Geschichten:Pulether Fehde - Teil 23: Eskalation?

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Langsam richtete sich Hadrumir auf. Es entstand eine beunruhigend lange Pause. Hadrumir schaute jeden der Anwesenden an und versuchte abzuwägen. ’Man lässt mir keine andere Wahl. Wenn ich also schon eine Linie überschritten habe, die ich nicht berühren durfte, dann kann ich auch den nächsten Schritt machen. Zumindest musst du sie davon überzeugen, dass du dazu bereit bist.’ Hadrumir fixierte Alrik von Gareth. „Nun, die Herren stellen mich vor ein moralisches Problem. Ich habe geschworen, meine Familie zu schützen. Meine Kusine ist eine Kombattantin dieser Fehde, wie Ihr richtig bemerktet, aber auch eine Kombattantin in einer Fehde hat nicht die Behandlung verdient, welche der Grützer für meine Kusine vorgesehen hat. Ich habe ebenso einen Eid als Ritter abgelegt, der mich verpflichtet die Schwachen und Unschuldigen zu schützen, weshalb ich meine Handlungen bedauere. Aber der Grützer hat mit seinen Handlungen und seinen Forderungen, die ganze Angelegenheit zu einer Angelegenheit der Hartsteener gemacht. Ihr habt Eure Forderungen genannt. Dass ich diese nicht annehmen kann, wisst Ihr genauso wie ich. Ich habe einen Lehenseid geschworen, der mich an meinen Lehnsherrn bindet. Mein eigener Vetter fordert momentan von mir, dass ich ihm meine Gäste übergebe, damit er sie an seine Hochwohlgeboren Graf Geismar übergeben kann. Bisher habe ich ihm dies verweigert. Ich denke, damit ist nun Schluss.“ Er wandte sich an Alrik von Hartsteen: „Ich habe Luidor von Hartsteen die Chance gegeben, mit mir zu verhandeln. Wir werden sehen, ob er dies mit Graf Geismar genauso kann. Dies hier ist keine Verhandlung, sondern eine Farce.“ Hadrumir hatte sich in Rage gebracht. ’Wenn ich jetzt schon anfange, mich mit allen anzulegen, kommt das, was ich von Euch höre, gerade gelegen.’ Jetzt erhob er sich langsam.

„Bleibt sitzen, Wohlgeboren. Wir sind noch nicht fertig. Und ich denke, Ihr möchtet hören, was ich noch zu sagen habe“, hielt Baron Alrik von Gareth Hadrumir auf. Dieser zögerte. ’Meint er es ehrlich?’, dachte Hadrumir. ’Er hat keine Eisen im Feuer – soweit man weiß.’ Er zügelte seinen Zorn und setzte sich. ’Diese Impulsivität wird noch einmal mein Verderben sein’, dachte er, während er sich wieder setzte und den Rabensbrücker trotzig ansah: „Nun, Gareth, was noch?“

„Ihr solltet wissen, Wohlgeboren, dass die ›Goldene Lanze‹ nach Burg Orbetreu käme, aber sich freilich vorher versichern würde, dass Graf Geismar II. dies nicht als Einmischung in die Natterndorner Fehde missverstehen kann. Ritter Illehardt sitzt zwar hier, doch ist in seinem Gefolge ein Bote für Feidewald, sollte es zum Äußersten kommen.“ Illehardt von Rathsamshausen nickte und blickte dabei so grimmig wie ein überlegener Wolf vor dem Kehlenbiss. ’Soll sich dieser Kerl doch überlegen fühlen. Wer zuletzt lacht, lacht am Besten’, dachte Hadrumir bei sich.

„Ich bin meinem Grafen treu. Darum wird er mir Treue mit Treue vergelten“, bekräftigte Hadrumir. Doch sein Instinkt riet ihm, weiter zuzuhören, denn hier lag noch etwas verborgen, etwas Gefährliches. Auffordernd blickte er dem Rabensbrücker ins Auge.

Der griff nach dem Pokal und leerte ihn zur Neige: „Luidor von Hartsteen hat darüber hinaus erwirkt, dass das Reichsgericht sich Eurer Handlungen annimmt. Er wird formelle Klage gegen Euch erheben und unzweifelhaft die Reichsacht für Euch erwirken. Bedenket, dass er die Kanzleien von innen kennt.“ ’Pah’, dachte Hadrumir. ’Von innen, ganz recht. Er hat dort jahrelang Staub geschluckt, statt sich im Krieg zu beweisen.’

„Diese Reichsacht würde bedeuten, dass Geismar von Quintian-Quandt, hielte er an Euch fest und stünde er weiterhin hinter Euren Handlungen, gegenüber der Krone sehr viel Boden verlieren würde, sobald die ›Goldene Lanze‹ pro forma die Acht vollstreckt. Keinesfalls zweifle ich an der Treue Geismars von Quintian-Quandt, doch lege ich Euch ins Gewissen, dass Euer Lehnsherr eine klare und überlegte Güterabwägung wird durchführen müssen: Ihr und Orbetreu oder womöglich einen kaiserlichen Schiedsspruch gegen Euch. Was wiegt schwerer, meint Ihr?“ Alrik von Gareth wirkte mittlerweile wie jemand, der einem Praiostagsschüler ins Gewissen redete, während der Eslamsgrunder maliziös grinste. Hadrumir beschloss innerlich, dass er diesem Schwanzlutscher von Eslamsgrund dringend bei der nächsten Gelegenheit eine Abreibung verpassen musste.

Doch jetzt schwieg Hadrumir lieber. Was der Baron von Rabensbrück da sagte, stand zumindest nach außen hin auf festem Boden. Offenbar hatte Luidor, dieser Bastard, ihm eine Falle gestellt und große Bombarden aufgestellt. Konnte er auf den Rückhalt Graf Geismars vertrauen? Was, wenn sich dessen Pläne änderten, wenn er, Hadrumir, dem Grafen zu teuer werden würde? Er brauchte mehr Zeit. Mit unbeugsamem Stolz käme er nicht sehr weit – zumindest nicht, ehe er die Sache durchdacht hätte.

„Wann erwartet Ihr meine Antwort?“, richtete er die Frage knapp an den Unterhändler.

„Ihr habt Zeit bis morgen Mittag. Dann werde ich Eure Entscheidung vernehmen und wieder abreisen – ich hoffe, mit Ihrer Liebden Raulgard und ihrer Tochter Rudane.“ Alrik von Gareth erhob sich – höflich, denn so musste nicht Hadrumir als Gast zuerst aufspringen. Er nickte Hadrumir zu, während Seginhardt von Ehrenstein immer noch grinste und Alrik von Hartsteen besorgt aussah.

„Was geschieht mit Kelnian von Windischgrütz? Was mit Eleona?“, wollte Hadrumir noch wissen.

„Wohlgeboren. Dies ist keine Farce, sondern eine Verhandlung. Verhandelt, aber droht nicht. Drohungen haben wir heute schon genug gehört“, gab Rabensbrück zurück. ’Vor allem von euch Schwanzlutschern!’ dachte Hadrumir bei sich.