Perricum:Von nebachotischen Grundsätzen der Führung und Rechtsprechung

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Das Prinzip der Stärke

Brief des Knappen der Göttin Rondolf von Wittenhang an den Tempel zu Rhodenstein: »[...] Es ist auch hier unter den Adligen wie im restlichen Reich die Sitte, in einem bestimmten Alter die Geschäfte des Lehens an die Jüngeren zu übergeben. Jedoch nicht, weil man sich nun etwa dem wohl verdienten Ruhestand widmen wolle, sondern aus Sorge um die eigene Herrschaft. Hierzu wurde ich eines höchst Rondra gefälligen Schauspiels Zeuge:

In der bekannten Baronie Sturmfels hat sich wohl aus der Unterwerfung der Heiden ein alter Brauch gehalten. Hierbei tritt der Baron höchstselbst jeden Götterlauf zu einem Ringkampf gegen den Stärksten seiner Bauern an, eher einem Ritual oder einem einstudierten Tanz gleichend. Ein schöner Brauch, der selbstverständlich im Rondramond seinen festen Platz hat. Aber – so wurde mir von den Einheimischen berichtet – dieser Kampf wird mit dem fortschreitenden Alter des Barons immer ernster, als wollten die Bauern wissen, ob ihr ›Oberhaupt‹, wie sie es zu bezeichnen pflegen, immer noch stark genug ist, ihnen in schwierigen Zeiten Schutz zu gewähren [...].

Es scheint so, als ob die hier ansässigen Barone der streitbaren Leuin äußerst zugetan seien. Ein jeder versteht sich auf das Führen von Schwert, Schild und Lanze, wozu sie hier Dschar´a sagen oder oftmals auch wie eine geliebte ›Sará‹.

Jedoch ist Ihr Benehmen nicht das, was wir von streitbaren Recken erwarten, es findet aber wohl einiges Verständnis der hier vertretenen Ritter der Göttin. Die Recken sind hier alle sehr laut und grob, ab und an gar gleich pöbelndem Söldnerpack, die einem Weibe hintendreingröhlen. Männer akzeptieren kaum die erhöhte Stellung einer Frau, so sie nicht ihre Führungsrolle unter Beweis gestellt hat. Es scheint eine verwirrende Mischung aus intolerantem Tulamidengebahren, Rondraglauben und glühender Rahjaverehrung.

So verachten die Männer jede Zimperlichkeit der Frauen. Wird in Aranien exempelhalber eine Frau ob ihres anmutigen Gangs umworben, findet das der Nebachote übertituliert. Ist eine Araniern als weich und zerbrechlich geliebt, verachtet sie der perricumsche Tulamide als schwächlich. Er bevorzugt eher die starke Frau, die Leuin in der Frau; und nicht wie viele Garetier meinen, den Mann in der Frau. Der Nebachote nämlich will nicht die zum Mann gewordene Frau, sondern eine Frau, die mit ihr eigenen Mitteln ihren Willen durchsetzen kann. Und auch wenn die Männer es dem Weibe nie leicht machen, folgen sie bedingungslos, so eine Frau sich bewiesen hat.

Ganz besondere Verehrung genießt die Frau, die in schweren Zeiten der Sippe voransteht und sie gegen alle Gefahren verteidigt.

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Diese Haltung führte in neuerer Zeit dazu, dass die Nebachoten eine fast fanatische Reichstreue entwickelt haben, wobei sie Königin Emer gleich einer lebendigen Heiligen verehren. Nach Ihrer Auffassung ist sie die Randra´sun, die zu Fleisch gewordene Rächerin Rondras und Kors. Auffällig ist hierbei, dass der perricumsche Tulamide nie zuvor eine solche Reichszugehörigkeit empfunden hat. Früher nämlich grenzte er sich mit der Zugehörigkeit zu Garetien gegen die, nach seiner Meinung, verweichlichten Aranier ab, die die alten Traditionen pervertiert hätten [...].«

Das Recht

Viele grausame Strafen, die das Mittelreich und die Tulamiden kennen, sind dem Nebachoten verpönt. Er kennt nur hohe Geldstrafen und Gebräuche, die aus alter Zeit herrühren. Mörder werden daher in schlimmen Fällen nicht einfach zum Tod verurteilt. Schließlich ist man sich der Richtigkeit der Anklagen nie ganz sicher, da man nur Mensch ist, und die Grenzen des Geistes an derischen Dingen sowie an der Fleischlichkeit des Körpers gebunden sind. Ganz nach dem weisen Satz »Praios wird die Seinen erkennen” werden Verbrecher öffentlich eingemauert, um sie der Gnade der Unsterblichen auszuliefern.

