Geschichten:Ein neuer Lebensabschnitt

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5. Rahja 1043 BF, Wehrturm Hardenfels, Herrschaft Hardenfels

Die Sonne stand schon über den Baumkronen des umliegenden Waldes und der alte Wehrturm warf einen langen Schatten auf dessen Bewohner.
Alle hatten sich hier versammelt, um der Abreise der Zwillinge beizuwohnen. Ihre Mutter hatte sie nochmal eng an sich gedrückt und auch die ein oder andere Träne rann einigen Bewohnern über die Wangen.
Nachdem alle aufgesessen waren, ritt die kleine Reisegruppe, bestehend aus Bärfried, Salix, Jasina, Rhodena, Gero und zwei von Salix Männern in Richtung des Dorfs los.
Man wollte bis nach Zackenberg gemeinsam reiten, dort würden Salix, seine Begleiter und Rhodena sich verabschieden und den Weg nach Burg Trollwacht, wo Rhodena ihre Pagenzeit verbringen sollte, einschlagen. Bärfried, Jasina und Gero würden weiter auf dem Weg bis nach Hengen reiten, dort dann praioswärts der Straße folgen und über Dergelmund nach Vellberg reisen. Ein recht langer Ritt, doch man hatte sich dazu entschlossen, den relativ gut ausgebauten Wegen zu folgen, statt den Schleichpfaden durch die Wildnis der Zacken, das hätte man dem Kind nicht zumuten können.
In Zackenberg verabschiedeten sich dann alle noch einmal voneinander; vor allem den Zwillingen schien es schwer zu fallen, den jeweils anderen loszulassen. Doch durch gutes Zureden von ihrem Onkel und Vater wurde auch diese Hürde genommen.

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"Und wie hast du die Frau Baronin kennengelernt?", fragte Jasina ihren Vater, während sie dem Weg aus Gut Mespelbrück folgend Richtung Burg Mallvenstein entlang ritten.

"Hm... Das war wohl vor knapp einem Jahr. Auf dem Turnier zu Wasserburg stand ich ihr im Finale gegenüber. Zur Überraschung deines Vaters schaffte ich es tatsächlich, sie aus dem Sattel zu heben und das Turnier für mich zu gewinnen", stellte Bärfried grinsend fest. "Und da beide von uns gute Gewinner und Verlierer sind, haben wir uns danach zu einem kleinen Umtrunk getroffen und ein bisschen miteinander gesprochen", fügte der Einäugige noch hinzu.

"Und so seid ihr Freunde geworden? Bringt die Frau Baronin mir denn dann auch das Reiten bei? Damit ich auch mal in so einem Turnier mit reiten kann?", wollte Jasina mit leuchtenden Augen von ihrem Vater wissen.

Der nickte nur lachend und wuschelte ihr durch die Haare, "ganz bestimmt, wenn du dich benimmst und auf die Frau Baronin hörst!".

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Eine gewisse Anspannung hatte Elissa zu ihrer Überraschung erfasst, als ihr die nahende Ankunft der kleinen Schar aus Hardenfels gemeldet wurde. Zwar war die Baronin durchaus neugierig auf ihre zukünftige Pagin und voller Hoffnung, in der Erziehung des Kindes eine neue Aufgabe zu finden und so ihre bisher eher düstere Stimmung zumindest ein wenig aufhellen zu können. Andererseits musste sich die Adlige eingestehen, dass sie mangels entsprechender Erfahrung noch nicht so recht einzuschätzen wusste, wie sie mit einem siebenjährigen Kind umzugehen hatte, einem Mädchen, dass zudem das erste Mal längere Zeit von seinen Eltern und seiner Heimat getrennt war. Wie hart konnte - und sollte - sie wann sein? Wann war es klüger, Jasina ihren Willen zu lassen? Was war dem Kind wann in welcher Ausprägung zu vermitteln oder gar zuzumuten? Alles Fragen, auf die Elissa keine rechte Antwort wusste. Immerhin hatte Miranda Fremberger, die Schulzin des Ortes Vellberg, ihr angeboten, bei Bedarf mit Rat und auch mit Tat bei der Erziehung und Ausbildung der neuen Pagin hilfreich zur Seite zu stehen. Eine Offerte, für die die Baronin sehr dankbar war und bei Bedarf auch gerne annähme.
Elissa begab sich hinunter zum Burghof, um dort die gerade eingetroffenen Gäste zu begrüßen. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit trug sie hierbei ein recht einfaches grünes Kleid, da die Adlige es für klüger hielt, beim ersten Zusammentreffen mit Jasina dieser nicht gleich waffen- und sporenklirrend gegenüberzutreten und sie so womöglich zu verschrecken.
Nachdem sie zunächst Gero und dann, deutlich herzlicher, Bärfried begrüßt hatte, wandte sich Elissa ihrer zukünftigen Pagin zu, welche die Baronin mit einer Mischung aus Ängstlichkeit und Neugier betrachtete.

