Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Die Familie Reiffenberg

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Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Die Gäste folgten Urion und sie schritten über den Innenhof, der jetzt bereits im Dunklen lag. Vom Gutshaus schien ein heimeliges Licht aus den mit Pergament bespannten Fenstern herüber.

„Mechthild, lauf schnell und hol das Kästchen.“ Der Kressenburger deutete auf den Wagen mit dem sie gekommen waren. Die Knappin rannte sofort hinüber, schlug eine Decke unter dem Kutschbock beiseite und noch bevor Urion und Ardo ganz am Gutshaus angekommen waren, lief sie wieder still hinter ihnen. Das Kästchen war recht groß, schien aber nicht zu schwer zu sein.

Als sie am Fuße der kleiner Treppe angekommen waren, öffnete sich die Flügeltür und ein sicherlich zwei Schritt großer Hüne warf einen langen Schatten auf das Trio. Ardo konnte das Gesicht im Schatten nicht erkennen. Sein geschulter Blick erfasste allerdings sofort, dass dem unbekannten Mann die Schildhand fehlte.

Schnell traten sie an dem Mann vorbei in die Empfangshalle, wo noch mehrere Personen standen und die Gäste erwarteten. Sofort erkannte Ardo Gerbald wieder, der gemeinsam mit ihm zum Baron erhoben worden war. Der alte Baron war in Leder gekleidet. Neben Gerbald stand eine Frau in Urions Alter die in ihrer Robe eindeutig als Weißmagierin zu erkennen war. Dies musste Urions Schwester Meran sein, von der ihm der Rittmeister bereits früher berichtet hatte. Als die Türe geschlossen war, trat Urion vor und setzte zum sprechen an.

„Werter Ardo, nochmals herzlich Willkommen auf dem Marstall, ich möchte Dir und deiner Knappin kurz einen Teil meine Familie vorstellen.“

Er dreht sich zu den Anwesenden um und begann von links beim Baron. „Meinen Vater Baron Gerbald von Hexenhain kennst du ja bereits.“ Urions Vater nickte dem Kressenburger kurz zu und lächelte. „Er wird uns aber übermorgen schon wieder verlassen, weil ihn, wie auch dich, die barönliche Pflicht ruft.

„Euer Hochgeboren, es ist mir eine Freude Euch wiederzusehen. Ich bedaure sehr, dass es die Umstände bisher nicht erlaubt haben, dass wir nach unserer gemeinsamen Erhebung eine Gelegenheit gefunden hätten, im Gespräch weitere Gemeinsamkeiten zu finden. Ich hoffe, dies wird sich nun bald ergeben.“

„Ich freue mich bereits auf die Neuigkeiten, die Ihr im Gepäck habt.“ antwortete Gerbald kurz.

Dann folgte die Magierin. „Meine Schwester, die Magistra extraordinaria und Hauptfrau Meran von Reiffenberg. Sie, ihr Mann Baradur Eisinger“, er wies auf einen Hesinde-Geweihten der neben Meran stand und sich in seiner Geweihtenrobe auf einen Stab stützte,“ und Ihre Kinder Madalieb und Praiolin wohnen auf meinem Gut Markgräflich Rosskuppe.

„Hochgelehrte Dame, Hauptfrau von Reiffenberg. Euer Gnaden“ Ardo neigte respektvoll den Kopf. „Es ist mir eine Ehre. Ich habe schon ein wenig von Euch gehört. Nur Gutes versteht sich. Die Mutter meiner Knappin hier ist selbst Magierin in den Diensten des Reiches und derzeit in Gareth, um die Ausbildung ihres Jüngsten zu unterstützen. Siglinde von Kieselholm, vielleicht entsinnt Ihr Euch ihrer?“

Meran lächelte Ardo zu: „Habt Dank, Hochgeboren, Baron von Kressenburg, allerdings möchte ich als die Ältere vorschlagen, dass alle von Stand sich hier mit dem Vornamen ansprechen. Es kommt mir in Anbetracht der Situation allzu kompliziert vor, mit diesem ganzen „hochgelehrte Frau“ und „hochverehrter Herr“. Und ja, die Mutter eurer Knappin ist mir wohlbekannt, hatte ich doch schon einmal das Vergnügen, einem Vortrag lauschen zu dürfen, bei dem die Maga über das Wesen der Gardianum-Zaubers referierte. Ein äußerst nützlicher Zauber, welcher allzu oft von vielen Vertretern meiner Zunft als simpler Standardzauber betrachtet wird. Wenn ich mich richtig entsinne, ist Siglinde Absolventin der ehrenwerten Akademie der magischen Rüstung zu Gareth. Seid so gut und richtet ihr meine herzlichsten Grüße und aufrichtige Bewunderung aus, wenn Ihr sie wieder trefft. Wenn es sich ergibt, so möchte ich sie herzlich einladen, mich hier einmal zu besuchen.“

„Ich werde Siglinde Eure Worte zukommen lassen und bin mir gewiss, dass sie erfreut sein wird. Ich danke Euch auch für den Vorschlag das Miteinander zu vereinfachen, werte Meran. Zwar ist mir die Etikette im Allgemeinen vertraut, doch bin ich nach dem Hoftag zu Perricum der gestelzten Worte ein wenig überdrüssig.“ Seine Knappin hinter ihm wurde unterdessen leicht rot und senkte den Blick, um der freundlichen Magierin ihre Scheu und Verlegenheit nicht zu offenbaren.

