Geschichten:Bis dass dein Tod uns scheidet Teil 10

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Baronie Bärenau


„Calina…Calina, komm zu dir! Wach auf meine Große, wir `aben nischt viel Zeit!“

Simiona war dabei, die besinnungslose Hauptfrau der transysilischen Söldner aufzuwecken. Sie hatte ihren Kopf auf ihrem Schoß aufgebettet und tätschelte ihr leicht die Wangen. Langsam kam die grobschlächtig wirkende Frau wieder zu sich.

„Was… was ist passiert? Wer bin ich und… wo bin ich hier?“ Sie blickte Simiona irritiert an, offensichtlich konnte sie sich an nichts erinnern.

Simiona bemerkte dies mit Genugtuung, offenbar hatte ihre heimlich gesprochene dunkle Liturgie gewirkt.

„Was passiert ist? Kannst du disch denn nischt erinnern?“

„Nein, ich… wer bist du?“

„Isch? Aber Calina, isch bin doch deine beste Freundin: Fenya!“

„Wirklich? Ich erinnere mich nicht…“

„Meine arme Calina!“ Simiona drückte sie ein wenig an sich. „Ich werde dir `elfen, disch wieder zu erinnern, doch wir müssen auf der `ut sein, denn wir sind in großer Gefa`r.“ Sie deutete auf die halb ausgezogenen Leichen der beiden erschossenen Söldner.

„Wir werden `ier gefangen ge`alten, weil sie glauben, dass wir wischtige Dinge wüssten, was aber nischt stimmt. Zwei von unseren Freunden wurden schon getötet. Sieh nur!“

„Aber… wer sind diese Leute?“

Simiona blickte sie traurig an. „Sie waren Gefangene wie wir und Freunde von uns. Ein paar dieser Schurken kamen `erein, schrieen irgendwas Götterlästerlisches und stellten uns Fragen, die wir nischt beantworten konnten. Vor Wut darüber wurden unsere beiden Freunde Alrico und Gerbald erschossen, einfach so. Du wolltest sie auf`alten, doch der eine schlug dir `art auf den Schädel und du gingst zu Boden. Offenbar `at er dir dabei dein Gedäschtnis gelöscht.“

„Das… das ist ja furchtbar“, antwortete die Frau etwas verwirrt. „Was sollen wir nur tun?“

„Wir sind `ier in einer Art We`ranlage eingesperrt. Isch `abe es vor`in geschafft, das Schloss an der Türe mit einem Stück Metall zu entriegeln. Wenn wir leise sind, können wir es bis an die Außenmauern schaffen und eines der Tore öffnen. Draußen warten weitere unserer Freunde auf uns, die uns `elfen könnten, wenn wir ihnen ein Signal geben. Dazu müssen wir aber die Wachen auf den Türmen ausschalten. Traust du dir das zu, Calina?“

Die Frau war sichtlich verwirrt. Das alles war etwas zu viel für sie und sie fühlte sich durch die Situation überfordert. Dennoch verbot sie sich, diese zeitweilige Schwäche einzugestehen und wollte ihrer Freundin demonstrieren, dass sie sich auf sie verlassen könnte. „Natürlich. Du kannst dich auf mich verlassen.“

„Bien. Jetzt `öre mir gut zu…“ Simiona erläuterte ihr ihren Plan, den sie recht detailliert ausgearbeitet hatte.

Im Anschluss begaben sich die beiden Frauen auf eigene Faust aus dem Raum heraus. Leise huschten sie über den Flur. In einem Raum, der sträflicherweise unverschlossen war, fanden sie ein paar Waffen vor: Schwerter, Dolche einen Streitkolben und eine für diese Gegend recht ungewöhnliche Balestrina, die Simiona natürlich dort zuvor deponiert hatte, was sie allerdings verschwieg. Lautlos statteten sie sich mit einigen dieser Waffen aus und liefen weiter. Da sie keine Aufmerksamkeit erwecken wollten, führten sie kein Licht mit, jedoch erhellten vereinzelte Strahlen des Madamals die Szenerie ein wenig. Als sie um eine Ecke bogen, waren Schritte zu vernehmen, die offenbar von einem Söldner stammten.

„Ruf i`n `ier`er!“ flüsterte Simiona.

„Ich? Wieso?“ kam leise die überraschte Antwort Calinas.

„Vertraue mir, er wird schon keinen unnötigen Verdacht schöpfen“, beruhigte sie Simiona und presste sich an die Wand, einen Dolch in der Rechten.

