Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 37: Gespräche

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Dramatis personae:



Markgräflich Perrinmarsch, Perricum-Stadt, Praios 1034 BF


Während sie den Hafenbereich verließen, um zum Mietsstall zurückzukehren, wo sie ihre Pferde untergestellt hatten, begann Gerion ein Gespräch mit der Ritterin. Sie hatten noch nicht viel Gelegenheit zu einer Unterhaltung gehabt und er wusste eigentlich noch so gut wie gar nichts von seiner Begleiterin. Er wollte sie besser kennen lernen. "Ihr seid aus der Gegend, nicht wahr, Nedarna?"

Ein Nicken bestätigte seine Frage: „Ja, wenn auch erst seit ungefähr zwei Götterläufen. Iduran ist von Sabadonn aus gesehen gen Praios am Waldrand gelegen. Meine Familie stammte allerdings aus Ostdarpatien.“ Bei den letzten Worten verhärteten sich ihre Gesichtszüge etwas. Einen Augenblick glaubte er Trauer in ihrem Blick wahrzunehmen, aber da hatte sie ihren Blick bereits abgewandt. Er konnte sich nicht wirklich sicher sein.

Ostdarpatien, dachte Gerion. Diese Gegend gehörte zu den Schwarzen Landen. Auch sie hat dort wohl viel Leid erfahren. Wie so viele andere, ergänzte er noch in Gedanken. Aber er wollte nicht weiter in sie dringen und so schlug er ein unverfänglicheres Thema an. "Wart Ihr schon einmal in Gareth?"

Dankbar für den Themenwechsel ließ sie sich bereitwillig auf seine Frage ein: „Ja ... ein Mal, kurz nachdem ich meine Ausbildung an der Kriegerakademie in Rommilys beendet hatte. Nur war mir ein längerer Aufenthalt damals nicht vergönnt gewesen.“ Neugier lag in ihren Augen als sie ihn anblickte: „Gibt es einen vornehmlichen Grund für Eure Frage?“

"Nein keinen besonderen. Ich wollte Euch nur gerne näher kennen lernen. Ihr könnt auch gerne Fragen zu meiner Person stellen."

Die Ritterin schmunzelte: "Keine Sorge, dazu wäre ich als nächstes gekommen. Nun, wie steht's? Mögt Ihr mir ein wenig von Euch erzählen?"

"Nun, ich komme aus Gareth und bin mit zwei Geschwistern aufgewachsen. Wie meine Schwester wurde ich in einer Magierakademie ausgebildet, doch stand damals die Akademie noch in Beilunk. Ursprünglich bin ich nach Gnitzenkuhl gekommen um meinem Sohn einen Pagenplatz zu suchen. Und dann erfuhr ich von dem Untier und wollte mehr darüber erfahren."

Aufmerksam hörte sie ihm zu und sofort schossen Nedarna weitere Fragen durch den Kopf, die sie auch interessiert, aber ruhig stellte: "Was macht Ihr, wenn Ihr gerade kein Untier jagt? Und Eure Geschwister? Hattet Ihr Erfolg bei der Suche nach einem Pagenplatz für Euren Sohn?"

"Nun mal langsam." Gerion war von dem Wissensdurst der Ritterin überrascht und lächelte. "Meine Geschwister. Nun, meine Schwester ist im Horasreich geblieben und verbringt vermutlich den ganzen Tag über in der Kusliker Biblithek. Ihr müßt nämlich wissen, daß sich in dieser Stadt die größte Bibliothek auf Aventurien befindet. Mein Bruder ist mit mir ins Perricumsche gezogen. Doch während ich in Gnitzenkuhl blieb zog er weiter in diese Stadt hier um einen Offiziersposten anzutreten." Nedarna war sich nicht sicher - Gerions Gesichtszüge waren immer schwer zu lesen - doch sie glaubte Zufriedenheit in seiner Stimme zu hören, doch dann wurde sein Gesicht düster. "Und was das Untier angeht. Ich bin immer dabei ein Untier zu jagen. So fern man den Namenlosen und seine Anhänger als solche sieht. Denn er ist unsere größte Bedrohung."

Aufmerksam hatte Nedarna ihm zugehört und nun nickte sie bestätigend: "Da bin ich Eurer Meinung. Diese Bedrohung gilt es auszumerzen, wo man auf sie trifft." Ein grimmiges Lächeln umspielte bei diesen Worten ihre Mundwinkel. Den Blick hatte sie nunmehr auf die Weiten des Meeres gerichtet. Eine von der See kommende Brise spielte mit den Strähnen ihres schwarzen Haares, die sich wieder einmal aus ihrem Zopf gelöst hatten. "Sagt, welches Untier jagtet Ihr zuletzt?"