Darauf hin wies Urion auf den Hünen, der mit einer Lederhose und einem einfachen Leinenhemd gekleidet war. „Das ist der jüngste Sproß des mittleren Hauses Reiffenberg, mein „kleiner“ Bruder Rondrian von Reiffenberg, Rondrageweihter und der größte Prüfstein meiner unendlichen Geduld.“ Rondrian grinste vergnügt und seine Augen funkelten herausfordernd. Urion fuhr fort. „Er war bei der Erstürmung Warunks dabei und heilt gerade seine zahlreichen Wunden aus, wobei ich glaube, dass diese gar nicht so schlimm sein können, denn er schuftet täglich hart und kümmert sich um die Ausbildung von Merans Jüngstem.“

„Euer Gnaden. Ich möchte meinen tief empfundenen Dank und Respekt zum Ausdruck bringen, für die Opfer und die Taten, welche die Rondra-Kirche geleistet hat, um Warunk zurück ins Reich und damit in den Schoß der zwölfgöttlichen Kirchen zu holen. Mögen die Götter geben, dass dieser Sieg der Anfang vom baldigen Ende der Schwarzen Lande sein wird.“

Der Hüne grinste über das ganze Gesicht. Einen solch fröhlichen Geweihten der Kriegsgöttin hatte Ardo noch nie erblickt. Er vermutete allerdings hinter diesem freundlichen Gesicht einen Menschen, der durch das Schicksal geprüft war und diese Fröhlichkeit ansatzlos ablegen konnte. “Rondra mit euch werter Ardo, mir ist zu Ohren gekommen, dass auch ihr ein Streiter gegen Feinde der unsterblichen Zwölfe seid, insbesondere gegen den „Einen“.“ Sein Gesichtszüge wurden augenblicklich ernst.

Ardo nickte ihm mit der selben Ernsthaftigkeit zu. „Ich tue was in meiner Macht steht wenn es gilt Frevler und Schwarzpelze zur Strecke zu bringen. Zwar kann ich dabei nicht auf göttliche Führung vertrauen, doch hoffe ich stets, dass mein Handeln dem Herren Praios und der Frau Rondra zum Wohlgefallen ist.“

Dann trat Urion auf eine Frau zu, die sicherlich ein paar Jahre jünger war als er selbst, und in der Tür zur Halle stand. Sie trug ein schlichtes braunes Leinenkleid. Haarstränen ihrer langen braunen Haare fielen ihr ins Gesicht. „Und dies ist die Herrin von Rosskuppe, meine geliebte Frau Renzi, Baroness vom Silbernen Thann zu Hesindelburg. Sie ist die Seele des Gutshofes und Mutter unserer drei kleinen Schrei-Kobolde, die der ganze Stolz ihres Großvaters sind und jetzt endlich in Ihren Betten schlummern. Ich stelle sie euch morgen vor, wenn sie es bis dahin nicht selber getan haben.“

„Euer Hochgeboren, ich entbiete Euch Travias Dank für die Aufnahme unter Eurem Dach und wünsche Euch allzeit Travias Segen.“ Ardo sprach die rituellen Begrüßungsworte für die Dame des Hauses, die er schon als kleiner Junge von seiner Mutter gelernt hatte. Auch einer anderen Tradition für den ersten Besuch bei Nachbarn und Freunden hatte er gedacht. Der Baron nahm Mechthild das Kästchen ab und trat einen Schritt vor. „Bitte erlaubt mir, Euch dies hier als Gastgeschenk zu überreichen. Möge es an Eurer gastlichen Tafel zu gegebenem Anlass nützlich sein.“

Renzi schritt dem Baron entgegen, verneigte sich leicht und nahm das Kästchen. Sie öffnete den Deckel und auf Ihr Gesicht trat ein Schimmer der Freude und Dankbarkeit. „Vielen Dank lieber Ardo, es wird immer einem Ehrenplatz an unserer Tafel bekommen, und so oft wir es benutzen werden wir uns Eurer erinnern als guten Freund und traviagefälligen Recken. Schau nur Urion, ein Service mit unserem Familienwappen.“

Urion blickte in das Kästchen, in der Kiste befand sich das Service aus Tellern, Besteck und Bechern sowie einem Bierkrug aus bestem Kressenburger Zinn, zwergische Handarbeit. Auf der Oberseite der Teller, an der Außenseite der Bechern und des Kruges sowie je am Griffende des Bestecks war das Wappen der Reiffenbergs, das steigende Pferd, eingestanzt. An den weniger sichtbaren Stellen, am Boden von Teller, Becher, Krug und der Unterseite vom Besteckgriff war mit zwei gekreuzten Hämmern über drei Winkeln, das Kressenburger Wappen stilisiert, und strahlte: „Und ein mächtiger Bierhumpen, der kommt mir gerade gelegen. Hab Dank Ardo, es macht mich ganz verlegen und fordert mich heraus, auch dir mal einen Besuch abzustatten.“

„Du und deine Familie seid mir in Kressenburg jederzeit herzlich willkommen.“ Mit einem Lächeln und leicht ausgebreitten Armen, deutet er an, dass er alle anwesenden, und auch die nicht anwesenden, Reiffenbergs darin einschloss.

„Aber nun lasst uns in die Große Halle, die Kamine sind angefacht und das Essen dürfte fertig sein. Außerdem gehe ich davon aus, dass du einen g'scheiten Durst hast. Du musst unbedingt vom Zwergischen probieren. Erinnerst du dich an den Koscher Heermeister aus unser gemeinsamen Queste? Er lies es sich nicht nehmen, mich zu besuchen und hat auch gleich ein paar Fässchen „Dunklen Ferdoker Bock“ mitgebracht.“

Ardo nickte mit einem erwartungsvollem Schmunzeln. „Da sage ich nicht nein. Und es freut mich zu hören, dass die Koscher unseren Beitrag zur Erbfolge ihres Fürstentums nicht ganz vergessen haben.“