Geschichten:Umwege - Vor dem Haus des Schelachar

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Stadt Gnitzenkuhl, 23. Travia 1037 BF

Sie verließen das Haus des Schelachar. Gemeinsam hatten Selissa und Hlutharion die Messe besucht und danach noch eine persönliche Unterredung mit dem Tempelvorsteher Korbor von Wasserburg gehabt. Während einige, vornähmlich ältere Nebachoten nach der Messe im einzigartigen Innenhof des Tempels traditionell disputierten hatten es sich die drei in der Nähe in der Herbstsonne gemütlich gemacht gehabt um über ihre vermeintliche Vermählung zu sprechen. Denn Selissa war es wichtig dass ein Praiot diese durchführe oder zumindest anwesend sei. Gemütlich war das Gespräch allerdings kaum, denn der leidenschaftliche Tempelvorsteher mit der markanten Nase hatte keinen Hehl aus seiner Abneigung zu Hlutharion gemacht und ihn immer wieder mit unangenehmen Fragen zu seiner Vergangenheit behelligt während er ganz und gar ungeniert in den Ausschnitt Selissas gelächelt hatte. Hlutharion hatte Probleme gehabt den Fragen auszuweichen und wenn Selissa nicht gewesen hätte wäre es vielleicht schlimm gekommen. Doch sie hatte den Geiferer immer wieder ablenken können und das Gespräch letztlich halbwegs versöhnlich enden lassen. Der Praiot würde nach seiner Reise in Kloster St. Ancilla gerne die Zeremonie zusammen mit seiner Collegae aus dem Traviatempel anleiten und den beiden seinen Segen gebend. Wenn auch zähneknirschend wie er immer wieder betonte und dabei Selissas Oberschenkel tätschelnd beteuerte. Hlutahrion war froh als sie den Tempel verließen, die Fragen zu seinen Motiven und seiner Vergangenheit hatten ihn aufgewühlt, vorallem weil er dieses sensible Geschöpf an seiner Seite tatsächlich begann zu mögen, ihn aber deshalb immer mehr sein Gewissen quälte, von dem er schon gar nicht mehr wusste dass es existierte. Die Scham über sein Versagen beim Konkordat war etwas anderes, dies hier waren echte Gewissensbisse darüber dem zierlichen Wesen nie ganz die Wahrheit zu sagen. Hatte der widerliche Praiot das gemerkt oder mochte er einfach generell keine Nebenbuhler oder Konkurrenten um die Herzen und Schenkel der praiosfrommen Frauen? Hlutharion schüttelte kaum merklich den Kopf. Doch Selissa bemerkte dies.

„Ist etwas mit Euch Hlutharion? Haben meine Worte nicht…auch Eure Meinung vertreten?“ fragte sie scheu und musterte ihn. Ihre Stimmung war im Tempel durchaus beschwingt gewesen, doch nun, da Sie alleine waren, und nicht mehr auf ihr vertrauten Pfaden, schlich sich wieder die Nervosität ein, die noch immer herrschte, wenn man sich traf. Sie konnte diesen Mann einfach nicht deuten. Was trieb ihn an, was gefiel oder in dem Fall missfiel ihm denn nur? Es machte Sie traurig, dass Sie so wenig übereinander wußten, und er nicht daran dachte etwas zu ändern. Er schwieg so oft.

Die Pferde standen an der Tränke und dösten vor sich hin. Der kleine Nebachote, der sich mit der Wacht einen Heller verdient hatte, eilte schon heran.

„Höhä Damä, isch abe sie geträngt, und die Hufä kontrolliert! Alläs in Ortnung. Wenn Eslam das sagt, dann ist das so!“ Gleichzeitig streckte er in Richtung Hlutharions die Rechte aus, und lächelte ihn aus treuen Augen an. Kaum, dass die Münze seine Handfläche berührt hatte, reichte der Kleine Ihnen schon eilends die Zügel und trollte sich wieder zu seinen Freunden, die am Brunnen spielten.

Abwartend winkelte Selissa ihr linkes Bein nach hinten, damit ihr Zukünftiger ihr hinauf helfen konnte, derweil sie die Zügel hielt und ihm den Rücken zudrehte. So konnte er wenigstens nicht ihre Unsicherheit sehen.

Erst registrierte er ihre Absicht gar nicht, da er sich noch mit ihrer Frage beschäftigte. Dann trat er, das Bein wie immer nachziehend, an sie heran und half ihr umständlich, so gut es seine versteifte Linke eben zu lies, auf das Pferd. Er ärgerte sich etwas über seine Unfähigkeit, doch hatte er sich auch mittlerweile so sehr daran gewöhnt, dass der Ärger nicht mehr weit zu ihm drang. Stattdessen murmelte er eine beiläufige, eher floskelhafte Entschuldigung und bestieg dann sein Pferd um dann im ähnlich murmelhaften Ton endlich eine eher unbefriedigende Antwort auf ihre Frage zu geben: „Nein, Selissa…es ist alles…gut. Nur dieser Priester…ach, egal. Was begehrt Euch…als nächstes?“ Geshla hatte ihm einige Tage gegeben um die Angelegenheit fester zu ziehen, doch es fühlte sich alles ein wenig beklemmend an und so versuchte er Selissa alles möglichst recht zu machen um seine eigene Unsicherheit und Scham zu überspielen. Weshalb er ihre nicht einmal richtig bemerkte.

"Was ist mit Hochwürden? Ich weiß, er kann bisweilen sehr...in die Tiefe gehen mit seinen Fragen..." meinte Selissa völlig unbedarft, während sie ihr Pferd in Richtung Stadttor lenkte.

"Ansonsten dachte ich wir reiten nach Zyrpicum. Anshelm, mein Bruder sollte Euch kennenlernen. Er hat schon nach Euch gefragt!" Sie schaute ihn jetzt wieder an. Lag ein leichter Vorwurf in der Stimme?

„Nette Umschreibung…“, brummelte Hlutharion, besann sich aber dann lieber wieder auf seine Gleichgültigkeit, die ihm immer zuverlässigen Schutz bot. Eigentlich hatte er an Kohlhof, ihrer beider baldigen Heimat gedacht, doch die Trostlosigkeit dieses einfachen Köhlerweilers würden sie sich noch früh genug aussetzen. Doch gab es bis dahin dort noch viel zu tun und er wäre der Begegnung mit Selissas Bruder gerne aus dem Weg gegangen, doch er nickte nur. „Ja, Zyrpicum.“