Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 10: Welten treffen aufeinander

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Baronie Brendiltal, Ein Hügel zwischen Gut Besh Aramal und Darpat, Anfang Praios 1034BF


Dramatis Personae

zwei seiner Gefolgsleute der Tar'aratan (Blutgarde)



Lyn ni Niamad von Brendiltal und Nedarna von Trollsteige waren zur Mittagszeit von Besh Aramal aufgebrochen und lenkten ihre Pferde gen Darpat, um auf ihrer Reise nach Gnitzenkuhl noch Informationen über das Unwesen in Erfahrung zu bringen.

Die Sonne stand mittlerweile recht weit im Westen als sie auf einer Anhöhe ihren Pferden eine erste Rast gönnten. Im Schatten der wenigen Bäume die dort wuchsen sprang die Baroness von ihrem Pferd und griff nach ihrem Wasserschlauch. Die Hitze war für die gebürtige Albernierin immer noch ungewohnt und sie war sehr froh darüber, dass sie nicht wie Nedarna ein Kettenhemd, sondern eine Lederrüstung trug. Ihr rotes Haar war teilweise zu schmalen Zöpfen gebunden und wurde im Nacken durch ein breites Lederband zusammengehalten. Einzelne Haarsträhnen hatten sich daraus gelöst und hingen ihr wirr ins Gesicht.

Dank der großen Bäume auf dem Hügel war ein, wenn auch spärlicher Grasbewuchs vorhanden, sodass sich ihr Pferd und auch das Packpferd darüber hermachten. Auch Nedarnas Pferd tat sich daran gütlich, nachdem die Kriegerin abgestiegen war. Die Ritterin von Matlakur war deutlich kleiner als Lyn, der man die Spuren ihres thorwalschen Erbes schon allein von ihrer Statur her ansah.

Bis Sonnenuntergang würden noch zwei bis drei Stunden vergehen und es war der Plan der beiden Frauen, nach der Pause noch weiterzureiten.

Als Lyn in ihren Satteltaschen nach ein wenig Brot und Käse suchte, sah sie, wie sich aus der Richtung aus der sie gekommen waren, Reiter näherten. Sie machte Nedarna darauf aufmerksam und schaute neugierig und wachsam zu den stetig Näherkommenden. Bald schon konnte sie ausmachen, dass es sich um drei nebachotische Krieger handelte und sie entspannte sich ein wenig.

Das Gesicht des einen kam Lyn vage bekannt vor, auch wenn sie keinen Namen zu nennen vermochte. Doch wusste sie, dass sie ihn schon auf dem Anwesen ihres Schwiegervaters gesehen hatte und so grüßte sie, als die Reiter bis auf wenige Schritt herangekommen waren mit einem „Rondra zum Gruße“ Ihre Stimme war laut und deutlich zu vernehmen.

Interessiert hatte auch Nedarna die Näherkommenden beobachtet. Ihre blauen Augen betrachteten das Geschehen aufmerksam, aber mit einer gewissen Skepsis, die sich in ihrer Miene wiederspiegelte. Eine Änderung in der Haltung ihrer Begleiterin ließ sie deren leichte Entspannung aus dem Augenwinkel wahrnehmen. Anscheinend stellten die Neuankömmlinge keine unmittelbare Bedrohung dar. So strich die Ritterin sich nur einige widerspenstige Strähnen ihres schwarzen Haares aus dem Gesicht, die sich aus dem lose zusammengebundenen Zopf gelöst hatten und harrte der Dinge die da kommen würden. Als die Reiter die beiden Kriegerinnen schließlich erreichten, ließ auch sie ein deutliches „Rondra zum Gruße“ vernehmen.

Al’Arik erkannte die Baroness schon von weiten. Was auch nicht sonderlich schwer war, fiel sie einem doch mit ihren roten Haaren und ihrer enormen Statur nur allzu leicht ins Auge. Die andere Raulsche kannte er nicht, aber sie trug das Wappen der Reshminianer.

