Geschichten:Kaiserturnier 1041 BF - Trautmunde Traviatreu und die Keilholtzer vor dem Bankett

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Als der Abend dämmerte war Trautmunde auf der Suche nach den Greifenfurtern, den Keilholtzern. Sie wollte ihnen noch viel Erfolg für die morgigen Lanzengänge wünschen, fühlte sie sich ihnen doch recht verbunden. Bei der Schlacht gegen Haffax hatte der alte Keilholz an Ihrer Seite gekämpft und mit Ardo war sie auch schon auf Reisen gewesen. Zudem waren die Traviagläubigen Recken gewiss eine Abwechslung zu der, ihrer Meinung nach, frivolen Stimmung auf der Turnei. Unbeholfen irrte Sie durch die Zeltstatt und hoffte, dass Phex ihr hold war. Ein junger Knappe, der sie unverhohlen mit offenem Mund anstarrte, konnte ihr dann weiterhelfen. Zumindest zeigte er in eine Richtung, auf Ihre Frage zu antworten war dem jungen Mann wohl zu kompliziert. Sie eilte sich und hoffte, die Greifenfurter noch vor dem Bankett der Kaiserin zu finden.

Die Greifenfurter hatten sich auf dem kleinen freien Platz vor ihren beiden Zelten zusammengesetzt und sprachen angeregt über das erste Reizen des Turniers. Unswin würde die Ehre des ersten Duells des Tages haben. In rondrianischer Strenge hatte er schon beschlossen nur kurz auf dem Bankett zu bleiben, auf dem er seiner schweren Narben und einfachen Kleidung wegen sowieso auffallen würde wie ein bunter Hund. Er wollte Rondra ehren indem er ihr eine gute und vor allem ausgeschlafene Vorstellung bot. Wulfhart war eine Stunde später an der Reihe und spürte trotz des prunkvollen Rahmens keine Aufregung. Er hatte zu viele Turniere und Schlachten bestritten um sich vom Glanz und Prunk des Kaiserturniers beeindrucken zu lassen. Ardo hatte sich inzwischen über seinen Gegner kundig gemacht und grübelte darüber nach, mit welcher Taktik er den älteren almadanischen Baron bezwingen wollte. Als ehemaliger Ragather Schlachtenreiter würde er zumindest kein ganz leichter Gegner sein. Die Knappen und Pagen saßen derweil ein wenig abseits und tauschen angeregt ihre Meinungen über die Paarungen des ersten Turniertages aus. Der kleine Greifwart saß derweil schon müde von den Eindrücken des Tages an der Seite seines Vaters. Mit einem Mal stand eine gut aussehende junge Frau vor der kleinen Gruppe, die Hände in die Seiten gestemmt und ein Nudelholz in einer Tasche an der Seite tragend, die sie streng ansah.

„Ihr seid wirklich nicht leicht zu finden.“

Alle schauten überrascht auf und brauchten einen Moment. Dann war es Wulfhart der als erster reagierte, sich erhob und mit offenen Armen auf die junge Travia-Geweihte zuging.

„Mutter Trautmunde! Was für eine schöne Überraschung. Bitte tretet näher und kommt an unser Feuer.“

Auch Ardo begrüßte die Travia-Geweihte freundschaftlich, während Unswin sich höflich im Hintergrund hielt, den kleinen Greifwart aber trotz seiner Müdigkeit auf die Füße zog, damit er der Geweihten die Ehre erwies. Die Runde der Pagen und Knappen hatte sich ebenfalls erhoben und demütig die Köpfe gesenkt, jedoch warfen sie alle verstohlene Blicke auf Trautmunde.

„Es ist mir eine Freude, euch bei bester Gesundheit zu sehen,“ strahlte sie. Etwas außer Atem fügte sie hinzu: „Ich hatte gehofft euch zu treffen bevor ihr zum Bankett aufbrecht. So kann man sich in entspannter Runde begrüßen.“ Sie zwinkerte den Pagen und Knappen zu. „Travia zum Gruße, junge Recken. Wie gefällt es euch in Gareth?“ Mit ihren saphirblauen Augen musterte sie die Jungen. Die Knappen erröteten leicht brachten aber nur ein paar undeutlich gestammelte Worte heraus. Als ihr Blick auf den kleinen Greifwart fiel, wurde ihr Blick strenger.

„Ardo, was muss ich sehen? Der Kleine gehört ins Bett. Seht ihr nicht, dass die Eindrücke ihn schier umgehauen haben? Also wirklich.“ Mit hochgezogener Augenbraue blickte sie vom Kind zum Baron.

„Seid unbesorgt Euer Gnaden, bevor wir zum Ball gegangen wären, hätten wir in schlafen gelegt. Aber ich gebe Euch Recht. Für den kleinen Greifwart muss es ein sehr aufregender Tag gewesen sein. Oder mein Junge?“

Greifwart war sicherlich sehr müde, aber er mochte weder als klein bezeichnet werden noch gefiel ihm das mitleidige Grinsen der älteren Jungen, das diese ihm jetzt zuwarfen. Ganz sicher würde er jetzt nicht zugeben was die anderen von ihm hören wollten. Stattdessen fiel ihm etwas sehr Erwachsenes ein, was er früher am Tag von den anderen Knappen gehört hatte. Er blickte Trautmunde an und lächelte dabei fröhlich.

