Geschichten:Uslenried lädt zum Turnier - Die Gemmenritter kommen I

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Uslenried lädt zum Turnier - Die Gemmenritter kommen I

In der Grafschaft Reichsforst, erste Praioswoche 1032 BF

Ein laues Lüftchen wehte um die Ruine der Burg Sichelaue. Geldrion Drakan von Sichelaue lümmelte sich auf einer grob gezimmerten Bank mit einem Humpen Hand vor dem kleinen Häuschen herum und blinzelte in die Sonne. Normalerweise war dies hier lediglich sein Winterquartier, doch aus einer Laune heraus hatte er vor einigen Tagen sein trautes Heim aufgesucht, welches allerdings wenig ritterlichen Anschein verbreitete: ein einfaches, aus Feldsteinen gemauertes Häuschen lehnte sich an den Bergfried und die Reste der Mauern von Burg Sichelaue, die einst der stolze Stammsitz seiner Familie gewesen war.

Ein wenig abseits werkelte Anselm, der zugleich Knecht und Verwalter des Anwesens war, mit einer Hacke im Garten herum, seine Frau Marle bereitete derweil in der kleinen Küche ein Mittagsmahl zu. Die beiden lebten gewissermaßen von dem, was das Anwesen her gab und Geldrion nicht selber brauchte, und zuweilen bekamen sie ein kleines Handgeld, während er selbst mehr oder weniger Gast im eigenen Haus war, was aber an seiner häufigen Abwesenheit begründet war. In gewisser Weise verstieß er damit zwar gegen die Bundesgebote der Gemmenritter – ein solcher hatte eigentlich landlos zu sein -, was ihm aber herzlich egal war und auch die übrigen nicht weiter störte, ein Häuschen war schließlich keine Gut oder gar eine Burg, und seinen Lebensunterhalt bestritt er wie alle anderen auch aus Turnieren und anderen Rittertugenden.

Er nahm einen weiteren Schluck Bier aus dem Humpen, wischt sich den Schaum vom Mund und hielt inne. Da kam ein Reiter des Weges; von fern konnte er Hufgeklapper hören. Nur selten verirrte sich jemand hierher zur alten Burg seines Geschlechtes, die fernab der üblichen Wege lag. Wenig später konnte er den Reiter bereits sehen. Er trug Gewänder in blau und dunklem grün und Ritt auf einem Schimmel.

»Diamantenen Gruß, Leurich!« schallte es ihm entgegen, als der Reiter sein Pferd zum Stehen brachte und behände aus dem Sattel sprang.

Geldrion schmunzelte. »Salm! Was machst Du hier? Willkommen in meiner bescheidenen Hütte!« begrüßte er den Neuankömmling. Jener hörte eigentlich auf den Namen Filrak von Auweiler und gehörte wie Geldrion zum Bund der Gemmenritter, aber untereinander war es üblich, sich mit dem Bundesnamen anzusprechen.

»Nett hast Du’s hier«, erwiderte Filrak, der bislang noch nie an diesem Ort gewesen war. »Und ich bin froh, daß ich Dich tatsächlich hier antreffe.«

»Sieh an«, entgegnete Geldrion. »Aber das kannst Du mir sicher in Ruhe erzählen. Dort hinten ist der Brunnen, da kannst Du Dich frischmachen. Ich hoile Dir derweil auch eines«, fuhr er fort und hob seinen Bierkrug. »Du magst doch eines, oder?«

»Na aber sicher«, antwortete Filrak. »Bei meinem Durst nehme ich gleich zwei!«

Wenig später saßen die beiden Männer bei Brot, Käse und Speck zusammen im Hauptraum des bescheidenen Hauses, und Filrak kam auf den Grund seines Besuches zu sprechen.

»Hast Du vor der Turnierausschreibung des Uslenrieder Barons gehört?« fragte er seinen Bundesbruder.

Geldrion zuckte mit den Schultern. »Nö. Sollte ich das?«

»Ja aber sicher. Wir wollen uns dort treffen, und der Alte meinte, es wäre doch schön, wenn alle da wären. Da gibt’s ein großes Turnier und eine Herrschau, und man munkelt was davon, daß dies noch nicht alles wäre. Auf jeden Fall gibt es ein paar Talerchen zu verdienen, wie Fuchsig mir versichert hat.«

»Talerchen sind für unsereins ja nie schlecht«, brummte Geldrion.

»Genau. Aber gerade Du hast noch mehr Grund als wir alle anderen...«

Der Hausherr blickte seinen Gast fragend an. »Und warum?«

»Weil es auch einen Titel als Schwertmeister von Waldstein zu erringen gibt. Das ist wohl zwar nur ehrenhalber, kann aber auch nicht schaden. Und Du weißt selbst, wer von uns nicht nur der beste Schwertkämpfer ist, sondern auch die Rondraklinge trägt...«

Geldrion, der Rondraritter des Bundes, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Na wenn das so ist... Dann wollen wir uns doch nicht lange bitten lassen!« Er hob seinen Krug und prostete Filrak zu. »Auf den Bund!«

»Auf den Bund!« erwiderte Filrak, und beide leerten ihre Krüge.