Geschichten:Schlachtfolgen - Frieden

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Burg Zwingstein, 27. Praios 1040 BF

Sie wachte erneut auf, als sich eine Hand sanft auf ihren gesunden Arm legte. Blinzelnd schaute sie ins Licht, bis sich ihr Blick geklärt hatte, und schaute in das freundliche Gesicht ihres Schwagers Wulfhart. Der lächelte auf seine ernste Art und sein Blick drückte Besorgnis aus. "Du wirst schon wieder, richtig? Kannst mich doch nicht allein zu deiner Schwester nach Hause schicken. Sonst reißt sie mir den Kopf ab!" Rondraja rang sich ein gequältes Lächeln ab und schloss die Augen für einen Moment. Als sie ihn wieder anblickte, standen ihr Tränen in den Augen. "Ich hörte, wir haben gewonnen." Sie musste schwer schlucken und kämpfte darum, dass ihre Stimme nicht versagte. "Was ist mit deiner Tochter? Hat sie es geschafft?"

Wulfhart legte den Kopf schief und schaute sie forschend an, während sein Blick ernst wurde. "Ja, Lisande geht es gut. Aber den kleinen Edelbrecht haben einige Giftratten am Larzarett erwischt. Die müssen irgendwie durch unsere Linien geschlichen sein und wollten sich über die Verletzten hermachen. Er konnte sie mit seinem Dolch aufhalten, aber sie haben ihn mehrfach gebissen." Ein Schatten huschte über seine Züge und einen Moment schwieg er. Es war einfach nicht richtig, so seinen Pagen zu verlieren. Als er sie wieder anblickte, runzelte er ernst die Stirn. "Sind die Schmerzen sehr schlimm? Soll ich den Heiler rufen? Er kann dir bestimmt etwas geben." Sie schüttelte nur langsam und vorsichtig den Kopf und hob ihren gesunden Arm, um nach dem Verband auf der frischen Narbe zu tasten, ohne die Verletzung zu bewegen. Ein leichtes Zucken durchlief sie bei der eigenen Berührung, und der Schmerz spiegelte sich in ihrem Gesicht. Er hatte mir seiner jungen Schwägerin schon Kämpfe gefochten und sonst hatte sie kaum mit der Wimper gezuckt, wenn es um ihre Verletzungen gegangen war. Fleischwunden steckte sie einfach weg, als seien sie ein Kratzer. Irgendetwas schien also mit ihr nicht zu stimmen. "Was ist los, Rondraja?" Mühsam drehte sie sich ein wenig zu ihm um und schaute ihn an. "Ich habe meinen Knappen verloren, weil er mir das Leben gerettet hat." Nun konnte sie sich nicht weiter beherrschen und die Tränen flossen ihr ungehindert über die Wangen. Doch Wulfhart nickte nur, grinste aber breit. Er wollte ihr schon belustigt mit der Hand auf die Schulter klopfen, konnte sich aber gerade noch zurückhalten. Nach dem ersten Schock über diese Reaktion starrte die junge Ritterin den älteren Mann entsetzt an und wollte sich schon aufrichten, was ihr sichtlich Schmerzen bereitete. "Was ist daran lustig? Ich weiß, dass so etwas im Krieg passieren kann, aber..." Ihre Stimme stockte und ihre Wut wankte, als er sie sanft auf ihr Lager zurück drückte und jemandem hinter ihr winkte. Dann erst schaute er sie, noch immer mit zuckenden Mundwinkeln und sichtlich amüsiert an. Rondraja ließ ihren Blick auf Wulfharts Gesicht und forderte eine Antwort ein. "Ja, du hast deinen Knappen verloren. Denn Carten kann nicht mehr als Knappe an deiner Seite reiten. Er hat sich in der Schlacht tapfer geschlagen, Ruhm und Ehre errungen und sein Leben für dich riskiert. Wenn du wieder aufstehen kannst, werden wir ihn zum Ritter schlagen müssen."

