Geschichten:Zylva die Große geflohen

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GARETH Die ehemalige Anführerin der Aufständischen aus Meilersgrund, die durch den Zug der Armen nach Mühlingen und die anschließende ›Schlacht am Königsweyher‹ bekannt geworden ist, hat sich in das Horasreich abgesetzt, wie der G&M Herold erfuhr.

Zylva Huisdorn, von ihren Bewunderern »die Große« genannt, weil sie ein mächtiges Kesselflickerweib ist und eine geborene Anführerin, ist in Gareth seit Jahren keine Unbekannte: Als der Hungersommer die Goldene Au ausdörren ließ und in Gareth das Korn knapp geworden war, sammelten sich um die Handwerkerin zahlreiche unzufriedene, bedrängten die Badilakaner, stürmten auf die Stadttore von Alt-Gareth und hämmerten an die Festen der Zwölfgötlichen Ordnung. Zylva die Große profilierte sich damals als Wortführerin der Armen. Deren Forderungen wurden von nicht wenigen Adligen und Patriziern wohlwollend und mitleidig unterstützt, nicht jedoch die Methoden, mit denen die Meilersgrunder vorgingen: Damals gab es Rangelein, handgreifliche Proteste, Übergriff auf Söhne und Töchter der Stadt und zahlreiche Tote. Ach der Brand eines ganzen Quartiers geht womöglich auf das Kerbholz dieser Frau und ihrer Getreuen.

Höhe- und Endpunkt der Revolten war der »Hungermarsch« nach Mühlingen, wo der Adel Garetiens ein großes Fest feierte und sich der Turnierbund der Pfortenritter gründete. Bekanntlich – unser Leser erden sich gewiss des Ausmarsches der Meilersgrunder erinnern, die fast alle bewaffnet gewesen waren – endete der Marsch am Königsweyher, an dem garetische Ritter sowie die »Goldene Lanze« unter Marschall Ugo von Mühlingen dem Spektakel ein Ende bereiteten. Der Kampf ist auch unter dem Namen »Massaker von Mühlingen« bekannt, und vielleicht trifft er auch besser: Denn von vielen hundert Aufständischen überlebten nur ein knappes Dutzend den blutigen Kampf. Zylva aber ward gefangen genommen und konnte dennoch den Vertretern der Ordnung wieder entwischen. Wie – das wird ein Geheimnis bleiben. Wahrscheinlich aber hatte das Kesselflickerweib Verbündet unter den Bütteln, denn nicht wenige von ihnen stammen ja aus Meilersgrund und hatten weiland selbst hungernde Angehörige in den Elendsquartieren der Stadt. Angeblich soll sich die Flüchtige in der Stadt Eslamsgrund verborgen gehalten haben, bis sich die Wogen in Gareth wieder geglättet hatten (und es dort auch wieder – wie der Stadtadel es versprochen hatte – reichlich zu essen gab).

Dann kehrte die Gesuchte zurück in die Metropole, knüpfte mit der Unterwelt Kontakt und trat alsbald wieder sicher und offen auf – geschützt durch üble Schläger und manch schlecht beleumundeten Büttel. Zylva, die sich nicht mehr nach Alt-Gareth wagen konnte, tat dies mutmaßlich dennoch mindestens ein einziges Mal: Als nämlich der Angriff der Galotteska, der Fliegenden Festung und der Schwarzen Hoden auf Gareth erfolgte, schlich sich – wie man heute als gesichert annimmt – das rachsüchtige Weib in das Stadthaus des garetischen Staatsrates und ermordete ihn kurzerhand. Praiodan von Luring, der weise und geschickt das Königreiche jahrelang gelenkt hatte, starb unter der Hand einer Rächerin für eine Bluttat, die er selbst verachtet hatte!

Zylva floh daraufhin offenbar erneu aus Gareth und scharte um sich die Schläger und Mordbuben, mit denen sie sich die Wochen in Gareth umgeben hatte. Ihr folgten allerdings viele Spießbürger und sogar einige der Waldsteiner Pikeniere, die angesichts des dämonischen Feindes nichts mehr in Gareth hielt: Mit solchen Feinden wollten sie nicht kämpfen, sondern lieber die Heimat verlassen und woanders ihr Glück versuchen. In den Wäldern waren die Flüchtigen unter ihresgleichen, und Zylva setzte sich als Anführerin durch. Doch statt womöglich Gewalt über einen der verwüsteten Landstriche im Norden Garetiens zu erlangen, sich in der »Natterndorner Fehde« zwischen den Grafenhäusern Quintian-Quandt und Hartsteen zu verdingen oder sich in die gefährliche Wildermark abzusetzen, führte Zylva ihren Haufen durch Garetien und Almada auf einem gefährlichen Marsch ins Horasreich: Der dort aufkeimende Thronstreit versprach aussichtsreiches Engagement für Söldner und viel »Gold zu holen für jeden, der nicht muckt«

Zylvas Haufen nun erscheint undiszipliniert und rau, die Männer und Frauen trinken und raufen viel, doch wenn es zum Kampf kommt, dann beherrschen sie ihre Schlachtreihe und lassen die Piken nicht wanken, kommen auch hundert schwere Reiter auf sie zugeprescht. Die Befehlskette von Zylvas Haufen ist durchlässig, es befiehl der Stärkere, den Zylva anerkannt hat. Solange die »Capitanya«, wie sie von ihren Leuten genannt wird, die Mächtigste der bunten Truppe von etwa hundert Kämpfern ist, bleibt sie berechenbar und ist eine unschätzbar wertvolle Einheit bei der Verteidigung von Stadt, Hof oder Heeresflügel.

Das Banner von Zylvas Haufen zeigt einen Blutroten Dorn über einem roten Dach auf weißem Grund: Huisdorn. Zur Seite stehen der Capitanya ihr Adjutant, der ehemalige Raubritter Valkomund von Bisserfels, genannt »der Rasende«, die raffgierige Zeugmeisterin Jadwige Hellenkatt und der Profoss Morbert Haukenkeil, genannt »Goldherz« – ein Herz so hart wie Gold und nur durch solches zu erweichen. Für Garetien bedeutet dies: Eine Geißel ist vom geschundenen Leib des Köngreichs genommen. Möge Zylva die Große im Horasreich ihr Ende finden!

Beorn Siepe von Hüttental