Geschichten:Machtgeflüster Teil 5

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Leihenbutt, 4. Ingerimm 34 Hal

Die Meldungen aus den östlichen Nachbarprovinzen hatten sich bestätigt. Plündernde Marodeure zogen umher, besetzten Dörfer, zündeten Gutshöfe an und terrorisierten die Einwohner, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Heute morgen waren die ersten Vertriebenen in Leihenbutt angekommen, verzweifelte Menschen von denen einige nur noch das hatten, was sie am Leibe trugen. Laut den neuesten Gerüchten sollte auch die Baronie Zweiflingen im Nordosten Waldsteins bereits zu großen Teilen verheert worden sein. Nachts gingen Untote um und verbreiteten Angst und Schrecken. Bisweilen gab es weitere Entführungsmeldungen, vermutlich verursacht von fliegenden Dämonen oder Gargylen, wie Bartholomäus Simiona berichten konnte. Als die Nachricht eintraf, dass ein größerer Söldnertrupp das Dörfchen Siedberen im Norden Leihenbutts angegriffen hatte, beschloss Simiona, dass es Zeit sei zu handeln. Gemeinsam mit fünf von ihren Leuten, darunter auch der inzwischen wieder zu Kräften gekommene Magier, ritt sie nach Nordosten, um die Söldner abzufangen. Sie alle waren gut bewaffnet, Simiona hatte ihre hochmoderne Repetierbalestra griffbereit am Sattel.

„Dort drüben, seht Ihr den Rauch, Herrin? Das könnte Siedberen sein, wir sind also nur noch wenige Meilen entfernt.“ Die Jägerin Dana hatte ihr Ziel in einiger Entfernung ausgemacht.

„Du magst rescht ´aben, Dana“, antwortete Simiona. Lasst uns einfach normal weiterreiten, aber gebt gut acht und meldet alles Ungewö`nlische!“

Schon bald konnten sie mehr erkennen: das Dorf mit seinen über 150 Einwohnern war komplett geplündert und niedergebrannt worden. Etliche der Dörfler lagen erschlagen oder verbrannt in den Strassen. Ein entsetzlicher Gestank lag in der Luft. Die Reiter erkannten schnell, dass hier nichts mehr zu retten war. „Merde! Dann sind die anderen Dörfer und `öfe bis `ier`in sicher auch schon ein Raub der Flammen geworden“, ärgerte sich Simiona und schickte den Streuner Tyrian los, um nach Hinweisen zu suchen. Nach etwa einer halben Stunde kam er zurück.

„`ast du etwas entdecken können?“

„Viele Leichen, Herrin. Da drin lebt niemand mehr“, antwortete er traurig. „Aber dieses hier konnte ich an einem hervorstehenden Nagel finden.“ Er gab ihr einen schwarzroten Stofffetzen mit einem Stück von einem Wappen darauf, was einen Drachen zeigte.

„Bart`olomäus, kannst Du damit etwas anfangen?“

Der Magier nahm den Stofffetzen entgegen und betrachtete ihn eine Weile. Schließlich antwortete er: „Wenn Du mich fragst, handelt es sich um Söldner der Drachengarde. Früher Elitegardisten des Reiches sind es heute nur noch ziemlich brutale, allerdings gut ausgebildete Söldner, die in den Diensten Rhazzazors stehen. Je nachdem wie viele es sind, hast Du jetzt ein ziemliches Problem in Deiner Baronie, Comtessa!“ Er konnte sich dabei ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

Simiona funkelte ihn böse an. „Das werden wir ja noch se`en. Wo`in sind sie geritten?“

„Nach Süden!“ antwortete die Jägerin Dana, die sich gut aufs Fährtenlesen verstand. „Dort liegt Heldenrot, ein Dorf von ungefähr 280 Einwohnern.“

Simiona überlegte eine Weile.

„Was sollen wir tun, Herrin? Reiten wir zurück nach Leihenbutt und bringen die Einwohner in Sicherheit, bevor diese Horden die Stadt erreichen, falls sie sich danach weiter gen Westen wenden werden?“ fragte Roderik, ihr zweiter Leibwächter.

„Non, wir folgen den Söldnern!“ antwortete sie barsch.

„Aber…aber Herrin, das ist äußerst riskant. Wenn Ihr denen in die Hände fallt, können Alwin und ich nicht mehr für Eure Sicherheit garantieren. Es wäre wirklich das Klügste, wenn…“

„Isch entscheide, was das Klügste ist, verstanden?“ fuhr Simiona ihn an. Der kräftige und kampferfahrene Mann schwieg und senkte den Kopf.

„Wir reiten i`nen `inter`er. Keine Bange, isch weiß genau, wie man mit solschen Typen umzuspringen `at. Vertraut mir einfach“, lächelte sie. Mit gemischten Gefühlen folgten die Reiter der Spur der Marodeure.

Selbst Simiona war sich ganz und gar nicht sicher, dass ihr Plan auch aufgehen würde, aber zur Not hatte sie ja noch Bartholomäus. Der Magier würde sie schon irgendwie in Sicherheit bringen können, falls irgendwas schief liefe.

„Sag mal, Bart`olomäus…“

„Ja?“

„Du warst doch schon einmal nach der Invasion der schwarzen `orden in Warunk, rischtig?“

Der Angesprochene erwiderte: „Das stimmt. Warum?“

Simiona fuhr fort: „Nun, isch möschte ein wenig über dieses gemütlische Städtschen erfa`ren. Welche Personen sind dort wischtig? Welche Örtlischkeiten sollte man kennen, welsche sollte man meiden? Erzä`l mir einfach alles, was dir so einfällt.“

„Nun gut, da wären also…“ begann der Magier seine Geschichte während Simiona ihm aufmerksam zuhörte.