Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 82: Die Schlacht am Darpat VI

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Baronie Wasserburg, am Ufer des Darpat, später Praios 1034 BF


„Du wirst sehen Tsalieb, ich treffe mehr als Du.“ Scherzte Perval, der neben seiner Kameradin in der Dunkelheit stand und seine Armbrust gerade nachspannte. 
„Kunststück!“ Antworte sie ihm übermütig. „Du hast Dir ja auch meine Bolzen unter den Nagel gerissen!“ 
„Hey!“ protestierte er dagegen etwas halbherzig und zielte auf die vor dem Feuer sich gut abhebenden Reiter. Nur etwa die Hälfte der Angreifer saß noch auf ihren Pferden, die anderen waren bereits am Boden in Kämpfen verwickelt oder lagen tot, oder zumindest verwundet am Boden. Beide Söldner drückten den Auslöser ihrer Armbrust zugleich, was zur Folge hatte, dass ein weiterer Reiter vom Pferd gerissen wurde. „Das war meiner!“, jubelte sie, während er dies verneinte und den Abschuß für sich beanspruchte. 
Die Schmuggler und ihre Wachen waren erfahrene Leute, die gut aufeinander eingespielt waren. Kaum einer von ihnen verstrickte sich in Einzelaktionen, wußten sie doch, dass dies bei allem blödsinnigen Heldenmut oftmals den Tod bedeutete. So aber hatten sie einen riesigen Spaß beim ‚Kriegerschießen‘. Perval mußte sich anstrengen, Tsalieb war wirklich die bessere Schützin von beiden….

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Zusammen mit Thurbold schritten die Rondrianer weiter auf das Getümmel zu und über den Kampfplatz hinweg. Sie waren es, die in dem, durch Blitze erhellten Sturm der Herrin Rondra trotz ihrer verschmutzten weißen Röcke zuerst gesehen wurden. Nicht laut singend oder rufend gingen sie vor, sondern effizient aber doch der Sturmleuin zum Wohlgefallen. Diejenigen, die kampfunfähig geworden waren verschonten sie und die Uneinsichtigen empfohlen sie den Göttern an. Kein heroischer Kampf war hier unter den Schmugglern die sich teilweise gut, aber auch ebenso häufig recht gut zu verteidigen wussten. Alfred, Unswin, Chaantrea und Bruder Thurbold blieb nur die Genugtuung ihre Pflicht für den Frieden zu tun. Sie hatten das unmittelbare Ufer fast erreicht, als Alfred an der linken Flanke zwei Armbrustschützen gewahr wurden, die gerade auf sie anlegten. „Deckung, Armbuster von links!!!“, rief er laut und nutzte eine Kiste, die zu den Schmugglerwaren gehören musste als sich die Schüsse lösten und mindestens einer der Bolzen Chaantrea traf und sie aufschreiend zusammen sacken lies. 
„Hab einen …“, hörten die Ritter einen der Söldner jubelnd aufschreien, während sich von der anderen Seite weitere Feinde näherten.

Inständig hoffte Alfred, dass Chaantra den oder die Treffer überleben würde. „Unswin, decke uns den Rücken und bleib' bei Chaantrea! Wir müssen die Schützen ausschalten, bevor uns diese da hinten“, er deutete auf die Neuankömmlinge, „erreichen.“

„STUMANGRIFF, Bruder Thurbold“, rief Alfred dem Golgariten zu und stürmte in Richtung der Armbrustschützen – nun musste es schnell gehen.

Nach dem zwölften Waffengang hört man zu zählen auf … zumindest sagt das ein Sprichwort der Nordmärker Landwehr! 
Bruder Thurbold hatte daher schon vor Jahren aufgehört zu zählen und seit dem fünfmal verfluchten Waffengang vor Beilunk hatte er ebenso aufgehört die Schreie der Sterbenden und das Wimmern der Verwundeten wahr zu nehmen.

... ein Ordensbruder erkennt den Tod als eine Notwendigkeit, als eine Heilige Pflicht und so ist es ihm Untersagt, das teuerste Geschenk des Herrn mit seinen unwürdigen Worten zu entweihen … Hatte man ihm vor Jahren beigebracht. Es war eine strenge Auslegung der Lex Boronia und wurde so nur im spirituell ehernen Kosch gelehrt, doch Thurbold und viele andere Brüder des alten Ordens hielten sich an diesen Vers.