"Und du bist bestimmt Jasina. Dich heiße ich ganz besonders auf meiner Burg willkommen und hoffe, dass du dich hier wohlfühlst. Ich werde dich in der nächsten Zeit alles lehren, was eine junge Dame von Stand wissen und können muss." Elissa konnte sich beim letzten Satz nur mit Mühe ein Grinsen verkneifen. Noch vor einem Jahr hätte sie sich nicht einmal im Traum vorstellen können, eine solche Aussage zu tätigen, oder sich dazu auch nur berufen gefühlt.
"Doch nun lasst uns alle hineingehen. Ihr seid sicherlich sehr hungrig. Nach dem Essen zeige ich dir kurz dein Zimmer sowie die wichtigsten anderen Räumlichkeiten."
Im Speisesaal wartete neben der Edlen Miranda auch ihr Vetter Norholt von Rickenberg, der Kastellan von Burg Mallvenstein. Nach einer gegenseitigen Begrüßung besprachen die Erwachsenen - sehr zum Leidwesen Jasinas, die sich ausgeschlossen fühlte - u.a. letzte Details zu deren Pagendienst, bevor sich die Anwesenden zu fortgeschrittener Stunde, das Kind war schon vorher zu Bett gebracht worden, zurückzogen.
Nach einem gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen war dann die Zeit des Abschieds gekommen.
Die kleine Gemeinschaft, bestehend aus Elissa, Jasina, Bärfried, Gero, dem Verwalter Norholt und einigem Gesinde hatte sich im Burghof zusammengefunden.
Der Waffenknecht der Familie Hardenstatt saß schon auf seinem Pferd und wartete schweigend darauf, losreiten zu können. Bärfried hatte seinen in den Farben seiner Familie gehaltenen Waffenrock mit dem des Bombardenregiments getauscht. Er würde sich weiter unten von seinem Begleiter trennen und direkt weiter nach Angareth reiten.

Seine kleine Tochter in den Armen haltend strich er ihr durchs Haar, “ich verspreche dir, dass es dir hier gut gehen wird. Die Frau Baronin wird auf dich aufpassen, sich um dich kümmern und dir alles Wichtige beibringen. Also hör auf das was Sie dir sagt, ja?“ raunte Bärfried ihr entgegen. Die Kleine nickte nur und vergrub ihr Gesicht in der Brust ihres Vaters.
“Es ist ja nicht für immer, ich werde dich auch besuchen kommen, immerhin lebe ich nicht allzu weit entfernt von hier. Und wer weiß, vielleicht kommen du und die Frau Baronin mich ja mal besuchen?“, versuchte Bärfried sich aus dem Griff Jasinas zu lösen, was ihm dann auch letztendlich gelang.

Als sich Bärfried aufrichtete, blickte er zuversichtlich zu Elissa, “ich bin zuversichtlich, dass Ihr meine Tochter zu einer anständigen Frau erziehen werdet Frau Elissa! Ich danke Euch nochmal vielmals für diesen Dienst!“ Elissa quittierte diesen Dank mit einem feinen Lächeln und Kopfnicken.
Nachdem er sich von allen Anwesenden verabschiedet hatte, schwang sich der Einäugige auf sein Pferd und ritt gemeinsam mit Gero durch das Burgtor, nicht ohne sich nochmal kurz umzudrehen und den Zurückbleibenden mit einem zufriedenen Grinsen zuzuwinken.

Elissa und Jasina blickten dem Hardenstatter und seinem Begleiter von den Zinnen aus noch lange hinterher, mit durchaus ähnlichen Mienen und Gedanken: eine Mischung aus Neugier, Zuversicht aber auch Unsicherheit.

“Es war das Richtige Herr. Eure Töchter sind stärker als sie wirken, davon konnte ich mich selbst überzeugen, in der Zeit auf Hardenfels“, stellte Gero fest, während sie immer näher an das Gut Rotbach kamen, die Stelle, an der sich ihre Wege trennen würden.

Bärfried nickte, wobei er nicht ganz so zufrieden aussah. “Was, wenn es doch zu früh war? Hätte es nicht gereicht sie erst in ein oder zwei Götterläufen in die Ausbildung zugeben?“, wollte Bärfried leicht bedrückt wissen. Er ließ seinen Blick streifen. Die Natur hier in Vellberg war atemberaubend, zwar lagen sowohl Arvepass als auch Zackenberg genau wie Vellberg in den Trollzacken, doch glichen sich die drei Lehen nur bedingt. Einem Fremden konnten sie vorgaukeln gleich zu sein, doch ihm fielen die Unterschiede auf.

“Ihr habt richtig gehandelt. Natürlich hätte man warten können, aber es wird den Beiden guttun, mal etwas anderes als den großväterlichen Turm zu sehen“, riss sein Begleiter den Ritter aus seinen Gedanken.

Der nickte nun etwas zuversichtlicher, “du wirst wohl recht haben. Ich sollte meinen Töchtern mehr zutrauen“.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Markgrafschaft Perricum.svg   Wappen Baronie Vellberg1.svg   Wappen Freiherrlich Mallvenstein.svg  
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  Wappen Baronie Zackenberg.svg   Wappen Herrschaft Hardenfels.svg  
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5. Rah 1043 BF
Ein neuer Lebensabschnitt
Eine unerwartete Gelegenheit


Kapitel 3

Autor: Vlad, Wallbrord