergau]] führen wird. Mit [[Briefspieltext mit::Garetien:Halina Rondara von Trullen|Halina]] rede ich später selbst über unsere Abreise. Und nun... lasst mich bitte allein. Ich habe über Einiges nachzudenken."
 
Die beiden Männer erhoben sich, verbeugten sich leicht und verließen stumm den Raum. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, atmete der Landvogt noch einmal tief durch. Er widerstand der Versuchung das Tintenfass quer durch den Raum zu werfen, doch eine Schreibfeder musste unter seiner wütend geballten Faust dran glauben.
 
Schließlich richtet er den Blick wieder auf den Herold, dessen erste Seite mit dem reißerischen Artikel über seine Frau und die außereheliche Herkunft seines vermeintlichen [[Briefspieltext mit::Garetien:Hal II. von Ehrenstein|Erstgeborenen]] ihn höhnisch anzustarren schienen. Zuerst wolle er das Blatt dem selben Schicksal überantworten wie es die Schreibfeder soeben erleiden musste. Doch dann kam Rondradan ein anderer Gedanke. Die Schreiberin hatte da einige Fragen aufgeworfen, die durchaus interessant waren. Melinas vorehelichen Umtriebe hatte er im Ehevertrag natürlich wissentlich in Kauf genommen. Zu sehr war er auf die von [[Briefspieltext mit::Garetien:Hal von Ehrenstein|ihrem Vater]] gebotene Mitgift angewiesen gewesen, um die [[Ortsnennung ist::Garetien:Burg Pfortenstein|Stammburg seiner Familie]] vor dem völligen Verfall zu retten. Auch das durch den Traviabund im zugefallene [[Ortsnennung ist::Garetien:Junkertum Olbershag|Junkertum Olbershag]] hatte in der Zeit gute Gewinne abgeworfen. Rondradan hatte immer bedauert, dass es nach seinem Tod an [[Akteursnennung ist::Garetien:Haus Ehrenstein|die Ehrensteiner]] fallen, und damit [[Akteursnennung ist::Garetien:Familie Pfortenstein|den Pfortensteinern]] als Einnahmequelle fehlen, würde.
 
Natürlich war Melinas Untreue eine erhebliche Ehrverletzung für Rondradan. Noch dazu kam, dass sie es mit einem gemeinsamen Bundesbruder von [[Nebenakteure sind::Garetien:Pfortenritter|den Pfortenrittern]] trieb. Mal wieder! Der Skandal würde Wellen bis in die höchsten Kreise ziehen, dessen war sich der Landvogt bewusst. Immerhin war der Hirschfurten mit der [[Briefspieltext mit::Garetien:Ederlinde von Luring|Schwester des Grafen]] vermählt. Ganz zu schweigen davon, mit welchen Schmähungen von Seiten [[Akteursnennung ist::Garetien:Pulethaner|der Pulethaner]] zu rechnen war, wenn diese Vierecksbeziehung im konkurrierenden Turnierbund vollends aufflog. Und er, Rondradan von Pfortenstein, war der von drei Seiten hintergangene, gedemütigte und betrogene Narr. Am Hofe des [[Briefspieltext mit::Garetien:Alderan von Gareth|Großfürsten]] würden sie vermutlich ein Bühnenstück daraus machen!
 
"Und ausgerechnet mit Nimmgalf!"
 
Mit einem Aufschrei Rondradans lernte das Tintenfass nun doch noch zu fliegen und zerbarst lautstark an der eichernen Zimmertür. Ein dunkler Fleck breitete sich auf dem Holz aus, während der Großteil der Tinte auf den Steinfussboden herabtropfte. Wieder versuchte der Pfortensteiner seiner Gedanken Herr zu werden. Ja, die Demütigung war immens. Aber es war geschehen und würde sich nicht rückgängig machen lassen. Doch konnte er es vielleicht anderweitig für sich nutzen. Wieder blickte er auf den Zeitungsartikel. Vielleicht bot sich ihm hier eine Gelegenheit, auf die er nicht zu hoffen gewagt hatte. Es kam auf den Versuch an. Hatte er vorhin als er die Anweisung gab noch nicht so recht gewusst, wohin ihn seine morgige Abreise führen sollte, so hatte er nun ein Ziel vor Augen. Es ging nach [[Ortsnennung ist::Garetien:Baronie Syrrenholt|Syrrenholt]], zuerst zur [[Ortsnennung ist::Garetien:Sankt-Emmerans-Abtei|Sankt-Emmerans-Abtei]], dann zur [[Ortsnennung ist::Garetien:Sankt-Quanions-Sakrale|Sankt-Quanions-Sakrale]]. Und wenn die Gespräche dort nach seinem Geschmack verliefen, so würde Rondradan hernach ein Gespräch mit seiner Gattin suchen. Das letzte, so hoffte er.
 
===Kapitel 8 - Ende eines Traviabundes===
Ende Boron 1047 BF
 
'''Neueste Entwicklung im Fall Ehrenstein – Pfortenstein – Ochs – Hirschfurten!'''
 
Wie der Hof in Rubreth verlautbaren ließ, wurde der Travia-Bund zwischen seiner Hochgeboren Rondradan Helmar von Pfortenstein und ihrer Hochgeboren Melina von Ehrenstein im beiderseitigen Einvernehmen gelöst.
 
Seine Hochgeboren von Pfortenstein ließ zudem verlauten, dass er die Vaterschaft des bisher als Erstgeborenen geltenden Hal II. von Ehrenstein nicht länger anerkennt. Der Knabe geht damit seiner Erbansprüche auf das Junkertum Olbershag verlustig, während Landvogt Rondradan bar jedes direkten Erben dasteht.
 
Gerüchten zufolge soll die Travia-Kirche Melina von Ehrenstein für ihre zuletzt bekannt gewordene eheliche Untreue zudem mit einer Buße von einem Götterlauf rahjaischer Enthaltsamkeit belegt haben.
 
Ob der Großvater des jungen Ehrensteiners, seine Hochgeboren Hal von Ehrenstein, mithin Kronvogt zu Halhof, diese Zurücksetzung seines Enkels so hinnehmen wird und ob das Haus Ochs gedenkt in dieser Angelegenheit noch aktiv zu werden, bleibt noch abzuwarten.
 
'''Der Garether und Märker Herold wird für seine treuen Leser aber weiter an dieser Geschichte dran bleiben!'''
 
===Kapitel 9 - Rondras Fingerzeig===
18. Tsa 1047 BF, Burg Rubreth
 
Auf dem Hof der Burg Rubreth hatte sich das halbe Dutzend Knappen und Knappinnen eingefunden, die direkt am Hofe oder bei einem der Hausritter zur Ausbildung gegeben waren. Ritter Gunnolf leitete die Schwertübungen wie stets mit strengen wachsamen Augen und sparte nicht mit Tadel, sobald eine der Jungmaiden oder einer der Jünglinge aus dem Tritt kam. Ab und an mischte sich in seine Kritik auch ein kleines Lob, doch war dies selten genug und Ausdruck höchster Zufriedenheit. Als Veteran vieler Schlachten wusste der Burgvogt nur zu gut, dass allzu große Selbstzufriedenheit im Kampf oft zu Unvorsicht und einem schnellen Tod führten.
 
Einen heißen Würzwein in der behandschuhten Hand stand Landvogt Rondradan am Rande des Burghofes und sah den Knappen Rubreths zu, die sich im frischen Neuschnee abmühten sicheren Stand zu wahren. Aus dem Augenwinkel sah er die Rubrether Rondra-Geweihte Alwene von Greenstade auf sich zu kommen, die sich zuvor offenbar ebenfalls ein warmes Getränk aus der Burgküche geholt hatte.
 
„Euer Gnaden“, begrüßte er die junge Knappin der Göttin höflich mit einer angedeuteten Verbeugung, als sie sich ungezwungen neben ihn stellte.
 
„Euer Hochgeboren“, erwiderte sie im gleichen höflichen Ton, hielt sich jedoch nicht weiter mit Förmlichkeiten auf. „Ich habe die Kunde vernommen, dass Ihr den Travia-Bund mit Ihro Hochgeboren Melina von Ehrenstein habt lösen lassen.“
 
Rondradan verschluckte sich leicht an dem Schluck Würzwein, zu dem er gerade angesetzt hatte und musste sich kräftig räuspern, bevor er zu einer Erwiderung ansetzen konnte. „Das… ähem… das entspricht den Tatsachen. Die… Umstände, welche in den letzten Monden öffentlich geworden sind, ließen eine Fortführung dieser Ehe nicht länger zu.“
 
„Das kann ich sehr gut verstehen, Hochgeboren. Es ist bemerkenswert mit welcher Selbstbeherrschung Ihr die zugefügte Schmach erduldet habt. Wie ich hörte, habt Ihr darauf verzichtet den Baron von Hirschfurten ob der Ehrverletzung zu fordern.“ Wenn man wollte, hätte man ihrer Stimme hierbei den Hauch eines Vorwurfs entnehmen können.
 
„Das wäre nicht zielführend gewesen.“ Der Pfortensteiner winkte frustriert mit der freien Hand ab. „Immerhin ist Nimmgalf der erste Ritter Reichsforsts und die Pulethaner hätten sich noch mehr ins Fäustchen gelacht, wenn wir Pfortenritter uns untereinander das Schwert an die Kehle halten. Auch wenn ich weiß, dass er mich in dieser Angelegenheit wohl bei mindestens einer Gelegenheit offen angelogen hat, so kann ich dem Hirschfurtener auch nicht die Alleinschuld an der Geschichte geben. Die rahjanischen Umtriebe meiner Gemahlin waren mir im Allgemeinen sehr bewusst. Wenn auch die Unzucht mit meinem ebenfalls verheirateten Bundesbruder ein ordentlicher Schlag ins Gesicht war.“
 
„Wenn man bedenkt, dass sie Euch eigentlich hätte zu Dankbarkeit verpflichtet sein müssen. Immerhin habt Ihr nach allem, was man hört, ohne mit der Wimper zu zucken, ihren Bankert als euren Sohn und Erben anerkannt.“
 
„Wofür ich ehrlicherweise auch gut entlohnt wurde.“ Der einst geheime Ehevertrag zwischen Melina und ihm war vor einigen Monden mit allen Details veröffentlicht worden und Rondradan sah keinen Sinn darin etwas davon zu leugnen. „Doch ob der öffentlich gewordenen Schande sah ich mich nicht länger an diesen Passus im Ehevertrag gebunden und werde Hal fürderhin nicht mehr als meinen Sohn und Erben anerkennen.“
 
„Das muss Euch alles sehr schwergefallen sein.“ Mit kaum verhohlener Neugier sah die Geweihte den Landvogt an und scheute sich nicht den Finger rondrianisch direkt in die Wunde zu legen. „Immerhin seid Ihr das Oberhaupt Eurer Familie und steht nun beschämt, unvermählt und ohne Erben da.“
 
Rondradan lächelte gequält. „Ihr habt eine erfrischende Art Dinge beim Namen zu nennen, Euer Gnaden. Aber wenn Ihr gerne so offen darüber sprechen wollt, soll es mir recht sein“, fuhr er fort und nahm einen kleinen Schluck vom Würzwein, um kurz seine Gedanken zu ordnen. „Ihr seid selbst gebürtig von Stand und Eure Mutter ist soweit ich weiß mit unserer Gräfin verschwägert. Natürlich wisst Ihr, welchen Stellenwert ein standesgemäßer Traviabund in den Kreisen des hohen Adels hat.“
 
„Ganz zu schweigen vom gegenseitigen ehrbaren Verhalten der unter Travias Segen vermählten Partner.“ Alwene von Greenstade kippte verbal einen ganzen Napf Salz in die offene Wunde.
 
„So ist es.“ Rondradan atmete beherrscht durch. „Denn natürlich bin ich nun erneut auf der Suche nach einer Dame von Stand, welche den leeren Platz an meiner Seite in Travias Namen einnehmen mag. Ein guter Name ist mir dabei genauso wichtig, wie Tsa gefällige Jugend und wie Ihr Euch denken könnt, bin ich besonders darauf bedacht, dass besagte Dame keine Leichen im Keller hat. Zudem wäre es mir lieb, käme sie aus einem der Reichsforster Geschlechter. Melinas Herkunft aus Eslamsgrund hat in der Großen Fehde für viel böses Blut gesorgt und ich möchte mein Haus auch wieder mehr an die Grafschaft binden, nachdem wir seit dem Göttinnenurteil nun endgültig vom hundert Götterläufe alten Vorwurf des Verrats reingewaschen sind.“
 
„Ich hörte davon! Euer Duell aufs Dritte Blut mit dem Junker von Erlenfall. Ihr habt Recht, deutlicher hätte Rondra ihr Wohlwollen Euch gegenüber nicht zeigen können.“ Die Geweihte nickte einmal energisch wie um sich selbst zu bestätigen. „Da Ihr so unzweifelhaft in Rondrens Gunst steht, will ich Euch gerne an meiner Göttin statt einen Hinweis geben. Öffnet die Augen und schaut Euch einmal um. Die Lösung für Eure Wünsche liegt direkt vor Euch!“
 
Der Pfortensteiner erwiderte kurz und zweifelnd den Blick der Geweihten, tat dann aber wie ihm geheißen und ließ den Blick über den Burghof schweifen. Noch immer übten sich die Knappinnen und Knappen Rubreths unter Ritter Gunnolfs Aufsicht im Schwertkampf. Inzwischen hatte er sie paarweise aufgeteilt und ließ sie mit den Übungsschwertern gegeneinander kämpfen. Am nächsten zu den beiden Zuschauern hatten sich die Knappinnen Halina von Trullen und Duridanya von Luring aufgestellt. Soweit der Landvogt wusste, waren die beiden jungen Frauen gut miteinander befreundet. Auf ein Zeichen des Cresseneckers hin, begannen die Knappen ihre Übungskämpfe.
 