„Ihr seht sehr Rahja gefällig aus.“

Die Greifenfurter waren kurz alle sprachlos und sein Vater Unswin neben ihm schnappte hörbar nach Luft. „Greifi!“

Das Gesicht der Geweihten versteinerte einen Wimpernschlag. Selbst die Herzschläge der Greifenfurter schienen auszusetzen. Im nächsten Moment jedoch pustete sie los. „Haha, ich glaube ich weiß was du meinst, danke für das Kompliment. Jetzt solltest du dich aber in die Hände Borons legen und ihn bitten, dir einen schönen Traum zu schenken.“

Unswin, der immer noch sichtlich schockiert ob der Äußerung seines Sprosses war, brachte ihn rasch ins Zelt. Trautmunde winkte dem Knirps nach, dann wandte sie sich langsam an den Baron und seinen Vater. „Ich denke, ich weiß wie der Junge es gemeint hat. Jedoch…“, sie machte eine kurze Pause, “frage ich mich, in welchem Zusammenhang er dies gehört haben mag?“ So lieblich ihre Stimme klang, den Umstehenden sträubten sich irgendwie die Nackenhaare. Ihr Blick glitt zu den restlichen Knappen und Pagen.

„Mutter Trautmunde, bitte vergebt den jungen Burschen.“ Ardos Blick war ebenfalls auf die Knappenschar gewandt und hatte wie seine Stimme eine praiotische Strenge angenommen. „Ich bin mir sicher, dass nicht nur der kleine Greifwart von den Eindrücken der Kaiserstadt und des Großen Turniers überwältigt wurde.“ Unter den dreifachen strengen Blicken von Ardo, Wulfhart und Trautmunde schienen die Knappen einen halben Kopf zu schrumpfen. „Ihr werdet jetzt in euer Zelt gehen und dort im stillen Gebet zum Herrn Praios verweilen, bis wir vom Ball zurück sind! Und vorher werdet ihr Ihro Gnaden um Verzeihung bitten, dass ihr Greifwart solche Flausen in den Kopf gesetzt habt.“

Mit gesenktem Kopf trat erst Leuthardt als Ältester vor, nach ihm Firnwulf, Phexian und Boronian. Kleinlaut entschuldigten sich die Halbwüchsigen bevor sie gehorsam in ihrem Zelt verschwanden.

„Euer Gnaden, wollt Ihr Euch nicht einen Moment zu uns setzen?“ Wulfhart deutete auf einen der nun frei gewordenen Schemel. „Wir haben noch etwas Zeit bis wir aufbrechen müssen und ich würde es bedauern, wenn die Flausen dieser Lausebengel Euch vergrämt hätten.“

Die hübsche Geweihte ordnete ihren Dutt und bändigte somit eine Strähne die sich gelöst hatte. „Ich denke nicht, dass ich mich vergrämt fühlen sollte, der junge Mann wollte mir nur mitteilen, dass er mich hübsch findet. Das ist in Ordnung. Es war nur… überraschend. Zudem kenne ich euch lange genug um zu wissen, dass in Greifenfurt anständige Leute leben.“ Aufmunternd lächelte sie die verbliebenen Herren an.

„Es freut mich zu hören, dass Ihr so eine hohe Meinung von uns habt.“ Wulfhart reichte der Geweihten galant den Arm und führte sie die drei Schritte zu ihrem Schemel, als wäre dieser der Thron der Kaiserin. „Wohlan, Mutter Trautmunde. Wir haben leider kein großes Abendmahl vorbereitet, da wir uns ja gleich zum Bankett der Kaiserin begeben werden. Darf ich Euch stattdessen zu einem Krug Kressenburger Dunkelbräu, einem Stück Imminger Honigschinken und etwas Praiostanner Schafskäse überreden? Ein wenig heimatlicher Geschmack in der Fremde. Nur das Brot stammt aus der Küche des hiesigen Peraine-Tempels.“

Während sein Vater redete, kramte Ardo den Reiseproviant der Kressenburger aus den Satteltaschen und begann ihn auf einem kleinen Deckchen auszubreiten.

„Seid bedankt, von Herzen gerne nehme ich das an. Tatsächlich habe ich seit heute Morgen nix mehr gegessen, ich war so mit der Messe und dann mit Spenden sammeln beschäftigt, dass ich das ganz vergessen habe.“ Wie zur Bestätigung knurrte ihr Magen und sie errötete. „Äh, ich möchte euch aber nicht aufhalten, ihr wollt gewiss zum Bankett und dem Ball,“ versuchte sie die Situation zu überspielen, „ihr möchtet doch bestimmt das Tanzbein schwingen und die Gesellschaft aufmischen.“

