Geschichten:Spenden für die Ostmarken - Politisch wird es später

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Pfalz Rathsamshausen, Boron 1040 BF

»Dieser Punsch ist so süß, dass einem die Zähne zusammenkleben«, beschwerte sich Horulf von Luring missmutig und stellte den Pokal wieder auf das Tischchen vor dem Kamin, der den hohen Raum im ›schönsten Turm Rathsamshausens‹ nicht wirklich erwärmen konnte, Pfalzgraf Marnion hatte diesen ›Gästesalon‹ eben verlassen, und seine junge Gattin Jadwige, die Horulf ausgesprochen geschickt im Umgang mit ihrem Gemahl fand, hatte den Punsch zuvor selbst angerührt. »So viel Zucker sollte gar nicht in so wenig Wein passen!«

Fridega von Isppernberg lächelte. Ihr schmeckte der Punsch ganz gut, und er war genau das Richtige nach dem schnellen Ritt von Hutt nach Rathsamshausen.

Die Laune des Cantzlers, von dem jeder wusste, wie kälteempflindlich er war, befand sich auf extrem niedrigem Niveau. Er hatte Zahnschmerzen, die der Zucker noch verstärkte, einen für lange Ritte nicht ausreichend gepolsterten knochigen Hintern und überdies genug von der Kälte, die den Raschtulswall heruntergeweht kam.

»Fridega, eigentlich sollten wir die Depeschen heute noch aufsetzen. Ich bin gerade in der richtigen Stimmung dazu, diesen kleinen Cletzau zu fragen, was er eigentlich glaubt, was ›Almosenmeister‹ für ein Titel sein soll und wieso er glaubt, ihn tragen zu dürfen! Titel kommen in Garetien immer noch von der Krone!«

»Ich dachte: von den Göttern?«, fragte Fridega schnippisch und warf Gerobald Leuhold von Ruchin einen tiefen Blick zu. ›Heute bist du fällig‹, dachte sie.

»Pah«, fauchte Horulf, »ganz sicher ernennt sie nicht eine Delegation von Burggräflein fern der Heimat! Und was noch dreister ist: Das Cletz-Säuchen erfrecht sich überdies allüberall noch weitere Almosenmeister zu ernennen! Warum hat Graf Ingramm nicht einfach drauf gepfiffen, als der Schlund einen Almosenmeister von Cletzaus Gnaden bekam? Ich pfeif auch drauf!« Horulf schüttete den Punsch erbost in das Kaminfeuer, das sofort zu zischen und zu qualmen anfing.

»Oh! der Kamin hat vorher schon nicht gut gezogen«, bemerkte Gerobald. »Ich werde Base Selinde um mehr trockenes Holz bitten!« Damit verschwand er aus dem Raum. Flüchtete fast. Vor Fridega?

»Und was haltet Ihr von Dregos Schachzug?«, wollte diese vom Cantzler wissen.

»Wundert mich. Nicht dass er spendet. Drego hat schon immer große Löcher in den Taschen gehabt und durchlässige Finger. Aber dass er den Spendenruf aktiv an seien Barone weiterrecht und dann noch seine schreckliche Frau mit dem Einsammeln beauftragt. Das war gut. Auch einfach selbst diesen Titel zu vergeben, statt den Cletzau - ich muss mir diesen Namen aus dem Mund reißen! - das Feld zu überlassen. Noch besser. Da Ederlinde das nicht eingefädelt hat, wie mir Rumhilde geschrieben hat, muss es wohl die neue Perle auf dem Reichsforster Grafenring sein, dieser Zwillingstein. Gar nicht schlecht.«

Horulf hatte sich beim Räsonieren über seine Reichsforster Heimat wieder gefangen und saß nun in einem der unbequemen hochlehnigen Stühle vor dem Kamin.

»Und nun, Ewex? Findet Ihr nicht, das man Euch politisch ausmanövriert hat? Wollt Ihr den Almoseneintreibern auf die Finger klopfen?«

»Iwo. Die sollen mal ruhig sammeln. Damit fühlen sie sich wohl und sind ruhig und vergessen Haffax schneller. Politisch wird das Gesammelte doch erst viel später. Das benutzen wir als schwer wiegendes, ja goldenes Argument bei der Krone und beim nächsten Reichskongress. Spenden ohne Gegenleistung? Da lachen ja die Hühner. Selbstredend schmieren wir den Tobriern und Beilunkern und wie die ganzen Brüder aus dem Osten heißen das beim nächsten Mal aufs Brot. Dick wie Butter.«

»Und wenn die Spender das nicht wollen? Das Ihr die Gelder politisch instrumentalisiert?«

»Dann sollen sie nicht spenden. So einfach ist das.«



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Texte der Hauptreihe:
K41. Geißel
K50. Im Loch
K64. 2 Selos
30. Bor 1040 BF zur abendlichen Perainestunde
Politisch wird es später
Audienz beim neuen Vogt von Tannwirk


Kapitel 30

Mitten im Mittwald I
Autor: BB