Geschichten:In den Betten des Königreiches wird die Politik gemacht

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Personae Dramatis:


Eichenkabinett von Schloss Neu-Sighelmsstein, Kaiserlich Sighelmsmark, Rahja 1035 BF:

Es war einer dieser heißen Abende im Rahja, der Schweiß floss Seneschall Branbert von Scheuerlintz nur so in Strömen die Stirn herunter, welchen er sich immer wieder umständlich mit einem mit Stickereien verzierten Tüchlein abzutupfen versuchte. Trotz der Schwüle des Abends hatte er wie gewohnt das Eichenkabinett herrichten lassen. Hier traf sich der Seneschall regelmäßig mit seinen Vertrauten um die neusten Informationen – bei Waschweibern würde man sagen Klatsch – auszutauschen.

Die Karaffen mit leichtem almadanischen Weißwein standen schon bereit, als sich die wohlbekannten Gäste des Abends einfanden. Mulziber von Tannengrund, ein eitler Schöngeist und wohlinformierter Politiker, erschien wie immer als erster – Pünktlichkeit war ihm eine Tugend und er hasste es wenn man seine Zeit verschwendete. Nahezu auf Schritt folgte der schneidige und stets überaus elegant gekleidete Erzieher der burggräflichen Kinderschah Silberian Nistran. Der etwas knöchern wirkende Höfling und Rechtsgelehrte Marnion von Sturmfels und der wie immer als letzter erscheinende Haushofmeister Erlbrecht von Trenck komplettierten die abendliche Runde.

„Meine Herren“, begann Branbert mit kehliger Stimme, „ihr habt alle Sturmfels Bericht zu den Ereignissen während des Kabinetts von Auenwacht gelesen.“ Alle nickten pflichtbewusst. „Kommen wir nun also zu den 'kleinen Anekdoten' am Rande. Sturmfels?“

„Nun ja“, der Rechtsgelehrte räusperte sich, „das Liebesleben einige Herrschaften von Stand war sehr eminent Thema beim allgemeinen Palavern.“

„Na, das ist doch nichts Neues!“, warf Erlbrecht von Trenck gelangweilt ein und nahm einen ordentlichen Schluck Wein aus seinem Pokal.

„Doch, sehr wohl“, widersprach Marnion vehement, „denn laut den Gerüchten war auch die Gattin unseres Burggrafen involviert.“

„Worin involviert?“, fragte Mulziper irritiert.

„Das dir die Fantasie dazu fehlt ist klar Tannengrund“, Silberan Nistran schüttelte vielsagend den Kopf, „Na jemand hat seine Lanze in unserer holden Prinzessin versenkt. Was bei weitem nicht das erste Mal wäre ...“

„Danke für deine bildhaftem Ausführungen“, Mulziber verzog angewidert sein Gesicht.

„Wie es scheint, läuft alles auf eine Person zusammen.“ Branbert von Scheuerlintz war betont um Sachlichkeit bemüht und tupfte sich mit seinem Tüchlein wieder den Schweiß von der Stirn.

Sigman von Lüstern“, spie Mulziper von Tannengrund nahezu aus.

„Sehr richtig“, die Stimme des Sturmfelsers war wie gewohnt ruhig, „Gerüchte um Liebschaften des lüsternen Edlen machten die Runde und sie waren äußerst delikat, da sie mehrere namhafte hochadlige Damen beinhalteten.“

„In wen hat er seine Lanze denn noch so gerammt?“ Der Erzieher der burggräflichen Kinderschah lächelte süffisant und erntete einen tadelnden Blick vom Sturmfelser.

„Das er sich an unsere Prinzessin heranwagen würde, halte ich selbst bei Lüstern für ausgeschlossen, das käme Selbstmord gleich. Er soll allerdings mit den Burggräfinnen Alara von Eberstamm und Irmhilde von Luring-Rabenmund verkehrt haben … auch die Mutter der Luring-Rabenmund wird mit ihm in Verbindung gebracht.“

„Ja ist das zu fassen, knallt der Lüstling mal eben zwei Burggräfinnen und eine Alte.“ Branbert konnte es kaum fassen. Wohl weniger aus moralischen Überlegungen, sondern vielmehr aus Neid. Mit den drei Damen hätte er auch gerne 'Lanzenreiten' gespielt.