„Ihr sprecht von den beiden Knappinnen hier vorne?“ Unsicher sah Rondradan zu Alwene, welche bestätigend nickte.
 
„Ist es denn nicht offensichtlich, Hochgeboren?“ Die Geweihte hob die Hand und zählte an den Fingern ab. „Jung, rondrianisch, höfisch ausgebildet, von Stand und tugendhaft. Was wollt Ihr noch mehr?“
 
„Zugegeben, sie würden beide die Anforderungen erfüllen.“ Er neigte leicht den Kopf und betrachtete die Kämpferinnen genauer. Wie Löwinnen umkreisten sie sich, um eine Lücke in der Deckung der anderen zu finden. „Halina ist die Erbin des recht wohlhabenden Junkertums Trullen in Randersburg. Ich verstehe mich sehr gut mit ihrem Vater, doch wäre hier sicherlich ein Erbvertrag notwendig, da ich mir nicht vorstellen kann, dass Korhold das Erbe seiner Familie an die Pfortensteiner übergehen lässt. Ich würde es umgekehrt nicht anders machen. So oder so ließe sich hier mit einem Traviabund zugleich eine starke Allianz schmieden. Duridanya dagegen ist mit dem Grafenhaus verwandt, wenn die Abstammung von Graf Griffo auch schon einige Generationen zurückliegt. Sie besitzt nicht viel außer ihrem Namen, doch der hat es wahrlich in sich!“
 
„Noch dazu sind sie beide nicht mit Hässlichkeit geschlagen“, stellte Alwene nüchtern fest.
 
„Das ist unzweifelhaft wahr, doch sind es noch immer Knappinnen“, warf Rondradan ein. „Halina ist die meine und Duridanya die von Ritter Gunnolf.“
 
„Sie sind beide alt genug für den Ritterschlag und sollen diesen sowieso im nächsten Rondramond erhalten. Ausreichend Zeit, um auch eine Hochzeit vorzubereiten, findet Ihr nicht?“ Die Geweihte sah den verblüfften Pfortensteiner mit etwas ärgerlicher Miene an. „Ihr wisst, was Ihr wollt, und Ihr wisst, wo und wie Ihr es bekommen könnt. Rondra hat Euch einen eindeutigen Fingerzeig gegeben. Lästert der Leuin nun nicht mit Zögerlichkeit!“
 
„Ihr habt Recht, Euer Gnaden.“ Rondradan wandte den Blick wieder den kämpfenden Knappen zu. „Doch welche der beiden soll es sein?“
 
„Lasst die Göttin entscheiden“, meinte Alwene schlicht und richtete ihre Aufmerksamkeit nun ebenfalls wieder auf das Treiben im Burghof.
 
Die Duelle der Knappen waren bis auf eines inzwischen entschieden. Der junge Felan hatte gegen den etwas älteren Eslam knapp den Kürzeren gezogen und der aus Hirschfurten stammende Helgor hatte gegen die zwei Götterläufe ältere Belgunde keinen Stich gesehen.
 
Nur der Kampf zwischen den beiden ältesten Knappinnen Duridanya und Halina war noch nicht beendet. Sie schenkten sich nichts und immer wieder krachten die Übungsschwerter wuchtig auf die gepolsterten Übungsschilde. Ritter Gunnolf machte schon ein paar Schritte auf die beiden zu, um das Gefecht als Unentschieden zu beenden, doch hielt er inne, als er von Alwene von Greenstade angezeigt bekam, er möge die jungen Frauen ihren Kampf fortsetzen zu lassen.
 
Wenige Augenblicke später kam Halina auf dem rutschigen Untergrund aus der Balance, was die flinke Duridanya nicht ungenutzt ließ. Mit einem wuchtigen Schildschlag brachte sie die jüngere vollends zu Fall und hielt ihr grinsend die stumpfe Schwertspitze an den Hals, bevor sie Halina schließlich mit einem freundschaftlichen Lachen auf die Beine half.
 
„Wohlan, dann also Duridanya“, meinte Rondradan an die Geweihte neben sich gewandt. „Sie ist Vollwaise und Ritter Gunnolf als ihr Schwertvater ihr Oheim. Ich werde das am besten noch heute mit ihm besprechen. Ihr sagt dem Ritterschlag und der Hochzeit im Rondramond steht nichts im Wege?“
 
Alwene nickte zufrieden. „Rondra will es! Und so wird es geschehen.“
 
===Kapitel 10 - Aufräumen===
2. Ingerimm 1047 BF, Burg Rubreth
 
Landvogt Rondradan Helmar von Pfortenstein war an diesem Morgen besonders gut gelaunt. Heute wollte er sich von den letzten Resten seines inzwischen gelösten Traviabundes mit Melina von Ehrenstein befreien und tatsächlich fühlte sich dieser Gedanke für ihn auch sehr befreiend an. Fast jugendlich beschwingt schritt der Mittvierziger durch die Gänge der Burg, hin zu dem Zimmer, was einmal das gemeinsame Schlafzimmer von ihm und Melina gewesen war. Algon Raultreu von Roßsprunk erwartete ihn verabredungsgemäß bereits vor der Tür.
 
„Nun Roßsprunk, es ist an der Zeit, dass dieses Zimmer wieder dem Zweck zugeführt wird, zu dem es einmal gedacht war.“ Rondradan rieb sich mit leichter Vorfreude die Hände, während er das Schlafgemach betrat.
 
„Ich hatte mich schon gefragt, warum Ihr mich hierher zitiert habt Hochgeboren.“ Der Truchsess von Rubreth steckte den Schlüssel sorgsam wieder ein, mit dem er das sonst verschlossen gehaltene Zimmer geöffnet hatte. „Was genau wünscht Ihr, das geschehen soll?“
 
Der Landvogt schritt langsam durch den großen Raum und besah sich alles gründlich. Hier und da verzog er süffisant den Mund, wenn ein Gegenstand eine bittersüße Erinnerung weckte. „Ich wünsche, dass alles bisherige Mobiliar aus diesem Zimmer entfernt und ersetzt wird. Die Wäschetruhen, der Tisch, der Spiegel, die Kommoden, alles. Vor allem ein großes und bequemes Bett. Die Drechsler sollen alles mit den Wappen derer von Pfortenstein und von Luring verzieren.“
 
„Sehr wohl, Hochgeboren.“ Algon fuhr sich nachdenklich mit der rechten Hand durch den grauen Bart. „Was soll mit den Möbeln geschehen? Einiges davon hat die Frau von Ehrenstein erst vor wenigen Götterläufen anschaffen lassen. Gerade das Bett ist kaum benutzt. Es wurde nur kurz vor Frau von Ehrensteins Absetzung als Landvögtin geliefert. Als Feuerholz in der Küche wäre es verschwendet.“
 
„Da habt Ihr wohl Recht.“ Rondradan öffnete eine der Wäschetruhen und sann kurz nach. „Nehmt diese Truhen wie sie sind und schickt sie nach Halhof. Das Letzte, was ich will, ist irgendein kindischer Streit um Unterwäsche. Mit den restlichen Möbeln richtet ein weiteres Schlafzimmer für hohe Gäste ein. Das werden wir demnächst auch brauchen.“
 
„Ich werde das Nötige veranlassen.“ Der Truchsess nickte. „Graf Drego wird es sicherlich zu schätzen wissen, standesgemäß zu nächtigen. Frau von Ehrenstein war mit dem Mobiliar weitgehend sehr sparsam und zurückhaltend gewesen.“
 
„Sehr gut. Das Gerede über den spärlichen Komfort auf der Burg stört mich sowieso schon eine geraume Weile. Es wird Zeit, dass Rubreth wieder zu einem Ort wird, zu dem hohe Gäste gerne kommen.“ Der Pfortensteiner klatschte zufrieden in die Hände. „Wo wir dabei sind, haben wir schon weitere Antworten von den geladenen Gästen?“
 
„Tatsächlich erreichte uns heute in der Früh ein Bote aus Hirschfurten. Baron Nimmgalf lässt sich entschuldigen. Allerdings wird sich Ederlinde von Luring an seiner Statt die Ehre geben.“
 
„Wie schade“, meinte Rondradan mit unverhohlenem Sarkasmus in der Stimme. „Aber ich bin sicher, dass ich mit der Schwester unseres Grafen das eine oder andere interessante Thema besprechen kann.“
 
„Zugesagt haben außerdem Baronin Tsaiana von Waldfang-Angerwilde und Baron Erlan von Zankenblatt. Pfalzgraf Udilbert von Hardt lässt sich durch seine Gattin und seine Tochter vertreten. Aus Schwarztannen warten wir noch auf Antwort. Abgesagt haben weiterhin der Langenlob und Baron Haldan von Rallersgrund. Letzterer schrieb die Situation mit dem Banditen an der Grenze zu Waldstein fordere gerade seine ganz Aufmerksamkeit.“
 
„Um diesen Emporkömmling Langenlob ist es nicht schade. Ich war auch wirklich froh, dass der nicht wieder um den Grafen herumscharwenzelte, als ich wegen Duridanya vorsprechen wollte. Ein wahrhaft unangenehmer Mensch“ Rondradan schüttelte sich kurz mit plötzlicher Abscheu und wurde dann nachdenklich. „Wegen dem Rallersgrunder werde ich demnächst wohl einmal in Rallerspfort vorbeischauen müssen. Ich bekomme langsam das Gefühl ihm wachsen die Probleme über den Kopf und ich will nicht, dass Pfortenstein oder unser Verbündeter in Berstenbein darunter zu leiden haben. Aber gut, das ist Familienpolitik. Wie laufen die sonstigen Vorbereitungen, Roßsprunk?“
 
„Wir sind noch immer dabei die Vorräte aufzustocken. Die georderten Bierfässer und der Wein sind größtenteils bereits geliefert worden. Sogar zwei große Fässer mit Zwergenbräu aus der Baronie Kressenburg aus dem Greifenfurtschen.“
 
„Welch nette Geste von Baron Ardo.“ Der Pfortensteiner war freudig überrascht. „Sein Onkel Wulfhelm ist mit einer Pfortensteinerin verheiratet und hat mich in der Fehde gegen die Erlenfaller unterstützt. Ein tüchtiger Rittersmann!“
 
„Ah, ich verstehe.“ Algon machte sich gedanklich eine Notiz und fuhr fort. „Das Schlachtvieh für das Bankett wird aber erst Mitte Praios eintreffen, sonst frisst es uns nur unnötig die Scheuer leer. Die Dame Ailinde meinte zumindest erst gestern zu mir, dass alles seinen Gang geht.“
 
„Sehr gut, haltet mich da auf dem Laufenden. Ich werde Euch jetzt aber wieder verlassen müssen.“ Rondradan wandte sich zur Tür, um das große Schlafzimmer wieder zu verlassen. Sein Truchsess folgte ihm und schloss sorgsam hinter sich ab. „Ihro Gnaden von Grenstade erwartet mich gleich in der Rondra-Kapelle, um einige Details der Hochzeitszeremonie zu besprechen.“ Ritter Algon verbeugte sich, während Rondradan eilig und weiterhin sehr beschwingt davoneilte.
 
===Kapitel 11 - Mädelsabend===
12. Rahja 1047 BF, Burg Rubreth
 
Mit der Präzision, mit der sie inzwischen gelernt hatte, ihr Schwert zu führen, führte Duridanya von Luring die Bürste durch die lange braune Lockenmähne ihrer Schwertschwester Halina Rondara von Trullen, während diese vor ihr auf dem Bett saß. Die Freundinnen hatten es sich zu eigen gemacht, sich nach dem Bade gegenseitig die Haare zu richten, hatten sie als Knappinnen doch keine eigene Zofe, die sich darum kümmerte. Für gewöhnlich ließen sie sich dabei über die Unfähigkeiten und Missgeschicke ihrer Mitknappen am Rubrether Hof aus. An diesem Tag jedoch stand der jüngeren Halina der Sinn nach einem ganz anderen Thema.
 
„Und? Bist du schon sehr aufgeregt?“ Neugierig drehte sich Halina halb zu ihrer Freundin um, damit sie einen Blick auf ihre Reaktion erhaschen konnte.
 
„Weswegen? Was meinst du?“ Die Luringerin gab sich unwissend, ihre leicht erhobene Stimme strafte sie aber Lügen.
 
„Tu doch nicht so! Wegen deiner Hochzeit natürlich!“ Die junge Trullen drehte sich nun vollends und fixierte Duridanya mit ihrem Blick.
 