... in der Ruhe liegt die Kraft und daher muss der in sich Gehende dem Zornigen überlegen sein ... hatte Thurbold seinen Knappen immer wieder gepredigt. Er hatte die meisten überlebt!
Alfreds Ruf erschien Thurbold wie eine Prophezeiung aus längst vergangener Zeit, ein Echo aus Tagen die lange vergangen waren.
Das wüten um Ihn herum, war wie ein altes, langsam abblätterndes Gemälde, einer Schlacht die so nie statt gefunden hatte.
Als wären seine Hände nie älter geworden schwang er den Rabenschnabel behände in seiner Rechten und wiegte das Prunkvolle Stück liebevoll, als wolle er sagen, dies ist das Gesetz, meine Hand, mein Sinnen wird euch Richten!
Ich bringe den Tod, entschieden vom Dunkelsten der heiligen Zwölfe, in eure Reihen!
Die Trance in der sich Thurbold befand, ließ ihn leicht wie eine Feder werden und wenn auch sein Körper nicht mehr der eines Jünglings war, seine Hiebe sollten das Schrecklichste werden, was seinen Gegner noch bevor stand.

Ein kurzes Nicken in Alfreds Richtung reichte als stummer Bote des Verständnisses und langsam, wie ein antrabende Herde Darpatbullen, setzte Thurbold einen Fuß vor den anderen, nur um mit jedem Schritt schneller zu werden, nur um mit jedem Schritt weniger Entfernung zwischen sich und die Schützen zu bringen, nur um mit jedem Schritt Gericht zu halten … im Namen … seines … unerbittlichen … Herrn!

Unswin packte die bewusstlose Novizin am Kragen und zog sie in die Deckung der Schmugglerkiste. Dabei bemerkte er die Bolzen die ihr im Schildarm und der linken Seite steckten. Lästerlich fluchend, was in dem Getümmel glücklicherweise niemand mitbekam, ließ er sie liegen und hoffte, dass später noch die Zeit blieb etwas für sie zu tun. Dank ihres grauen Wappenrocken mochte sie in der Dunkelheit und zudem im Schatten der Kisten unbemerkt bleiben bis alles vorbei war.

Der junge Ordensritter war kaum drei Schritt von den Kisten weggetreten, als sich eine Gruppe leichtgerüsteter Schmuggler aus dem Regen schälte. Sie hatten offenbar den Auftrag die Angreifer zu umgehen und von hinten nieder zu machen und rechneten nicht damit, dass eines ihrer vermuteten Opfer den Blick nach hinten richtete. So lief der erste Unswin fast von selbst ins Schwert. Mit einer klaffenden Bauchwunde stürzte der vorderste Schmuggler zu Boden, während der Keilholtzer sich mit einem lauten, „FüR RONDRA!“, auf den nächsten stürzte. Dieser schreckte kurz zurück, als Unswin mit wutverzerrter Fratze aus dem Halbschatten der brennenden Wagen auf ihn zu stürmte. Einen Moment zu spät entsann sich der Verteidiger seines Säbels und als er diesen schließlich zur Abwehr des Dämons im weißen Wappenrock heben wollte, sah er nur noch seinen Armstupf vor Augen. Schreiend vor Schmerzen ließ er sich fallen und landete im Schlamm neben seinem abgetrennten Unterarm, dessen Hand noch immer die Waffe umklammert hielt.

Mit dem nächsten Gegner hatte Unswin nicht mehr so leichtes Spiel. Der Schrei hatte alle aus ihrer Überraschung befreit und nun parierte der Matrose die wuchtigen Schläge Unswins mit konzentrierter Präzision. Sobald die restlichen Schmuggler erkannt hatten, dass ihnen nur ein Gegner gegenüberstand, schwärmten sie aus um ihn zu umgehen. Ein paar rannten weiter, aber eine Hand voll umkreiste den Ordensritter schnell und effektiv wie ein Rudel Khoramsbestien. Der Greifenfurter erkannte, dass er sich zu lange von seinem Gegner hatte hinhalten lassen. Er saß in der Falle und der einzige Weg der ihm noch offenstand war zurück zu den Kisten wo Chaantrea lag, um wenigstens den Rücken frei zu behalten. Er wehrte sich jedoch gegen den Instinkt zurückzuweichen und stürmte stattdessen unerwartet nach vorne. Die beiden Gegner schräg hinter ihm schlugen ins Leere, doch die beiden links und rechts von ihm streiften ihn mit ihren Entermessern. Sein Kettenhemd fing einen großteil der Wucht ab, doch spürte er zwei schmerzhafte Stiche in der rechten Seite und am rechten Arm. Der Gegner vor ihm wich Unswin einfach aus und ließ den ungestümen Ordensritter vorbei laufen, nur um sofort wieder aufzuschließen und einen Schlag im Rücken anzubringen. Einen Schmerzenslaut unterdrückend wandt sich der Greifenfurter wieder um. Rückwärts wich er zu den Bäumen zurück aus denen sie gekommen waren und lockte seine Feinde hinter sich her, weg von der kampfunfähigen Chaantrea. Als er schließlich spürte wie sein Kettenhemd über Rinde schrammte, wusste er, dass es weiter nicht ging. Sein Rücken schmerzte und das Blut lief dort an ihm hinab. Er trat wieder einen Schritt vom Baum weg, stellte sich aufrecht hin, das Schwert bereit und nahm sich vor, noch wenigstens einen dieser Bastarde zu Boron zu schicken bevor sie ihn erwischen würden.