In der Baronie Sturmfels kennt man noch einen weiteren Brauch bei schweren Vergehen: Hier werden Verbrecher durch die Boronsschlucht geschickt, eine tiefe enge Klamm, die mit allerlei giftigen Dämpfen gefüllt ist. Kommt der Verurteilte danach lebend aus dem anderen Ende der Schlucht heraus, heißt das nicht, dass er unschuldig ist, aber wohl heißt es, dass die Götter ihm noch einmal Gnade gewährt haben. Den Begnadigten plagen danach allerdings häufig Schreckensvisionen ungeahnter Intensität.

Eine weitere Strafe scheint ein Brauch aus der früheren Nomadenzeit der Nebachoten zu sein: Erschlägt man das Mitglied einer anderen Sippe unbegründet im Streit, hat man an diese ein Vergeld zu zahlen, das vom Stand des Getöteten abhängt. Ist der Täter dazu nicht in der Lage, muss er der geschädigten Sippe beitreten und seine Schuld sühnen, indem er sie nun als seine anzusehen hat. Selbstverständlich kann man annehmen, dass auf beiden Seiten dieser Umstand wenig begrüßenswert ist. Jedoch soll es Situationen gegeben haben, in denen der Verurteilte nach langer Zeit bereut oder gar einem Mitglied der neuen Sippe das Leben gerettet haben soll. Ist es einmal dazu gekommen, wird er als neues Sippenmitglied erneut in die Sippe aufgenommen und für frei erklärt. Ein solcher Mensch steht darauf in höchsten Ehren, denn er hat seinen von Hesinde gegebenen Verstand und seine von Rahja gegebene Liebe zu seinem und dem Vorteil anderer nutzen können.


Der Weg des Rechts

Considation von Ihrer Gnaden Praiodane von Sturmfels (367 vor Hal) über die Rechtswege der Grafschaft Perricums:

»So han die Garetier itzomal den Nebachott just das Recht zugethan Iresgleichen under sich ze richten. Seis aus dem Umbstande stæter Rebellio des gemeinen Tulamidenvolks, welchs übergängelt sich sahet durch die Leut des Rawlschen Reyches, oder deme, dasz es ihnen gewähret worden, alldiweil wir braucheten die Hylf des Tulamiden Perricums gein den Tulamid aus Aranyen. Denn Niemand kœnnet streiten wider den Feind basser als sein Gevetter. […]

So wards verfüget, dass sie sulln han ein Gerichte von Iresgleichen in Gaulesfurten, das sie thun nennen Gaoul’Far an der großen Strass am Darpathbogen. Dorten sull jeglich Nebachot, der sich übergaengelt sehe von seinesgleichen, Klagen können vor deme Kadi, ebendeme zu Gaulesfurten. Und es ward ein Jeder gebendelt an das dictum oder den Spruch des Kadi, was geltend sei, ohn Bestetigung von denne Rawlschen ze Perricum. […]

Seis aber gewesen, dass ein Rawlscher und ein Nebachot thun Zanken miteinandt, so ist geheyßen, daß ze Gaulesfurten nur ein Schlichtung gegeben sei, zu dem Sie wollent sich treffen. Seis dann so, daß der Rawlsche oder vielleicht der Nebachot sich übergaengelt fühlt ein weitres male, so kümme er nach Perricum und trage vor den Zank deme Grafen, der dann thnut richten űber Beyde, aber so, dass adsent und zegegen ist der Kadi ze Gaulesfurt, dass keiner thut tratschen, ob die Raulschen thun Gaengeln über die Häupter derer von Nebachot. […]

Nur verwunderlich wards Mir aus den Schrifften, alldiweil es gab noch nie den Manne Kadi. Nur die Frouwe Kadi gabs, sintemal der Nebachott thut glauben schon viel abwitzgen Zeugs. Allein daß er glaubt, nur ein Wib kœnnet sein Kadi, han Mir noch nie gehöret in des Dahergeschwatzigten Zeugs des Nebachots. [...]

So wards geheyßen und sind es in seines Herrn wohlgefälliger Ordnung, des Praios’. [...]«