Geschichten:Raschtulswaller Ränke - Auf der Lauer

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Trutzburg Wildenfels, Landjunkertum Wildengrund

Fürsorglich deckte er den tief schlafenden Jungen mit einer fein bestickten Decke zu. Der Kleine war geschafft vom Tag. Thamian de Vargas gab seinem Mündel Romin einen Kuss auf die Stirn, dann drehte er sich zu Malwin rüber und beide verließen leise das Schlafgemach des Jungen.

Die beiden Männer schritten schweigend durch die dunklen Gänge der alten Burg. Dieses Gemäuer war nun ihre neue Heimstatt, nachdem Zordian von Tikaris als Baron vorn Wasserburg abgesetzt und unter Hausarrest gestellt wurde. Dem ehemalige Baron wurde zugestanden das geräumige und äußerst hübsch anzusehende Jagdschloss Drakenstein – das Lieblingsschloss des Tikaris – zu beziehen. Hier konnte er weiter mit seinen Spielsteinen, Miniaturschlössern und -kutschen spielen. Eigentlich hatte sich für Zordian also nichts verändert. Perainian würde gut für ihn sorgen, denn Thamian würde das nun nicht mehr tun können. Er hatte nun eine andere Aufgabe, ein anderes Schicksal zu erfüllen.

Zordians unmündiger Sohn wurde im Zuge des Falls seines Vaters zum Landjunker von Wildengrund ernannt. Welch aberwitzige und xeledonische Posse, wie Thamian befand, und ein klares Zeichen dafür, dass im Hintergrund mehr Mächtegruppen in die Fehde involviert waren, als es den Anschein hatte. Sie hatten hoch gespielt und verloren – doch waren sie vergleichsweise weich gefallen. Der kleine Romin war nun als Herr über weite Teile der ehemaligen Baronie seines Vaters ein kapitaler Dorn im Fleisch der Sturmfels. Jemand hatte offenkundig eine hämische Freude daran der Sturmfels das gemachte Nest gründlich zu vermiesen.

Der Magier traute der Baronin, die vorgab ritterlich zu handeln und dabei offenkundig ihren eigenen Ansprüchen nicht genügte, nicht über den Darpat. Er sah das Leben des Jungen immer noch in Gefahr. Daher wurde nicht die kleine, am Fluss gelegene Burg Auenwehr als Sitz des neuen Landjunkers gewählt, sondern die hoch auf einen Berggipfel thronende Höhenburg Wildenfels. Ihre dunklen und abweisend wirkenden Mauern gaben dem Markt Wildengrund Schutz vor den Gefahren des Walls – und vor der neuen Baronin von Wasserburg. War die Burg auch nach außen hin schroff und abweisend, beherbergte ihr Inneres ungeahnte Annehmlichkeiten, Zordians Werk. Die Wände waren mit den besten Hölzern vertäfelt, oder mit hochwertigen Wandteppichen geschmückt. Unzählige Feuerstellen hielten das Gemäuer auch im Winter angenehm warm. Auch gab es ein Heißes Bad, das durch eine wundersame, mechanische Apparatur mit erwärmten Wasser versorgt wurde. Zudem hatte man hier einen außergewöhnlichen Blick über die Ausläufer des Walls und den Darpatauen. Hirschplatte und Darpatsicht bildeten ein malerisches Bergpanorama, während sich die Wasserburger Hügel in Richtung Darpat hin öffneten und den Blick weit über den Darpatbogen freigaben.

Dem jungen Landjunker sollte es hier also an nichts fehlen – und vor allem hier war er sicher!

Er, Thamian de Vargas, wurde zum Erzieher des Jungen bestimmt, während Malwin von Kobernhain - ebenfalls ein treuer Gefolgsmann des gefallenen Barons - zum Vogt über die weiten Lande von Wildengrund ernannt wurde und diese nun bis zur Volljährigkeit Romins in seinem Namen verwaltete. Der gute Perainian Huflinger würde sich unterdessen um das Wohlbefinden des ehemaligen Barons kümmern. Die gute Seele kannte seine Marotten und konnte gut damit umgehen.

Thamian und Malwin waren unterdessen in Anranischen Salon angekommen und ließen sich auf ausladenden Diwanen nieder.

„Der Junge wirkt befreit“, durchschnitt der Vogt die Stille, während er sich Wein in ein Kristallglas eingoss. „Er wird hier seinen Frieden finden und erblühen.“

„Er ist hier im Wall sicher vor den Nachstellungen dieser Furie“, erwiderte Thamian mit analytisch ruhiger Stimme, „es wird unsere Aufgabe sein, ihn zu einem großen Herrscher zu machen.“

„Ich verstehe nicht, warum hat man ihn fast die gesamten Stammlande der Tikaris überlassen? Man hätte ihn und seinen Vater auch einfach auf den Efferdstränen verschwinden lassen können.“ Malwin konnte es immer noch nicht begreifen.

„Wie es scheint, hatten wir mächtige Fürsprecher – die uns entweder helfen oder dieser Sturmfelser Furie schaden wollten.“ Thamian wirkte nachdenklich. „Der junge Romin hat nun Zugriff zu nicht unbeträchtlichen Einnahmen. Diese Lande sind wohlhabend und der Handel bringt viel ein, wie etwa der wohlbekannte Eisenmarkt von Wildengrund.“

„Ja, ganz im Gegensatz zu der Sturmfelserin.“ Malwin grinste hämisch. „Durch die Intervention der Pfortenritter sind die Ausgaben für die Söldner aus Morganabad stark gestiegen. Weit stärker als wir aus den Kassen der Baronie bezahlen konnten. Mit der Baronswürde hat sie nun auch die Schuldscheine und die leeren Kassen geerbt.“

„Die Wendungen des Schicksals sind unergründlich.“ Der Anflug eines Lächelns huschte über das Gesicht des Magiers. „Egal wer uns unsere Aufgabe als Dorn im Fleisch der Sturmfelserin aufgetragen hat, wir werden sie gerne erfüllen.“