„Na, wenn du meinst...“, entgegnete sie. „Heda, komm mal her!“ rief sie laut.

Schon bald kamen die Schritte rasch in ihre Richtung gelaufen. Als der Söldner um die Ecke bog, packte Simiona ihn mit der Linken am Kinn und durchtrennte ihm mit einem schnellen Schnitt die Kehle. Gurgelnd brach der Mann zusammen, in seinen sterbenden Augen stand eine gewisse Überraschung. Calina stutze ein wenig, doch Simiona beschwichtigte sie. „Isch `asse es, so etwas tun zu müssen, aber wir `aben leider keine andere Wa`l. Verste`st du?“

Calina nickte stumm. Im Dunkeln konnte sie nicht erkennen, das dieser Mann recht ähnlich gekleidet war wie sie.

Schon bald hatten sie die Mauer erreicht. Simiona deutete auf die beiden Wachposten auf den Ecktürmen. „Den Linken ne`me isch, den anderen übernimmst du, in Ordnung?“

Die Söldnerin nickte und fasste ihren Streitkoben härter. Simiona schlich sich bis zur Mauer und sah sich um. Der Hof war derzeit menschenleer. Leise schlich sie die kleine Treppe zum Wehrgang hoch und verharrte einen Moment, bis sie sich sicher war, dass der Wachposten sie noch nicht bemerkt hatte. Auf der anderen Seite hatte Calina ihr Ziel ebenfalls schon fast erreicht. Da entdeckte Simiona noch eine weitere Wache an der rückseitigen Wehrmauer, die gerade dort entlang patrouillierte. „Merde!“ dachte sie.

Sie lud ihre Balestrina durch. Plötzlich ging alles ganz schnell. Sie hörte von der gegenüberliegenden Turmseite ein dumpfes Krachen und sah einen Körper über die Zinnen fallen, Calina war scheinbar erfolgreich gewesen. Ihr Wachposten hatte den Fall ebenfalls bemerkt, doch gerade in dem Moment, wo er die Hände an den Mund geführt hatte, weil er Alarm rufen wollte, traf ihn Simionas Kugel in den Hinterkopf. Mit einem Stöhnen brach der Mann zusammen. Simiona reagierte schnell. An der südlichen Wehrmauer war die dritte Wache inzwischen misstrauisch geworden.

„Romin?“ fragte eine helle Stimme, offenbar war sie weiblich. „Hallo? Ist was mit dir?“

Simiona lud blitzschnell nach und zielte in die Dunkelheit. Eine Wolke verdeckte gerade den Mond und so konnte sie nur Schemen erkennen. Die Wachfrau kam schnell näher gelaufen und rief noch einmal nach dem Wachmann im Turm. Simiona sandte ein Stoßgebet in die Nacht, schloss dann die Augen und drückte ab.

Mit einem spitzen Aufschrei stürzte der Körper der Frau tödlich getroffen vom Wehrgang herab in den Innenhof, wo er reglos liegen blieb.

Simiona dankte still ihrem dunklen Gott, und horchte. Es blieb alles ruhig. Nach einer kurzen Weile gab sie ihrer Freundin zu verstehen, dass sie das Tor öffnen sollte. Währenddessen stieg sie in den Wachturm. Sie bemerkte, dass der Wachmann dort noch lebte, jedoch war er schwer am Kopf verletzt. Simiona fackelte nicht lange, lud erneut ihre Waffe durch und schoss noch einmal nach. Die zweite Kugel tötete den Mann endgültig.

Dann nahm die Comtessa eine Fackel aus ihrer Halterung und Schwenkte sie in die Dunkelheit. Schon bald wurde ihr Signal erwidert. Nun würde es nur noch eine kurze Zeit dauern, bis ihre Leute hier sein würden.

Mit einem Krachen flog die Türe zu den Mannschaftsschlafräumen auf. Flankiert von einem halben Dutzend schwer bewaffneter Söldner stolzierte Simiona herein. Die Söldneranführerin Calina Firnbaum trat an ihre Seite. Die dort schlafenden Männer und Frauen wurden brutal aus dem Schlaf gerissen.

