Geschichten:Raschtulswaller Ränke - Sturm am Horizont

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Rondra 1042 BF; Schloss Tikaris

Wie sooft stand Thamian auf der Darpatbastion und blickte dem träge fließenden Darpat hinunter. So friedlich, so erhaben, war das kostbare Nass und doch voller urtümlicher Macht und Zerstörung. Der Darpat, das einende Band der Lande Perricum.

So wie der Morgendunst dem alles beherrschenden Praiosmal Platz machte, so verschwanden auch die Schleier auf der Seele des Barons zunehmend. Ein Grund dafür sah der Magier in der Verbannung dieser Frau. Der Baron hatte wieder neuen Lebenswillen gefasst und war voll und ganz in seinen Bauprojekten aufgegangen. Thamian erfüllte dies mit großer Freude. Dies gab ihm die Freiheit, sich ein wenig genauer mit dem kleinen Sohn des Barons zu beschäftigen. Welch armes Kind, von der Mutter verstoßen und vom Vater mit Nichtachtung gestraft. Dennoch war der Kleine voller Lebensfreude, voller Liebe und Güte.

Es war diese erquickende Kinderlachen und Jauchzen das Thamian aus seinen Gedanken riss. So schnell ihn seine kleinen Füßchen trugen lief der kleine Romin auf seinen Erzieher zu, umarmte ihn innig und blickte ihn fordernd mit leuchtend grünen Augen an. Thamians Lächeln zeugte von echter Zuneigung zu dem Jungen.

Der Kleine nahm den rothaarigen Hünen an die Hand und lief mit ihm in den Park. Vor einem Nest aus Blättern und Zweigen blieb er stehen. Seine Frohnatur verließ ihn und seine Gesichtszüge verkrampften sich. Er zeigte tief traurig auf einen kleinen Vogel, der scheinbar einen gebrochenen Flügel hatte und im Sterben lag. Thamian blickte seinen Schützling prüfend an. Der Junge hatte ein reines Herz und war voller Lieber zu allen Kreaturen. Doch die Welt um ihn herum war schlecht und verkommen. Müsste man ihn nicht auf diese Verderbtheit vorbereiten? Noch war nicht der Zeitpunkt. Er sollte seine Reinheit im Herzen so lange bewahren wie möglich, befand Thamian. Er kniete sich nieder zu dem Vogel, hielt seine Hand über ihn und murmelte ein paar Worte. Kurz darauf zappelte der Vogel wieder voller Lebensfreude und erhob sich in die Lüfte. Der kleine Romin schaute ihm lange nach und blickte dann mit leuchtenden Augen zu Thamian. Diese kleine Kinderseele war für den heutigen Tag gerettet, dachte der Magier bei sich.

Die beiden schlenderten vergnügt in Richtung des Schlosses als ihnen der Haushofmeister Perainian Huflinger entgegen eilte. Er trat diskret an Thamians rechtes Ohr und flüsterte ihm etwas zu.

„Was Ihr nicht sagt Meister Perainian, die Baronin von Sturmfels also. Nun, ich befürchte die Tage der Unschuld sind hiermit vorüber.“

Nachdenklich legte er seinen Arm um die Schulter des kleinen Jungen.