Geschichten:Fremd in der Heimat - Teil 19

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Hartor überlegte kurz. Richtig, die Kleinfurter kamen ja auch noch, die waren ihm doch über der Aufregung in Fremmelshof glatt entfallen, Mist! Wenn alles glatt verlief, dann konnten sie heute Abend hier ankommen. „Olger, wir können nicht in die Stadt.“ Er klärte den enttäuschten Jungen über alles Vorgefundene sowie das weitere Vorgehen auf und erklärte ihm, was er zu tun habe, wenn die anderen kämen: Sie sollten Firals Spur von der Stadt gen Efferd folgen. Er selbst werde in ein paar Tagen zurück sein, hoffentlich mit guten Nachrichten. Dann entließ er ihn zurück in sein Versteck und bewegte sich vorsichtig im Schutze der Bäume in Richtung Fremmelsdorf.
Der Weg zurück nach Fremmelsdorf war mühselig, da er parallel zur Straße im Gebüsch bleiben musste. Er konnte nicht riskieren, gesehen zu werden. Es war Nachmittag, als er am Ort ankam. Auf der Straße, direkt am Eingang in den Ort standen zwei Dörfler, mehr oder minder wachsam das Geschehen beobachtend. Da zurzeit nichts passierte, war ihre Aufmerksamkeit auch entsprechend eher dem Gespräch gewidmet. Sie hielten jedoch gut sichtbar feste Knüppel in den Händen. Dies rief Hartor wieder die Situation in Erinnerung, in der er sich befand: Auf sich gestellt stand er hier vor dem Dorf, aus dem sie geflohen waren, und suchte nach dem Baron dieses Landes. Allein, er hatte keine Ahnung, wo er ihn suchen sollte; auch konnte er nicht einfach ins Dorf spazieren und jemanden fragen. Die beiden dort sahen nicht so aus, als würden sie ihm Auskunft geben und dann wieder ziehen lassen.
Da fiel sein Blick auf die Bretterverschläge, die etlichen Fremmelshofern in der zurückliegenden Zeit als Obdach gedient hatten. Sie lagen etwas abseits und waren vom Wald aus zu erreichen, ohne dass man gesehen würde. Also begab er sich im Schutze der Büsche in einem Bogen zur Seite des Dorfes und zu den Hütten. Vorsichtig und darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen, löste er nach und nach genügend Bretter, um in eine der Hütten zu schlüpfen. Sie war leer, zum Glück, und bot ihm durch die Türöffnung einen Blick ins Innere des Dorfes. Er suchte mit den Augen die Gegend nach den zurückgelassenen Leidensgenossen ab. Möglicherweise konnte er über einen von ihnen den Wohnsitz des Barons herausfinden. Und Phex war ihm hold, vor einer der Hütten saßen etliche der Gesuchten. Die Langeweile war ihnen deutlich anzumerken, allerdings schienen sie nicht freiwillig dem Müßiggang zu frönen, in einigem Abstand standen zwei weitere Dörfler, welche sie im Auge behielten, auch diese waren bewaffnet. Einen kurzen Anflug von Reue schob Hartor schnell zur Seite, er konnte sich jetzt nicht auch noch mit der Situation hier belasten und außerdem, sollte sein Plan aufgehen und der Baron einwilligen, waren auch diese hier sehr bald aus dieser Lage befreit.
Einer der Bewachten, ein älterer Mann, vertrieb sich die Zeit, indem er mit einem Reisigbesen den Platz vor den Hütten fegte. Nach einiger Zeit ungeduldigen Wartens näherte er sich der Hütte, in welcher Hartor saß. ‚Jetzt oder nie!’, dachte Hartor bei sich und machte sich bemerkbar. „Ssst …“ Der Alte drehte sich verwundert zu den anderen. „Ssst!“, machte Hartor erneut. „Hier drüben!“ Ihm kam sein Flüstern so laut vor, dass er sich wunderte, dass nicht alle zu ihm blickten. Der Blick des alten Mannes fand nun den Türspalt, den Hartor so weit geöffnet hatte, dass er ihn sehen und erkennen konnte. Dass der Alte dies tat, verriet die Tatsache, dass er sich vorsichtig vergewisserte, dass niemand etwas mitbekommen hatte. Er fegte unauffällig weiter in Richtung der Tür und verschwand dann zügig im Inneren der Hütte. „Was tut ihr hier?“, fragte er verwundert. „Ich brauche eure Hilfe.“ „Wolltet ihr nicht nach Fremmelshof?“ Hartor nickte und erklärte ihm dann in knappen Worten die Situation, von seinem Anliegen an den Baron jedoch offenbarte er nichts. „Nein“, bedauerte der Alte, „ich weiß auch nicht, wo ihr den Baron finden könnt. Aber ich will sehen, was ich für euch tun kann. Wartet hier und verhaltet euch ruhig!“ Hartor wollte sich eigentlich nach der Lage der anderen erkundigen, war jedoch ob der Resolutheit seines Gegenübers etwas perplex und blieb deshalb stumm nickend im Halbdunkel zurück. Es war ja tatsächlich nicht der richtige Zeitpunkt für Gespräche.

Eine gefühlte Ewigkeit später kam der Alte zurück. Er schloss die Tür hinter sich und sprach: „Der Herr dieses Landes ist Baron Darulf. Er sitzt auf Burg Hahnenfels und regiert von dort seine Baronie.“ „Wo finde ich die?“, erkundigte sich Hartor. „Die Frau meinte, sie liege oberhalb der Stadt Hahnendorf, ungefähr einen Tagesmarsch in Richtung Efferd. Was wollt ihr von ihm?“ „Das spielt momentan keine Rolle. Nur so viel: Wenn ich Erfolg mit meinem Vorhaben habe, wird sich das für uns alle positiv auswirken. Vorerst sage ich dir Dank. Sprich zu keinem von unserer Begegnung!“ Mit diesen Worten zog sich Hartor durch die Rückwand der Hütte in den Wald zurück.