Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 29: Gespräch auf Burg Friedburg - Vorurteile

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Dramatis personae:


Baronie Gnitzenkuhl, Burg Friedburg, Praios 1034 BF


Nach der getrennten Weiterreise begegneten sich Lyn ni Niamad von Brendiltal und Unswin von Keilholtz auf Burg Friedburg wieder. Da sie gerne noch ein paar private Worte mit dem Zornesritter wechseln wollte, der glücklicherweise auch gerade allein stand, näherte sie sich ihm. Während ein paar Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht wurden, setzen sie sich auf eine Bank im Hofe der Burg und die Baroness kam zügig zum eigentlichen Grund für dieses Gespräch.

„Meinen Glückwunsch zu Eurem Traviabund…“ gratulierte sie ihm auch wenn sie mit leicht fragendem Blick hinzufügte „So schnell hatte ich nicht damit gerechnet…“

Der Zornesritter schaute erst ein wenig überrascht und schnaubte dann belustigt. „Vielen Dank für die Glückwünsche Euer Hochgeboren. Abgesehen von den wenigen Gästen die wir hatten, seid Ihr die erste Gratulantin.“ Er setzte sich bequemer und ließ geschickt eine kleine Kupfermünze durch die Finger gleiten. „Ich gebe zu, die Eile mag befremdlich erscheinen, aber letztlich haben uns ja die Bedingungen die mein Schwiegervater an die Verlobung geknüpft hatte kaum eine andere Wahl gelassen. Ihr wart ja zugegen als ich auf dem Turnier zur Vermählung Eurer Schwägerin um Leomaras Hand angehalten habe.“

Sie blickte ihn an und entgegnete dann. „Ja, ich erinnere mich daran, doch kommt es mir vor als wäre es gestern erst gewesen. Doch ihr habt Recht, der Götterlauf ist fast um und…“ sie stockte kurz um die richtigen Worte zu finden „und so war es wohl das Beste, zügig zu handeln.“ Sie richtete einen leicht fragenden, prüfenden Blick auf den Zornesritter ehe sie fortfuhr. „Ich habe sie seit den Ereignissen am Sturmfels nicht mehr gesehen. Wie geht’s es ihr?“

„So gut es jemandem gehen kann, wenn man das Elternhaus im Streit verließ, denke ich. Ihr wisst sicherlich, dass es um das Verhältnis zwischen Leomara, ihrem Vater und vor allem ihrem Bruder nie sonderlich gut bestellt war. Die Liebe zu ihrer Mutter ließ sie dort Einiges ertragen. Doch auch dies ist nun vorbei. Sie hat mit ihrer Familie gebrochen, was Ihr vielleicht an der Wahl ihres Namens erkannt habt.“ Unswin wedelte leicht mit der Hand, so als wolle er einen schlechten Gedanken vertreiben. „Es ist wie es ist. Nach der Sache am Sturmfels hat Ihro Hochgeboren Geshla von Gnitzenkuhl Leomara samt einer Gruppe Abenteurer in den Wall geschickt um eine Erzmine zu erschließen. Ich hörte... Gerüchte... über dräunendes Ungemach in den Bergen und folgte mit meiner Novizin den Spuren des Trosses. Tatsächlich stießen wir auf die geplünderten Überreste einer Expedition, doch war es Phex sei Dank nicht die von Leomara. Sie und ihre Leute trafen wir später in Gesellschaft dieses ferkinablütigen Junkers von Kelsenburg. Nun ja... wir sind lebend wieder in die Ebene gelangt und das war noch der beste Teil dieser zwei Monde.“ Dem Ordensritter war deutlich anzusehen, wie ungerne er an diese Zeit in den Bergen zurückdachte. „Auf jeden Fall haben wir uns nach einem letzten Gespräch Leomaras mit ihrer Mutter dazu entschlossen den Bund nicht länger aufzuschieben. Ich hatte seit dem Sturmfels dank der Hilfe meiner Familie die Bedingungen Rodericks erfüllt und Raschia’Hal war nicht weit. Es war an der Zeit.“ Er lenkte seinen Blick auf ihre locker geschnürte Rüstung. „Aber wie ich sehe steht die Zeit auch in Brendiltal nicht still. Ein weiterer Spross einer stolzen Familie.“ Seine Stimme nahm einen melancholischen Klang an, den Lyn sich in diesem Zusammenhang nicht so recht zu erklären wusste.