„Apropos 'Alte', Trenck, hat der Lüstern nicht auch deine Alte bestiegen? Ich meine, du besorgst es ihr ja schon lange nicht mehr.“ Das Grinsen Silberians wurde immer breiter.

„WAAAS?“, prustete es aus Trenck raus spie seinen Wein weit über den Tisch. Er wurde sichtlich blass um die Nase.

„Oh das wusstest du nicht?“, Nistran tat überspielt pikiert, „Jeder im Schloss wusste davon, also bitte.“

„Meine Vögelchen zwitscherten mir von einem frivolen Briefwechsel zwischen Lüstern und der Luring-Hirschfurten.“ Mulziber rechte Augenbraue zuckte einen Moment nach oben.

„Der Alten von Nimmgalf? Ist nicht wahr.“ Nun war Nistran sichtlich beeindruckt.

„Ja ja, Lüstern und die Luring sollen sich schon vor ihrer Vermählung mit Hirschfurten gekannt haben.“

„Dann war Nimmgalf bei ihr ja auch nur der Zweite.“ Schallendes Gelächter brach aus und alle prosteten Silberian Nistran amüsiert zu – außer Trenck, der immer noch etwas konsterniert dreinblickte.

„War da nicht vor Jahren mal was mit diesem Nebachoten?“ Branbert kratzte sich mit einer Hand an seinem Bart, während die andere Schweißperlen an seiner Stirn weg tupfte.

„Zwischen Lüstern und dem Nebachoten?“, fragte Mulziber mit einem etwas zu interessierten Unterton.

„Aber nein“, Scheuerlintz winkte ab, „auch wenn dieser Gedanke dir sicherlich gefallen würde. „Der Nebachote war doch eine Art Mündel vom seligen Burggrafen und sollte mit der Schwester vom Lüstern verheiratet werden … so wollte es zumindest Alarich. So weit ich weiß, war Lüstern nicht sehr begeistert darüber gewesen.“

„Wie passend, dass die Unglückliche noch vor der Vermählung in der Schlacht in den Wolken fiel“, merkte Nistran mit bitterbösen Unterton an.

„Ist sie denn wirklich in der Schlacht gefallen?“ Die Stimme des Sturmfelsers betonte jedes Wort einzeln. „Womöglich hat man sich ihr einfach nur entledigt um die Vermählung zu verhindern?“

„Welch ein Schuft!“, brach es aus Branbert heraus.

„Welcher von beiden?“ Mulziber schaute etwas irritiert zum Seneschall.

„Na der Lüstern … und der andere auch, einfach weil er Nebachote ist.“

„In wessen Auftrag handelt der Lüstern eigentlich?“ Marnion tippte sich nachdenklich auf die Unterlippe.

„Na, er ist doch ein Geschöpf des Bugenhogers, da gibt’s doch keine Zweifel. Hat er nicht für ihn was mit der Entführung vom Sohn von Burggraf Oldebor zu tun gehabt?“

„Bist du dir sicher?“ Nistran machte große Augen. „Na wenn das der alte Oldebor wüsste … .“

„Soweit ich weiß, hat sich Lüstern nach dem Kabinett von Auenwacht auf den Weg nach Perricum gemacht. Er wir wohl am Markgrafenhof erwartet … und der Paligan wird wohl auch dorthin aufgebrochen sein.“ Mulziber spielte diesen Trumpf sichtlich genüsslich aus.

„Wie dem auch sei, den Lüstern müssen wir im Auge behalten!“ Plötzlich stand Scheuerlintz hektisch auf. „Und nun macht das ich wegkommt, ich will endlich diese junge Zofe … .“

„Einreiten?“

„Ihr habt's erfasst, Nistran!“