Diese gab sich aber weiter unwissend und wollte auf das Angesprochene scheinbar gar nicht eingehen. „Achso, ich dachte wegen des bevorstehenden Ritterschlags. Ihro Gnaden Grenstade und mein Schwertvater haben mir ja alles schon erklärt, aber trotzdem habe ich etwas Angst mich vor der Göttin bei den traditionellen Schwurworten zu verhaspeln.“
 
„Übe du lieber den Traviaschwur fehlerfrei aufzusagen!“ Mit gespielter Wut schnappte Halina ihr die Bürste aus der Hand und drohte ihr damit wie mit einem Dolch. „Herr Rondradan wird es nicht lustig finden, wenn da etwas schiefläuft.“
 
„Das ist mir schon klar.“ Duridanya wurde mit einem Mal sehr still und ernst und die jugendliche Unbekümmertheit wich aus ihrem Gesicht. „Ich habe ehrlicherweise sehr große Angst, weißt du?“
 
„Du und Angst?“ Die Jüngere schaute verblüfft drein. Sie hätte alles von ihrer Freundin erwartet, aber nicht, dass sie vor irgendetwas Angst hätte. „Das musst du nun wirklich nicht! Ich weiß, Herr Rondradan sieht ein wenig wild aus mit seinen langen schwarzen Haaren, dem ungepflegten Stoppelbart, den Narben aus unzähligen Kämpfen überall am Körper, …“ Fast klang es wie Schwärmerei, als sie die vermeintlichen Schwächen ihres Schwertvaters aufzählte. Sie unterbrach und räusperte sich, bevor sie weiterredete. „Habe keine Sorge, Herr Rondradan ist ein götterfürchtiger Mann und wird dich gut behandeln. Dessen bin ich mir sicher.“
 
„Das bezweifle ich auch gar nicht. Immerhin hat er den Segen der Herrin Rondra nach allem was man hört. Er ist ein bekannter Tjoster, in der Fehde mit den Erlenfallern gewann er das Göttinnenduell aufs Dritte Blut und Ihro Gnaden Grenstade hält große Stücke auf ihn.“ Sie zögerte zuzugeben was sie tatsächlich bedrückte, rang sich dann aber durch. „Es ist einfach nur, er ist so alt. Fast dreimal so alt wie ich. Er hat viel mehr von Dere gesehen und erlebt. Wie soll ich ihm eine ebenbürtige Gattin sein? Alles, was ich ihm zu sagen hätte, muss ihm doch furchtbar kindisch und albern vorkommen. Meinst du nicht auch?“
 
„Ich möchte ja keine romantischen Träume zerstören, aber ich glaube nicht, dass Herr Rondradan dich heiratet, weil er jemanden zum Reden braucht.“ Haldora wirkte plötzlich sehr viel reifer als ihre ältere Schwertschwester. „Du bist jung, stammst aus dem ersten der Reichsforster Häuser und bist mit deinem Ritterschlag heiratsfähig. Ich habe meinen Schwertvater in den letzten Götterläufen gut kennengelernt. Die Pfortensteiner sind seit der Reichsforster Fehde eine recht kleine, wenig vermögende und lange Zeit zu Unrecht wenig geachtete Familie. Sie sind stolz, götterfürchtig und traditionell, wie Herr Rondradan selbst auch. Aber sie brauchen jeden Taler aus ihren wenigen Lehen und jeden Erben den die Herrin Tsa ihnen schenken mag. Da du zwar aus sehr gutem Haus bist, aber wirklich wahnsinnig wenig Aussteuer beizutragen hast, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass sich mein Schwertvater von dir vor allem einen oder besser gleich mehrere Erben erhofft.“
 
„Musst du das so direkt aussprechen?“ Duridanya wurde knallrot im Gesicht, was dank ihrem blassen Hautton und den hellblonden Haaren nur noch deutlicher hervortrat. „Was du sagst, ist mir schon sehr bewusst, aber das macht es mir nicht leichter. Auch hier hat Herr Rondradan deutlich mehr Erfahrung als ich. Und er ist so viel älter als ich.“ Wieder kam sie auf das Alter des Landvogtes zu sprechen, was ihr wirklich zu schaffen machen schien. „Ich hatte immer davon geträumt einmal auf einem Turnier einen gutaussehenden jungen Ritter zu treffen, mich zu verlieben und den Traviabund zuschließen, nachdem Rahja uns zueinander geführt hat.“ Ein ebenso sehnsüchtiges wie resignierendes Seufzen kam von ihren Lippen.


„Jetzt rede doch nicht so einen Schwachsinn!“ Halina unterbrach sie barsch. „Man könnte meinen man spräche mit einer kleinen unerfahrenen Pagin, wenn man dir zuhört!“ Sie legte die Bürste beiseite und nahm Duridanyas beide Hände in ihre, während sie sie eindringlich ansah. „Herr Rondradan mag nicht mehr der jüngste Ritter auf dem Turnierplatz sein, aber ich kann dir versichern, dass du keinen Tattergreis heiraten wirst. Zuletzt erst gewann er das Turnier in Randersburg und beim noch größeren Luringer Grafenturnier war er auch im Halbfinale. Die ganzen Jungritter haben nicht halb so viel drauf wie er und in Form ist er wie kaum ein Zweiter. Und ich muss es wissen, schließlich lege ich ihm regelmäßig seine Turnierrüstung an.“ Ein schelmisches Grinsen trat auf das Gesicht der Knappin als sie der älteren zuzwinkerte. „Und nach dem, was ich gerade im Bade gesehen habe, brauchst du dich auch nicht zu verstecken. Ich denke ihr beide werdet viel Freude aneinander haben.
Der Kampf im Versteck der Diebe war kurz gewesen. Die von Hauptmann Rallerau befohlene Zangenbewegung hatte dafür gesorgt, dass keiner der übrigen fünf Räuber entkommen konnte. Gegen Hagen, Quelina und Aldemar hatten sie sich noch erfolgreich zur Wehr gesetzt, zumal sie nicht mehr hatten überrascht werden können, doch als dann noch Jeswine, Wulfhelm und Gerion in den Kampf eingegriffen hatten, waren die Verbrecher schnell überwältigt worden. Zwei wurden niedergemacht, drei lebend nach Randersburg gebracht, wo sie vom Pfalzgrafen nach kurzem Prozess zum Tod durch den Strang verurteilt wurden. Rothbert von Holdbrucken blieb wie ihm versprochen wurde das Spektakel auf dem Marktplatz erspart. Sein Richtplatz befand sich im Großen Hof der Randersburg, vor den Stufen des Rondra-Tempels. Nachdem Kopf und Rumpf des Ritters fortgeschafft worden waren, bat Udilbert von Hardt den Keilholtzer noch einmal in seine Schreibstube.


Wenn es möglich gewesen wäre, wäre Duridanya noch röter geworden, während sie beschämt die Augen niederschlug. „Trotzdem habe ich ihm Gegensatz zu ihm keinerlei Erfahrung wie man sich dabei anstellt.“ Ihre Stimme wurde ein leises Flüstern und sie sah sich um, als hätten die Wände ihrer Knappenkammer Ohren. „Du weißt schon. Beim Rahjaakt.
„Ritter Keilholtz“, fing der Pfalzgraf wie es seine Art war ohne große Umschweife an, sobald die Tür hinter ihnen verschlossen war. „ich möchte mich noch einmal persönlich dafür bedanken, dass Ihr Euch in dieser Angelegenheit so sehr bemüht habt. Ihr habt mir und damit dem Reich und der Kaiserin einen großen Dienst erwiesen. Aus diesem Grund möchte ich euch nun eine Frage stellen. Steht Ihr im Lehensverhältnis zu Eurem Herrn oder sonst irgendwem, oder seid Ihr ein einfacher Dienstritter?


Halinas Grinsen wurde noch breiter. „Ich glaube dabei kann ich dir helfen.“ Die Verwirrung ihrer Freundin ignorierend eilte sie kichernd zu der Wäschetruhe neben ihrem Bett. Sie langte bis auf den Boden hinunter und ihre Hand kam schließlich mit einem kleinen Büchlein wieder zum Vorschein. „Verrate mich nicht, aber das hier habe ich in der privaten Bibliothek der Ehrensteinerin gefunden.“
„Weder noch, Euer Hochwohlgeboren.“ Wulfhelm beeilte ob Udilberts fragenden Blick diesen Umstand aufzuklären. „Tatsächlich ist mein Dienstherr, der Baron zu Kressenburg, mein eigener Neffe, der Sohn meines ältesten Bruders. Als ich vor einiger Zeit, nach vielen Götterläufen des Dienstes für die Krone, mit nichts als meinem Pferd, meiner Rüstung und meinem Schwert aus der Wildermark heimkehrte, nahm er mich in seine Dienste, damit ich ein Auskommen und einen Sinn auf Dere habe und nicht etwa zum Heckenritter verkomme. Ich besitze seitdem nicht sehr viel mehr als zuvor, doch muss ich mir zumindest um die nächste Mahlzeit oder die Reparatur meiner Rüstung keine Sorgen mehr machen.“


„Was ist das?“ Mistrauisch nahm Duridanya das Buch entgegen und las den Einband. „Die Abenteuer der Wildhüterin Alrike, Band zwei, Waldeslust.“ Fragend ging ihr Blick zurück zu Halina.
„Ich verstehe.“ Der Hardt nickte wie zu sich selbst. „Das erleichtert mein Anliegen ungemein. Wie Euch nicht entgangen sein dürfte, stehe ich gerade vor der Aufgabe ein vakantes Lehen neu vergeben zu müssen. Ritter Holdbrucken hatte natürlich Kinder. Seine älteste Tochter lebt hier auf der Randersburg und ist die Gemahlin meines Gardehauptmanns, was Ihr vielleicht schon wisst. Doch ist mein Vertrauen in die Familie Holdbrucken gerade nicht das Beste, wie Ihr Euch sicherlich ebenfalls vorstellen könnt. Da es sich bei der Herrschaft Blaufelden zudem rein rechtlich um kein erbliches Lehen handelt, steht es mir frei jemanden Geeignetes für diese Position zu finden. Um es kurz zu machen, mir hat Euer Verhalten, Eure Tatkraft und Gewitztheit sehr imponiert. Ich erkenne in Euch einen erfahrenen, zupackenden Kämpen und da keine anderen Verpflichtungen Euch binden, biete ich Euch an, die Herrschaft Blaufelden zu übernehmen und damit mein Lehnsmann zu werden. De jure gehört die Herrschaft natürlich zum Junkertum Trullensee. Aber ich denke der Junker wird sich meiner ausdrücklichen Bitte, Euch für diese Position auszuwählen, nicht verwehren.“


„Rahjanische Prosa“, meinte diese verschwörerisch lächelnd. „Wenn du das gelesen hast, bist du auf alles vorbereitet, was Herr Rondradan in der Hochzeitsnacht mit dir machen könnte.“
Wulfhelm schwieg vor Überraschung, während der Pfalzgraf ihn erwartungsvoll ansah. „Puh, da habt Ihr mich mit heruntergelassenen Hosen erwischt, wie man so schön sagt“, brach es mit einem Grinsen aus ihm heraus, als er die Sprache wiederfand. „Da sage ich doch einfach mal ja, bevor Ihr es Euch anders überlegt. Mein Neffe wird den Verlust eines Dienstritter verschmerzen können. Wahrscheinlich ist er im Stillen eher froh darum mich von der Kostenliste zu streichen, auch wenn er das natürlich nie zugeben würde. Die Familie ist bei uns heilig.“ Der letzte Satz klang aus seinem Munde tatsächlich mehr wie eine heilige Formel als nach einem einfachen Sprichwort. „Wann kann ich meinen Lehnseid leisten?


„Also wirklich…“ Unschlüssig wanderte der Blick der Luringerin von Halina zum Buch in ihrer Hand und zurück. „Das soll helfen?
„Wenn Ihr das wünscht, sofort.“ Udilbert warf einen Blick auf den fast leeren Burghof. Nur ein paar Mägde waren noch damit beschäftigt mit Sand und Spänen die Blutlache vor dem Rondra-Tempel zu entfernen. „Ihro Gnaden Audora sollte inzwischen wieder in der Praios-Kapelle anzutreffen sein.“


„Glaube mir ruhig. Nachdem ich das gelesen hatte, war ich kurz davor, den Herrn Rondradan zu bitten mir aus der Rüstung zu helfen.“
===Kapitel 9===
Ehevertrag in der Taverne, Unruhige Zeiten Geschichte anpassen


„Halina!“ Entrüstet griff Duridanya nach einem Kissen, warf es der Schwertschwester ins Gesicht und sah sie vorwurfsvoll an. Nach einem Moment der Stille fingen die beiden Freundinnen plötzlich zeitgleich an hemmungslos zu Kichern.
===Kapitel 10===
Jeswines Schwangerschaft, Unruhige zeiten Geschichte anpassen


==Die Vertrauten der Krone==
==Die Vertrauten der Krone==

Aktuelle Version vom 15. September 2025, 17:52 Uhr

Das Erbe der Pfortensteiner

Ideensammlung Fortsetzung

- Ludolf von Pfortenstein bittet seinen Onkel Rondradan darum in die Rondra-Kirche eintreten zu dürfen, um das Vermächtnis seines Vaters fortzusetzen
- Rondradan verspricht es ihm, bittet ihn aber um Geduld, bis er die Erbfolge von Pfortenstein und Olbershag entsprechend geklärt hat
- die Vögtin Ysinthe von Pfortenstein bekommt das Junkertum Olbershag als Lehen in Aussicht gestellt, wenn ihre Tochter als alleinige Erbin der Purgation unterzogen wird und bei Rondradan Knappin wird
- Rondradan unterstützt Felian von Perainsgarten bzw. Lechmin von Rallerspfort bei der Zurückerlangung der Baronswürde von Rallerspfort, wofür er im Gegenzug wieder als Junker von Pfortenstein eingesetzt wird
- Ritterin Olmerga von Pfortenstein bleibt Vögtin zu Pfortenstein, solange Rondradan Landvogt von grfl. Rubreth ist

Erweiterte Wegelagerei

Kapitel 1

Wulfhelm und Gerion waren den zwei Kressenburger Ochsenkarren einiges voraus, während Ingmar die Nachhut übernommen hatte. Die Greifenfurter erwarteten nicht wirklich hier im ritterlichen Herzen des Reiches auf Probleme zu stoßen, aber ihre wertvolle Fracht aus verhütteten Metallen für die Luringer Spiegelmacherzunft ließ sie vorsichtig bleiben. Das sollte sich bald unerwartet zu ihrem Vorteil erweisen.

