Geschichten:Simold von Pfiffenstock - Nebel und Licht

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Katakomben unter der Feste Raschtulswacht, 19.Praios 1036 BF

Kraftlos und ausgehungert stützte sich Simold an einem weit aus der Wand ragenden Fels ab. Seine Beine zitterten bei jedem Schritt, die Vorräte waren zu Neige gegangen und die letzte Fackel hatte er gerade entzündet, sie bot hier unten nur wenig Licht, denn die Luft war sehr dünn. Und ständig kreisten seine Gedanken um die zurückgelassenen Gefallenen.

Trotzdem hatten ihn seine Beine immer tiefer in die Gänge getragen, ohne weiteres Ergebnis. Bis diese Bilder in seinem Kopf aufgetaucht waren. Anfangs hatte er sie für die Auswirkungen von Hunger, Dunkelheit und der dünnen Luft gehalten, dann aber erkannt das ihm die Bilder etwas sagen wollten, ihn weisen wollten. Zu seinem Ziel und in den Wahn, das wusste Simold nicht genau. Die Bilder zeigten ihm alte Gefährten, seine Schwester Ariana, den Al’Haresh, Eslam, seine vorkurzem Gefallenen Männer und viele mehr. Sie alle standen aufgereiht, die Haut zinnern und ohne Bewegung, doch ihre Blicke wiesen ihm die Richtung. Hin zu einem Schatten, ein riesenhafter Schatten, zwei riesenhafte Schatten. Und mit jedem Schritt kam er ihnen näher.

Schwefeliger Geruch riss Simold aus dem Bildermeer hinaus. Er war am Eingang einer größeren Höhle zum Stehen gekommen, der halb in sich zusammen gefallen war. Dort konnte er ein blaugrünliches Glimmen hinter den Trümmern ausmachen. Wie in Trance räumte er die Gesteinsbrocken beiseite, ungeachtet dessen, dass ihm die scharfen Kanten der teilweise spiegelglatten Steine das Fleisch an Händen und Armen aufrissen.


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Die Hände blutig die Kleidung zerschlissen, die beinahe erloschene Fackel in der linken Hand, den Säbel in der rechten, betrat Simold endlich die Höhle und das blaugrünliche Licht von zwölf Gwen Petryl-Steinen umfing ihn. Er warf den Fackelstumpen von sich und hielt geradewegs auf den Sockel in der Mitte des Raumes zu. Das Licht und die unzähligen, in den Fels geschlagenen Wandbilder tanzten um ihn herum und ihm wurde schwindelig, als sich vor ihm aus dem seltsamen Nebel der den Sockel umspielte die Silhouette zweier Pokale herausschälten. Konnte es wahr sein? Waren dies die Kelche? Simold versuchte seine Benommenheit abzuschütteln um sich zu vergewissern, dass er nicht schon längst dem Irrsinn anheimgefallen war. Doch sie lies sich nicht abschütteln.

Ein Raunen kam auf und der Nebel um ihn herum kam in Bewegung, als Simold seine Hand nach den Silhouetten ausstreckte. Und es war ihm als würde der Sockel ein Stück von ihm abrücken. Während die Nebelschwaden sich auftürmten und sich Schemen einiger Gestalten aus ihnen ausformten und immer wieder kamen und gingen, als könnten sie sich nicht lange an diesem Ort, dieser Welt, halten. Simold hatte das Gefühl, dass sie versuchten ihn zu fixieren. Das Spiel von Kommen und Vergehen wiederholte sich schier endlose Zeiten, doch für Simold waren es nur wenige Augenblicke, bis sich letztlich eine nebelwabernde Gestalt zu halten schien. Ein Wesen von einschüchternder Erhabenheit mit einer Aura die einem die Nackenhaare aufstellte und einem das Fürchten lehrte. Ein Geist, mit einem Leib aus Geistern. Ein Geisterfürst, der viele und doch keine Formen kannte. Der Geist schwebte vom Sockel her zu Simold heran, in lautloser Stille, selbst die Gwen-Petrylsteine dämmten ehrfürchtig ihr Licht.

„WER WAGT ES NACH DEM HEILIGSTEN ZU TRACHTEN UND SEINE LETZTE RUHESTÄTTE ZU BETRETEN?“, dröhnte die Stimme des Wesens und Simold verspürte das Bedürfnis sich die Ohren zu schützen, wusste aber dass dies keinen Erfolg haben würde.

Simold zwang sich zur Ruhe, strafte sich und hob den Kopf stolz empor. Da war er wieder, der stolze Baron, Stammesführer, Al’Hatim.

„Ich wage es. Simold han Fir’Enock a Hassal’han Ammayin, Erbe der Babur Nebachosja, Marben han Hassal’han, Führer vom Stamme der Ammayin und Al’Hatim der vier Stämme der Nebachoten. Und ich bin gekommen um die Bundkelche an mich zu nehmen.“, Simold antwortete auf Nebachotisch und das Geisterfürst verstand ihn: „EIN LEBENDER WILL DAS VERMÄCHTNIS DER TOTEN ERLANGEN, DAS DIESE GESHWOREN HABEN ZU BESCHÜTZEN, ALLER WARNUNGEN DIE WIR IHM SCHICKTEN ZUM TROTZ. WENN ER NICHT VERSTEHEN WILL MUSS ER SICH EINREIHEN.“, donnerte es und aus dem Nebelgeist waberten graue Schleier hervor und füllten den Raum mit einer Truppe aus bewehrten Geisterkriegern.

„NUN WIRST DU EINKEHREN IN UNSERE REIHEN. UND STATT ZU GEHEN MIT DEM WAS DU BEGEHRST WIRST DU BLEIBEN ES ZU SCHÜTZEN, AUF EWIGKEIT.“ Und wie auf einen unausgesprochenen Befehl hin zogen sich die Reihen der Nebelkrieger um Simold herum zu und Stimmen drangen ein in seinen Kopf, erzählten ihm Geschichten von der Süße des Todes und ihm wurde ganz beklommen und Schwermut machte sich breit in seinem Herzen. Bereit den Säbel zu erheben, gegen sich selbst oder zum Kampf.

Doch Simolds Entscheidung war letztlich eine ganz andere und seine Klinge gab ein leises doch hörbares Sirren ab als er sie auf dem Boden vor den Geisterkriegern ausbreitete. Als er sich mit einer öffnenden Geste wieder erhob und seinen Kopf aufrichtete, gab der Schatten ein gewinnendes Lächeln preis. Denn Simold wusste dies war sein Moment, als er zu einer seiner größten Ansprachen ansetzte…