Geschichten:Schimpf und Schande - Teil 12

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Spion wider Willen

Alt-Gareth, Firun 1033 BF


„Ich brauche jemanden, der für mich die Augen und Ohren im königlichen Rat offen hält. Ich will wissen, was dort so im Verborgenen geschieht“, sagte Balrik. „Können wir da jemanden anwerben?“
Balrik wollte wissen, was im Königspalast vor sich ging. Er hatte so irgendwie das Gefühl, daß da was nicht stimmte. Horbald von Schroeckh, der königliche Rat, war in seinen Augen nicht gerade kompetent für das Amt, daß er ausübte. Jetzt hatte er kürzlich Nimmgalf von Hirschfurten sein Lehen in der Grafschaft Waldstein aberkannt, „weil er seine Lehenspflichten nicht erfüllt hatte“. Aber Nimmgalf hatte seine Baronie wieder befreit; es dauerte zwar lange, bis er es tat, aber er hatte es gemacht. Der königliche Rat hat zwar die Befugnis, ihn zu entlehnen, doch hatte Balrik den Verdacht, daß es Horbald nur aus Rache tat. Er war seit Nimmgalfs Anklage gegen ihn nicht mehr gut so auf den Baron zu sprechen.
„Ich könnte vielleicht jemanden anwerben“, antwortete Belgos auf seine Frage. „Es könnte aber einige Münzen kosten.“

Linnert Unterbauer, Schreiberling der Gerbaldsmärker Burggräfin, war nach einem langen Arbeitstag auf dem Weg in sein kleines Haus in der Nähe des alten Hippodroms. Er wollte eigentlich schon früher gehen, doch hatte er noch ein wichtige Schreiben aufsetzen müssen.
Er hatte in seiner Schlafkammer noch ein wenig Blütenstaub vom Weißen Lotos und er freute sich schon auf die Träume, die er bekommen würde, wenn er ein wenig davon nahm.
Doch als er die Kammer betrat, saß ein fremder Mann auf einem Schemel; und es schien so, als ob er nur auf ihn gewartet hatte. „Da seit Ihr ja, Linnert“, sagte er, während er wie abwesend mit einem Dolch seine Fingernägel putzte. Dann blickte er ihn an. Er hatte einen finsteren Blick und er versprach Unheil, wenn er nur etwas falsches machen würde. „Ich habe mich schon gefragt, wann ihr kommt.“
„Wer ... wer seit Ihr?“ Mehr konnte Linnert nicht herausbekommen. Er hatte Angst. Dieser finstere Mann sah gefährlich aus.
„Ich bin ein Freund“, sagte er. „Ich weiß zufällig, daß Ihr Geldprobleme habt.“ Sein Blick fiel auf die Truhe, wo Linnert den weißen Lotos versteckt hatte. „Ihr gebt Euer ganzes Geld für illegale Rauschkräuter aus. Was würde denn Euer Geldgeber dazu sagen, daß Ihr Euch den Rauschkräutern hingebt? Das würde ihm nicht gefallen.“
„Das dürft Ihr ihr nicht sagen.“ Linnert konnte die Verzweiflung aus seiner Stimme nicht heraushalten. Woher wußte der Fremde, von seiner Vorliebe für Rauschkräuter? Und von den Geldproblemen? Wer war er? „Wenn sie das erfährt, verliere ich meine Stelle. Und ich würde auch keine andere mehr bekommen. Ich hätte nichts mehr von dem ich mich ernähren könnte.“
Der Fremde lächelte. „Ganz zu schweigen davon, daß Ihr kein Lotos mehr kaufen könntet, nicht wahr? Nein, ich werde es nicht sagen. Vorausgesetzt Ihr erfüllt mir einen Gefallen.“
„Welchen Gefallen?“, fragte Linnert vorsichtig.
„Ich will, daß Ihr regelmäßig berichtet, was in der königlichen Kanzlei so vor sich geht. Als Schreiber bekommt Ihr ja regelmäßig Post aus der Kanzlei. Ich will wissen, was in diesen Briefen steht. Berichtet alles was von Interesse sein könnte.“ Erst jetzt stand der Fremde von seinem Hocker auf und steckte den Dolch ein. „Natürlich sollt Ihr auch für Eure Mühen belohnt werden.“ Er warf einen kleinen Beutel mit Münzen auf sein Bett. „Das ist eine kleine Anzahlung. Wenn Ihr Euch als kompetent erweist, bekommt Ihr mehr.“
„Und wenn ich nicht mitspielen will?“
„Dann wird man von Eurer Vorliebe für illegale Rauschkräuter erfahren und ihr landet im Kerker. Wenn Ihr aber mitspielt, habt Ihr einen Extralohn, mit dem Ihr ganz gut zurecht kommen werdet.“
Die Alternativen gefielen Linnert nicht gerade. „Also gut“, gab er schließlich nach. „Ich bin Euer Mann.“