Gerade erst hatten die Ritter den Grenzstein zwischen den Baronien Rallerspfort und Randersburg hinter sich gelassen. An dieser Stelle zog sich ein Ausläufer des Reichsforstes bis fast an die Handelsstraße heran und verbarg den weiteren Verlauf des Weges. Hinter einer Wegbiegung bot sich ihnen plötzlich ein überraschendes Bild. Ein Handelskarren hielt nur wenige Dutzend Schritte vor ihnen mitten auf dem Weg, umringt von einer Gruppe bewaffneter, recht verlumpt daherkommender Gestalten. Eine mit einem Schwert bewaffnete Person in leichtem Lederzeug hatte sich direkt vor dem Ochsengespann aufgebaut, um ihm den Weg zu versperren. Drei Gestalten waren gerade dabei die Säcke auf der Ladefläche zu durchwühlen. Der Kutscher hatte indes abwehrend die Hände gehoben, während er offensichtlich von einer verwegen dreinschauenden Frau mit einer leichten Armbrust bedroht wurde. Ein großer grobschlächtiger Mann der schräg hinter dem Wagen stand, erblickte die Neuankömmlinge fast sofort und rief seinen Spießgesellen eine laute Warnung zu.

Fast gleichzeitig reagierte die überraschte Räuberbande. Die leichte gerüstete Person dreht sich nur kurz um, wobei sie für die Greifenfurter als Frau mittleren Alters erkennbar wurde, und wandte sich augenblicklich zur Flucht in den nahen Wald. Die Räuberin mit der Armbrust gab aus der Drehung einen ungezielten Schuss in Richtung der Ritter ab und folgte, ohne sich weiter umzublicken. Ein bärtiger Geselle mit einem Jagdbogen stob hinter dem Wagen hervor in die entgegengesetzte Richtung davon und schlug sich in die Büsche, gefolgt von dem Hünen, der den Warnruf ausgestoßen hatte. Auch die drei Plünderer auf dem Wagen gaben Fersengeld. Der letzte jedoch blieb mit dem Fuß an der Karrenwand hängen, stürzte kopfüber auf den Pfad und blieb regungslos liegen.

Wulfhelm und Gerion hatten indes ihren Pferden die Sporen gegeben und zogen beim Anritt mit geübten Griffen die Schwerter blank. So schnell sie auch waren, konnten sie doch nicht mehr verhindern, dass sich der Rest der Bande ins Unterholz absetzte. Am Handelskarren angekommen sprang Gerion behände aus dem Sattel, um den am Boden liegenden Räuber keine Gelegenheit zur Flucht zu geben, während der Keilholtzer wachsam in Richtung des Waldes sicherte.

„Schade, aus diesem hier werden wir nichts mehr rausbekommen.“ Der Sturmfelser entspannte sich und blickte nun auch in Richtung Unterholz, während er mit seinem ehemaligen Schwertvaters sprach. „Der hat sich beim Sturz den Hals gebrochen.“

„So ein Pech aber auch“, kommentierte der Wildermarkveteran lakonisch. „Dabei hätte ich zu gerne erfahren, wo sich der Bau dieses Gesindels befindet.“ Er wartete noch ein paar Augenblicke, um sich davon zu überzeugen, dass die übrigen Räuber tatsächlich Fersengeld gegeben hatten, und sah sich dann nach dem verängstigten Kutscher um.

„Phex sei gepriesen, Hohe Herren! Ihr kamt gerade zur rechten Zeit.“ Mit zitternden Händen kauerte er sich auf den Kutschbock und nestelte an einem Trinkschlauch, den er in der Aufregung nicht aufbekam. Gerion kam ihm zu Hilfe, schnupperte kurz daran und lächelte, als er den typischen Geruch eines Gerstengebräus wahrnahm. „Seid bedankt, Herr. Ich dachte mein letztes Stündlein hätte geschlagen!“

„Das haben wir ja nun erfolgreich verhindern können.“ Wulfhelm hatte sein Pferd einmal im Kreis geführt und dann neben den Karren gelenkt, um mit dem Kutscher zu sprechen. „Aber sag, kamen dir diese Gestalten irgendwie bekannt vor? Oder hat es in der Gegend früher schon einmal Überfälle gegeben? So eine Bande taucht ja nicht aus dem Nichts auf. Da sie nicht beritten waren, müssen sie eigentlich irgendwo in der Nähe einen Unterschlupf haben.“

„Ich wünschte ich hätte darauf eine Antwort, Herr.“ Der Händler nahm noch einen Schluck und überlegte angestrengt. „Natürlich hört man immer wieder von Überfällen. Davor ist man auf der Straße nie gefeit. In den letzten Götterläufen hat es tatsächlich einige Karren in dieser Gegend erwischt. Mal auf dieser Route hier, mal auf der hinter Hornbach nach Waldstein. Aber es war nie so schlimm, dass sich die hohen Herrschaften in Randersburg, Camdenburg oder Rallerau groß damit beschäftigt hätten.“

„Was es für diejenigen die überfallen werden natürlich nicht weniger schlimm macht“, warf Gerion spitzzüngig ein.

„Da habt Ihr vollkommen Recht, Herr“, pflichtete der Händler aus ganzen Herzen bei. „Aber sagt, was verschafft mir das Glück, dass Aves Euch just zu meiner Rettung schickte?“

„Wir sind auf der Durchreise nach Luring.“ Wulfhelm blickte sich um und in diesem Moment erschien das erste Kressenburger Ochsengespann an der Wegbiegung. „Sind den ganzen Weg aus Greifenfurt über den Elfenpfad durch den Wald gekommen, deswegen die große Bedeckung. Sag, der nächste Ort ist doch nicht mehr weit entfernt, oder?“

„In Richtung Luring. Nein, nur etwas mehr als zwei Meilen, dann kommt ihr nach Waldenrath. Ein großer Marktflecken mit fast siebenhundert Seelen.“

„Wirklich dreist, dass diese Bande so nah an einem so großen Ort zugeschlagen hat. Die müssen sich wirklich sicher gefühlt haben.“

„In Zukunft werden sie wohl vorsichtiger sein.“ Der Keilholtzer wandte sich an den Kutscher. „Hilf Ritter Gerion den Toten auf deinen Wagen zu legen. Auf unseren ist kein Platz. Wir nehmen ihn mit nach Waldenrath und übergeben ihn den Bütteln.“

„Natürlich Herr, das ist mir tatsächlich sehr Recht. Ich hätte heute sowieso nicht mehr allein weiterreisen wollen. Liefern wir diesen Lump ab und morgen schaue ich, dass ich einen Wagenzug finde, dem ich mich nach Rallerspfort anschließen kann.“ Eilfertig sprang er vom Kutschbock. Gemeinsam mit dem Sturmfelser war es ein Ding weniger Augenblicke den leblosen Körper des unglücklichen Räubers auf die Ladefläche zu verfrachten.

„Gut, dann dreh dein Gespann und unsere Wagen werden sich anschließen.“ Wulfhelm wendete sein Pferd, um den Kressenburger Karren entgegenzureiten. „Gerion, übernimm die Spitze. Ich werde Ingmar indes erklären, was hier gerade vorgefallen ist.“

Kapitel 2

In Waldenrath erweckte der Einzug der Kressenburger nicht wenig aufsehen. Bis man am Marktplatz vor dem Wachgebäude der Stadtbüttel angekommen war, hatte sich eine beachtliche Menschentraube hinter dem Wagenzug versammelt. Der herbeieilende Weibel der Wachen war merklich irritiert ob der Vorgänge. Als er von Ritter Wulfhelm über die Umstände aufgeklärt worden war, ließ er sogleich einen Burschen in die Taverne am anderen Ende des Marktplatzes laufen, um zwei zufällig anwesenden Ritter aus Randersburg hinzuzubitten. Nach wenigen Minuten hatten auch diese sich an dem Handelskarren mit der Leiche des unglücklichen Räubers eingefunden.

„Praios zum Gruße!“ Der streng dreinblickende Ritter um die vierzig blickte mit deutlichem Missfallen auf die Szenerie. „Was haben wir denn hier?“

„Wulfhelm von Keilholtz ist mein Name, der meiner Gefährten Ingmar von Keilholtz und Gerion von Sturmfels“, stellte Wulfhelm als der Älteste die Kressenburger vor. „Wir sind als Bedeckung für einen Handelszug aus Greifenfurt hierhergekommen. Mit wem haben wir das Vergnügen?“ Bei der Frage schaute bewusst die jüngere Ritterin an, welche sich einen halben Schritt hinter dem forschen Rittersmann gehalten hatte.

„Hagen von Rallerau, Hauptmann der Randersburger Garde!“, antwortete dieser wieder mit befehlsgewohnter Stimme. „Dies hier ist Ritterin Jeswine von Pfortenstein, ebenfalls in den Diensten des Pfalzgrafen von Randersburg. Was also ist hier vorgefallen?“, kam er ohne Umschweife auf seine vorherige frage zurück.

„Wir wurden Zeugen, wie dieser Händler hier von einer Gruppe Räuber überfallen wurde. Als sie unser gewahr wurden gaben sie Fersengeld. Jener hier aber fiel unglücklich vom Wagen, den er gerade plündern wollte und brach sich das Genick.“ Der Keilholtzer stellte fest, dass sich die Pfortensteinerin im Hintergrund einen süffisanten Blick auf den Toten erlaubte.

„Wohlan, ihr habt wohlgetan und ich danke euch im Namen des Pfalzgrafen für euer Einschreiten.“ Er sah sich zu den Wachsoldaten um. „Weibel, hängt diesen Leichnam in Sichtweiter der Stadt am Waldrand auf. Als Mahnung und Warnung für jene, die versucht sein sollten es seinen Taten gleichzutun.“

Die Büttel beeilten sich der Anweisung des Rallerauer Ritters nachzukommen.

„Verzeiht, aber ich hielte es für sinnvoll, wenn die hohen Herren und nach Randersburg begleiten würden, um Herrn Udilbert persönlich von den Ereignissen zu berichten.“ Jeswine wandte sich von Hagen an Wulfhelm. „Die Raubüberfälle haben in den letzten Monden merklich zugenommen und ich bin mir sicher, unser Dienstherr hätte da die eine oder andere Frage, die er euch gerne persönlich stellen würde.“

„Da habt Ihr nicht Unrecht. Der Herr von Hardt packt die Dinge gerne selbst an.“ Hagen sah Wulfhelm fast herausfordernd an. „Wollt ihr uns also begleiten?“

„Gerion und ich werden Euch sehr gerne folgen. Ritter Ingmar wird jedoch beim Handelszug verbleiben und Sorge tragen, dass unsere Waren unbeschadet Luring erreichen.“ Er sah wie such der Widerspruch in Hagens Gesicht regte und fuhr fort, bevor er unterbrochen werden konnte. „Mein Vetter war bei dem Scharmützel ohnehin in der Nachhut und hat keinen der entflohenen Räuber zu Gesicht bekommen. Er könnte sowieso nur wiedergeben, was wir ihm über diese Leute erzählt haben.“

„In diesem Fall macht es wirklich keinen Sinn diesen Handelszug aufzuhalten, Herr von Rallerau. Meint Ihr nicht?“ Jeswine wartete das knappe Nicken des Hauptmanns kaum ab, bevor sie sich mit einem gewinnenden Lächeln wieder an Wulfhelm richtete. „Wenn ihr zwei mit uns kommt die den Kampf ausgefochten habt, wird dies vollkommen genügen.“

Kapitel 3

Wulfhelm war angenehm überrascht. Der knorrige Pfalzgraf aus dem Windhag imponierte ihm mehr als er offen zugeben mochte. Er versteckte sich nicht hinter Prunk und Protz, war klar in seinen Ansagen und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Ordnung und Sicherheit in dem ihm übertragenen Lehen seine wichtigste Aufgabe waren. Die Kaiserin hätte sich kaum einen besseren Verwalter ihrer Krongüter in Randersburg wünschen können. Sicherlich wäre er als Diplomat zum Lieblichen Feld denkbar ungeeignet, aber hier wo es um ehrliche harte Arbeit und zupackendes Handeln ging, war er in seinem Element.

„Wir müssen also den Zwölfen danke, dass Ihr gerade zufällig in der Nähe wart“, fasst Udilbert die Geschichte der Greifenfurter gerade knapp zusammen. „Das gefällt mir nicht! Ich hasse es, die Dinge dem Zufall zu überlassen. Zumal uns diese immer dreister werdenden Überfälle Silber kosten, die am Ende des Götterlaufs in der Truhe der Kaiserin fehlen. Hauptmann Rallerau, warum waren Sie und Ritterin Pfortenstein nicht zur Stelle?“

Der angesprochene nahm Haltung an und blickte zerknirscht drein, während er antwortete. „Wir hatten Weisung über Camden bis Waldenrath zu patrouillieren und über Hornbach zurückzukehren. Der grenznahe Straßenabschnitt nach Rallerspfort lag dieses Mal nicht in unserem vorgegebenen Aufgabenbereich.“

„Ich verstehe. Also schon wieder. Schon wieder!“ Wütend schlug der Pfalzgraf seine rechte Faust in die linke Handfläche. Dann erkannte er die fragenden Blicke der beiden Gäste aus Kressenburg. „Diese Bande ist raffiniert. Sie unterlaufen unsere Verteidigung, schlagen Finten, sind immer dort wo wir gerade nicht sind. Es ist zum aus der Haut fahren!“ Wie ein gefangener Berglöwe tigerte er ein paar Mal vor seinem Schreibtisch hin und her. „Es ist egal wie oft wir unsere Routen verändern, es ist egal in welchem Rhythmus wir patrouillieren oder welche meiner Ritter ich aussende. Immer schlagen sie uns, schlagen sie mir, ein Schnippchen!“

„Wenn Ihr erlaubt“, begann Wulfhelm und zögerte kurz, bis ein kurzes Nicken Udilberts ihn aufforderte weiterzusprechen. „Ich habe viele Götterläufe in der Wildermark zugebracht. Ritter Gerion hier war in dieser Zeit mein Knappe. Das Aufspüren solcher Banden zählte dabei zu unseren täglichen Aufgaben bei dem schweren Versuch diesem der Gesetzlosigkeit anheimgefallenen Landstrich wieder Ordnung und Frieden zu bringen. Wir erwarten meinen Vetter erst in ein paar Wochen zurück aus Luring. Bis dahin möchten wir Euch gerne unsere Dienste anbieten und bei der Beseitigung dieses Problems behilflich sein. Erwartet bitte keine Wundertaten, aber vielleicht finden wir einen Hinweis, der bisher übersehen wurde.“