Langsam wich das Entsetzen dem Erstaunen und ihre Gesichtszüge entgleißten. Sie brauchte eine Weile, bis sie ein leises "Er... lebt?!" stammeln konnte. Nun lachte Wulfhart laut, half ihr dann ganz vorsichtig sich aufzusetzen und lenkte ihren Blick an das Fußende ihres Bettes. Dort stand Carten, lächelte seine Knappherrin fast etwas schüchtern an. "Ja, Herrin, ich lebe. Und was bin ich froh, dass du auch lebst." Wieder liefen Rondraja Tränen, aber diesmal Tränen der Freude. Im Stillen dankte sie den Göttern, dass sie ihn verschont hatten, konnte sich an seinem Gesicht fast nicht satt sehen und die Männer ließen sie eine Weile gewähren. Nach einiger Zeit fiel ihr aber der blutige Verband auf, der sich wulstig um das wickelte, was einmal sein linkes Knie gewesen war. "Dein Bein!" Er lächelte nur und schaute sie ernst an. "Mein Bein zu opfern war es wert, um dein Leben zu retten, Rondraja." Peinlich berührt fiel ihr auf, dass er die vertraute Umgangsform gewählt hatte, obwohl noch immer ihr Schwager neben ihr saß, doch der stützte sie nur und schaute drein, als würde dieses Gespräch ihn gar nichts angehen. Verwirrt blickte sie einen Moment auf ihre Hände, bevor sie sich an Wulfhart wandte. "Sag mal, was ist hier eigentlich gerade los?" "Du magst meine Schwägerin sein, aber manchmal sehe ich, dass du doch nur wenig älter als meine Tochter bist. Ich bin zum zweiten Mal verheiratet, Travia sei Dank, und kenne die Zeichen der Liebe. Glaubst du denn, wir anderen haben alle keine Augen im Kopf? Du bist doch schon lange in den Burschen vernarrt und er auch in dich. Die einzigen, die das nicht bemerkt haben, scheint ihr beiden gewesen zu sein. Er hätte den Ritterschlag wohl schon vor vielen Monden erhalten können. Aber die Greifin wollte, dass ihr beiden es genauso merkt, wie die Menschen um euch herum." Der Schalk blitzte aus seinen Augen, was ihn jünger wirken ließ, als er eigentlich war.

Erstaunt blickte die junge Ritterin ihn an. Das konnte doch alles nicht wahr sein. "Aber die Greifin hat doch gesagt, er sei versprochen!", platzte es aus ihr heraus. Wieder musste Wulfhart lachen, was auch nicht besser wurde, als er den jungen Carten anschaute, der genauso verwirrt schien, wie sie selbst. "Ja, sie hatte schon, als sie Carten zu dir gab, die Hoffnung, dass ihr euch gut vertragen könntet. Du warst seitdem oft genug bei ihr, dass sie die Vertrautheit und Zuneigung zwischen euch bemerken konnte. Welcher Knappherr lässt sich schon von seinem Knappen Dutzen?" Er grinste breit. "Also hat sie mit euren Eltern ausgehandelt, dass ihr in dieser Sache freie Hand bekommt, sobald er Ritter ist. Aber sie wollte auch sicher gehen, dass ihr nicht auseinander geht, bevor ihr euch selbst gegenüber ehrlich seid." Immer größer wurden Rondrajas Augen und immer wieder schaute sie zwischen Wurfhart und Carten hin und her. "Und woher weißt du das alles, Schwager?" Wieder musste er lachen. "Du bist oft genug auf der Kressenburg zu Besuch und schaust nach deiner Schwester. Rate mal, wer von deiner Mutter bereits informiert wurde, und wer mir dann den Auftrag gab, ein Auge auf euch beide zu haben?"


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Texte der Hauptreihe:
27. Pra 1040 BF zur morgendlichen Perainestunde
Frieden
Schmerzen


Kapitel 3

Ritterschlag
Autor: Gramhild