Geschichten:Schatten über Waldstein Teil 8

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Leihenbutt, 26. Rahja 34 Hal:

Hilbert ging nachdenklich in dem Gemach auf und ab, welches seine Gastgeberin ihm zugedacht hatte. Ab und an fiel sein Blick kopfschüttelnd auf die verschlossene Tür, vor der er mindestens drei Wachen vermutete. Offenbar wollte man sichergehen, dass er sich nicht ungesehen aus dem Staub machen würde.

So ausweglos die Lage auch war, der Reichsvogt zu Sertis beschloss, sie sich nicht allzu zu Herzen zu nehmen. An der Lage ließ sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt wenig verbessern, und jeder Versuch etwas zu ändern lief Gefahr den Status quo nur noch zu verschlimmern. Er kannte sich in der Burg nicht gut genug aus, um konkrete Fluchtpläne zu entwerfen. Also musste man Flucht eben ausschließen. Und das Gegenteil von Flucht war, wenn nicht Kollaboration, für die Hilbert nur ein verächtliches Lachen übrig hatte, ein Spiel auf Zeit. Offenbar war Nimmgalf nicht auf Burg Leihenbutt, dem Verhalten der Hausherrin nach aber auch noch nicht tot. Hilbert hegte eine gewisse Hoffnung, dass der Pfortenritter aus Leidenschaft um der Situation seiner Baronie wusste, so dass deren Befriedung ebenfalls zu seiner, Hilberts, Befreiung führen könnte.

"Ich muss also nur abwarten und nicht in die Schlangengrube zu meinen Füßen treten. Das heißt, ich muss sie bei Laune halten. Wie aber hält man einen Dämon bei Laune?", murmelte er vor sich her.

Schließlich blieb er lächelnd stehen und setzte sich demonstrativ ruhig hin. Er, Hilbert von Hartsteen, würde das tun, was er seid jeher getan hatte. Er würde schmeicheln und versuchen sich mit verlockenden Angeboten über Wasser zu halten. Immerhin war er nicht umsonst als Pfortenritter mit der Tochter eines der wichtigsten Pulethaner verheiratet.

Hilbert setzte sich also an den Sekretär, nahm Federkiel und Pergament zur Hand und begann zu schreiben.


An Eure Hochgeboren Simiona di Silastide-Marvinko, Baronin zu Leihenbutt,

Hochverehrte Nachbarin und teure Freundin, obgleich die Umstände gegenwärtiger Unruhe des Landes und des Reiches manch einen Landstrich in gar furchtbare Nöte getrieben haben, erweist es sich als Zeichen zu sehen, mit welcher Kraft und Strenge noch Ordnung herrschet in den Ländern der Grafschaft Waldstein, durch Euch und Eure ruhige Hand, welche voller Voraussicht und Klugheit dem brodelnden und dräuenden Odem des Chaos Einhalt zu gebieten vermag.

Wie gut zu sehen, dass in den Zeiten, wo Nachbarn einander nicht mehr vertrauen, Ihr mir auf Burg Leihenbutt eine sichere und beschützte Raststätte gewähret, die umso kostbarer ist, als seines Zeichens die stolze Grafschaft Hartsteen in tiefem Chaos versunken ist bar jeglicher ordnenden Hand, die Euch so vorzüglich schmücket.

Haben wir doch an eigenem Leibe erfahren müssen, wie es um die garetischen Lande bestellet ist! Ohne Schutz in diesen Tagen zu reisen zeichnet den Toren aus, der sich zu schnell nach der Seelenwaage Rheton sehnet. Besser ist es beschützt und in Gesellschaft mit Verbündeten zu warten, bis der Strom der schwarzen Horden und der Druck der finsteren Landen sich von selbst verringere, denn gerecht sind die Götter und in ihren weisen Ratschluss ist es einem jedem Menschen Deres sich zu begeben, auf dass die finstere Brut vom Antlitz Deres vertilget werde!

Um der schweren Aufgaben Eurer Hochgeboren wissend, und beruhigt in der Gewissheit, dass kaiserlich Sertis durch einen fähigen Vogte entgegen der Wirren der Zeit geführet sei, stehen wir in tiefster Schuld und Dankbarkeit ob des traviagefälligen Schutzes, welcher mir in den Gemächern der Burg Leihenbutt geboten wird und verbleiben als Euer loyaler Freund und fürsorglicher Nachbar, dessen größte Freude es ist mit seinen geringen Mitteln und schwachen Kräften Euch helfend zur Seite zu stehen im Kampf gegen die Unordnung, und verbleiben dem Ruf Ihrer Hochgeboren harrend

Euer Hilbert von Hartsteen, Reichsvogt zu ksl. Sertis, etc.pp.


Als er mit dem Schreiben geendet hatte, siegelte er den Brief mit seinem Ring und trat zur Tür, einem der Wachen den Schrieb für seine Gastgeberin zu geben.