"Ein Untier, das mir lange Zeit das Leben schwer machte und üble Gerüchte in Umlauf brachte. Ich habe meinen Tod vorgetäuscht und ihn gejagt. Jetzt weilt er bei seinem dunklen Gott." Gerion kniff kurz die Augen zu. Als er sie wieder öffnete blickte sie nicht mehr düster wie vorhin. "Kennt Ihr eigentlich unsere drei Begleiter näher? Ich weiß so gut wie gar nichts von ihnen."

"Nicht wirklich und bei Al'Arik von Feshaven verzichte ich auch gern darauf. Und über die nebachotischen Jäger weiß ich ebenso soviel wie ihr. Auch ich bin ihnen in dem Dorf zum ersten Mal begegnet. Und die gemeinsame Reise... ach, vergesst es ..." Sie verdrehte kurz die Augen bevor sie fortfuhr: "Wie ihr bemerkt haben dürftet redet Kain für zwei. Und mir schien, dass er jedem Rock hinterhersteigt."

Trocken merkte sie an: "Es ist wohl entgangen, dass ich Beinkleider trage. Auch mein Eindruck von Kor'wins Wesen hat sich in dieser Zeit bestätigt. Still, aber aufmerksam,.... Wisst Ihr, eines allerdings war seltsam. Am Abend blickte er über das Land ... er schien regelrecht versunken und als wir nachfragten, erklärte uns Kain, er spräche mit dem Land. Wisst Ihr was er damit meinte?"

Gerion wußte, daß seine Mutter etwas ähnliches machte. Sie nannte es allerdings "dem Wind lauschen". Es war ein Elfenzauber und sie war damit in der Lage die verschiedensten Eindrücke aus entfernten Gegenden wahrzunehmen. Gerion fragte sich, ob Kor'win magiebegabt war. "Ich habe von Eremiten und Druiden gehört, die sich ganz auf das besinnen was man in der Natur hört. Sie hören das Grillenzirpen, das Vogelzwitschern, das Plätschern eines Fisches im Wasser ... Sie suchen dafür Orte auf, die nicht so nah an der Zivilisation liegen, damit sie nicht die Geräuschkulissen der Menschen hören; das Rattern der Räder der Kutschen auf den Straßen, das Anpreisen ihrer Waren der Händler, die Gongschläge der Tempel ... Manche Magier sehen darin eine Art der Meditiation. Vielleicht ist das was Kor'win da machte etwas ähnliches."

"Das wird es wohl sein. Ich kenn mich mit dererlei Dingen nicht aus, aber es klingt nachvollziehbar." Sie stutzte kurz als sich ein leichtes Grummeln in ihrer Magengegend bemerkbar macht: "Ihr sagtet, ihr ward schon in dieser Gegend... meint Ihr wir könnten etwas Vernünftiges zu Essen auftreiben? Mein Bauch vertritt gerade eine sehr energische Auffassung diesbezüglich." Ein schiefes Grinsen begleitete ihre Worte.

"Für mich machte die Taverne eher einen schäbigen Eindruck. Vermutlich ist dort der Wein stark verwässert und das Essen roch auch nicht gerade frisch. Vermutlich kann man froh sein, daß man dort für sein Geld überhaupt etwas bekommt. Davon abgesehen haben drei Gestalten versucht mich in dieser Kaschemme zu überfallen." Auf Gerions Gesicht war keine Gesichtsregung zu erkennen, auch seine Stimme veränderte sich nicht.

Die Ritterin verzog das Gesicht. "Das klingt nicht gerade verlockend. Hinter was waren die Gestalten denn her?" Mit diesen Worten zog sie einen Apfel aus einer Tasche und biss herzhaft hinein.

"Ich vermute, sie waren hinter Geld her." Gerion blieb vor einem heruntergekommenen Gebäude stehen. Über dem Eingang hing ein Schild worauf ein Entermesser zu erkennen war, der im Wind quietschend hin und her schwang. "Wir sind da", sagte Gerion.

„Wirklich vertrauenserweckend...“, meinte Nedarna ironisch, während sie das Gebäude betrachtete. Es ist noch zu bald, dachte sie und wandte sich an Gerion: „Was meint Ihr? Sollen wir schon eintreten? Vielleicht finden wir ja ein Platz am Fenster und können die Aussicht ein wenig genießen.“ Die letzten Worte begleitete ein Lächeln. Er würde den Hinweis verstehen.




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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Gespräche
Beim Hafenmeister


Kapitel 42

Hafenmorast
Autor: Nedarna, Balrik