„Alle mal `er`ören. Isch `abe ab jetzt `ier das Kommando, eure Anfü`rerin ist tot und I`r `abt die Wa`l mir zu folgen – oder zu sterben. Also entscheidet eusch mit Bedacht.“

Die Söldlinge wussten im ersten Moment nicht wie ihnen geschah und blickten die beiden Frauen und de ihnen unbekannten Söldner fragend an, auch Calina war etwas verwirrt. „Wie kommst du darauf, dass ihre Anführerin tot sei?“ fragte sie.

„Oh pardon, da war isch wo`l zu voreilig!“ Völlig überraschend richtete sie ihre durchgeladene Balestrina ins Gesicht der Söldnerin und drückte ab.

Die Kugel traf die große Frau ins linke Auge und tötete sie sofort. Fassungslos beobachteten die anderen, wie ihre Anführerin zu Boden stürzte und reglos liegen blieb. „JETZT ist sie tot!“ sagte Simiona eiskalt. „Wer i`r Schicksal nischt teilen will, sollte sisch lieber der neuen Ordnung fügen! Wer ein Problem damit hat, kann das gerne mit meinen Männern abspreschen. Aber Vorsischt, die meisten von i`nen gehen nischt so sanft mit anderen um wie isch.“

Damit verlies Simiona den Raum, Hauptmann von Eslamsbrück, ihr Söldneranführer, warf ihr dabei bewundernde Blicke zu, die sie mit einiger Genugtuung zur Kenntnis nahm, es sich aber nicht anmerken lies.

Schon eine Stunde später waren die neuen Verhältnisse geklärt. Die meisten der transysilischen Söldner hatten sich bedingungslos den neuen Herrschaftsverhältnissen angepasst, die Köpfe derjenigen, die meinten Widerstand leisten zu müssen, waren auf Pfähle gespickt, und zur Warnung an den Mauern aufgestellt worden. Die Leichen wurden aufgeschichtet und verbrannt. Simiona hatte kein Interesse mehr an weiteren Untoten.

Bei der abschließenden Besprechung im Kommandoraum konnte Hauptmann Wolfgram von Eslamsbrück seine Bewunderung für sie nicht verhehlen. „Bei allen Dämonen der Finsternis, Comtessa, was Ihr heute Abend geleistet habt, hätte ich selbst den brutalsten und abgebrühtesten Söldnerschweinen nur schwerlich zugetraut. Ich bin wirklich schwer beeindruckt von Eurem Auftreten, alle Achtung.“

Simiona fühlte sich sehr geschmeichelt und lächelte ihn an. „Oui, man könnte schon meinen, dass mir das Glück `eute `old war, doch isch `atte auch ein wenig `ilfe.“

Der Hauptmann nickte anerkennend. „Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass dieser Vorposten hier gut ausgebaut und als Basis für weitere Wildermark-Einsätze hergerichtet werden wird, wenn dies in eurem Sinne ist versteht sich.“

Simiona kam langsam auf ihn zu. „Ach, lasst doch `eute einmal den Militärkram ru`en. Mir ste`t der Sinn nach was ganz anderem…“ dabei strich sie ihm sanft über die Schultern und den Rücken.

„Aber… oh, ich verstehe!“ antwortete er und atmete tief durch. Davon hatte er schon oft geträumt, aber nie zu hoffen gewagt, dass es einmal wahr werden könnte.

Simiona schmiegte sich an seinen Körper und ließ ihre Hände über seine Brust und den Bauch wandern. Sie flüsterte ihm ins Ohr: „Das Töten von Menschen, das Zerstören ihres Daseins und die Macht über Leben und Tod zu `aben empfinde isch als äußerst erregend…“

Der Hauptmann wagte es nur zögerlich, ihre Berührungen zu erwidern, zu groß war sein Respekt vor dieser resoluten Frau. Auch er hatte schon etliche Male getötet, doch während es für ihn nur ein dreckiges und oftmals notwendiges Geschäft war, schien sie es innerlich jedes Mal wie ein heiliges Ritual zu zelebrieren. Dies bereitete ihm doch ein etwas mulmiges Gefühl; er wusste nicht so recht, wie er damit umgehen sollte.

„Mein Mann ist schon so lange fort, und isch bin eine Frau mit gewissen Bedürfnissen…“

Wolfgram berührte sie immer noch recht zögerlich. Simiona stichelte weiter: „Wenn Du deine Waffen auch so zaghaft be`andelst, werden sie dir entgleiten wenn es mal darauf ankommt…“ Das zeigte seine Wirkung. Der kräftige und charismatische Anführer nahm sie in den Arm und küsste sie. Schon bald hatten seine Hände ihr Ziel gefunden.