Geschichten:Frühlingssturm - Wie Schaukampf einen Stil verderben kann

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zweite Runde des Fußkampfes

Gleichmütig hatte Wallbrord die Auslosung der Paarungen für die erste Runde des Fußkampfes verfolgt. Zwar er froh, nicht wieder einen 'Vorkampf' bestreiten zu müssen sondern direkt ins Hauptfeld gelost worden zu sein, doch Grund zu überschäumender Freude war dies nun auch wieder nicht. Über seine Kontrahentin wußte der ehemalige Marschall gar nichts, ja, kannte sie nicht einmal dem Namen nach. 'Nun denn', ging es ihm durch den Kopf, wobei sich ein feines Lächeln auf das sonst oft so mürrisch wirkende Antlitz stahl, 'das macht den bevorstehenden Kampf umso interessanter!' Als die Auslosung beendet war, suchte er Thara auf, um sich ihr kurz vorzustellen. "Wallbrord von Löwenhaupt-Berg mein Name, euer Wohlgeboren! Ich habe die Ehre, mich mit euch in der ersten Runde des Fußkampfes messen zu dürfen. Ich freue mich auf einen interessanten Zweikampf, der Herrin Rondra zur Ehr'!"

Von der Tribüne hatte Thara zugesehen, wie der Turnierherold die Paarungen verkündet hatte, und sie war keineswegs glücklich über ihren ausgelosten Gegner. Wie sie bisher vernommen hatte, war der Baron zu Vellberg einst kaiserlicher Marschall gewesen, und sie ließ sich von Welferts scheinbar mühelosem Sieg im ersten Lanzengang über ihn nicht hinwegtäuschen. „Ärgerlich, wirklich ärgerlich“, brummte sie gerade in sich hinein, als sie jäh aus ihren Grübeleien gerissen wurde – von genau jenem Herrn, mit dem sie später das Schwert kreuzen sollte. Sie versuchte, sich ihre Verstimmung nicht anmerken zu lassen: „Sehr erfreut, Hochgeboren, Thara von Bodiak, wie Ihr ja schon zu wissen scheint.“ Sie grüßte kurz mit der Faust auf der Brust und nahm ihren Gegner genau in Augenschein. Er musste doch eine Schwachstelle haben, irgendetwas, was im Kampf zum Vorteil gereichen konnte… „Die Ehre ist natürlich ganz auf meiner Seite, gegen einen so erfahrenen Kämpfer wie Euch antreten zu dürfen.“ Gleichzeitig musste sie sich etwas zerknirscht eingestehen, dass sie keinen schwachen Punkt erkennen konnte und gab die Suche nach einem solchen auf. „Viel Erfolg, Hochgeboren! Möge es ein interessanter Kampf werden – obwohl ich bereits jetzt ahne, wie er ausgehen wird.“

Schließlich war es soweit und der Zweikampf zwischen Wallbrord und Thara wurde aufgerufen. Der Vellberger Baron erhob sich, ließ sich seine Rüstung anlegen respektive ihren korrekten Sitz überprüfen und taxierte dabei seine Kontrahentin. Diese, so sein Eindruck, schien zwar ihr Schwert durchaus mit kundiger Hand zu führen, doch mangelte es ihr wohl noch an Erfahrung, um eine wirklich gute Streiterin zu sein. Dennoch hütete sich Wallbrord davor, Thara zu unterschätzen, weshalb er sich dazu entschied, den Kampf eher zurückhaltend zu eröffnen.

