Geschichten:Frühlingssturm - Verärgerte Barone zu Beginn

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Aufmerksam hatte Wallbrord den Kampf zwischen Ilke und Inelde verfolgt und dabei auch den souveränen Sieg der Cravoldshaagerin miterlebt, den er mit einem anerkennenden Nicken quittierte.

Dann wandte er sich ab, um sich für seinen Lanzengang mit dem Heermeister der Rabenmark zu rüsten, der als nächste Begegnung anstand. Nur ein leichtes Kopfschütteln ließ die Verwunderung des ehemaligen Marschalls darüber erkennen, schon in der Vorrunde antreten zu müssen; da war ihm Phex - was hatte der bei einem rondrianischen Kräftemessen verloren? - bei der Auslosung offenbar nicht wohlgesonnen. Aber immerhin, so tröstete sich der Baron zu Vellberg, würde er gleich gegen einen ähnlich erfahrenen Recken wie er selbst es war in die Schranken reiten, schien dieser Welfert dem Vernehmen nach ein ausgezeichneter Streiter zu sein, den nicht Wenige als Favoriten für den Turniersieg einstuften. Und eine echte Herausforderung war ganz nach des Vellbergers Geschmack.

Als sein Lanzengang aufgerufen wurde, bestieg er sein Pferd, ritt an sein Ende der Turnierschranke und war nun ganz und gar auf seinen Gegner am anderen Ende der Bahn konzentriert.

„Zur Qualifikation?“ Die Stimme Welferts überschlug sich fast vor Zorn. Wütend schmiss er seinen Weinpokal zur Seite und stürmte rüde an seinem Knappen vorbei, aus seinem Zelt. „Seid Ihr von Sinnen, Mann“, entfuhr es ihm in Richtung des Turnierherolds, der ob des zürnenden Heermeisters erschreckt zurückwich. Empört suchte Welfert den Blick Aldrons, der nicht fern auf dem eigenem Ross saß und unbeteiligt dem Verlauf der Auslosung folgte. Wollte ihn der Firunslichter etwa verspotten? Und das ob der vielköpfigen Unterstützung, die sein erlauchter Bruder ihm für sein Husarenstück gewährt hatte. Doch weder Häme noch Genugtuung war auf dem Gesicht des Landvogts auszumachen, so dass Welfert sich grollend in sein Zelt zurückzog, um sich seine Rüstung anlegen zu lassen. Er dachte gar nicht daran, sich zu eilen, sollten sie doch auf ihn warten. Auch litt er die schwere Platte nicht gut, so dass er zwischen den Kämpfen nur in seinem Kettenhemd einher schritt. So dauerte es seine Zeit, bis der Rabenmärker aus seinem Zelt trat. Sichtlich verärgert stapfte zu seinem Streitross und zog sich eilends in den Sattel. Ihm Gegenüber wartete bereits ein ebenso konsternierter Baron zu Vellberg, dem er einen raschen Gruß zuwarf, der sich auf ein anerkennendes Nicken beschränkte.

Diese Respektsbezeugung erwiderte der Vellberger auf die gleiche Weise. Auch er war immer noch deutlich verärgert darüber, einen Qualifikationskampf - mochte der Herold es auch noch so nett umschreiben oder bezeichnen - austragen zu müssen; wer war er denn, dass er sich wie ein grüner Junge, der gerade erst seinen Ritterschlag erhalten hatte, in einem Vorkampf beweisen zu müssen? Nach der Auslosung war er kurz davor gewesen, dagegen beim Herold oder Aldron selbst zu protestieren, unterließ dies aber, da er nicht den Eindruck erwecken wollte, sich vor dem Kampf und/oder seinem Gegner drücken zu wollen.

Nach einem letzten, garstigen Blick in Richtung des Zeltes, in dem der Gastgeber derzeit seine in Ungnade gefallene Verwandte anhörte, setzte sich Welfert endlich seinen Helm auf den Kopf. Immer noch ungläubig ob dieser Dreistigkeit, riss er seinem Waffenknecht die Lanze aus der Hand und trieb seinem edlen Ross die feststehenden Sporen tief in die Flanken, kaum das die Schranke freigegeben. Welfert hatte nicht vor, mehr Zeit als nötig in dieser Kälte zu verbringen. Auch wenn der ehemalige Marschall ein ernst zu nehmender Gegner und erfahrener Turnierreiter war, hatte Welfert leichtes Spiel. Den wuchtigen Stoß Walbrords ließ er mühelos über seinen Schild gleiten und brach seine Lanze krachend an der Brustplatte seines Gegners. Was Welferts Stoß an Kraft abging, machte er durch perfekte Ausführung wett und zwang Wallbrord bereits beim ersten Lanzengang aus dem Sattel. Dieser hatte sich bereits nach wenigen Augenblicken wieder aufgerappelt.

Hätte er seinen Helm abgenommen, hätte ein jeder die Verärgerung in des Adligen Antlitz erkennen können. Dieser Ärger galt weniger seinem Kontrahenten - der hatte ehrenvoll gekämpft und ihn mit einem gekonnten Stoß aus dem Sattel befördert - als sich selbst. Der einstige Marschall schalt sich selbst einen Narren, daß er bei seinem Anritt ob seines Unmutes über diese merkwürdige Auslosung so unkonzentriert gewesen war, daß er darüber seine Deckung vernachlässigt und so seinem Gegenüber den Sieg quasi geschenkt hatte. 'Aber gut, was geschehen ist, ist geschehen, nun galt es Haltung zu bewahren', ging es Wallbrord durch den Kopf.

Mit anfangs leicht unsicheren Schritten trat er vor die Tribüne, nahm seinen Helm ab und entbot den dort Sitzenden einen knappen Gruß, während Welfert sein Pferd herausfordernd vor den Zuschauern aufsteigen ließ. Dann wandten sich beide um und begaben sich gemeinsam zu ihren Zelten. Währenddessen beugte sich der Rabenmärker zu seinen Kontrahenten herunter und sprach: „Ich hätte gewettet, Euere Hochgeboren im Finale zu begegnen. Doch vermögt Ihr nun, die Vorzüge eines Zuschauers für Euch in Anspruch zu nehmen, dessen Annehmlichkeiten ich Euch neide, wie ich gestehen muss.“

Wallbrord grinste ihn ein wenig säuerlich an, als er zu einer Antwort anhub: "Zunächst einmal meinen Glückwunsch zu eurem Sieg; wie ihr mich schon im ersten Anlauf gekonnt aus dem Sattel, warft - Respekt! Tja", das Grinsen wurde nun ein wenig breiter, "es scheint, ich werde entweder alt oder nachlässig. Aber vielleicht ergibt sich ja im Fußkampf die Gelegenheit zu einer Revanche. Und seid gewiß, ich werde eure weiteren Kämpfe aufmerksam von der Tribüne verfolgen, auch wenn ich euer Hochgeboren lieber, wie ihr selbst umgekehrt auch, im Endkampf gegenübergetreten wäre. Rondra, Phex," nun verdüsterte sich die Mine des Vellbergers ein wenig, "und dieser merkwürdige Turniermodus waren mir leider nicht hold."

Mit einem letzten Lächeln und einem kräftigen Händedruck verabschiedete er sich schließlich von seinem Bezwinger. "Ich stehe bereit," waren Welferts letzten Worte, ehe er nach diesem raschen Sieg besänftigt, dem Lanzenfeld den Rücken kehrte.



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Texte der Hauptreihe:
5. Ing 1030 BF
Verärgerte Barone zu Beginn
Auf der Suche nach Vergebung


Kapitel 40

Vellberger Kommentare zu Wallbrord