Geschichten:Im finsteren Forst Teil 2

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Simiona hatte die halbe Nacht lang meditiert und war anschließend erschöpft in den Schlaf gesunken. Dana und Roderik wechselten sich mit der Nachtwache ab. Während Dana es gewohnt war, im Forst zu nächtigen, war Roderik die Situation etwas unheimlich. Oftmals malte er sich aus, wie die Bäume näher kämen oder sie mit fürchterlichen Fratzen anstarrten. Selbst wenn er hätte schlafen wollen, hätte er vermutlich kein Auge zugetan. Bartholomäus hingegen war immer noch ganz in das Studium der geheimnisvollen Stelen vertieft, so dass er kaum noch auf seine Umgebung zu achten schien. Sein Stab diente ihm als Lichtquelle.

"Roderik?" "WAS?" Roderik schreckte hoch und bereute es im gleichen Moment. Doch dann beruhigte er sich wieder, da Simiona offenbar nicht aufgewacht war. Stattdessen setzte sich Dana neben ihn. Um den Magier nicht zu stören flüsterten sie. "Was glaubst du tun wir hier eigentlich?" Roderik zuckte mit den Schultern. "Was weiß ich schon, was die Herrin sich von diesem Abenteuer-Ausflug erhofft. Sie wird schon wissen was sie tut." "Ja, aber weißt Du es auch?" fragte Dana. „Wie meinst du das?“ Roderik blickte sie etwas verständnislos an, worauf sie fortfuhr: "Ich meine, ich verdanke Simiona viel und stelle für gewöhnlich keine lästigen Fragen - doch kommen dir nicht auch manchmal Zweifel, ob das alles hier seine Richtigkeit hat? Ich meine, diese Verehrung des Namenlosen, die ganzen dunklen Zeremonien - wo soll das nur hinführen?"

Roderiks Augen wurden zu Schlitzen und seine Brauen wanderten tief ins Gesicht. "Vorsicht, Kleine! Der letzte, den ich so reden gehört habe, hat ein ziemlich unrühmliches Ende gefunden." Dana blickte ins Lagerfeuer und schwieg. "Entweder du unterstützt die Herrin voll und ganz, oder gar nicht - einen Mittelweg gibt es nicht." "Schon gut, vergiss es einfach!" Damit war das Gespräch beendet.

Am nächsten Morgen gab Simiona die Anweisung, den Hügel aufzugraben. Voller Vorfreude beobachtete sie, wie Roderik und Dana mit ihren Spaten ein immer tiefer werdendes Loch aushoben, während Bartholomäus sich damit begnügte, hin und wieder einen Eimer Dreck fortzuschaffen. Es war eine mühsame Arbeit, doch Simiona bestand auf eine prompte Umsetzung. Nach ein paar Stunden hatten sie sich tiefer als eine Mannslänge in den Boden hinein gegraben. Der Abraum kullerte schon bis zum Fuß des Hügels. Simiona blickte immer aufgeregter und erwartungsvoller in das Loch hinein. Dabei bemerkte sie nicht, dass sich hinter ihnen im Wald etwas zu regen schien. Fast schien es, als sei Leben in die Bäume gekommen…

Irgendwann stießen die Spaten auf hartes Gestein. "Könnt i`r etwas erkennen?" "Im Moment ist es noch zu dunkel." Simiona reichte ihnen eine Öllampe herunter. Roderik machte noch ein paar Stiche. Hier scheint eine Art Steinplatte zu sein. Ja, das könnte der Deckel eines Sarkophages oder einer Grabplatte sein, oder so was." "Ja, das ist es. Wir `aben es!" Simiona triumphierte. Sie half Dana heraus und stieg selber in das Loch. Auf dem Deckel war ein stark verwittertes Bild zu erkennen. "Das ist es! Isch muss es `aben! Flüsterte Simiona." Roderik legte das Bild frei so weit es ging. Dana half von oben mit, die Erdaushübe fortzuschaffen. Simiona ließ sich von ihr Pergamente reichen und begann fein säuberlich, das Bild und die uralten Glyphen und Fragmente abzuzeichnen. "Was ist das, Herrin?" fragte Roderik. "Das, Roderik, ist ein `inweis. Worauf genau kann isch noch nischt sagen - aber isch weiß, dass dieses Stätte eine Aura von großer Macht ausströmt, und isch will mir diese Macht zueigen machen, koste es was es wolle."

