Geschichten:Zweifel

Aus GaretienWiki
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»Exzellenz ...?«

»Was, Gsevino

»Exzellenz, was hat das zu bedeuten?«

»Dass die Prophezeiungen sich erfüllen, Gsevino. Und unsere schlimmsten Befürchtungen.«

»Meint Ihr, wir sind in Gefahr?«

»Das Reich ist in Gefahr. Darum sind es auch wir. Mir ist nicht wohl dabei: das Jahresorakel, die Visionen der Geweihtenschaft, die Prophezeiung des Al’Haresh. Praios steh’ uns bei! Wenn das die Gefahr ist, vor der uns die Zeichen warnten, dann ist das nur der Anfang eines schweren Jahres, Gsevino, eines Jahrs des Feuers.«

»Was wollt Ihr tun?«

»Ich? Ich kann nichts tun. Der Herr spricht nicht mehr zu mir. Ich fühle seine Nähe nicht, wie andere es tun, Halva Selissa zum Beispiel. Warum nur muss ich befürchten, dass alles, was ich in den letzten Götterläufen getan habe, sowohl gut als auch schlecht war, fruchtlos wie nutzbringend? Habe ich mich nicht für die Sache der Ordnung stets eingesetzt? Habe ich nicht jederzeit Praios’ Gesetz hochgeachtet? Habe ich nicht immerzu unserer Kirche den Rücken gestärkt, Ihre Interessen gewahrt?«

»Ja, Herr, das habt Ihr. Was quält Euch?«

»Dass ich soviel getan habe, aber mich von Ihm, dem ich immer dienen wollte, mich weiter und weiter entfernt habe! Dass ich Praios’ Nähe kaum spüren kann! Als ich in Rashia’hal dieses Wunder wirken sollte, da habe ich innerlich gezittert, ob Praios mich erhören würde. Ich wusste es nicht. Ich hatte Zweifel. Und der Zweifel ist der stärkste Feind des Glaubens, Gsevino.«

»Aber meint Ihr nicht, dass Ihr zu hart mit Euch ins Gericht geht? Praios, gepriesen in Ewigkeit, lässt doch die Menschen auf ihre Weise sein Werk tun. Die einen sind Mystiker, die anderen eher derisch ... äh ...«

»Ja, im Derischen verhaftet, Gsevino. Doch ich trage diese Robe! Ich bin nicht nur der Staatsrat Garetiens, sondern auch ein Diener des Götterfürsten. Ich fürchte, beides zu sein, zerreißt mich noch. Ich fürchte, dass ich beides nicht sein kann, obschon ich es stets versucht habe. Und nun dies: Die Schatten dräuen am Horizont, mögen die Zwölfe unsere Männer und Frauen beschützen, wenn sie auf dem Mythraelsfeld dem Feind gegenüberstehen werden! Mögen sie uns den Sieg schenken!«

»So sei es!«

»Gsevino: Ich muss auf alles vorbereitet sein. Gib dem Zedernkabinett bescheid, ich muss es sehen. Die Königin ist mit dem blutigen Ugo geritten, die Garderegimenter haben das Herz des Reiches verlassen. Wir müssen Unruhen und Verwirrung verhindern. Wir müssen ...«

»Müssen was, Herr?«

»Müssen uns auf alles gefasst machen. Warum nur lebe ich in diesen schweren Zeiten? Gsevino, kennst Du einen vertrauenswürdigen, einen wirklich verlässlichen und vertrauenswürdigen Mann?«

»Euch.«

»Unsinn! Ich meine einen, der etwas ... sagen wir: kräftiger ist als Du.«

»Eine Leibwache? Was ist mit der Panthergarde?«

»Auf dem Weg nach Wehrheim.«

»Dann fordert doch den Sonnenlegionär an, den man Euch ursprünglich als Sekretär geben wollte. Ich meine, bevor Ihr Euch für mich, einen abgebrochenen Novizen, entschieden habt.«

»Das werde ich tun! Sorge dafür, dass er alsbald vorstellig wird!«

»Ja, Herr. Noch weiteres?«

»Durchaus! Zufürderst wäre da ....« 

etc.