In Brendiltal hatte er davon gehört, dass die Baroness sich in Richtung Darpat begeben hatte um den Geschichten um das Untier nachzugehen. Er hatte auf dem Weg leider keine weiteren Kämpfer auf die Schnelle einsammeln können. Sie waren alle leider nicht abkömmlich. Aber Al’Arik wusste es besser, sie waren einfach nur feige. Er spuckte aus. So müsste er sich nun wohl einfach damit begnügen mit der raulschen Brendiltalerin, die noch nicht mal aus Perricum stammte, das Biest zu stellen und auszuweiden. Sie könnte ihm ja dabei zusehen oder vielleicht sogar Deckung geben, immerhin sollte sie tatsächlich eine passable Kämpferin sein, für eine Raulsche. Aber ob sie das in ihrem Zustand, er hatte von ihrer Schwangerschaft gehört, noch war, bezweifelte er ein wenig. Sowieso hätte er das seiner Frau nicht erlaubt. Egal. Das war nicht seine Bühne.

Er musste sich nun einmal mit den Gegebenheiten abfinden. Aber er war davon ausgegangen das die Baroness noch ein paar mehr Leute im Gefolge hatte, Nebachoten. Und jetzt standen dort drüben, im Schatten der Bäume, nur diese beiden raulschen Frauen, na das würde ja heiter werden.

Er erkannte dass sich die beiden Frauen kurz anspannten, als sie ihn erblickten, ihre Anspannung aber fallen ließen als er näher kam. Sie begrüßten ihn beide mit einem „Rondra zum Gruße!“

Al’Arik lächelte kurz amüsiert, ließ dann seine Gesichtszüge wieder verhärten und grüßte sie mit den Worten: „Kur’Abra a Mar - Kor iest groaß, ich grieße euch, Barronäss. Main Nahme iest Al’Arik han Kur’barun – Alrik von Korbunn. IEdler von Fez’hava.“ Er gab sich größte Mühe ein sauberes Garethi zu sprechen, hatte aber so seine Schwierigkeiten damit. Wie er es hasste. Dann wendete er den Kopf zu Nedarna:„Uhnd währ sajid ihr, Reshminianerin?“

Lyn nickte Al’Arik zu. Sein Gesicht kam ihr bekannt vor, sie war sich sicher, ihn schon einmal in Besh hassal Amay shar gesehen zu haben. Doch hatte sie immer noch Schwierigkeiten, sich die Gesichtszüge der Nebachoten mit denen sie nicht allzu häufig Kontakt hatte, zu merken. Als er jedoch seinen Namen nannte fiel ihr auch wieder ein, dass er in den letzten Monden einmal bei ihrem Schwiegervater zu Gast gewesen war. Da er sich ohne Pause an Nedarna gewendet hatte, wartete Lyn die Antwort der Ritterin ab, bevor sie sich zu Wort meldete.

Nedarna gab sich größte Mühe, konnte es aber nicht verhindern, dass ob seines verhärteten Gesichtsausdruckes, ihre Augenbraue in die Höhe schoss. Ihre Antwort fiel dementsprechend knapp aus: „Nedarna von Trollsteige, Ritterin von Matlakur.“

„A‘ha, kähnne iech niecht. IErfreuht.“, sagte Al’Arik wobei sein Gesicht keine Freude zeigte und seine Worte vor Arroganz nur so trieften.

So wendete er den schwarzgelockten Kopf gleich wieder Lyn zu: „Nuän, Barronäss, whie iech hierrte, seijd iehr uhntärweks gän Darpat um diäses vierfluhchte Untiehr, wiee sahgt man, aouszuweijden.“, und fuhr ohne eine Antwort abzuwarten fort,“Diem wollen iech uand meijne gäfiehrten sich anschliässen, uhm diäsem Wäsän duas Bluät aus den Ad‘hern zu treiben.“

Lauernd wartete er eine Antwort ab, während sein dunkel behaarter Kiefer vor Anspannung knirschte, denn die Situation missfiel ihm und kratzte sich eine alte Narbe am Hals wieder auf und spürte mit großer Zufriedenheit wie das Blut an seinem Hals bis auf seine schwarze Rüstung rann. Das beruhigte ihn wieder.

Die irritierten Blicke seiner Gegenüber störten ihn daran nicht.