Als sie fast fertig war hörten sie plötzlich das Knacken von Ästen und das Stapfen von mächtigen Schritten. "FREVEL!!!" erklang eine düstere nichtmenschliche Stimme. Dana schrie laut auf! "Ein Waldschrat! Schnell, kommt da raus!" Sie half erst Simiona, dann Roderik aus dem Loch heraus, während Bartholomäus einen Zauber vorbereitete. Simiona sprang sofort in Deckung "`altet dieses Ding auf!" rief sie und sandte anschließend einen Ruf in einer dunklen Sprache aus. Roderik lief zu seinem Bastardschwert, das er noch an der Feuerstelle liegen hatte, doch der Waldschrat hieb ihn mit einem gewaltigen Astschlag von den Beinen. Er flog durch die Luft und schlug hart auf dem Boden auf. Dann brüllte der Magier: „Ignifaxius Flammenstrahl!“, und eine Flammenlanze raste auf den Waldwächter zu. Das Feuer versengte Holz und Blattwerk, doch der Schrat schien nur noch mehr in Rage zu geraten. Währenddessen hatte Dana ihren Bogen hervorgezogen. „Entzünde deine Pfeile! Wir treiben ihn mit Flammen zurück“, rief Bartholomäus. Der Waldschrat setzte gerade dem sich hochrappelnden Roderik nach, als Dana ein paar Pfeile im immer noch glimmenden Lagerfeuer entzündete, während sie ihren Jagdbogen einspannte. Den ersten ließ sie von der Sehne schnellen und traf den Waldschrat in den Rücken. Ein "UUNNNNGGG!" war zunächst zu hören, doch das Waldwesen wischte sich den Pfeil einfach mit einem Astarm ab. Roderiks Fuß war verstaucht und er hinkte. Er musste schnell an seine Waffe kommen, ansonsten hätte er gegen dieses Ungetüm keine Chance. Der Waldschrat verpasste ihm noch einen weiteren Schlag in den Rücken und wandte sich dann Dana und Bartholomäus zu, obschon bereits mehrere Brandpfeile in seiner Rinde steckten. „Fortifex invisibil!“ Ein Schlag des Waldschrates, der dem Magier gegolten hatte, prallte an einer unsichtbaren Wand ab. Dana drehte sich um und wollte gerade weglaufen, doch sie war einen Moment zu langsam. Ein dicker Ast bohrte sich ihr wie ein Speerschaft tief in die Seite. Schmerzgepeinigt schrie sie auf. Der Waldschrat riss sie am Oberkörper in die Höhe und packte mit dem anderen Astarm ihre Beine. "NIEMAND SCHÄNDET MEINEN WALD UND BLEIBT UNGESTRAFT!" grollte seine dumpfe Stimme! Roderik hatte gerade sein Schwert ergriffen und humpelte in Richtung des Wesens, als er ein widerliches Knacken vernahm. Als er aufblickte, sah er, dass der Waldschrat seine Kameradin in der Mitte durchgebrochen hatte. Entsetzt ließ er die Waffe fallen. Auch Bartholomäus wich zurück. Um keinen Preis wollte er das Schicksal der Waldläuferin teilen.

Plötzlich trat Simiona aus der Deckung hervor. Als sie des grotesk verdrehten Leibes Danas ansichtig wurde verzog sie angewidert das Gesicht. "Das `ast du nischt umsonst getan - Waldschrat!" sie funkelte ihn böse an. Das große Wesen machte einen Schritt auf sie zu, doch Simiona lächelte nur, deutete auf den Schrat und rief wutentbrannt: "Heerscharen des All-Einen, kommt `erbei und zerreißt diese Kreatur!" Und wie aus dem nichts liefen dutzende dann hunderte von Ratten herbei und stürzten sich auf den Schrat. Zunächst wehrte er sich tapfer, zermalmte etliche unter seinen Füßen und wischte sie sich von der Rinde. Doch es waren zu viele. Immer mehr Ratten kamen aus den Tiefen des Waldes herbei, sprangen ihn an und nagten und krallten sich an ihm fest, bissen Äste durch und rissen Stücke der Rinde heraus, dass blutiger Harz herablief. Irgendwann endete der ungleiche Kampf und der Schrat brach zusammen.

Auf einen kurzen Wink Simionas hin zerstreute sich die Rattenmeute wieder und verschwand im Wald.

Simiona trat an den sterbenden Schrat heran und verzog angewidert die Mundwinkel. „Niemand `ält misch auf! Auch Du nischt. Im Gegenteil, du wirst meinen kleinen Pilzfreunden als Dünger dienen.“ Damit holte sie eine kleine Phiole hervor und träufelte ein paar Tropfen einer purpurn glitzernden Flüssigkeit auf die Überreste des Waldschrates. „Bald schon werden sich die Pilze ausbreiten und den Einfluss meines Herrn mehren. Du darfst disch glücklisch schätzen, dass dein wertloser verrottender Leib wenigstens noch dazu nütze ist.“ Mit einem letzten verzweifelten Röcheln starb daraufhin der Waldschrat.

Simiona gab Roderik und Bartholomäus die Order eine Bahre zu errichten, um Danas Überreste zu bergen. Danach verließen sie den Grabhügel und begaben sich zurück nach Leihenbutt.


 20px|link=[[Kategorie:|Im finsteren Forst Teil 2]]
11. Bor 1029 BF
Im finsteren Forst Teil 2
Im finsteren Forst Teil 1


Kapitel 2

Im finsteren Forst Teil 3
Autor: IBa