Nur wie sollte ihm das gelingen? Seine Feinde lauerten auf einen Fehler seinerseits und schienen erfahren genug, nicht ungestüm anzugreifen, sondern ihn einfach nur festhalten zu wollen. Mit einem Mal sah Unswin auch wieso… Hinter einer der Kisten hatte einer der Wachen seine Armbrust auf ihn angelegt. Der Keilholzer versuchte zwar noch auszuweichen, doch schon spürte er den Schmerz in der Hüfte, als der Bolzen ihn erwischte. Sofort griffen auch die übrigen Feinde an. Das Kettenhemd hielt zwar vieles von Unswin ab, aber bei weitem nicht alles…

Alfred rannte kontrolliert und doch schnell – nichts wäre schlechter, als in dem Matsch zu stoplern und zu fallen – nichts? Er musste sich korrigieren. Die beiden Schützen waren in der Tat sehr fähige Leute – ein Mann und eine Frau. Sie beide hatten es schon fast geschaftt, die Armbrüste wieder abschussbereit zu machen. Nur noch wenige Schritte – sie legten an – feuerten. Aus den Augenwinkeln sah Alfred wie Thurbold zurückfiel – hatten sie ihn getroffen? Kein Wort war von dem Golgariten zu höhren Thurbolds Konzentration war nur auf die beiden Schützen gerichtet, seine Hände bereit den Rabenschnabel zu schwingen und zwei weitere Leben als Preis einzufordern.

Es durften nur noch wenige Schritte sein, wenige Schritte die den beiden Schützen reichten um ein letztes mal durch zu spannen und ihre Bolzen gegen die Heilige Wut die ihnen entgegen stürmte, auszurichten und abzudrücken.
Das schnalzen der Sehnen und das Federn der Bolzen erzeugten einen kurzen surrenden Ton, ehe Thurbold von einem Hammerschlag gegen sein Bein aus der Trance gerissen wurde. 
Das rechte Bein des Ordensritters versagte plötzlich den Dienst als einer der Bolzen ihn knapp unter der Hüfte traf und warf den alten Kämpen in den Dreck zu seinen Füßen. Ein zweiter Bolzen rauscht knapp an Thurbolds Oberkörper vorbei!
Anscheinend hatte ihr schneller Angriff die beiden Schützen doch nervös werden lassen – zumindest ein wenig.

Mit aller Routine die er in einem langen Leben erworben hatte, drehte er sich so gut es ging am Boden auf die unverletzte Seite, betrachtete zu aller Erst die Einschlagstelle, stellte fest das er den Bolzen nicht entfernen konnte und blickte dann erst einmal Schicksalsergeben auf die Szenerie um ihn herum.

Dann war Alfred heran und schwang den geflammten Anderthalbhänder – dem neuen Arivorer Stahl, seitdem er seinen letzten beim Kampf gegen einen Ferkina beim Wettstreit um den Sturmfels eingebüßt hatte – hoch über den Kopf und ließ ihn mit einem lauten „Für RONDRA“ in die Schulter des Manns fahren. Dieser unfähig den Schlag zu parieren und nicht in der Lage gewesen dem Schlag auszuweichen, hauchte sein lästerliches Leben aus, als die Waffe des Leutnants sein Herz erreichte und war tot bevor er zu Boden gegangen war.

Dann knallte die Armbrust der Frau auf Alfreds Hinterkopf und ließ den Zornesritter vornüber zu Boden gehen. Alfred nutzte den Schwung und versuchte sich weitgehend abzurollen, doch als er halb taumeldn auf die Beine kam und seine Gegnerin zornerfüllt erblickte, hatte diese die Zeit genutzt und jetzt ihrerseits ein Schwert und einen Vollmetallbuckler, den sie neben sich stehen hatte gezogen. „Dafür wirst Du zahlen!“, zischte sie ihn hasserfüllt an und griff an. Alfred mußte zunächst zurückweichen, sah er doch immer noch schwarze Punkte in seinem Blickfeld, als er aus dem Augenwinkel gewahr wurde, wie die Feinde auf Unswin einschlugen. Doch er selbst konnte kaum etwas tun, gesellten sich doch in diesem Moment weitere Schmuggler zu seiner Gegnerin, so dass er selbst nun förmlich eingekreist war.