„Ein frischer unverstellter Blick auf ein altes Bild, hm?“ Udilbert rieb sich den Dreitagebart am Kinn. „Wohlan, wenn dies Euer Wunsch ist. Ich wäre töricht die mir so freimütig angebotene Hilfe auszuschlagen. Ihr sollt auf der Randersburg Kost und Logis erhalten, bis Ihr uns verlassen müsst. Ritter Rallerau! Kümmert Euch darum, jetzt!“ Der Hauptmann stand wieder stramm, grüßte ab und entfernte, sich ohne die Miene zu verziehen. „Ritterin Pfortenstein, ich erteile euch die Aufgabe unseren Gästen alles zu erzählen und zu erklären, was für das Aufgreifen dieser verfluchten Bande notwendig ist. Ich wünsche Resultate! Ritter Keilholtz, Ritter Sturmfels, viel Erfolg.“

Jeswine, die ihren Vorgesetzten sehr gut kannte, wusste, dass sie die Schreibstube jetzt zu verlassen hatten. Sie gab den Greifenfurtern mit einem knappen Nicken zu verstehen, dass sie vorgehen sollten, und schloss am Ende hinter ihnen die Tür.„Na dann kommt mal mit. Ich hoffe euch ist klar, worauf ihr euch da eingelassen habt. Der Hardt belohnt gute Arbeit und treue Dienste immer, aber wehe, wenn ihr ihn enttäuscht.“ Mit einem freundlichen Lächeln fügte sie dann hinzu: „Ach ja, wenn wir nicht beim alten Hardt sind, könnt ihr mich gerne einfach Jeswine nennen.“

Kapitel 4

Ein paar Stunden später saßen die drei Ritter zusammen im Scriptorium der Randersburg. Aldemar von Radewitz, der Sekretär des Pfalzgrafen, hatte ihnen auf ihren Wunsch hin alle Schriften zusammengetragen, welche sich in den letzten zwölf Götterläufen im Zusammenhang mit Raubüberfällen angesammelt hatten. Aufgeteilt auf die Jahrgänge, ergab sich tatsächlich schnell ein Bild, welches zu den bisherigen Aussagen passte. Denn die Pergamentstapel wurden für die letzten fünf Götterläufe beständig dicker.

„Ich denke wir können die Suche eingrenzen“, meinte Gerion in Anbetracht der vielen Schriftsstücke. Er blickte kurz zum Keilholtzer, der bestätigend brummte.

„Die letzten sechs Götterläufe sollten reichen.“ Aldemar trat heran und sammelte die nicht benötigten Schriften sorgsam wieder ein. „Haben wir eine Karte der Randersburger Lande?“, fragte Wulfhelm an den Radewitzer gerichtet.

Dieser nickte. „Ich werde sie holen, wenn Ihr dies wünscht.“

„Ja bitte, ich kenne mich in Randersburg nicht aus und ich muss, wissen wie sich diese Meldungen auf die verschiedenen Ecken der Baronie verteilen.“ Der Sekretär ließ sie mit einem stummen Nicken allein. „Sehr gut. Jeswine, Gerion, ihr fangt mit den aktuellen Meldungen an, ich kümmere mich zuerst um die alten Sachen.“

„Schon klar“, stichelte der Sturmfelser gegen seinen ehemaligen Schwertvater und pustete theatralisch durch. „Du willst nur nicht so viel lesen müssen. Aber ist wahrscheinlich besser so, sonst sitzen wir nächstes Jahr noch hier.“

Jeswine kicherte überrascht los. „Verzeiht, Wulfhelm, ich wollte euch nicht auslachen.“ Ein wenig beschämt wegen ihrer mangelnden Selbstbeherrschung wurden ihre Wangen rot und sie schlug die Augen nieder.

„Schon gut, der Knabe da gibt einfach gerne damit an, dass er schneller lesen kann als sein alter Lehrmeister.“ Mahnend hob er den Zeigefinger in Richtung von Gerion. „Mit dem Schwert versohle ich dir trotzdem noch jederzeit den Hosenboden, Jüngelchen.“

„Friede, Wulfhelm, Friede“, grinste dieser und hob abwehrend die Hände. „Lass uns anfangen.“

„Sehr gut“, meinte die Pfortensteinerin, die sich wieder gefangen hatte. „Bis Herr von Radewitz mit der Karte zurück ist, fragt mich sonst einfach, wenn euch nicht klar ist, welcher Ort zu welchem Lehen gehört.“

Der Keilholtzer nahm das erste Schriftstück in die Hand und überflog es. „Ich habe da gleich was. Wo liegt dieses Bronau?“

Nach ein paar Minuten gesellte sich Aldemar von Radewitz wieder zu ihnen und brachte die gewünschte Karte. Sie breiteten diese auf dem großen Eichentisch vor sich aus und begannen die Meldungen grob zuzuordnen. Als alle Pergamente verteilt waren ergab sich ihnen ein recht klares Bild.

„Das hier ist die Reichsstraße, richtig?“, vergewisserte sich Wulfhelm und deutete auf die dicke Linie, welche die Randersburger Land von Ost nach West in eine nödliche und eine südliche Hälfte teilte.

„Genau“, bestätigte Jeswine. „Hier sind dann die Randersburg, Hornbach, Nuzell, Ettingen, Trullenheim und Waldenrath.“ Erklärend deutete sie auf die größeren Ortschaften der pfalzgräflichen Lande.

„Auf der Reichsstraße haben wir erwartungsgemäß fast gar nichts.“, warf Gerion ein. „Aber wir haben eine massive Häufung firunwärts.“

„Das ist das Grenzgebiet nach Waldstein.“, erklärte die Hausritterin. „Die Familie Rallerau wacht seit Generationen über die einzige Handelsstraße über die Raller. Aber auf der Hälfte der Strecke liegt die Grafschaftsgrenze irgendwo mitten im Wald. Auch der Handelweg von Hornbach nach Rallerspfort, die Straße, auf der ihr auf die Räuber gestoßen seid, liegt meistenteils zu beiden Seiten von dichtem Wald gesäumt.“

„Ich verstehe. Ein großes unübersichtliches Gebiet, aber nicht genug Leute, um alles sinnvoll mit Patrouillen abzudecken.“ Wulfhelm strich sich nachdenklich durch seinen schwarzen Vollbart. „Ich denke wir können die Meldungen aus dem praioswärtigen Teil abräumen, Herr von Radewitz.“ Adelmar nickte stumm und tat wie ihm geheißen. „Lasst uns diese Schriften hier noch einmal genauer durchsehen, ob wir es weiter eingrenzen können.“

„Was mir direkt auffällt, das sind fast alles neuere Meldungen.“ Gerion deutete auf das Datum des ersten Schreibens, welches er in der Hand hielt. „Das ganze alte Zeug, was du hattest, war gut verteilt, aber jetzt häuft es sich im Norden.“

Jeswine war schon einen Schritt weiter. Sie überflog schnell alle Schreiben nach dem Ort der Meldung und hatte bald drei große und ein paar kleinere Stapel geschichtet. „Hornbach, Waldenrath, Rallerau.“ Sie tippte die Orte auf der Karte an. „In diesem Dreieck haben wir die meisten Meldungen.“

Wulfhelm nickte anerkennend. „Sehr gut! Wir wissen also, wo diese Bande operiert. Jetzt müssen wir überlegen, wie sie es anstellen auf diesem recht begrenzten Gebiet nie erwischt zu werden.“

„Tja, dann werden wir uns die Berichte wohl sehr gründlich durchlesen müssen.“ Der Sturmfelser seufzte gequält.

„Wenn Ihr wünscht, bin ich dabei gerne behilflich“, meldete sich der Sekretär zu Wort, der gerade damit fertig geworden war die zuletzt aussortierten Schriftrollen wegzuräumen.

„Aber gerne doch!“ Der Keilholtzer machte eine einladende Handbewegung und deutete auf einen freien Schemel am Tisch. „Achtet auf alles, was gehäuft vorkommt. Irgendein Muster müssen wir finden.“

Über ein Stundenglas verging. Das Rascheln von Pergament und das gelegentliche Räuspern eines der Ritter waren fast die einzigen Geräusche in der Schreibstube. Der Radewitzer war mit seinem Stapel als Erster fertig geworden, obgleich es der höchste gewesen war, und blickte erwartungsvoll in die Runde, der noch immer angespannt lesenden Ritter.

„Ich denke ich habe etwas gefunden“, sagte Adelmar ruhig. Sofort hatte er die Aufmerksamkeit der anderen. Wulfhelm schien dabei fast erleichtert zu sein, den Blick vom Pergament nehmen zu können. „Diese Schreiben hier sind alle von der Stadtwache in Hornbach gezeichnet. Aber offenbar wollte keiner der geschädigten Händler nach Hornbach. Die Überfälle erfolgten sämtlich, nachdem sie Hornbach gen Waldstein oder Rallerspfort verlassen hatten. Interessanterweise wurden zumeist recht wertvolle Transporte überfallen, da ist kaum ein Raubzug dabei, der das Risiko nicht wert war. Außerdem“, ergänzte er, „soweit es in den Berichten vermerkt ist, kamen die Überfallenen zuvor über die Angbarer Reichsstraße, zumeist aus der Reichsstadt Hirschfurt.“

Gerion blätterte schnell durch die Schreiben der Büttel aus Waldenrath, welche er vor sich liegen hatte. „Passt auffallend“, bestätigte er knapp „Die wollten alle nach Rallerspfort und kamen aus Hornbach.“

Jeswine und Wulfhelm, die den Stoß der Schreiben aus Rallerau gelesen hatten, sahen sich überrascht an. „Verblüffend“, meinte die Ritterin. „Mir ist auch kein Vorfall untergekommen, wo ein Händler aus Waldstein kommend überfallen wurde. Dir Wulfhelm?“

Der Greifenfurter schüttelte nur nachdenklich den Kopf. Sein Finger wanderte über die eingezeichnete Reichsstraße auf der Landkarte und blieb auf Hornbach liegen.

„Sie haben einen Informanten. Wenn nicht in Hornbach selbst, dann irgendwo entlang der Reichsstraße. Außerdem vermute ich schon die ganze Zeit einen Maulwurf hier auf der Randersburg, sonst hätten sie in all den Götterläufen längst einmal erwischt werden müssen.“ Er sah den anderen dreien nacheinander in die Augen als er fortfuhr. „Wir können dieser Bande eine Falle stellen, aber außer uns darf nur der Pfalzgraf von diesem Plan erfahren.“

Adelmar lächelte hintersinnig. „Ich danke Euch für euer Vertrauen Ritter Wulfhelm. Ihr kennt mich kaum und wollt mich doch mit einbinden.“

„Wärt Ihr die undichte Stelle, hättet Ihr uns kaum auf diese Fährte gebracht. Und falls es nicht klappt, seid Ihr danach mein Hauptverdächtiger“, fügte er knurrig hinzu. „Also folgendermaßen, als Erstes brauchen wir zwei einfach Reitpferde, die uns nach Luring bringen…“

Kapitel 5

Zwischen Tirolspappeln und Steintal, Grenze zur Baronie Waldfang

„Vergiss nicht Ingmar, wenn wir gleich in Steintal einkehren, sind wir Helme und Noreg. Du hast das Kommando und du denkst daran, dich mit dem Namen deiner Frau zu schmücken.“

„Glaubst du wirklich, dass dieser Aufwand notwendig ist?“ Der Greifenfurter Ritter trug einen Wappenrock mit den ungewohnten Farben der Familie Kesselstein. „Das ist schon sehr phexisch für meinen Geschmack. Zumal ihr euren Stand verleugnet.“

„Wir müssen diese Bande nun einmal täuschen, vor allem ihren Informanten. Deswegen bleiben wir bis Waldenrath zwei einfach Fuhrknechte. Wenn unsere Wagen zu schwer bewacht erscheinen, lassen sie uns womöglich passieren, egal wie teuer unsere Waren sind.“ Belehrend hob Wulfhelm den Zeigefinger. „Das darf nicht passieren. Wir wissen nicht, wo sich ihr Versteck befindet, also müssen wir sie dazu bringen uns anzugreifen.“

„Aber dieser Umweg ist riesig! Wir machen fast eine Rundreise durch die ganze Grafschaft.“

„Wir müssen nun einmal über Hirschfurt und die Reichsstraße nach Hornbach kommen“, warf Gerion ein. „Wir dürfen nicht riskieren dem Informanten versehentlich durch die Lappen zu gehen.“

„Genau. Wir mögen drei Tage verloren haben, weil wir über die Luringer Höhen und durch Schwarztannen gereist sind. Aber da wir nicht wissen, wo genau der Informant auf dieser Strecke lauert, müssen wir nun einmal den ganzen Weg gehen.“

„Mir gefällt es trotzdem nicht, euch das gefährlichste Stück allein reisen zu lassen.“ Ingmars Miene verriet deutlich, wie unglücklich er mit dieser Anweisung Wulfhelms war. „Ich komme mir vor wie ein Verräter.“

„Wie gesagt, wir dürfen auf keinen Fall zu wehrhaft erscheinen. Vier Fuhrknechte für die zwei schweren Wagen brauchen wir nun einmal. Aber die Bande hat nur etwa ein halbes Dutzend Leute. Hätten sie deutlich mehr, wären sie nicht Hals über Kopf geflohen und hätten sich gegen Gerion und mich zur Wehr gesetzt. Deswegen musst du uns in Hornbach verlassen und über Randersburg gen Firun reiten. Mit sechs oder sieben dieser verlumpten Gesellen kommen wir schon zurecht. Zumal unsere beiden Kutscher ab Hornbach jeder ihre Armbrust versteckt bereit haben werden. Die Räuber hier haben einfach nicht den Kampfeswillen wie die Wildermärker“, fügte er mit verächtlichem Ton hinzu.