Da er nicht der Mann schien, der über allzu große Fürsorge erfreut wäre, verzichtete sie darauf ihn auf die blutende Wunde hinzuweisen. Stattdessen antwortete sie "Ich bin ebenfalls erfreut hier auf Euch zu treffen, Al‘ Arik han Kur’barun.“ In ihrer Stimme schwang noch immer ein leicht albernischer Zug mit und den Namen Al’Ariks sprach sie recht langsam und besonnen aus, so als müsse ihre Zunge vorsichtig jeden Laut antesten, ehe ein Wort ihre Lippen verließ.

„So kommt ihr direkt aus Besh hassal Amay shar?“ Ihre Frage war mehr eine Feststellung denn schon fuhr sie fort „Ja, wir sind auf dem Weg gen Darpat. Wir wollen so viel wie möglich herausfinden und uns dann gegebenenfalls Leomara von Gnitzenkuhl anschließen. Soweit ich weiß macht auch sie Jagd auf das Untier.“ Sie blickte ihn aus ihren grünen Augen an und in ihrer Stimme lag eine Kraft die ihn nicht an ihren Worten zweifeln ließ als sie weitersprach „Sollten wir jedoch vorher auf das Untier stoßen werde ich nicht zögern zu handeln.“

Neugierig beobachtete die Ritterin von Matlakur ihre Begleiterin und den Nebachoten. Das herablassende Verhalten des Neuankömmlings rührte an ihrem Stolz, aber als sein Blut lief unterdrückte sie die passenden Worte. Nein, das Versprechen ihrem Lehnsherren gegenüber galt weiterhin. Diesmal würde es keinen Ärger geben. Sie würde sich zurückhalten, auch wenn es ihr schwer fiel.

„Soä köannt iehr douch siecha die bluatgeträinkten Luanzän draiär gruoßer nebachoastischär Krijeger gebraouchen.“, sagte Al‘Arik und meinte es auch so, denn er bezweifelte dass diese beiden Frauen plus eine weitere Raulsche wirklich dazu in der Lage waren ohne seine Hilfe das Tier zu erledigen, auch wenn ihn die feste Stimme der großen Albernierin kurz beeindruckt hatte. Trotzdem hoffte er wirklich inständig dass sie auf dem Weg noch einige nebachotische Männer rekrutieren könnten. Den Blick dem ihm die Reshminianerin, diese von Trollsteige, ihm zu kurz zu warf quittierte er mit einem müden Lächeln während er auf eine Antwort der Baroness abwartete und sich dabei mit der Hand über die offene Wunde an seinem Hals streichelte.

„Mit den Lanzen alleine ist es sicher nicht getan. Es bedarf dazu auch mutiger Krieger um sie zu führen.“ Sie warf einen abschätzenden Blick auf die drei die dort vor ihr standen, wohl wissend wie dieser Blick aufgenommen werden könnte. „Aber ihr habt Recht, es ist sicher besser sich des Biestes mit einer größeren Gruppe anzunehmen. Von daher leihe ich Euch auch gerne meinen Schwertarm.“ Ein leises Lächeln umspielte die Züge der Albernierin.

Nedarnas Augen funkelten vor Vergnügen. Die Worte der Baroness waren wohlgesetzte Spitzen. Kleine scharfe Pfeile die ihr Ziel trafen. Entspannt lehnte sie sich an den Baum der hinter ihr stand und verschränkte die Arme. Dies würde interessant werden.

Wut stieg heiß in Al’Arik empor. Wie konnte diese Raulsche es wagen ihren Mut anzuzweifeln. Wenn es nicht die Frau des Baronssohns wäre, der mit der Heirat eines solchen Weibes nah am Verrat an den nebachotischen Stämme war, so dachte Al’Arik, wenn sie nicht eine Brendiltal wäre, wenn auch nur angeheiratet, denen er ewige Treue und Gefolgschaft geschworen hatte, dann würde diese „Kriegerin“ jetzt schon im Staub liegen. Und dann grinste diese Reshminianerin auch noch so unverholen als die Baroness ihre Spitze hervorgebracht hatte. Er wollte etwas entgegnen. Aber er schaffte es nicht eine gut formulierte Spitze in dieser Hundesprache zu formen, was seine Wut nochmals potenzierte und sich seine Nägel so tief ins Fleisch stießen, dass seine Handflächen ganz feucht und warm vom Blut wurden. Das ließ ihn wieder feste Gedanken fassen und so antwortete er nach einer gefühlten Ewigkeit in der sein Zorn und seine Vernunft einen harten Kampf miteinander ausfochten: „Nuän, uonsär Muth schaihnt eurräm Gämarhl bäkuannt zu seihn, soa bat’h er uans doch guat auf euch aoufzupas’sän, wollän wier a’lso aoufbrächn?“, log er, wobei er der Meinung war, dass die Worte die er mit Ra’oul von Brendiltal auf Besh’hasall Amya’shar gewechselt hatte durchaus so zu interpretieren waren. Er verzog keine Mine als er dies aussprach und rechnete mit einer erbitterten Antwort, denn auch wenn es nur eine Halbwahrheit war würde diese ihr Ziel nicht verfehlen.

