Geschichten:Sonnendämmerung - Begegnungen in Marschenhof

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Gut Marschenhof, Sitz des landvögtlichen Hofes zu Perrinmarsch, Ende Peraine 1041 BF:

Die Gästeschah sammelte sich in der prunkvollen Eingangshalle des Marschenhofes. Statuen und so manches Kleinod aus verschiedenen historischen Epochen Perricums säumten die Halle. Ein großes Wandmosaik zeigte eine silberne Krone auf schwarzem Grund und verdeutlichte den Anwesenden wer hier das Sagen hatte – das Haus Paligan.

Landvögtin Maia von Perricum lud nun schon zum zweiten Male den Adel der Perrinmarschen und der näheren Umgebung zum 'fröhlichen Feste zur Huldigung des neugeborenen Frühlings'. Auch Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor war aus dem benachbarten Reichsgard angereist und mit ihr ihre kopfstarke Entourage. So begleiteten die Landjunkerin ihre beiden Hofdamen Yaela von Rabenstock und Mira von Waraqis, sowie ihre Zofe Yandora von Zolipantessa. Auch der alternde Gelehrte Menning Barûn-Bari, sein Schüler Toran Barûn-Bari und der Gesellschafter Cassim von Agur waren mit von der Partie. Möchte der Hof der Landvögtin auch kein Ort für nüchterne Karrieristen sein - denn Maia umgab sich viel lieber mit Künstlern, Musikanten und Poeten – so schien es Sulamith angebracht zu sein das Umfeld der Schwester des Markgrafen im Auge zu behalten. Denn man konnte es drehen und wenden wie man mochte, Maia war allein schon ob ihrer Geburt und ihrer Stellung eine der einflussreichsten Adligen der Perrinlande. Dafür verließ sogar Sulamith die Bequemlichkeiten ihres Palastes – zumal er nur wenige Meilen vom Marschenhof entfernt lag.

Wie erwartet waren alle üblichen Verdächtigen angereist. Junker Welferich von Rabicum, Junkerin Drigelfa von Quittenstein, beide in gegenseitiger Abneigung zueinander vereint, würdigten sich keines Blickes. Leodane von Firunslicht-Bleichkraut war in Vertretung ihres am Arvepass weilenden Gemahls aus Matlakur angereist. Junkerin Samaria von Efferdsand hielt wie gewohnt mit festen Blick die ganze Szenerie im Auge, stets bereit jeden aufkommenden Zwist schon im Keim zu ersticken. Die Edlen Astaran von Pfiffenstock und Riman von Greifenwacht hielten sich derweil im Hintergrund. Auch waren Vertreter der Familie Zackenberg und des darpatischen Hauses Sturmfels zugegen – ein bemerkenswertes Detail am Rande, wie Sulamith empfand. Des weiteren waren erstaunlich viele Niederadlige anwesend, deren Familien von den Paligans profitiert hatten.

Das Stimmengewirr ebbte schlagartig ab als die Hausherrin in fließenden Bewegungen die imposante freitragende Treppe hinab schritt. Die alterslos hübsche Landvögtin wurde dabei von zwei ihrer Hausritter – dem Rosenritter Holdwin von Drosselpfort, der auch gleichzeitig ihr Liebhaber war, und dem Lilienritter Leto von Sandern – sowie ihrem Sohn Etillian begleitet. Auf halber Höhe hielt Maia von Perricum inne und begrüßte die Anwesenden in ausschweifenden und blumigen Worten. Nach der Begrüßung zog es Sulamith und die ihren in den weitläufigen Park. Allerorten spielten Musikanten, zeigten Gaukler und andere Künstler ihr Können und versuchten die Gäste der Landvögtin bestmöglich zu unterhalten. Poeten trugen ihre Verse vor und hier und da trafen sich Gelehrten zum philosophischen Austausch.

So suchte ein jeder nach seiner Art der Unterhaltung. Meister Mennig und der junge Toran mischten sich sogleich unter das gebildetere Adelsvolk und suchten so nach Hesinde gefälliger Zerstreuung, während sich Cassim in einem anregenden Plausch mit der hiesigen Kämmerin Ranara von Efferdsand wiederfand. Sulamith beobachte derweil die Szenerie bis ihr Blick an einer Person hängenblieb die sie hier nicht erwartet hatte. Auch Mira schien ebenso überrascht wie irritiert.

„Herrin ist das dort drüben nicht … .“

„Ja, Irian von Brendiltal“, beendete Sulamith den Satz ihre Hofdame. Oder 'Irian der Schlächter' dachte sich die Landjunkerin im Stillen, denn ihre Spitzel in Sebarin hatten ihr von den neuerlichen Ereignissen um den Tod der beiden Brendiltaler berichtet.

„Ich dachte der wäre im Exil in Sebarin da er sich doch mit dem Bastard-Baron überworfen hatte.“

„Der Bastard sitzt verblendet in Praiseneck, keiner hat mehr Angst vor ihm. Daher traut sich jetzt auch diese Ratte von Irian aus ihrem Loch.“ Verachtung lag in der Stimme der Aimar-Gor. Mira konnte jedoch nicht deuten ob die Martok oder Irian galt – oder gar beiden.

„Wer ist dieser junge Mann neben ihm?“

„Der junge Marix.“

„Die gefallenen Al'Anfaner?“

„Die mögen zwar ihren Ratssitz verloren haben, aber unterschätze sie nicht mein Kind.“

„Oh der Brendiltaler schaut zu uns herüber und er … nickt grüßend mit dem Kopf. Was will der?“

„Irgendwelche Spielereien der Sebariner, das soll uns nicht weiter kümmern.“ Sulamith wandte sich ab und der Hoflieferantin aus dem Handelshaus Feqzaïl zu „Ah Ayla meine Gute, schön dich zu sehen, wie laufen die Geschäfte?“

„Meine beste Sulamith, für unsereins ist es hier wie in Phex alveranischer Schatzkammer. Die Höflinge gieren nach Luxus.“ Die Stimme der Händlerin mit der prägnanten Hakennase und der asketischen Gestalt überschlug sich förmlich.

„Was wohl auch die Anwesenheit des Silbaran aus der Reichsstadt erklärt“, Sulamith schmunzelte vielsagend. „Welch gegenseitig befruchtende Verbindung ihr doch eingegangen seid.“

„Woher die hohen Herren ihr Gold haben, soll mir einerlei sei – ob nun selber verdient oder von meinem Gemahl geliehen. Die Hauptsache ist, sie geben es bei mir aus und sorgen so für volle Auftragsbücher.“

Die Damen lachten und Sulamith befahl ihrer Zofe Wein zu holen. Anders als die Aimar-Gor hatten die Feqzaïl ihr Heil nach der Abspaltung Araniens im Bürgertum gesucht und waren zu wohlhabenden Händlern aufgestiegen. Damals wie heute galten sie als enge Verbündete ihres Hauses. Diese Treue zählte für Sulamith viel.

Nachdem die beiden Damen mit besten Raschtulswaller Roten zusammen angestoßen hatten, trat Aleandra von Palmyr-Donas an Sulamith heran. Die junge Zofe der Landvögtin übergab ihr ein zusammengefaltetes Pergament.

„Verzeiht, dies soll ich Euch aushändigen.“

Sulamith nahm das Pergament entgegen und entfaltete es, nur um es wenige Augenblicke wieder zusammenzufalten. Es war von Irian von Brendiltal.