„Wohl gesprochen!“ Aus Gerons Stimme klang die Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf heraus. „Sorge du nur dafür, dass du mit Jeswine und unseren Pferden in Waldenrath auf uns wartest, damit mir gleich weiterreisen können, falls sich diese Strauchdiebe doch nicht blicken lassen.“

„So, und jetzt ist Ruhe.“ Wulfhelm deutete nach vorn, wo hinter dem nächsten Hügel die ersten Hütten von Steintal in Sicht kamen. „Denkt daran Bemerkungen über unsere Ladung fallen zu lassen. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass sich das Netz der Bande von Randersburg bis hierher erstreckt, aber im Zweifelsfall ist es eine gute Übung für die nächsten Tage.“

Kapitel 6

Sie hatten das Dorf Haselstein vor einer knappen Stunde passiert, als die Räuber plötzlich aus dem Unterholz zu beiden Seiten auftauchten. Scheinbar nach dem gleichen Muster wie bei dem verhinderten Überfall ein paar Wochen zuvor näherten sie sich den Wagen. Die Frau mit dem Schwert, welche wohl die Anführerin war, stellte sich breitbeinig auf den Weg, um die Ochsen zu stoppen. Schräg neben ihr eilte die Armbrustschützin heran, um Kutscher und Wagenknecht des ersten Wagens, in diesem Fall Wulfhelm mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, in Schach zu halten. Beim hinteren Wagen übernahm die Sicherung der Bogenschütze, während die übrigen drei Banditen sich mit Speer, Knüppel und Dolchen bewaffnet um die Wagen verteilten.

„Ihr seid jetzt schön brav, dann passiert keinem etwas!“, tönte die Hauptfrau mit kratziger Stimme. „Einfach sitzen bleiben und die Hände da, wo ich sie sehen...“

Der Rest der Worte ging in einem erschrockenen Keuchen unter, denn Wulfhelm nutzte das Überraschungsmoment und seinen Höhenvorteil aus. Die Frau mit der Armbrust hatte sich leichtsinnigerweise zu nah an den Wagen gestellt und mit einer schnellen Bewegung trat der Keilholtzer die vorgehaltene Waffe zur Seite. Der Schuss löste sich und der Bolzen grub sich tief in das dicke Holz der Karrenwand neben ihm. Mit einem schnellen Griff zog er das blanke Schwert aus dem Leinenbündel hinter sich und ließ sich vom Kutschbock rutschen. Die Schützin wich instinktiv vor ihm zurück, doch als er ihr nachsetzen wollte, hörte er den Wutschrei der Anführerin hinter sich. Also ließ der die Frau mit ihrer entladenen Armbrust laufen und wandte sich der größeren Gefahr zu.

Gerion auf dem hinteren Wagen hatte nur auf dieses Signal gewartet. Auch er zog sein Schwert aus einem Stoffbündel hervor und sprang behände zwei Räubern entgegen, welche ihm mit Speer und Dolchen gegenüberstanden. Anselm, der Kutscher, der neben dem Sturmfelser gesessen hatte, reagierte als nächstes. Mit einem vorher geübten Griff in die Ladefläche hinter sich, holte er eine schussbereite leichte Armbrust hervor. Ohne zu zögern, legte er auf den Bogenschützen an, der sich gerade berappelte. Fast zeitgleich lösten sich die Geschosse. Der Pfeil zischte ohne Schaden anzurichten einen halben Schritt am Kutscher vorbei, während sein Bolzen sich tief in den Oberschenkel des Banditen grub. Brüllend vor Schmerz brach dieser zusammen. Im nächsten Moment stürzte aber auch Anselm mit einem Schmerzensschrei vom Bock und hielt sich den stark blutenden Oberarm. Die Räuberin mit den Dolchen hatte einen davon nach ihm geworfen, bevor Gerion sie hatte abhalten können.

Baldur, der zweite Kutscher, hatte nun auch endlich seine leichte Armbrust schussbereit. Der letzte Bandit, ein bulliger Typ, den man gut statt eines Ochsen in ein Joch hätte spannen können, hatte sich mit halb erhobener Stachelkeule unentschlossen noch kaum vom Fleck bewegt, da er sich offenbar nicht entscheiden konnte an welcher Stelle er eingreifen sollte. Doch nahm er sehr wohl die Bewegung des Kutschers wahr und als dieser auf ihn schoss sprang er unerwartet geschickt zur Seite. Der Bolzen streifte ihn lediglich an der Schulter und eher wütend als verwundet rappelte er sich wieder auf. Baldur fluchte über den schlechten Schuss, griff nach dem groben Knüppel zu seinen Füßen und stieg mit geübten Bewegungen vom Bock, um dem Angreifer die Tracht Prügel zu verpassen, die er seiner Meinung nach mehr als verdient hatte.

Die Anführerin der Bande hatte indes erst wenige Hiebe mit Wulfhelm ausgetauscht, doch reichten diese ihr, um zu erkennen, dass sie hier an einen klar besseren Gegner geraten war. Einem Ausfall des Keilholtzers konnte sie mit Mühe ausweichen und nutzte den gewonnenen Abstand, um sich mit einem lauten Rückzugsbefehl auf den Lippen zur Flucht zu wenden. Die restlichen Banditen ließen sich das nicht zweimal sagen. Der mit dem Speer zwang Gerion mit einem wilden Stoß zum Zurückweichen, dann drehten er und seine Spießgesellin sich um und rannten in den Wald. Der bullige Kerl mit der Stachelkeule ließ unterdessen von Baldur ab, den er bereits bis zurück an die Karrenwand gedrängt hatte und verschwand in die andere Richtung. Lediglich der sich noch immer vor Schmerzen windende Bogenschütze lag auf dem Waldboden neben dem hinteren Wagen.

„Wulfhelm, komm her, wir haben einen! Und Anselm blutet wie ein Schwein!“

„Orkendreck! Ja ist gut, ich komme!“ Wulfhelm erhaschte einen letzten Blick auf die Flüchtenden, griff dann nach dem Leinentuch, in welchem sein Schwert verborgen gewesen war und eilte damit zum hinteren Wagen. „Baldur!“, herrschte er im Vorbeirennen den zweiten Kutscher an. „Pass auf, dass sich der Angeschossene da nicht davonwieselt! Ich habe Fragen!“

Die kampferfahrenen Ritter entfernten mit geübten Handgriffen den tiefsitzenden Wurfdolch und innerhalb weniger Minuten war der unglückliche Kutscher verbunden. Der Keilholtzer hieß ihn sich vorerst an eines der großen Wagenräder zu lehnen und zu ruhen, während er zusammen mit dem jungen Sturmfelser den gefangenen Räuber verhören wollte.

„Nun zu dir Bursche!“ Grob packte er ihn unter den Schultern, zwang ihn auf die Beine und drückte ihn mit dem Rücken an die Karrenwand. „Oho, ich erkenne dich doch! Du hast uns vorgestern in der Taverne in Blaustein das Bier ausgeschenkt!“ Wulfhelm schnalzte mit der Zunge. Hier war also derjenige, der für die Bande die Handelszüge ausgespäht hatte. „Der Bolzen sitzt gut und du wirst verbluten, wenn dir nicht schnell geholfen wird. Also verschwende deine und meine Zeit nicht und sage mir einfach, für wen ihr arbeitet. Wer ist euer Auftraggeber?“

„Der Ritter…“, jammerte der Räuber erbärmlich. „Bitte lasst mich runter… argh!“

Wulfhelm hatte den Kragen fester gepackt und ihn einmal durchgeschüttelt. „Welcher Ritter? Gib mir den Namen, dann bin ich sogar bereit dich mit zum nächsten Peraine-Tempel zu schleppen.“ Gnädig ließ er den Verwundeten sich wieder setzen und ging vor ihm in die Hocke, um ihm eindringlich in die Augen sehen zu können. Gerion stand mit finsterer Miene und verschränkten Armen auf der anderen Seite.

„Rothbert! Ritter Rothbert von Hold… ARGH…“ Mit einem schmatzenden Geräusch grub sich ein Bolzen in die Brust des Gefangenen. Ein Schmerzensschrei, dann sackte er tödlich getroffen zur Seite. Wulfhelm wich eilig zurück und drehte sich zum Wald.

Gerion hatte bereits reagiert. Er rief Baldur an seine Seite und stürmte das Schwert voran ins Unterholz. Nach ein paar Minuten kehrten sie jedoch unverrichteter Dinge wieder zurück.

„Keine Chance ohne Spürhund. Das Unterholz ist einfach zu dicht.“ Wütend trat der Sturmfelser gegen das nächste Karrenrad. „Was machen wir jetzt?“

„Wir setzen den Weg wie besprochen bis Waldenrath fort. Wir haben einen Namen. Ritter Rothbert von Holdirgendwas. Jeswine wird sicherlich etwas damit anzufangen wissen. Außerdem liegt der nächste Peraine-Tempel auch dort, da können wir gleich Anselm zu einer Geweihten bringen.“

„Sehr gut.“ Der jüngere Ritter sah sich kurz um. „Baldur, hilf mir den Toten zu verladen. Vielleicht erkennt ihn jemand und kann uns noch mehr zu ihm sagen. Ansonsten freut sich die Büttel in Waldenrath sicherlich, dass sie noch einen zur Warnung aufhängen können.“

Kapitel 7

Nachdem die Dinge in Waldenrath geregelt waren und Ingmar mit Karren gen Greifenfurt aufgebrochen war, ritten Wulfhelm, Gerion und Jeswine über Camden zurück nach Randersburg. Zu ihrer Überraschung, aber auch Freude hörten sie, dass auch Ritter Rothbert seit dem Vorabend auf der Burg weilte. Nach einem kurzen Rapport beim Pfalzgrafen, entschied dieser seine Ritter und Hofgeweihten zur Klärung der Angelegenheit im Rittersaal zusammenzurufen.

Udilberth von Hardt hatte den Saal freiräumen lassen. Tische und Bänke waren an die Seitenwände geschoben. Am Kopfende des Saales, unter dem großen Wappenbanner Randersburgs, waren ein paar gepolsterte Lehnstühle aufgestellt, auf denen der Pfalzgraf selbst nebst Gattin zu seiner Linken Platz nahm. Zu seiner Rechten saßen dagegen die Geweihten des Herrn Praios, Audora von Ystar, und der Herrin Rondra, Albin von Radewitz. Ganz außen hatte man an einem kleinen Tisch samt Schemel aufgestellt, an welchem der pfalzgräfliche Sekretär Aldemar von Radewitz als Schreiber fungierte. Die Ritter des Hofes hatten sich indes auf den Bänken zu beiden Seiten zusammengefunden.

„Meine Herrschaften, Ihr fragt Euch sicherlich, warum ich Euch zusammenrufen ließ“, eröffnete Udilbert die Versammlung ohne große Einleitung. „Es ist keine Kleinigkeit wie Ihr Euch sicherlich denken könnt. Um es kurz zu machen, es gilt Gericht zu halten über einen der Anwesenden.“

Ein Raunen ging durch den Saal. Ein jeder blickte seinen Nebenmann an, doch waren die meisten Blicke recht ratlos.

„Ritter Keilholtz!“, beendete Udilberts donnernde Stimme das eingesetzte Getuschel. „Tretet vor Uns und tragt Eure Klage vor.“

Wulfhelm erhob sich und das Getuschel der Höflinge setzte wieder ein. Außer ein paar Hausrittern war er niemandem bekannt und nur Gerion und Jeswine wussten was nun kommen sollte.

„Ihro Gnaden“, verneigte er sich zuerst vor der Geweihtenschaft, „euer Hochwohlgeboren von Hardt. Ich bin Wulfhelm von Keilholtz, Ritter aus Kressenburg, und ich erhebe Anklage gegen den Ritter Rothbert von Holdbrucken! Ich beschuldige ihn der Anstiftung und Unterstützung von Wegelagerei in den Randersburger Landen!“

„Das ist unerhört! Wie könnt Ihr es wagen?“ Ein stark ergrauter Mittfünfziger erhob sich sichtlich erzürnt von der gegenüberstehenden Bank. Sein Wappenrock zeigte zwei weiße Schwanenköpfe auf blauem Grund die einen goldenen Reif zwischen sich in den Schnäbeln hielten. „Wie kommt Ihr dazu mir dergleichen zu unterstellen? Was gibt Euch das Recht dazu? Ich kenne Euch überhaupt nicht!“

„Und ich kannte Euch bis zu diesem Zeitpunkt nicht.“, erwiderte der Greifenfurter ruhig. „Aber ich bin Euren Spießgesellen begegnet, als sie den Handelszug überfielen, für dessen Sicherheit ich meinem Dienstherrn, dem Baron von Kressenburg, verpflichtet war. Zumindest einer dieser Strolche stammte aus Eurem Lehen, dem Dorf Blaustein. Er nannte mir sterbend Euren Namen als Kopf hinter diesem Raubgesindel, welches, wie ich hier erfuhr, wohl schon seit einigen Götterläufen die Wege firunwärts der Stadt Hornbach unsicher macht.“

„Es ist unerhört!“, schimpfte der ältere Ritter weiter und wandte sich nun an den Pfalzgrafen. „Euer Hochwohlgeboren, ich verbitte mir derlei infame Unterstellungen von einem Dahergereisten! Zumal er seine Anschuldigungen auf Grundlage der angeblichen Aussage eines toten Gemeinen erhebt.“

„Wenn Ihr meinem Ehrenwort allein nicht glauben wollt, so rufe ich Ritter Gerion von Sturmfels auf.“ Wie auf Kommando erhob sich der Genannte und trat einen Schritt vor. „Er hat mich begleitet und kann die letzten Worte des Banditen ebenso bezeugen.“

„Es ist mir gleich, was dieser Lump Euch gesagt hat! Wenn er meinen Namen in diesem Zusammenhang erwähnte, war das eine Lüge, um mir zu schaden!“ Wieder ging ein Blick fast flehentlich zum Pfalzgrafen. „So weit kommt es wohl noch, dass ich meinen guten Namen durch jenen hier“, deutete er wild mit dem Zeigefinger auf Wulfhelm, „in den Dreck ziehen lassen muss.“

„Genug.“ Die Stimme der jungen Praiosgeweihten war nicht laut, doch genügte es vollkommen, um den Saal sofort zum Schweigen zu bringen. Audora erhob sich würdevoll und sah erst Rothbert und dann die Greifenfurter für einen langen Augenblick an. „Ritter Wulfhelm von Keilholtz, Ritter Gerion von Sturmfels, seid Ihr bereit vor dem Götterfürsten einen Eid abzulegen, dass Eure Worte der Wahrheit entsprechen?“

Die Angesprochenen senkten ehrerbietig ihr Köpfe. Ohne sich zuvor anzusehen, antworteten sie fast zeitgleich. „Das sind wir Euer Gnaden.“

„Ritter Rothbert von Holdbrucken“, fuhr die Geweihte fort, „seid Ihr bereit vor dem Götterfürsten einen Eid abzulegen, dass die gegen Euch erhobenen Anschuldigungen unwahr sind?“

„Euer Gnaden, ich erkenne wirklich nicht, warum das notwendig sein sollte. Meine Ehre als Ritter sollte hier nicht in Frage gestellt werden und…“

„Seid Ihr bereit Eure Unschuld zu beschwören?“ Audoras Stimme war eine ganze Spur schärfer geworden und schnitt dem Ritter förmlich das Wort ab.