Lyn kannte die Anzeichen gut genug um zu erkennen, dass sie mit ihrer Spitze gut genug getroffen hatte. Die Nebachoten waren doch fast alle gleich. Sobald man nur den kleinsten Hinweis darauf gab, dass man sie nicht für die mutigsten, tapfersten und besten Krieger aller Zeiten hielt, waren sie zutiefst in ihrer Ehre gekränkt. Zum Glück konnte sie sich noch gut genug an die Worte Ra’ouls erinnern, als sie ihn fragte, ob er ihr nicht weitere Krieger zur Unterstützung mitgeben wolle. Und so sah sie seine Worte nur als schwachen Versuch sein Selbstbewusstsein zu stärken in dem er sie kränkte und beschloss, ihm diese Genugtuung nicht zu geben. Deshalb lächelte sie ihn an und erwiderte „Euer Mut ist meinem Gemahl wohl bekannt…“ dabei legte sie den Hauch einer Betonung auf das Wort ‚Gemahl’ „… und ich kenne Euch noch nicht gut genug um seine Worte anzuzweifeln.“ Das ihre Worte sowohl auf die Aussage bezüglich des Mutes, als auch des Begleitschutzes gedeutet werden konnten, fiel ihr auch erst auf, als sie diese schon ausgesprochen hatte. An Nedarna gewandt fügte sie hinzu. „Dann lass uns aufsitzen, auf dass wir heute noch ein Stück des Weges schaffen.“

Die Angesprochene wandte sich ihrem Pferd zu, fischte noch einen Apfel aus den Satteltaschen, während ihre Mundwinkel von einem süffisanten Lächeln umspielt wurden. Da sie dem nebachotischen Krieger dabei den Rücken zugewendet hatte, war dies für ihn allerdings nicht erkennbar. Dies versprach ein spannender Ritt zu werden. Als sie aufsaß hatte sie sich indes wieder soweit unter Kontrolle, dass nur noch ihre blauen Augen noch ein wenig, ob des dargebotenen Vergnügens funkelten.

Al’Arik der immer noch so seine Probleme mit dem ihm so verhassten Garethi hatte konnte die weitere spitze Betonung aus Lyns Aussage nicht heraushören, Lyns Dialekt tat das Übrige, wähnte sich deshalb als Sieger dieses Duells. Dachte er doch seine Halbwahrheit hätte die Frau getroffen. So legte er ein wenig Selbstgefälligkeit in seine verhärteten Züge und entgegnete dann abschließend auf das eben gesagte: „Woahl ahn, duann währe da’s ja gekläirt, sietzt auf uand wier rait’en gemaihnsam.“ Dabei gab er seinen Leuten auf nebachotisch den Befehl zum Aufbruch, er war froh dass diese noch schlechter Garethi sprachen als er, so hatte bei ihnen keinen Gesichtsverlust zu befürchten. Ein selbstbewusster Zug lag auf Lyns Gesicht als sie sich wortlos auf ihr Pferd schwang. Ihre Bewegungen verrieten sehr viel Übung und gute Lehrmeister. Ebenso selbstbewusst setzte sie sich an die Spitze des Zuges, der nun vom Hügel hinab weiter gen Darpat zog.



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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Welten treffen aufeinander
Seeheim, Praios 1034 BF


Kapitel 15

Dergelmund