„So ein Bund sollte nie länger aufgeschoben werden als nötig“ entgegnete sie leise „Auch wenn ein Bruch mit der Familie immer ein sehr teurer Preis dafür ist.“ In ihren Augen konnte Unswin für einen Moment erkennen, dass sie genau wusste, wovon sie sprach, doch dann wurde ihr Blick so weich und sanft wie er es an der Baroness noch nie zuvor gesehen hat. Unbewusst legte sie ihren linken Arm schützend über ihren Leib als sie antwortete. „Ja, die junge Göttin hat mich gesegnet und Caihyn wird endlich ein Geschwisterchen bekommen.“

„Ich gönne Euch alles Glück und alle Freude die das Kind Euch bringen mag. Es sind unruhige Zeiten mit Feinden an jeder Grenze und selbst in sich ist das Reich zerstritten. Da ist jedes Zeichen, dass es nach uns auch noch irgendwie weitergeht, willkommen. Wobei ich die Hoffnung nicht aufgegeben habe, dass auch wir noch eine Zeit des Friedens erleben werden.“

„Wenn es diese Hoffnung nicht gäbe, erschiene doch ein jeder Kampf sinnlos.“ Erwiderte die Baroness bedächtig. „Doch sehe ich, dass auch Euer Orden weiterhin neue Streiter um sich versammelt?“ Ihr Blick ging zu Chaantrea, die in einiger Entfernung zu sehen war. Er folgte ihrem Blick und nickte. „So ist es. Die Gefahren werde nicht weniger und der Orden hat in den letzten Götterläufen schwere Verluste erlitten. Ihr habt ja sicherlich vom Kampf um Leihenbutt gehört. Solcherlei Dinge geschehen, wenn man nicht stetig aufmerksam ist und auch die kleinsten Zeichen der Verderbtheit ernst nimmt.“ Unswin wand sich wieder zur Baroness um. „Deswegen begrüße ich auch ausdrücklich den neuen Waffenbund, der auf der Hochzeit Eurer Schwägerin begründet wurde. Der Orden hat hohe und edle Ziele, doch unsere Reserven sind begrenzt und so können wir leider nicht überall sein wo ein Schwert von Nöten wäre.“ Um es zu verdeutlichen zeigte er auf Chaantrea und dann auf sich. „Was Ihr hier seht ist die gesamte Streitmacht des Ordens die für Perricum zuständig ist. Bruder Alfred ist nur aufgrund der beunruhigenden Berichte und seiner Erfahrung während der Unruhen im letzten Götterlauf aus Schwertwacht geschickt worden. Während wir hier das Untier jagen, was aufgrund der Umstände unabdingbar ist, vernachlässigen wir zwangsläufig die Wacht an den Zacken und am Wall, wo wir sonst jenen Spuren und Gerüchten nachgehen, die anderen als unwichtig erscheinen und ignoriert werden. Wir können jeden Novizen gebrauchen, auch wenn manche charakterlich schwierig sein können.“ Wieder wanderte sein Blick zu Chaantrea um Lyn zu deuten, dass er auf die Auseinandersetzung in dem kleinen Fischerdorf anspielte, doch zeigte seine gesunde Gesichtshälfte dabei ein mehr selbstironisches Lächeln.

„Ja, es sind schon schwierige Zeiten und gute Streiter werden an allen Ecken und Enden des Reiches gebraucht…“ Die Bemerkung, dass das Reich an dem Mangel an guten Kriegern nicht ganz unschuldig sei verkniff sie sich für den Moment und fuhr nach einer sehr kurzen Pause fort. „Wie ihr schon sagtet, sie ist noch eine Novizin und wird bei Euch im Orden sicherlich noch einiges Lernen. Ihr wisst ja selbst, wie das Verhalten eines Einzelnes das gesamte Bild auf die Gemeinschaft prägen kann.“ Sie seufzte „Ihr wisst, der Orden der Remishianer hat es sich zum Ziel gesetzt, neben dem Schutz des Landes auch die Annäherung der Völker zu einander zu forcieren. Ich weiß, dass es schwer ist. Die Nebachoten…“ sie setzte kurz ab und ein leichtes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. „.. nun, sie sind anders. Sie haben andere Traditionen und sind ein sehr stolzes Volk. Doch nur wenn wir uns untereinander respektieren und vielleicht auch ein wenig Toleranz gegenüber ihren Eigenheiten zeigen, können wir gemeinsam Seite an Seite gegen den Feind bestehen. Ich befürchte, diese Lektion wird Eure Novizin noch lernen müssen.“