„Euer Hochwohlgeboren“, wandte sich Rothbert flehentlich an den Pfalzgrafen, „das muss doch nicht sein. Ich habe Euch immer treu gedient…“

„GENUG!“ Diesmal hallte die Stimme der Praiosgeweihten wie Donnerhall durch den Rittersaal. Ohne Eile, fast lauernd konnte man es nennen, ging sie auf den Blausteiner Ritter zu und blieb etwa einen Schritt vor ihm stehen. „Ich frage euch nun zum dritten und letzten Mal. Seid Ihr bereit Eure Unschuld im Namen des Götterfürsten zu bezeugen?“ Ihr Tonfall sprach von einer Autorität, die kein derischer Truppenführer und keine Landesherrin jemals erreichen würden.

Rothbert stand wie erstarrt vor der halb so alten und etwa einen halben Kopf kleineren Audora. Ihr Blick bohrte sich wie güldene Pfeile in seine Augen und ließ nicht zu, dass er sich von ihr abwandte. Seine Lippen begannen unkontrolliert zu beben. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, doch statt einer Antwort sank er schluchzend vor ihr auf die Knie.

Kapitel 8

„Wie gut, dass Rothbert am Ende doch noch mit der Sprache rausgerückt ist, wo das Lager dieser Strauchdiebe finden zu finden ist.“ Jeswine drückte die niedrigen Äste des Unterholzes zur Seite, damit Wulfhelm und der Rest des Trupps hinter ihm ihr folgen konnten. „In diesem Gestrüpp hätten wir sie über Monde nicht gefunden. Bis dahin hätten sie längst Wind davon bekommen, dass sie aufgeflogen sind und sich über die Raller davon gemacht.“

„Das könnte wohl damit zusammenhängen, dass der Hardt dem Holdbrucken nochmal klar gemacht hat, dass er so oder so zu Boron geht“, meinte der Greifenfurter lapidar, „und ihm die Wahl gelassen hat zwischen dem ehrlosen Strick und dem gnädigen Richtschwert.“

„Ich glaube ja eher, dass es Ihro Gnadens Predigt von den ewigen Qualen in den Niederhöllen war, die ihn erwartet, wenn er vor dem Tode nicht angemessen Reue zeigt.“

„Sehr gut möglich.“ Der Keilholtzer hatte in seiner Zeit in der Wildermark zu viele menschliche Abgründe kennengelernt, um sich noch ernsthaft Gedanken über die möglichen Beweggründe von Verbrechern zu machen. „Mich beeindruckt übrigens Ritter Hagen. Sein Schwiegervater wurde der Wegelagerei und Hehlerei überführt und zum Tode verurteilt. Aber er war der Erste, der sich gemeldet hat, als es darum ging einen Trupp zusammenzustellen, der das Versteck ausräuchert.

„So wie ich ihn kennengelernt habe, ist er ein sehr ehrbarer Mann. Loyal und dem Pfalzgrafen treu ergeben. Dass der Holdbrucken seine Ehre wegen ein paar Spielschulden verkauft hat, hat den Hauptmann vermutlich mehr mitgenommen als jeden anderen auf der Randersburg.“

Das Geräusch einer sich lösenden Armbrustsehne ließ den erfahrenen Ritter instinktiv reagieren. Unvermittelt warf er sich auf Jeswine und rollte mit ihr ihn den nächsten Busch, während dort wo sich soeben noch der Kopf der Ritterin befunden hatte, ein Bolzen in den nächsten Baumstamm einschlug.

„Verzeih“, keuchte Wulfhelm, als er auf Jeswine zu liegen kam, sodass ihre Gesichter nur wenige Finger voneinander getrennt waren. „Ich hoffe du unterstellst mir jetzt keine Unsittlichkeit.“, fügte er in halb scherzhaftem Ton hinzu.

„Aufregend“, atmete sie schwer unter ihm, im Bewusstsein gerade haarscharf dem Tod entronnen zu sein. Dann verklärte sich ihr Blick etwas, als sie Wulfhelm tief in die Augen sah. „Und wahrlich nicht so unangenehm, dass du dich dafür entschuldigen müsstest.“

„Uh, nehmt euch ein Zimmer, bitte.“ Gerion hatte im Eilschritt aufgeschlossen, um zu sehen, ob seinem alten Schwertvater und der Pfortensteinerin nichts geschehen war. „Kommt schon, dafür habt ihr später noch Zeit. Jetzt müssen wir schauen, dass uns diese Halunken nicht entwischen.“

Neben ihnen liefen gerade leicht geduckt Hauptmann Hagen, Ritterin Quelina und Ritter Aldemar vorbei.

„Hardt, Ihr nach links, Plitzenberg, die rechte Flanke! Greifenfurt, nachrücken!“ Der Rallerauer war offenkundig in seinem Element und stürmte grimmig voran.

„Dann wollen wir mal.“ Gerion zog erst Wulfhelm auf die Beine und sammelte dann die beim Sturz verlorenen Schwerter der beiden auf.

Der Keilholtzer nahm indes die Ritterin an beiden Händen und hob sie mit Leichtigkeit hoch. Als Jeswine vom Sturmfelser ihr Schwert gereicht bekam, trat sie ganz nah an Wulfhelm heran, der zwischen ihnen stand, und griff um ihn herum. „Ich danke dir“, sagte sie leise, als ihr Lippen auf Höhe seines Ohrs waren. Es hätte für jeden der beiden Ritter gedacht sein können. Sie nahm ihr Schwert von Gerion entgegen, löste sich vom sprachlosen Wulfhelm und eilte den anderen Randersburger Rittern hinterher.

„Komm, alter Mann, oder bist du versteinert?“, holte der Sturmfelser seinen Schwertvater aus den Gedanken. „Es wäre doch eine Schande, wenn wir den Reichsforstern den ganzen Spaß allein überlassen.“

„Quatsche nicht und geh vor“, grummelte Wulfhelm mürrisch und nahm sein Schwert. „Los! Vermutlich werden wir wieder irgendeinen von ihnen retten müssen.“

Trenner Garetien.svg

Der Kampf im Versteck der Diebe war kurz gewesen. Die von Hauptmann Rallerau befohlene Zangenbewegung hatte dafür gesorgt, dass keiner der übrigen fünf Räuber entkommen konnte. Gegen Hagen, Quelina und Aldemar hatten sie sich noch erfolgreich zur Wehr gesetzt, zumal sie nicht mehr hatten überrascht werden können, doch als dann noch Jeswine, Wulfhelm und Gerion in den Kampf eingegriffen hatten, waren die Verbrecher schnell überwältigt worden. Zwei wurden niedergemacht, drei lebend nach Randersburg gebracht, wo sie vom Pfalzgrafen nach kurzem Prozess zum Tod durch den Strang verurteilt wurden. Rothbert von Holdbrucken blieb wie ihm versprochen wurde das Spektakel auf dem Marktplatz erspart. Sein Richtplatz befand sich im Großen Hof der Randersburg, vor den Stufen des Rondra-Tempels. Nachdem Kopf und Rumpf des Ritters fortgeschafft worden waren, bat Udilbert von Hardt den Keilholtzer noch einmal in seine Schreibstube.

„Ritter Keilholtz“, fing der Pfalzgraf wie es seine Art war ohne große Umschweife an, sobald die Tür hinter ihnen verschlossen war. „ich möchte mich noch einmal persönlich dafür bedanken, dass Ihr Euch in dieser Angelegenheit so sehr bemüht habt. Ihr habt mir und damit dem Reich und der Kaiserin einen großen Dienst erwiesen. Aus diesem Grund möchte ich euch nun eine Frage stellen. Steht Ihr im Lehensverhältnis zu Eurem Herrn oder sonst irgendwem, oder seid Ihr ein einfacher Dienstritter?“

„Weder noch, Euer Hochwohlgeboren.“ Wulfhelm beeilte ob Udilberts fragenden Blick diesen Umstand aufzuklären. „Tatsächlich ist mein Dienstherr, der Baron zu Kressenburg, mein eigener Neffe, der Sohn meines ältesten Bruders. Als ich vor einiger Zeit, nach vielen Götterläufen des Dienstes für die Krone, mit nichts als meinem Pferd, meiner Rüstung und meinem Schwert aus der Wildermark heimkehrte, nahm er mich in seine Dienste, damit ich ein Auskommen und einen Sinn auf Dere habe und nicht etwa zum Heckenritter verkomme. Ich besitze seitdem nicht sehr viel mehr als zuvor, doch muss ich mir zumindest um die nächste Mahlzeit oder die Reparatur meiner Rüstung keine Sorgen mehr machen.“

„Ich verstehe.“ Der Hardt nickte wie zu sich selbst. „Das erleichtert mein Anliegen ungemein. Wie Euch nicht entgangen sein dürfte, stehe ich gerade vor der Aufgabe ein vakantes Lehen neu vergeben zu müssen. Ritter Holdbrucken hatte natürlich Kinder. Seine älteste Tochter lebt hier auf der Randersburg und ist die Gemahlin meines Gardehauptmanns, was Ihr vielleicht schon wisst. Doch ist mein Vertrauen in die Familie Holdbrucken gerade nicht das Beste, wie Ihr Euch sicherlich ebenfalls vorstellen könnt. Da es sich bei der Herrschaft Blaufelden zudem rein rechtlich um kein erbliches Lehen handelt, steht es mir frei jemanden Geeignetes für diese Position zu finden. Um es kurz zu machen, mir hat Euer Verhalten, Eure Tatkraft und Gewitztheit sehr imponiert. Ich erkenne in Euch einen erfahrenen, zupackenden Kämpen und da keine anderen Verpflichtungen Euch binden, biete ich Euch an, die Herrschaft Blaufelden zu übernehmen und damit mein Lehnsmann zu werden. De jure gehört die Herrschaft natürlich zum Junkertum Trullensee. Aber ich denke der Junker wird sich meiner ausdrücklichen Bitte, Euch für diese Position auszuwählen, nicht verwehren.“

Wulfhelm schwieg vor Überraschung, während der Pfalzgraf ihn erwartungsvoll ansah. „Puh, da habt Ihr mich mit heruntergelassenen Hosen erwischt, wie man so schön sagt“, brach es mit einem Grinsen aus ihm heraus, als er die Sprache wiederfand. „Da sage ich doch einfach mal ja, bevor Ihr es Euch anders überlegt. Mein Neffe wird den Verlust eines Dienstritter verschmerzen können. Wahrscheinlich ist er im Stillen eher froh darum mich von der Kostenliste zu streichen, auch wenn er das natürlich nie zugeben würde. Die Familie ist bei uns heilig.“ Der letzte Satz klang aus seinem Munde tatsächlich mehr wie eine heilige Formel als nach einem einfachen Sprichwort. „Wann kann ich meinen Lehnseid leisten?“

„Wenn Ihr das wünscht, sofort.“ Udilbert warf einen Blick auf den fast leeren Burghof. Nur ein paar Mägde waren noch damit beschäftigt mit Sand und Spänen die Blutlache vor dem Rondra-Tempel zu entfernen. „Ihro Gnaden Audora sollte inzwischen wieder in der Praios-Kapelle anzutreffen sein.“

Kapitel 9

Ehevertrag in der Taverne, Unruhige Zeiten Geschichte anpassen

Kapitel 10

Jeswines Schwangerschaft, Unruhige zeiten Geschichte anpassen

Die Vertrauten der Krone

Kein Ordensland in Greifenhorst

Phex 1046 BF, Greifenhorst

„Ardo, welch Freude dich wieder einmal in Greifenhorst begrüßen zu können.“

„Die Freude ist ganz meinerseits, Otwin. Es ist immer wieder schön, dein gastliches Heim zu betreten.“

„Zu viel der Ehre. Rustikal trifft es eher, und das weißt du ganz genau. Schließlich bist du oft genug im Garetischen, um das zu erkennen.“

