Geschichten:Hirschfurter Bedenken

Burg Trollhammer, Baronie Hirschfurten, Mitte Boron 1035 BF

Nimmgalf konnte kaum glauben, was er da las. Er hatte seine Adjutantin Tsaiane von Talbach zu sich bestellt, um mit ihr über den Sachverhalt zu beratschlagen.

"Hat man da noch Worte?" polterte Nimmgalf. "Das kann Graf Danos doch nicht ernst meinen."

"Naja, wie es scheint, will er dich nicht auf dem Marschallsposten für die Schlacht gegen Haffax haben. Ihm geht Reichsforst vor."

"Aber warum denn nicht? Ich verstehe es einfach nicht. Gut, ich bin Obrist von Reichsforst, was durchaus ein respektabler und auch wichtiger Posten ist, aber so wie Danos es schreibt, klingt es ja fast, als würde er mir den Marschallsposten nicht zutrauen."

"Könnte man so herauslesen, ja..." entgegnete Tsaiane vorsichtig.

"Und wieso nicht? Ich habe schon häufig das Kommando über große Truppenverbände geführt. Und meine Erfolge sprechen da eine deutliche Sprache."

"Das weiß ich doch alles, Nimmgalf, nur..."

Ich habe zum Beispiel damals den Heerzug gegen Puleth geführt, um die schändliche Varena von Mersingen zu bezwingen."

"... die aber leider entkommen konnte."

"Was? Ja, schon. Aber war ich es nicht auch, der damals den Heerzug wider die Finsternis ins Leben gerufen hat, um Leihenbutt von dieser Namenlosenbuhle zu befreien?"

"... die vorher deine Ehefrau war..."

"Na und?"

"Ich möchte nur anmerken, dass manch einer dir dieses kleine Detail gegenrechnen könnte. Ausserdem hatten wir enorme Verluste, wie du dich erinnerst."

Nimmgalf zögerte kurz. Dann antwortete er entschlossen: "Aber letztlich haben wir gesiegt. Und das zählt!"

"Aber nicht völlig bedingungslos."

"Wie meinst du das?"

"Nimmgalf, jeder weiß, dass du ein guter Heerführer bist, und deine Erfolge sprechen für dich. Aber dennoch gibt es eben nicht nur Positives in deinem Werdeganag. Denk nur mal an Gallestra."

"Pfff, ohne diese ehrlose Falle des Gallsteiners hätte ich mich niemals geschlagen geben und den Gang in die Gefangenschaft antreten müssen."

"Und Haffax wird uns sicher keine Falle stellen?"

Nimmgalf schwieg.

"Aber wen soll ich dann unterstützen? "Greif und Ross..." - er spielt doch sicher auf Wulf von Streitzig an?"

Tsaiane nickte. "Höchstwahrscheinlich, ja!"

"Nun, Wulf ist auch schon lange im Geschäft. Auch wenn seine größten Erfolge, der Greifenzug und das Ausrotten der Rubinbrüder in Waldfang, nun auch schon eine Weile zurück liegen."

"Bedenke, er hat sich aus der Ritterbundfehde weitestgehend rausgehelten und daher die Chance, von beiden Seiten akzeptiert zu werden, was nicht ganz unwesentlich ist", warf Tsaiane ein.

"Von beiden Seiten... " murmelte Nimmgalf etwas gedankenverloren.

"Und was wirst du tun? Wirst du ihn unterstützen?"

"Ich würde es tun, wenn ich mir selber keine Hoffnungen mehr mache. Aber erstmal werde ich meinen Hut in die Runde werfen, so wie ich es auch schon Balrik von Keres schrieb. Ich werde sehen, von wo der Wind beim großen Kabinett weht, und dann vor Ort eine Entscheidung treffen, wohin die Reise geht. Kann ich dafür wenigstens auf Deine Unterstützung bauen?"

"Das weißt du doch", lächelte sie.