Geschichten:Machtgeflüster Teil 9

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Leihenbutt, 18. Ingerimm 34 Hal

Es waren herrliche Zeiten für Simiona. Alles schien sich genau so zu entwickeln, wie sie es sich wünschte und ausgemalt hatte. Sie war gerade auf dem Weg zur allabendlichen „Stabsbesprechung“ mit ihren Vertrauten, dem Magier Bartholomäus, ihren beiden Leibwächtern, dem Streuner Thyrian, der Jägerin Dana und Hauptmann von Eslamsbrück, dem Anführer ihrer Söldner.

Als sie die große Halle der Burg betrat, saßen die anderen bereits am großen Eichentisch, teils in Diskussionen vertieft, teils vor sich hinbrütend. „Bon soir, meine lieben Freunde. Lasst uns mit der Besprechung beginnen.“ Sie nahm am Kopf der Tafel Platz, während eine Bedienstete ihr ein Glas Bosparanjer Schaumwein einschenkte. „Gibt es inzwischen Neuigkeiten von meinem Mann?“

Hauptmann von Eslamsbrück meldete sich zu Wort: „Wir haben noch keine Nachrichten aus Elenvina erhalten, Comtessa. Wir wissen lediglich, dass Euer Gemahl und fünf weitere Edelleute vor ein paar Tagen die Grenze zum Kosch passiert haben. Sofern ihm nichts dazwischen kommt, sollte er in drei oder vier Tagen hier eintreffen.“

„Bien, i`r wisst ja, was dann zu gesche`en `at. Eure Leute werden sisch i`m gegenüber als loyale Soldaten des Reisches präsentieren, nischts darf auf die wa`ren Umstände `indeuten.“

„Selbstverständlich, Comtessa!“ grinste der Hauptmann.

„Was gibt es sonst noch?“

Da erhob sich der Streuner Thyrian. „Meine Leute haben mir berichtet, dass in der Grafschaft Hartsteen ein größerer Söldnertrupp aus dem Osten von Ugo von Mühlingens Lanzenreitern niedergemacht wurde. Der Marschall scheint immer noch eine nicht zu unterschätzende Bedrohung zu sein. Und seine Mannen sind hochmotiviert, kampferfahren und vor allem den unseren zahlenmäßig weit überlegen.“

Simiona dachte nach. „Hm, dieser von Mü`lingen könnte uns schon mal in die Suppe spucken, vor allem wenn sisch `erumspreschen sollte, dass seine Truppe stark genug ist, um es mit uns aufzune`men. Merde! Dies darf nischt passieren. Isch werde misch in den nächsten Tagen darum kümmern. Alwin, setze er mir ein Schreiben auf, in dem isch seine Exzellenz um eine „geschäftlische Unterredung“ bitten möschte.“ Der Angesprochene nickte nur.

Simiona trank einen Schluck vom Wein. „Was machen unsere magischen Verteidigungsmaßna`men?“

Bartholomäus antwortete: „Noch keine großen Fortschritte, Comtessa. Ich bräuchte einfach mehr „freiwillige“ Spender von Lebenskraft. Wenn du mir gestatten würdest, hin und wieder ein paar Leute aus den Dörfern verschw…“

„Non, bedaure!“ unterbrach sie ihn. „Dies kann isch dir nischt erlauben, zumindest jetzt noch nischt! Du wirst disch mit den paar Leischen begnügen müssen, die meine Leute `ier`er schleppen.“

Der Magier schüttelte nur den Kopf. „Tot nützen sie mir höchstens als Paraphernalia. Oder als billige Wächter. Ich brauche frisches Blut!“

Simiona schüttelte den Kopf. „Gemach, mon ami, erst müssen wir uns um andere Dinge kümmern. Zum Beispiel die Grenzsischerungen. Was machen…“

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Simiona rief etwas verärgert: „Was gibt es denn? Isch wollte doch nischt gestört werden!“ Die Tür des Salons öffnete sich und

der Page Praiodan steckte den Kopf herein. „Verzeiht die Störung, Herrin, aber da ist hoher Besuch gekommen, ein Graf aus dem Horasreich wie mir schien.“

Simiona wirkte sichtlich überrascht. „Ein Graf? Hm.. gut, dann bitte den `errn doch `erein, isch werde i`n sofort empfangen. I`r anderen könnt jetzt ge`en, alles weitere bespreschen wir morgen. Alwin und Roderik, i`r beiden wartet vor der Tür. Beim leisesten Pfiff seid i`r `ier drinnen, klar?“

„Verstanden, Comtessa!“ sagte Alwin. Sie verließen gemeinsam mit den anderen den Salon. Simiona strich sich ihr Kleid zurecht und warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Sie hatte keine Ahnung, was dieser horasische Graf von ihr wollte, jedoch war sie recht gespannt darauf.

Nach kurzer Zeit klopfte es an der Türe. Auf ihr „Ja, bitte?“ öffnete sie sich und ein sehr elegant gekleideter Herr Anfang Fünfzig, mit langen gelockten dunklen Haaren, einem gezwirbelten Stutzerbart und mit Prunkdegen an der Seite betrat den Salon. Simiona fiel auf, dass sein rechtes Auge nicht echt, sondern durch eine Glasimitation ersetzt worden war.

„Seid gegrüßt, Comtessa!“ sprach der Mann mit einer wohlklingenden Stimme, in der allerdings ein unheimlicher lauernder Unterton zu vernehmen war. Nachdem Simiona den Gruß erwidert und er auf ein Zeichen von ihr hin Platz genommen hatte fuhr er fort: „Mein Name ist Graf Sephirim Isyahadan zu Laescadir, und ich habe Euch einen Vorschlag zu machen.“ Simiona blickte überrascht.

„Verzei`t mir, Euer `ochwo`lgeboren, aber Euer Name sagt mir nischts. Sollten wir uns kennen?“

Der Mann musste schmunzeln. „Nein, wir kennen uns nicht, noch nicht! Aber das könnte sich schon bald ändern.“

Simiona war neugierig geworden. „Also bitte, was möchtet I`r mir vorschlagen?“

„Seht Ihr, Comtessa, Eure… nun sagen wir außenpolitischen Maßnahmen sind mir nicht so ganz verborgen geblieben.“

Simionas höfliches Lächeln erstarb: „Wie bitte meint I`r das?“

Der Graf goss sich etwas von dem Schaumwein in einen Becher und trank genüsslich einen tiefen Schluck. Simiona hasste es, auf die Folter gespannt zu werden und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Langsam fuhr der Mann fort: „Nun, wenn ich die Sache richtig sehe, seid Ihr gerade dabei, euren Machtbereich entscheidend zu erweitern nicht wahr?“

Simiona griff rasch unter ihr Kleid und spannte ihre Balestrina durch. „Und wenn isch es rischtig se`e, ge`t Eusch das über`aupt nischts an, Monsieur!“ Sie funkelte ihn zornig an.

„Neinnein, natürlich nicht, Comtessa! Dies ist allein eure Sache“, beruhigte er sie ein wenig. Dann grinste er: „Ich frage mich nur, was wohl die Praioskirche dazu sagen würde, wenn sie dahinterkäme, wie genau Ihr es mit den zwölfgöttlichen Geboten zu nehmen pflegt…“

Simiona sprang auf und richtete ihre Waffe auf seinen Kopf. „Isch weiß zwar nischt, was I`r über misch zu wissen glaubt, Monsieur, aber isch weiß se`r wohl, dass i´r es niemandem me`r mitteilen werdet.“

Der Graf riss den Kopf nach hinten und fiel in ein schallendes Gelächter ein. Dann verstummte er abrupt und sah sie böse an: „Ich weiß alles über Euch, Comtessa!“

Simiona konnte kaum glauben was sie da hörte. Wütend schrie sie: „Mag sein, doch scheinbar seid I`r dennoch zu dumm, eure Lage rischtig einzuschätzen. Bien, mansche Fe`ler macht man eben nur einmal im Leben. Au revoir!“ Sie drückte ab und ihre Kugel raste auf Graf Laescadirs Kopf zu…