„Ach weißt du, der ganze Prunk und die Annehmlichkeiten der garetischen Lustschlösser mag recht angenehm sein. Aber nur hier am Finsterkamm erkennen wir wirklich, wo unser von Praios gegebener Platz auf Dere ist und welche wichtige Aufgabe uns als Herren über das Land zufällt.“

„Wohl gesprochen. Komm doch herein und setzt dich erstmal. Das Bier steht schon bereit.“

„Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.“

„Was verschlägt dich also nach Greifenhorst, kaum dass der Schnee die Wege freigegeben hat?“

„Zweierlei. Zum Ersten möchte ich Dich und die Deinen für Anfang Praios nach Kressenburg einladen. Der Praios-Tempel ist nach zwölf Götterläufen Bauzeit endlich fertiggestellt und zur Tempelweihe seid ihr alle herzlich willkommen.“

„Diesem freudigen Anlass werden wir natürlich nicht fernbleiben. Karina und ich werden auf jeden Fall anreisen.“

„Wunderbar! Die restlichen Garafanisten werde ich dieser Tage auch noch aufsuchen und persönlich einladen. Immerhin ist der Tempel dem Heiligen Garafan gewidmet und soll die spirituelle Heimstätte der Ritterschaft Greifenfurts werden.“

„Ich kann es kaum erwarten ihn in seiner Vollendung zu sehen. Das letzte Mal als ich dich besuchte, war man gerade erst dabei die Kuppel zu schließen.“

„Ja, die Zeit vergeht manchmal wie im Flug. Doch lass mich zu meinem anderen Anliegen kommen. Wie du weißt, stehe ich seit seiner Gründung dem Orden von Korgond vor und bin zuletzt in dieser Position auch bestätigt worden.“

„Das ist mir bekannt, auch wenn ich selbst nicht Teil dieser Gemeinschaft bin. Ich war bisher mit dem Finsterkamm und den Schwarzpelzen genug beschäftigt, als dass ich mich mit dieser Groß-Garetischen Geschichte hätte befassen können.“

„Das verstehe ich nur zu gut. Trotzdem sind jene Mysterien, mit denen sich der Orden befasst nicht unwichtig, basiert auf ihnen doch das Verständnis für eine gute Herrschaft über das Land. Ich bin mir bewusst, dass gerade in Greifenfurt viele Edle der Idee Groß-Garetiens skeptisch gegenüberstehen, weil sie es als politische Idee verstehen. Auch ich habe kein Verlangen danach ein Vasall des neuen Großfürsten zu werden und das ist auch nicht der Kerngedanke Korgonds. Das Land vom Kamm bis zu den Zacken mag durch Sumu mythisch verbunden sein, doch werden wir sicherlich nicht an den von Praios gegebenen Grenzen und Gesetzen rütteln.“

„So weit, so gut, doch wie kann ich dir nun behilflich sein?“

„Auf dem letzten Kapiteltreffen des Ordens, wurde beschlossen nach einer Heimstatt für die Korgonder zu suchen. Ein spirituelles Zentrum wie der Praios-Tempel in Kressenburg es für die Garafanisten sein wird.“

„Und das suchst du ausgerechnet bei mir in Greifenhorst, am Rande der Zivilisation?“

„Entsinnst du dich, dass ich im letzten Herbst mit einer Gruppe Edler im Kamm an den Grenzen deiner Lande unterwegs war, um den Gerüchten um eine Drachensichtung nachzugehen? Dabei stießen wir auf ein abgelegenes Tal in den Bergen, unweit eines Hirtendorfes.“

„Ja, ich habe deinen Brief erhalten. Es waren ja letztlich nur ein Meckerdrache und eine entlaufene Bauerntochter, die die Leute dort zum Narren gehalten haben.“

„So ist es. Doch in dem Tal, wo wir sie aufspürten, gab es auch uralte Trollruinen. Zudem liegt es auf einer jener mystischen Kraftlinien, welche der Orden zu ergründen versucht. Wir wissen ja nicht viel über die Trolle und ihr untergegangenes Reich, aber sie scheinen ihre Städte ganz bewusst auf diesen Linien errichtet zu haben.“

„Tatsächlich sind mir diese Trollsteine nicht unbekannt gewesen. So wie du sagst, sind sie dort seit Menschengedenken und meine Bauern halten sich vernünftigerweise fern davon.“

„Nun, eben jene Ruinen und ihre Lage machen das Hochtal für den Orden von Korgond aber interessant. Sie bieten eben jene mythische Verbindung zum Land, welche wir zu ergründen suchen. Deswegen hat mich das Kapitel bei unserem letzten Treffen damit betraut in dieser Sache bei dir vorzusprechen. Könntest du dir vorstellen das Tal und die umliegenden Ländereien mit dem Hirtendorf dem Orden zu übergeben? Denn natürlich würde es auch einige Arbeitskräfte und Erträge brauchen, um den Ordensstützpunkt aufzubauen und zu unterhalten.“

„Leider muss ich deine Bitte abschlagen und ich denke du weißt warum. Für jene in eurem Orden welche aus Garetien und Perricum stammen mag das keine große Sache sein. Doch du kannst sicherlich einschätzen, welchen Verlust die vergleichsweise mageren Einnahmen eines so kleinen Hirtendorfes in meine Kassen reißen würde.“

„Dessen bin ich mir wohl bewusst und meine Hoffnung war gering eine andere Antwort zu erhalten. Ich verstehe und akzeptiere deine Absage, doch bitte verstehe, dass ich fragen musste.“

„Du hast gefragt, ich habe dir geantwortet. Damit soll es gut sein. Ich habe da aber auch noch eine Sache, bei der ich stattdessen dich um einen Gefallen bitten möchte.“

„Nur zu, ich helfe gern, wenn es in meiner Macht steht.“

„Oh, ich bin mir sicher, dass es das tut. Meine Schwiegertochter erwartet ihr erstes Kind. So TSA will wird es irgendwann nach dem Jahreswechsel das Licht Deres erblicken.“

„Alle guten Wünsche für Mutter und Kind sind dir gewiss. Was genau brauchst du von mir?“

„Gerion und vor allem Adaque haben den Wunsch geäußert, dass du die Patenschaft über das Kind übernehmen mögest. Offenbar habt ihr seit den Traviafeierlichkeiten einen guten Draht zueinander. Auch ich würde mich geehrt fühlen, wenn du dem zukünftigen Erben von Greifenhorst als Oheim, und wenn die Zeit reif ist als Schwertvater, anleiten würdest.“

„Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite Otwin. Mit Freuden akzeptiere ich diese Bitte und Aufgabe.“

„Wundervoll, sie werden glücklich sein das zu hören! Aber sieh, da kommen sie gerade. Du kannst es ihnen gerade selbst sagen.“

Auf dem Holzweg

Gebotene Eile

Mitte Praios 1041 BF, Kressenburg

Die kleine Keilholtzer Reisegruppe war schnell vorangekommen. Neben Baron Ardo, seinem Vater Wulfhart und dem entfernten Vetter Unswin, bestand sie noch aus den diversen Knappen und Pagen der hohen Herren. Sie hatten von Gareth aus den Weg durch Waldstein, den Elfenpfad, gewählt. Ardo war vor allem neugierig, wie weit die bauliche Instandsetzung dieses Handelsweges auf der garetischen Seite fortgeschritten war. Die elfische Gräfin hatte sich damals sehr entschieden gegen den weiteren Ausbau ausgesprochen, was den hochfliegenden Plänen des Waldsteiner Adels und den angrenzenden Greifenfurter Baronen etwas den Wind aus den Segeln genommen hatte. So stimmte es Ardo sehr froh zu sehen, dass die Waldsteiner Edlen sich unter dem Einfluss Leomars von Zweifelsfels doch mehrheitlich gegen den Wunsch ihrer Gräfin zu stellen schienen und das einzig Richtige taten, was den Handel in dieser Region voranzubringen vermochte. Der Karrenweg Richtung Greifenfurt war an vielen Orten verbreitert und bis zur Stadt Osenbrück sogar vollständig mit Feldsteinen befestigt worden. Auch zwei neue Gasthäuser waren dem Kressenburger aufgefallen, die bei seiner letzten Durchreise noch nicht fertig gestellt gewesen waren. Auch das letzte Teilstück durch das Gebiet der Junker von Hagenbronn war trotz der schwelenden Feindschaft friedlich verlaufen. Drei gut gerüstete Ritter samt ihrem Gefolge schüchterten die Büttel genug ein, dass sie sich diesmal kaum mehr als ein paar unfreundliche Blicke und ein mürrischen Knurren gewagt hatten. So war die Heimreise vom Kaiserturnier in Gareth deutlich angenehmer gewesen, als Baron Ardo es erwartet hatte.

Im heimatlichen Kressenburg öffneten sich schnell alle Tore vor ihnen. Ardo merkte vor allem am Baufortschritt des Praios-Tempels, dass er schon wieder für mehrere Monde fern seines Lehens gewesen war. Die üblichen Schuldgefühle überkamen ihn und zum wiederholten Male nahm er sich vor, in Zukunft deutlich mehr Zeit bei seiner Gemahlin und den Kindern zu verbringen. Sie waren auch kaum auf den Burghof geritten und von den Pferden gestiegen, als eine kleine lärmende Kleinkinderschar aus den Stallungen stürmte und sie umringte. Kurz danach traten zwei jungen Edeldamen dazu. Die eine zierlich von Gestalt und von fast elfenhafter Anmut. Die andere nicht minder schön, doch von eher muskulöser Statur, der man die Kriegerin auf eine halbe Meile Entfernung ansah, die zudem einen etwa fünf Monde alten Säugling auf dem Arm hielt.

Noch bevor Wulfhart und Ardo ihre Gemahlinnen begrüßen konnten, trat eine dritte, noch etwas jüngere Frau dazu, gewappnet und in den Farben der Mark gewandet. Das eher gezwungene Lächeln, das sie zur Schau stellte als sie Ardo sah, sagte dem Baron, dass seine Tante nicht auf einen Freundschaftsbesuch vorbeigekommen war. Nachdem sich der größte Trubel des Willkommens gelegt hatte, nahm die Ritterin der Mark den Baron dann auch kurz zur Seite, um ihre Botschaft los zu werden.

„Die Greifin wünscht dich umgehend zu sehen, Neffe! Ich weiß, du bist gerade erst heimgekehrt, aber es wird das Beste sein, du lässt dein Pferd sofort wieder satteln und begleitest mich jetzt sofort, damit wir noch vor Sonnenuntergang in der Residenz sein können.“

Keilholtzer Neuordnung

Geordnete Verhältnisse

Ich, Ardo von Keilholtz ä.H., Baron zu Kressenburg, verfüge Folgendes als meinen letzten Willen:
 
 
 
 
1. Als Erbe der Baronswürde bestimme ich meinen Vater Wulfhelm von Keilholtz.

2. Ihm nachfolgen soll mein Erstgeborener Answin Shazar. Sollte dieser sein Erbe nach dem Willen der Zwölfen nicht antreten können, so bestimme ich an seiner Statt eines meiner nachgeborenen Kinder in der Reihenfolge ihrer Geburt.
3. Sollte nach der Götter Willen keines meiner Kinder das Erbe antreten können, so bestimme ich meine Geschwister aus der ersten Ehe meines Vaters in der Reihenfolge ihrer Geburt, mir nachzufolgen. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
4. Sollte nach der Götter Willen keines meiner genannten Geschwister das Erbe antreten können, so bestimme ich die Geschwister meines Vaters und ihre Nachkommen in der Reihenfolge ihrer Geburt. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
5. Sollte es dem Herrn Boron gefallen mich und meinen Vater zu sich rufen, bevor mein rechtmäßiger Erbe die Mündigkeit erreicht, so bestimme ich meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz zur Verweserin der Baronie Kressenburg, bis mein Erbe dieses antreten kann.
6. Meiner Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz sei das Edlengut Greifenwehr bis zu ihrem Tode als Wittibengut zugesprochen, auf das es ihr im Leben an nichts mangele.
7. Meine derischen Besitztümer vermache ich meinem rechtmäßigen Erben, ausgenommen der nachfolgend genannten.
8. Aus meiner Privatschatulle erhält die Praioskirche Zwölf mal Zwölf Dukaten um den Bau des neuen Kressenburger Tempels voranzutreiben.
9. Meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz erhält mein Gebetsbüchlein, auf das es ihr in dunklen Stunden Trost spende.
10. Mein Bruder Firnward von Keilholtz erhält mein Schwert Orkentod.
11. Meine Knappin Mechthild von Kieselholm erhält mein Streitross Boromil. Sollte das treue Tier mit mir verstorben sein, so erhält sie ein Streitross aus der Zucht des Märkischen Marstalls.
12. Es ist mein Wunsch und Wille in der Krypta des Praios-Tempels Sankt Garafan vor dem Tore zu Kressenburg meine letzte Ruhestatt zu finden. Dieselbe soll sein die Grablege meiner Familie auf immerdar.

Gegeben am 1. Tag des Herrn Phex im Jahre 1037 nach Bosparans Fall
 
 
 
 
Gesiegelt und bezeugt

Badilak von Praiostann
Ardo von Keilholtz ä.H.

Praiomel von Kieselholm

DEUS VULT

Bauarbeiten

  • Bauholz: aus Kressenburg
  • Stein: ggf. eigener Steinbruch (Neuerschließung mit Folgenutzung, mit Volker abklären) oder aus dem Finsterkamm (Spieler?)
  • Versorgung der Arbeiter: zusätzliche Getreidelieferungen aus Eslamsroden und Hexenhain
  • Gold: aus Gareth?
  • Marmor: Eslamsgrund? oder andere Quelle?
  • Arbeiter: Tagelöhner aus der Region (Mark und Waldstein), ggf.dauerhafte Erhöhung der Einwohnerzahlen durch Zuzug? (mit Volker abklären)

Gästeliste zur Einweihung

Geladene Gäste: