Geschichten:Ferkinaüberfall

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Der Marben von Haselhain lief durch den Stall wie ein scharfer Hund, der einem Banditen nachzustellen hatte. Genauso neugierig wie ängstliche Gesichter blickten kurz über Kruppen und Rücken der Pferde, die in ihren Ständern angebunden waren. Aber so schnell wie sie empor geschaut hatten flitzten sie wieder nach unten, als wichen sie Geschossen aus und könnten sich hinter einer Brustwehr verbergen.

"Hast Du vergässän Hufä zu fätten, Hammuth, bay die Bästie?", fragte der alte Reitknecht Yabrihim den Leibpagen des Barons, nachdem man eine Weile erfolgreich Verstecken mit dem Adligen gespielt hat.

"Nayin," fast hätte er es geschrien, bekam aber dann noch die Hand des Stallburschen auf den Mund gedrückt.

"Hab' isch nischt vergäsän die Schwarzfuchs zu machen die Hufe", vollendete er, nachdem der verkrampfte Griff nachließ.

"Wär hat gestriegält die Bästie?" fragte Yabrihim.

Der Stallbursche blickte unter dem Rappen durch, um sicher zu gehen, daß Simold nicht plötzlich aufgetaucht war, um sich sogleich wieder den Konspiranten zuzuwenden: "Hab' isch geputzt dreimal die Schwarzfuchs von Marben. Kann nischt sein, daß ist zornig wägen Strigelei."

Yabrihim kratzte seinen dicken Wangenbart. "Wär hat geputzt die Sattel?"

"Hab' isch geputzt die Sattel und poliert die Silber an die Sattel und Zaum", versicherte der jüngere Knecht, der den schweißnassen Stiel der Forke in seinen Händen drehte.

Wortlos und fragend blickten sich die Stallknechte an. Die Gasse war gefegt, sämtliche Pferde geputzt, sogar das der Kadi, welches erst in der Nacht eingetroffen war, stand glänzend in den wenigen, den herrschaftlichen Pferden vorbehaltenen Boxen. Viel früher als sonst, waren sie wegen der Hilfe Hammuths heute vorangekommen. Es gab keinen Grund für die Laune des Barons. Keinen? Da waren doch noch...

"Stiefäl", tönte aus wie aus einem Munde.

Sechs Augen ruhten auf dem Pagen, der weit die seinen weit aufriß. Als würde er schon die Hand seines Herrn auf dem Hosenboden spüren, schoß ihm das Blut in den Kopf. Schnell lief er zwischen den Ständern hindurch, blickte mal rechts, mal links beruhigte einen Rappen, schob sich an einem Braunen vorbei um zur Sattelkammer zu gelangen. Kurz davor angelangt, schaute er sich noch einmal um, dann huschte er hinein.

Einige Zeit verging. Die Knechte standen immer noch bei dem Rappen und lauschten den Geräuschen des Stalles ...

"AHA", wurde das eintönige mahlende Geräusch der fressenden Pferde jäh unterbrochen. "Hab' isch Disch, Verbrächer." Das Aufkreischen des, sich in völligem Ensetzen befindlichen, Pagen muß die verzweifelte Lage in der er sich befand jedem in der Burg kund getan haben.

"Isch muß die Gärtner Pferd'äpfel bringen," langte der Bursche nach einem Eimer.

"Hab' isch vergässän die Mist zu wänden", schnappte sich der junge Knecht guten Mutes seine Forke. "Und isch, isch , isch muß aupassen daß ihr rischtig macht".

Alle drei stürmten nach draußen auf den Burghof, um in einen Sharuth (Weibel) hineinzulaufen, der gerade in den Stall wollte.

In der Sattelkammer hatte Simold den Pagen über einen Sattelbock geworfen.

"Fünf, sechs, sieben ...", klatschte die flache Hand auf das Hinterteil des Jungen.

"Marben," räusperte sich der Sharuth im Eingang zur Sattelkammer.

"IST, WÄR GESTORBÄN, TOBRIER (ist der Sharuth)?!" brüllte der Adlige seinen Untergebenen an.

Mit ernstem Gesicht streckte Yasir seinem Baron einen augbrochenen Brief entgegen.

"Die Kadi hat mir diesen Brief für Euch gegeben. Er kam gerade mit einem Reiter aus Darrenfurt."

Immer noch zornig über die Unterbrechung riß der Baron seinem einzigen "ausländischen" (tobrischen) Sharuth den Brief aus der Hand, faltete ihn hektisch auseinander und summte die Floskeln schnell ab, um plötzlich zu verstummen.

Langsam, fast bedächtig legte er seine Hand auf einen Sattel. Eine Weile stützte er sich daran, doch diente ihm der Knauf des Sattels zu mehr. Weiß traten lagsam die Knöchel hervor. Knirschend gab der mit Leder bezogene Knauf ächzende Geräusche von sich, bis er mit einem satten Knall brach. Das Holz barst und trieb feine Splitter in die Hand Simolds. Blut tropfte auf den Boden.

"Yasir (der Weibel), värsammle alle meine Sharuths im Hoff, rischte im Korrtämpel aus, daß wir viellayscht Aufgebot brauchen, sag' mayine Schwäster, sie soll machen gleisch eine Brief nach Darrenfurt, daß die rüsten Krieger. Sände Bote zu unsere Truppe, die Suchen im Wall nach Vermißtä, daß sie bleiben wo sind. Und schickä nach Lascurian. Sage ihm, Turnier und Almadanerinnän kann er vergässän, aber er kann für misch Ferkinas jagän."

"Ja, Marben", wendete sich der Gerüstete zum Gehen.

Einen Moment waren wieder nur die vertrauten Geräusche des benachbarten Stalls zu hören.

"Marben", schniefte der Page, dessen Gesicht vor Tränen glänzte. "Kann isch gähen?"

Leise, sanft, fast versöhnlich war die Stimme des sonst so jähzornigen Simold: "Putz Stiefäl, Hammuth, und mach richtig diesmal. In diese Schreiben stäht, daß zu viel Nebachott sind gestorben. Isch will misch nischt aufrägen wegen lumpiger Stiefäl."



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Texte der Hauptreihe:
3. Phe 1024 BF
Ferkinaüberfall


Kapitel 1

Antwort aus Viehwiesen
Autor: Stefan T.