„Was das Tanzbein angeht, Euer Gnaden, so kann ich Euch versichern, dass dies das Letzte ist was ich heute Abend tun möchte.“ Hinter Ardo war Unswin wieder aus dem Zelt getreten. Seine schweren Narben warfen im Dämmerlicht fast dämonische Schatten auf sein Gesicht. „Ich hatte wenig Zeit mich in dieser Disziplin zu üben als ich in der Wildermark kämpfte oder später als ich im Namen der Herrin Rondra stritt. Wobei ich aber fast sicher bin, dass dieser Kelch heute Abend so oder so an mir vorübergehen wird.“ Sein selbstironisches Lächeln verwandelte seine linke Gesichtshälfte endgültig in eine Fratze

„Keine Sorge werter Vetter“, meldete sich Ardo wieder zu Wort, „ich glaube niemand wird es dir verübeln, wenn du den Ballsaal nach dem Eröffnungstanz verlässt. Schließlich wissen ja alle, dass du morgen das erste Duell bestreitest und nicht einmal die Kaiserin könnte dir da ein frühes zu Bett gehen vorwerfen.“

„Also bitte Mutter Trautmunde, greift zu.“ Ritter Wulfhart brach ein Stück vom Brot und reichte es der Geweihten, wie er es bei einem Waffengefährten im Feld getan hätte. Letztlich war es genau das was sie am meisten verband.

Dankend nahm die Geweihte das ihr Dargereichte an. „Gewiss wird euch keiner vorwerfen früh zu gehen, jedoch den ersten Tanz solltet ihr tatsächlich abwarten. Es geziemt sich nicht, gleich nach dem Essen zu entschwinden. Und warum sollte niemand mit euch tanzen?“ Trautmunde sah ihn verwundernd an und biss dabei herzhaft ins Brot. Jeder konnte sehen, dass sie die Worte ernst meinte. Äußerlichkeiten spielten für die Geweihte keine Rolle, dass wussten die Keilholzer. Sie beurteilte Andere nach ihren inneren Werten.

Unswin wusste nichts darauf zu erwidern. Er war sich seiner Erscheinung wohl bewusst und war abweisende Reaktionen zur Genüge gewohnt. Mit der fast unschuldigen Naivität der jungen Geweihten konnte er hingegen nichts anfangen. Sicherlich, auch Leomara hatte ihn trotz seiner Narben akzeptiert und sogar geliebt. Aber sie hatte ähnlich schwere Verwundungen erlitten gehabt, wenn auch seelisch. Sie hatten sich gegenseitig die Kraft gegeben in ihrem Leben einen neuen Sinn zu finden. Doch Leomara weilte nicht mehr auf dem Dererund und Unswin konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder einen Menschen zu finden der ihn so verstand wie sie es getan hatte. Als das Schweigen lange genug gedauert hatte, befreite Wulfhart seinen jungen Vetter aus der Verlegenheit.

„Ich fürchte unser Vetter Unswin ist sich nicht bewusst, dass Ihr auch mit einem Halbork tanzen würdet, wenn er denn nur eine Travia gefällige Seele hat.“ Der alte Ritter lachte leise über seinen Scherz, den der Perricumer nicht verstehen konnte. „Vielleicht sollten wir zu Hause in Greifenfurt einmal Euer Waisenstift besuchen, damit er sieht, dass Eure Worte nicht böse gemeint waren.“

„Oh! Verzeiht, ich wollte euch nicht beleidigen!“ Trautmunde sprang auf und senkte entschuldigend das Haupt. Sie kam sich grad ziemlich naiv vor.

Auch Unswin stand schnell auf und hob beschwichtigend die Hände. „Bitte Euer Gnaden, das habt Ihr nicht. Der Fehler liegt bei mir. Ich habe mir einfach nicht vorstellen können, dass Ihr…, dass irgendjemand…, in mir etwas anderes sehen könnte als das Monster als das ich mich selbst mein Leben lang gesehen habe. Ich denke, ich sehe in anderen Menschen das Schlechteste, weil ich selbst einen Großteil meines Lebens ein schlechter Mensch gewesen bin.“ Demütig beugte er das Knie vor der Geweihten. „Bitte vergebt mir meinen Fehler Mutter Trautmunde.“

„Natürlich, scheinen wir doch quitt zu sein. Wobei… wäre es zu vermessen zu fragen, ob ihr mir den einen Tanz gewähren würdet? Ich meine, gewiss, ich bin nicht die beste Tänzerin, aber so könnten wir beide den Fauxpas aus der Welt schaffen?“ Ihre blauen Augen schauten ihn unsicher an.

„Ja, ja natürlich würde ich das tun. Unter einer Bedíngung.“ Ein leichtes Lächeln stahl sich in sein Gesicht, diesmal eines frei von Spott und Selbstironie. „Egal wie sehr Euch nach dem ersten Tanz die Füße auch schmerzen mögen, denn ich prophezeie Euch das werden sie, Ihr werdet mir den zweiten Tanz des Abends gewähren.“

Amüsiert nickte die Geweihte. „So sei es.“ Und aß genüsslich auf.




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Texte der Hauptreihe:
1. Pra 1041 BF zur abendlichen Phexstunde
Trautmunde Traviatreu und die Keilholtzer (vor dem Bankett)
Beginn des Festbanketts


Kapitel 64

Ankunft der Hlûtharswachter beim Festbankett