Unswin spürte kaum noch, wo die Säbel überall durch das Kettengeflecht seiner Rüstung drangen. Sein Körper war übersät mit vielen kleinen Wunden und der Bolzen in der Seite machte es nicht einfacher den vielen Hieben auszuweichen. Andererseits hatte er sowieso keinen Platz mehr um den Schlägen zu entkommen. Längst hatte er sich ganz darauf verlegt die Attacken der Angreifer abzuwehren, was ihm jedoch auch immer seltener gelang. Ein tief gezielter Hieb ins linke Bein ließ ihn schließlich einknicken. Er taumelte zurück an den Stamm eines alten Baumes. Die Gegner umringten ihn so dicht, das er auch dann nichts vom sonstigen Kampf mitbekommen hätte, wenn er sich in diesem Moment dafür interessiert hätte. Ihm wurde klar, dass er die Anzahl der Gegner und ihre Kampfkraft bei seinem Kundschaftergang offensichtlich deutlich unterschätzt hatte. Einen Augenblick lang huschten seine Gedanken zu Leomara und er hoffte, dass sie mit den Nebachoten mehr Glück gehabt hatte.

Was auch immer Unswin am Kopf traf, er sah es nicht kommen. Der Schwert entglitt seinen Händen und ihm tanzten Sterne vor den Augen. Betäubt nahm er wahr, wie er auf dem aufgeweichten Uferboden aufprallte. ‚Wann gewöhnst du Dummkopf dir endlich an einen Helm zu tragen. Nun, wahrscheinlich nie mehr...’

Dann umpfing ihn gnädige Schwärze ...

Es dauerte nur wenige Augenblicke um sich ein Bild der Lage zu machen und die war in der Tat schlecht. Um Thurbold herum war so gut wie jeder Kämpe eingekreist und er lag schwer angeschlagen am Boden. Er musste etwas tun!

Mit aller Kraft die er noch im linken Bein hatte und mit Hilfe seines Rabenschnabels drückte er sich von Boden ab und versuchte sich hinzu stellen.
Doch wohin nun? Dem jungen Unswin zu Hilfe eilen, der in diesem Augenblick von einem Bolzen ausgeschaltet wurde oder eher doch zu Alfred der sich grade nur einer Matrosin erwehren musste, doch Gefahr lief ebenso eingekreist zu werden wie dessen junger Untergebener.

Das Blut aus der Hüftwunde und der Dreck des Bodens hatte Tuhurbolds ehemals strahlend weißen Umhang zu einem dreckigen Bettlaken verkommen lassen. Mehrere nasse Strähnen hingen über die faltige Stirn und auch wenn Thurbolds Mundwinkel keinen Ton über die Lippen brachte, so waren die höllischen Schmerzen in seinem restlichen Gesicht wie aufgemeisselt zu sehen.

So gut es ging und so sehr es die knappe Zeit zuließ sprach Thurbold ein kurzes Stoßgebet zu seinem Herren, ehe er – mehr mit der Kraft der Sturheit, den mit der Kraft seiner Muskeln – Alfred zu Hilfe eilte und auch hoffte das sein Amt als Diener des Totengottes den Matrosen - ebenso wie die schauerlichen Geschichten die man sich aus den Klöstern der Golgariten erzählt – den Schmugglern wieder mehr Respekt einflösst!

Allerdings nützte dieser Heldenmut kaum noch etwas. Kamen einfach noch ein paar weitere Feinde zu den beiden Rittern geeilt. Geschickt griffen sie immer wieder an, nur um sich bei einem Gegenangriff sogleich wieder zurückzuziehen, in der Hoffnung, dass einer der Kameraden eine Lücke in der Deckung der beiden Ritter fand.
Langsam aber beständig trieben sie den verwundeten Thurbold und den ebenso verwundeten Alfred vor sich her…. Golgarit und Zornesritter kämpften verzweifelt gegen die Übermacht. Es schien Schicksal zu sein, dass die beiden Orden immer wieder und wieder zusammen gegen Übermächte streiten mussten. Es gelang ihnen auch sich gegenseitig zu schützen und auch einen der Söldner zu Fall zu bringen und einen anderen zum Rückzug zu bewegen. Aber es waren immer noch zu viele. Viele Verletzungen ziehrten mittlerweile der Kämpen Körper.




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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Die Schlacht am Darpat VI
Die Schlacht am Darpat V


Kapitel 87

Die Schlacht am Darpat VII