Dann war es soweit: Beide Kontrahenten betraten den Kampfplatz, begrüßten einander knapp aber dennoch respektvoll und nahmen ihre Positionen ein. Als der Kampf eröffnet wurde, hielt sich Wallbrord wie geplant zunächst eher zurück, er wollte seiner Gegnerin erst einmal auf den Zahn fühlen, herausfinden, wie gut sie mit dem Schwerte wirklich war. Schon nach wenigen Hieben und Paraden gewann der Baron die Erkenntnis, daß sein Gegenüber in der Tat ebenso unerfahren wie ungestüm war und er es somit richtig eingeschätzt hatte. Zu überhastet, zu unplatziert waren ihre anfänglichen Angriffe. Sofort erhöhte der vormalige Marschall das Tempo und wechselte zu einem aggressiveren Kampfstil. Es war offensichtlich, daß Thara mehr und mehr Mühe hatte, sich der Attacken ihres Gegners zu erwehren. Zeit für diesen, die Begegnung zu beenden. Er hielt nichts davon, mit seinen Kontrahenten zu 'spielen', dies erschien ihm gleichermaßen unehrenhaft wie töricht, gab es dem Unterlegenen doch nur die Möglichkeit, doch noch einen Glückstreffer zu landen und so wider Erwarten den Sieg zu erringen. Drei, vier Hiebe und er hatte Thara an den Rand des Kampfplatzes getrieben, ein weiterer und er hatte sie entwaffnet. Der Kampf war beendet. Nachdem Wallbrord kurz durchgeatmet hatte und auch Thara wieder zu Atem gekommen war, reichte er ihr mit einem Lächeln die Hand. "Ihr habt gut gefochten und ich bedanke mich für diesen Kampf. Ihr habt Talent, Wohlgeboren, doch solltet ihr, wenn ihr mir diese Bemerkung gestattet, in Zukunft mehr mit dem Kopf denn mit dem Herzen fechten und eher defensiv denn offensiv beginnen. Wie dem auch sei, wenn es erlaubt ist, lüde ich euch nachher gerne zu einem Bier ein, um auf unsere Begegnung anzustoßen."

In der Kriegerin brodelte es zunächst. Sie hatte das Gefühl, dass der Vellberger sie schön vorgeführt hatte. Zugegeben, sie hatte auch nicht gut gefochten. Dies war doch keine Gladiatorenarena!!! Die Zeit in einer solchen hatte ihren ehemals guten Kampfstil völlig verdorben, dies wurde ihr nun mit Ernüchterung klar. In Mendena hatte sie so das Publikum, das von spektakulären Aktionen unterhalten sein wollte, für sich gewinnen können. In der Arena zählte die Defensive wenig. Doch hier, auf dem Turnierplatz, brachte ihr diese Art zu fechten nur eines ein: die sichere Niederlage. Der Baron hatte kaum einen Hieb nicht pariert und im Gegenzug einen wahren Trommelwirbel von Schwerthieben auf Thara niedergehen lassen.

Es dauerte nicht lange, bis ihr das Schwert mit voller Wucht aus der Hand geschlagen wurde und in etwas Entfernung dumpf auf dem Boden aufschlug. Sie hob die leeren Hände, um anzuzeigen, dass ihr Gegner gesiegt hatte. „Dreimal vermaledeites Mendena“, zischte sie wütend und noch ein wenig außer Atem. Dann errang sie ihre Fassung wieder, lächelte dem Baron noch ein wenig schief zu und ergriff dann die angebotene Hand, die sie trotz ihrer Erschöpfung kräftig drückte. „Ihr habt meine anfänglichen Vermutungen übertroffen – und ich habe es Euch zudem auch viel zu leicht gemacht.“ Die Miene des Vellbergers widersprach der vermeintlichen Überheblichkeit seiner Ratschläge, und so fügte Thara hinzu: „Gerne werde ich mit Euch später einen Krug heben, und - wer weiß? - vielleicht ja auf Euren Turniersieg trinken? Ich wünsche Euch jedenfalls viel Erfolg!“ Es war ersichtlich, dass die Worte der Edlen nicht gerade leicht über die Lippen gingen. Sie sammelte ihr Schwert vom Boden auf, grüßte zur Tribüne und dem Herold hin und entfernte sich dann vom Kampfplatz.



 20px|link=[[Kategorie:|Wie Schaukampf einen Stil verderben kann]]
Texte der Hauptreihe:
5. Ing 1030 BF zur mittäglichen Traviastunde
Wie Schaukampf einen Stil verderben kann
Erste Runde des Fußkampfes - Die Paarungen


Kapitel 64

Welfert trifft auf den Gastgeber
Autor: Wallbrord