Geschichten:Sechs Legenden - Dana Gerstdorp

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sechs wunderbare Legenden von tapferen Maiden der Kaisermetropole Gareth. Gesammelt und niedergeschrieben im MXXXIX. Jahr des Falls Bosparans durch Marwan Nandrash Alfessir, dem ergebenen und demütigen Diener des weisen Einhorn zur allgemeinen Belehrung des Volkes Garetiens

Die Legende von Dana Gerstdorp

Am Tag, als Dana Gerstdorp starb
Garether Glocken klangen
Am Tag, als Dana Gerstdorp starb
Und alle Freunde weinten um sie
Das war ein schwerer Tag
Weil für uns eine Heldin starb

Welcher Garether kennt nicht jene Ballade des Jagodar von Galothini, in dem er herzzerreißend die letzten Stunden der bekannten Schreiberin des Garether und Märker Herolds und seiner guten Freundin während der fürchterlichen Schlacht über den Wolken in Gareth besingt? Wie er die unerschrockene Hoffnung auf Überleben und das schreckliche Ende einer einzelnen tapferen Frau in den von Dämonen und Bestien gefluteten Straßen als Sinnbild für das Trauma einer ganzen Generation von Garethern umdeutet? Dana Gerstdorp war und ist eine Heldin, weil sie wie eine von uns einfachen Sterblichen hart und vergeblich um ihr Leben kämpft und in ihrem Scheitern die Hoffnung auf die Gnade und Erlösung durch die unsterblichen Zwölfe überhaupt erst ermöglicht.

Aber Galothini besingt nicht die lebenslustige und ausgesprochen neugierige Schreiberin des Herolds, die ihre Nase mutig in alle Angelegenheiten des Königreichs steckt und geheime Skandale des Adels an das helle Licht des unerbittlichen Praiosmal zerrt, ohne sich um ihren eigenen Ruf zu fürchten. Der affektheischende Barde versucht auch nicht die viel tiefere Noblesse der bürgerlichen Garetherin zu verstehen, deren Anliegen das große Wohlwollen des alveranischen Einhorns begleitet, nämlich die Sterblichen dazu zu bewegen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen – sapere aude! wie uns Nandus mahnend zuruft. Von einem adligen Barden, der von den Almosen des Reichsforster Grafen lebt, ist dergleichen tiefere Einsicht wohl schwerlich zu erwarten.

Wie viele von Rahjas Gunst geküsste Verliebte haben durch sie ihre wallenden Gefühle in die einfachen aber wirksamen Worte eines schlichten Liebesgedichtes fassen lassen? Wie viele Hoffnungslose haben durch ihre wohlgewählten Worte mit Erfolg einem wohlwollenden Geweihten ein Bittgesuch unterbreiten können? Sie waren das Publikum, für dessen Bildung und Unterhaltung Dana Gerstdorp ihr Leben heldenhaft riskierte, nicht nur während der Schreckensnacht am Anfang des Jahrs des Feuers, als Gareth für immer drohte unterzugehen.

Der Leser des Herolds, ob von Stand oder gemein, erfuhr durch sie von den Schrecken der Rubinbrüder in Waldfang so wie sie tatsächlich geschehen waren und nicht in adelsgefälliger Manier und Verzerrung wie andere Jubelblätter des Kaiserhauses aus Gareth die freien Bürger gerne in den Irrgarten der zuckersüßen falschen Lügen locken. Und oh weh, wie wichtig wäre noch heute ihre freie und aufgeklärte Stimme, in solchen Zeiten, wo ein kleingeistiger Landrichter in das wichtige Amt der Staatskanzlei gespült wird und eine lachhafte Parodie von fähigen Staatenlenkern ist. Wo Vermittlung und Ausgleich zwischen den Streitparteien nötig wäre, zischelt diese Natterzunge dem stolzen Adel zwischen Raschtullswall und Finsterkamm das fatale Verbot der Kirche eines Kinds Hesindens in das törichte Ohr! Oh Dana Gerstdorp, welche Geheimnisse würdest Du uns über Cantzler Horulf erzählen können, damit den Menschen die Augen aufgehen, wie wenig er ist im Vergleich zu seinem Vater und seinem Bruder Praiodan, die beide ein Vorbild waren für die gerechte Herrschaft!

In der Schlacht über den Wolken, als die Stadt des Lichtes zerstört und Neu-Gareth ausgelöscht wurde, irrlichterte die wie immer in grellgrünen Kleidern gewandete Heldin der freien Meinung durch die von Dämonen und Alptraumwesen versehrten Straßen und Plätze von Gareth. Wenig genaues wissen wir über ihre letzten Stunden, aber wenig spricht gegen Galothinis Geschichte, dass bis zu ihrem letzten Atemzug im Sinn hatte, das Leben ihrer Garether Mitbürger zu retten.

So besingt der Barde die unerschütterliche Heldin, die in eine brennende Mietskaserne in Meilersgrund eindringt, um einen von einem widernatürlichen Stiermenschen bedrohten schwächlichen Jungen das Leben zu retten. Es klingt wie ein Wunder aus alten Zeiten, wie sie in solcher hoffnungsloser Lage im Angesicht ihres sicheren Todes die Schwäche des Untiers erkennen und es besiegen konnte. Noch heute lebt ein junger Knabe in den schmutzigen Straßen der Garether Vorstädte, um von dieser Heldentat erzählen zu können.

So weint ganz Gareth noch heute um die junge Frau, die man grausam ermordet in den Garether Gassen wieder fand. Galothini weiß es nicht, wer den tödlichen Streich führte, ob es ein Rächer an der frechen Schreiberin war, der die Gunst des Augenblicks eiskalt ausnutzte oder ob sie der Mordlust der sengenden Galotteska zum Opfer fiel. Das war ein schwerer Tag für Gareth, weil für uns eine Heldin starb.



 20px|link=[[Kategorie:|Dana Gerstdorp]]
1039 BF
Dana Gerstdorp
Alwene von Mohnfeld


Kapitel 7

Autor: JüS