„Und ich fürchte, dass ICH diese Lektion erst einmal verinnerlichen muss, bevor ich selbiges ernsthaft von meiner Novizin verlangen kann. Was die Toleranz gegenüber Nebachoten angeht bin ich zugegebenerweise ein schlechter Lehrmeister.“ Ein gequältes Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich erkenne natürlich die Notwendigkeit zusammenzuarbeiten. Doch sie machen es einem nicht wirklich leicht. Auch wenn ich einigen Nebachoten begegnet bin die ich respektieren kann, wie etwa euren direkten Anverwandten in Brendiltal, so gibt es doch mindestens genauso viele ihres Volkes die mir bei jeder Gelegenheit die Grenzen meines Langmuts aufzeigen.“ Automatisch wanderten seine Gedanken in den Raschtulswall zum Junker von Kelsenburg und seinen Leuten. „Ich wünsche Euch viel Erfolg mit dem Perricumer Waffenbund. Diese gemeinsamen Übungen und das gemeinsame Kämpfen können eine starke Grundlage sein auf der man das Verständnis füreinander erweitern kann.“ Ein leicht spöttisches Lächeln umspielte ihre Züge. „Glaubt mir, ich bin schon genug Raulschen begegnet, die meine Geduld ebenso auf die Probe gestellt haben, wie es die Nebachoten tun. Aber ja, ihr habt Recht, es ist immer schwierig, wenn verschiedene Kulturen und Werte aufeinander treffen. Das habe ich schon allzu oft selbst erfahren.“ Sie blickte ihn an und ihre Gedanken schweiften zu dem Gespräch welches sie mit ihm am Sturmfels führte.

„Dann kennen wir wohl zumeist andere Personen. Unter den Raulschen Rittern Perricums gibt es nur einen den ich mir in die Niederhöllen wünsche und den ich nur zu gerne einmal auf frischer Tat bei einer seiner Untaten erwischen würde.“ Sein Gesicht verzog sich grimmig, während er die Faust ballte und ehrliche Empörung in seiner Stimme mitschwang. Mit einem Seufzen winkte er jedoch ab und entspannte sich gleich wieder. „Aber so viel Glück werde ich wohl nicht haben. Die Zwölfe haben ihn in ihrem Blick und auch seine Seele wird dereinst gewogen werden.“

„Ja, das werden sie…“ Sie machte eine kurze Pause doch griff sie dann den Faden wieder auf „Nun, ich glaube nicht, dass wir so viele andere Personen kennen. Sprachet ihr doch davon, dass Euch die Nebachoten die Grenzen Eurer Langmutes aufzeigen, nicht dass ihr sie in die Niederhöllen wünscht. Und ich denke von dieser Sorte Mensch gibt es in beiden Völkern genug, meint ihr nicht auch?“

Unswin reagierte mit einem fast verlegenen Lächeln auf diese Argumentation. „So gesehen habt Ihr natürlich Recht. Da nehmen sich beide Völker nicht viel und es gibt wahrhaftig auch unter den Nebachoten nur eine Person die ich ebenso gerne in den Niederhöllen sehen würde wie jene eine auf Seiten der Raulschen. Doch was die ständige Prüfung meiner Geduld angeht so bleibe ich dabei, dass Nebachoten für einen Raulschen einfach unerträglich sein können. Vielleicht liegt es aber auch nur an meiner Herkunft und meinem persönlichen Empfinden. Wenn Ihr mir bei Gelegenheit den Trick verraten könnt, wie der Waffenbund seine Übungen abhalten kann ohne dass sich die Ritter und Krieger gegenseitig die Köpfe einschlagen, wäre ich Euch sehr dankbar..“

„Wir geben ihnen keine scharfen Waffen…“ entgegnete Lyn spontan und mit einem verschmitzten Lächeln. „Aber ich verstehe was ihr meint. Ihr könnt mir glauben, meine Schwägerin hat alle Hände voll zu tun um die Gemüter im Ordenshaus unter Kontrolle zu halten. Aber ich denke, spätestens wenn die jungen Krieger einmal im Kampf Seite an Seite gefochten haben, ist die Herkunft egal. Dann gibt es nur noch Kampfgefährten und nicht mehr Raulsche und Nebachoten. Aber ihr fragt nach einem Trick…“ sie schaute ihn einen Moment nachdenklich an, dann sprach sie weiter „Lasst Euch nicht von der Herkunft täuschen, sondern seht den Menschen dahinter. Versucht die Vorurteile für einen Moment zu vergessen und geht unvoreingenommen auf Euer Gegenüber zu. Und vergesst dabei nicht, dass Euer Gegenüber genauso Vorurteile hat, wie ihr auch. Ich weiß, wie schwer das ist….“ Sie seufzte, dann schaute sie ihn an und fügte lächelnd hinzu „aber es lohnt sich…“ „Es wird mir ganz sicher nicht leicht fallen, aber ich werde es beherzigen wenn ich das nächste Mal mit einem Nebachoten zu tun habe.“ Unswin nickte der Baroness mit einem Lächeln zu, während er sich erhob und ihr mit einer höflichen Geste eine Hand zur Hilfe anbot. „Ich schlage vor, dass wir uns jetzt nach drinnen begeben. Dort hinten sehe ich Euren nebachotischen Schatten heraneilen und ich glaube es ist an der Zeit für die Besprechung, die mein Schwiegervater anberaumt hat.“

Sie ergriff seine Hand und stand ebenfalls auf. „Ja, ich denke auch, dass es an der Zeit ist.“




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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Gespräch auf Burg Friedburg
Gen Gnitzenkuhl


Kapitel 34

Planung auf Burg Friedburg I
Autor: Lyn, RO